Die Buchkultur-Redaktion hat gewählt:
21 beste Bücher des 21. Jahrhunderts
Ein mit schwarzem Herzblut geschriebenes Meisterwerk, ein Manifest der Erinnerung, der Schrecknisse des Jahrhunderts und der Poesie: »Der Nullpunkt ist das Unsagbare. Wir sind uns einig, der Nullpunkt und ich, dass man über ihn selbst nicht sprechen kann, höchstens drum herum.« Die Mitte dieses »drum herums«: die fiktive Autobiografie Leopold Aubergs, Anfang Januar 1945 im Alter von 17 Jahren vom siebenbürgischen Hermannstadt von den Sowjets verschleppt in ein Lager in der Ukraine, in dem er und viele andere Rumäniendeutsche bis zur letalen Erschöpfung schuften müssen. ... weiter lesen
In diesem sprachmächtigen Buch über die großen, in der Historie einzigartigen Schrecknisse des 20. Jahrhunderts, Terror und Massenvernichtung, Deportation und Entmenschlichung, Dämonie und Sehnsucht, lebenslange Randständigkeit und mörderischer Ostrazismus, ist Gegenwart nur noch Vergangenheit, reines Erinnern, Evozieren. Leopold, der nach fünf Jahren freikam, erinnert sich 60 Jahre später. Oder erdichtet er sich selbst? Ist dies überwältigende, über weite Passagen herzzerreißende und den Atem raubende Buch eine einzige Halluzination eines, der sich Heimatlosigkeit so sehr zum Überleben antrainierte, das er im übrigen Leben nirgendwo mehr festen Grund fand? »Alles sah, dass mein herrenloses Heimweh nicht wegging.«
In Buchkultur 127 in der Besprechung des Romans anlässlich des Erscheinens der Erstausgabe hieß es: »Müllers eigenwilliger Stil erzeugt Bilder, die die todbringende Realität zu einem Kunstwerk machen.« Wenige Wochen später wurde Müller der Nobelpreis für Literatur zugesprochen.
Gerade aber die mit exotisch anmutenden Metaphern, die in älterer mündlicher Volkskultur fußen und kunstvoll verändert sind, vollgesogene Sprache verwandelt das der Autorin mündlich Mitgeteilte. Zu einem Teil fußt dieses Buch nämlich auf dem Leben des mit Müller befreundeten experimentellen Dichters Oskar Pastior, der im Oktober 2006 verstarb, zu einem anderen Teil auf mitgeschriebenen Gesprächen mit einstigen Häftlingen.
Das »Diktando«, wie Müller die Hefte nannte, in Schrift zu verwandeln, war die nächste Stufe der Metamorphose der Erinnerung an die eigene fast vollzogene und gelungene Vernichtung. Dass für diese jenseits des Fassbaren liegende Zeit Neuwortprägungen einzig angemessen sind, lag für Müller, die sprachlich so Skrupulöse, weil im sozialistischen Rumänien aufgewachsen, einem Land toxischer Zensur und indoktrinierter Propagandalügen, auf der Hand. Daher magische und magisch illuminierte Worte wie »Herzschaufel« oder »Hungerengel« oder »Tageslichtvergiftung«. Die Erweiterung des Wortschatzes und der Vorstellungskraft ermöglicht es dem jungen Leo, sich derart wider die Gegenwart zu wappnen, dass er sich so eine Hoffnung schafft. Aus dem Wort, aus den Worten heraus. Gedichtetes wird Realität. Dichtung wird Erinnerungszeichen hier, in diesem Buch, in dem nicht Sprachspiel um des Spielens willen betrieben wird. Sondern als alles, auch das eigene Leben überragendes Memorial.
Wer jemals Herta Müller bei einer Lesung oder bei einer Vorstellung ihrer neueren und jüngsten Bücher, in denen sie die Welt im Buchstabensinn neu zusammensetzt, als farbige Buchstabencollagen, die hochpoetisch verrätselte Weltpoesie ergeben, erlebt hat, der weiß, welch lebensessenzielle Bedeutung für diese Autorin eine wahre Sprache besitzt. Eine, die sagbar ist, im Unsagbaren. Durch das hindurch dieser Roman, dem Müller in einer Nachbetrachtung einen Blick in ihre poetologische Werkstatt mitgab, entgegen aller den Tod bescherenden Vorzeichen in einer weiteren Transformationsschleife zum Sprachkunstwerk wird. Und Weltliteratur. – Alexander Kluy, buchkultur.net
von Herta Müller; Oskar Pastior; Dagmar Manzel; diverse
Audio-CD
2010
|
Auflage:
1
|
Hörbuch Hamburg
19,95€ (inkl. MwSt)
sofort lieferbar
Die große Unbekannte der Literatur und ihr neapolitanischer Romanzyklus über eine Freundschaft von Weltformat: Wer sich hinter dem Pseudonym Elena Ferrante verbirgt, ist bis heute nicht restlos geklärt. Und dabei darf es auch bleiben. Denn ihr brillanter vierbändiger Romanzyklus, dessen Auftakt »Meine geniale Freundin« macht, spricht auch ohne den darum entfachten Literaturkrimi für sich. Die im Nachkriegsitalien beginnende Geschichte von Lila und Elena, die einander in Freundschaft und Konkurrenz, Liebe und Eifersucht zugetan sind, zählt zu den schönsten und größten Literaturereignissen der letzten Jahre. Vielfach kopiert, doch nie erreicht, erlangte »Meine geniale Freundin« weit über Neapels Arbeiterviertel, den Rione, hinaus Bedeutung. ... weiter lesen
Dort regieren Armut und Gewalt, die Männer und die Camorra. Die Zeiten waren und sind hart, besonders für Frauen. Elena, die uns die Geschichte erzählt, und Lila wollen ihnen durch höhere Bildung entkommen. Doch dieser Weg steht nach Intervention der Lehrerin nur der Pförtnertochter Elena offen. Lila landet auf dem harten Boden der Verhältnisse: Sie muss, obwohl Elena an Talent und Wendigkeit weit überlegen, vorzeitig von der Schule abgehen und in der Schusterei ihres Vaters mitarbeiten.
Aus den begrenzten Möglichkeiten soll sie nun die frühe Ehe mit dem reichen Lebensmittelhändler Stefano retten. Es geht nicht gut, und Elena, die es im Laufe der Jahre und Bände aus Neapel hinausschafft, fragt sich, ob die Karriere, die sie als Autorin macht, nicht eigentlich Lila zugestanden wäre. Denn hat sie, Elena, die »ewige Zweite«, die sich ihren Erfolg mühsam erarbeitet hat, nicht immer nur mit dem Blick auf Lila geschrieben und sich an ihr gemessen?
Niemand bringt die hochkomplexe und komplizierte Gefühlswelt einer Mädchen- und Frauenfreundschaft auf dem unsicheren Grund Neapels so authentisch, ehrlich und unverfälscht auf den Punkt wie Elena Ferrante, die auch in der Schilderung der Nebenfiguren beispielhafte Plastizität erreicht. »Strahlend und finster« ist Lilas und Elenas am Ende sechzigjährige Freundschaft, und das von Anfang an, als Lila Elenas Puppe in einem Kellerloch versenkt. Die manipulative, hochbegabte Lila und die strebsame Zweiflerin Elena – das sind zwei Seiten eines Lebens, aus dem sich vielleicht nur eine befreien wird.
Denn es gibt keine Garantie auf Glück oder Liebe und, wie wir spätestens seit #MeToo wissen, bis heute keine gleichen Rechte für alle. Auch das macht »Meine geniale Freundin« zu einem hochmodernen und zugleich zeitlosen Klassiker.
Weibliche Selbstfindung und Selbstauslöschung, Fluchten und unerfüllte Träume, das Leben in all seinen Tiefen und seltenen Höhen, das Ferrante in einer (neo-)realistischen, schlichten Sprache vor unseren Augen wahrhaftig werden lässt – »Meine geniale Freundin« ist Bildungs- und Emanzipationsgeschichte, Gesellschaftskritik, Roman im Roman und vieles mehr. Alles ist erzählenswert und alles große Erzählkunst: Wie unter Lilas Händen ein Paar Schuhe entsteht, so schön und neu wie ein Versprechen. Nicht zuletzt aber ist »Meine geniale Freundin« eine Verneigung vor der lebendigen Kraft der Literatur, die Lilas und Elenas elenden Alltag zumindest für Momente in funkelndes Licht taucht. 2.199 Seiten umfasst Ferrantes »Neapolitanische Saga«, die sie als einen abgeschlossenen Roman verstanden wissen will, am Ende – ich habe selten Fesselnderes gelesen. Elena Ferrante lesen und sterben: Wer behält das letzte Wort? Was bleibt? Elena übernimmt es, Lilas (und ihre) Geschichte aufzuschreiben, als die Freundin scheinbar spurlos verschwindet. Da ist es nur folgerichtig, wenn auch Elena Ferrante hinter ihrem Werk zurücktritt in eine selbstgewählte Anonymität. Dem bleibenden Zauber von Lilas und Elenas Freundschaft tut das keinen Abbruch. – Dagmar Kaindl, buchkultur.net
Ein erratischer, (ver-)störender Block inmitten der Literaturlandschaft: Roberto Bolaño erlebte die Veröffentlichung nicht mehr, er starb 2003, 50-jährig, in Barcelona an Leberzirrhose, Spätfolge einer unbehandelten Hepatitis. Die in seinen letzten Lebensjahren gewucherte Textmasse sollte, als finanzielle Absicherung der Familie, in fünf Bücher geteilt hintereinander erscheinen; die Erben entschieden sich letztendlich für einen Tausendseitenziegel mit als »Teilen« bezeichneten Abschnitten, die locker durch Figuren oder Wiederaufnahme von Ereignissen verbunden sind. ... weiter lesen
Der Titel bleibt rätselhaft: Es könnte eine Jahreszahl sein, ein Friedhof in der Zukunft. Durchaus plausibel, sieht man als Zentrum des Werkes seinen umfangreichsten Abschnitt – »Der Teil von den Verbrechen«: Bolaño verarbeitet hier die brutalen Frauenmorde von Ciudad Juárez. Drogenhandel, Polizeikorruption, Schlepperwesen – eine Welt des Schreckens, die unheilvolle Vernetzung des Wahnsinns. Roberto Bolaños literarisches Vermächtnis ist unabgeschlossen, ungeglättet, und bleibt damit faszinierend und zeitlos.
Das Changieren zwischen Wirklichkeit und Fiktion und Reflexionen der eigenen Biografie bezeichnet der Übersetzer Christian Hansen als »meisterhafte Verschmelzung von Kleinteiligkeit und überbordender Fülle«. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen, außer dass die Übersetzung – eine Übertragung von chilenischem, katalanischem und mexikanischem »Slang« in deutsche Soziolekte – ebenfalls ein Meisterwerk ist. – Maria Leitner, buchkultur.net
Existentielle Konstanten: Unaufdringlich wird die Aufmerksamkeit für den Prosazyklus »Mein Kampf« geschürt. Denn der norwegische Romancier Karl Ove Knausgård (Foto: Thomas Wågström) hat in seinem autobiografischen Opus magnum Eigenschaften und Fähigkeiten dargestellt, die allen Menschen zugehörig sind. So werden er und seine Familie zum Paradigma fürs 21. Jahrhundert. ... weiter lesen
Indem sie sich durch intensiv beschriebene Augenblicke erproben, entsteht aus den sechs Bänden »Sterben«, »Lieben«, »Spielen«, »Leben«, »Träumen« und »Kämpfen« ein Panorama existenzieller Konstanten. Dabei schwingen Erlebnisse des privaten Ego zu öffentlicher Persönlichkeit im sozialen Kontext und zurück, grübelnde Introspektionen inklusive. Realitätsnaher und manchmal auch stark emotionaler Stil artikuliert krasse Kontraste zwischen provinzieller und urbaner Zivilgesellschaft. Pendeln zwischen alltäglichen Familienpflichten und notwendiger Schreibdisziplin gestaltet narrativ eine Haltung aus vertrauter Nähe und zugleich verfremdender Distanz zu sich selbst. Um etwa Reifegrade seiner Persönlichkeit zu kennzeichnen, würde Karl Ove Knausgård am liebsten je verschiedene Vornamen verwenden.
Skeptisch meint er, dass wir Bilder von der Zeit (machen), aber nicht von den Menschen in ihr, sie lassen sich nicht einfangen. Diese Aufgabe sei für den Schriftsteller reserviert, der sich in einem unwiderstehlichen rhapsodischen Diskurs zeigt. Man fühlt sich als Kompagnon, ja Komplize des literarischen Subjekts. Wie auf einem Floß befindlich treibt man gern lesend auf seinem Strom der Erinnerungen, die auch die eigenen sein könnten. Durch die Lektüre dieser Epos-Monumente ist deshalb zu lernen, Lebenserfahrungen kritisch zu reflektieren. – Hans-Dieter Grünefeld, buchkultur.net
Der Roman reißt Mauern ein, statt welche aufzubauen.: Debatten über die sogenannte »Identitätspolitik« prägen seit einigen Jahren Teile des öffentlichen Diskurses. Gewöhnlich werden die Debatten sehr harsch und unversöhnlich geführt, man kämpft mit harten Bandagen, Erkenntnisgewinn oft gleich null. Wer aber »Identitti« von Mithu Sanyal liest, wird klüger daraus hervorgehen, weil der Roman zu keinem Zeitpunkt apodiktisch ist ... weiter lesenbr/>
Vor dem Hintergrund eines Skandals – eine Professorin für Postcolonial Studies und Lichtgestalt aller Debatten über Identität ist, anders als behauptet, keine Person of Color – stellt Sanyal ganz unbefangen Fragen über Identität, ihre Konstruktion, über Zuschreibungen und Aneignungen. Was trocken klingt, ist tatsächlich an vielen Stellen unerwartet humorvoll, klug und mithin niemals frei von Widersprüchen und Ambivalenzen. »Identitti« gehört zum Kanon, weil es zeitgemäß ist, facettenreich und nicht nur Abbild unserer gegenwärtigen Debatten, sondern auch der Art, wie wir sie führen.
Die Fragen des Romans selbst sind an keine Mode gebunden, es sind zutiefst menschliche und existenzielle Fragen. Wer bin ich? Woher komme ich? Was bin ich und wo stehe ich in Relation zu anderen? Welche Machtverhältnisse prägen unser Zusammenleben? Mithu Sanyal gelingt es, all diese Fragen in einen rasanten, feministischen Roman zu verpacken, der auch jene für das Thema sensibilisieren und einnehmen kann, die gewöhnlich Sicherheitsabstand halten. »Identitti« ist ein Roman, der Mauern einreißt, statt welche aufzubauen. Solche Romane braucht es. – Sophie Weigand, buchkultur.net
Eine Reise ins eigene Ich, verpackt in eine spannende Spurensuche: Mit dem »Nachtzug nach Lissabon« ist Pascal Mercier – dem literarischen Alter Ego des Schweizer Philosophen Peter Bieri – ein Roman gelungen, der Spannung, eine zeitgeschichtliche Lektion und existenzialistisches Nachdenken über das Leben in einem exzellent konzipierten und geschriebenen Text vereint. ... weiter lesen
Erzählt wird die Geschichte des Berner Gymnasialprofessors Raimund Gregorius, der durch einen vereitelten Selbstmord einer hübschen Portugiesin und ein antiquarisches Buch des (fiktiven) portugiesischen Arztes, Widerstandkämpfers und Philosophen Amadeu Prado jäh aus seinem Alltag gerissen wird. Er will mehr wissen und macht sich auf eine Reise nach Lissabon – die gleichzeitig zu einer Reise in sein Innerstes wird. Seine Recherchen führen ihn in die dunkle Zeit der Salazar-Diktatur, er lernt Menschen kennen, die ihm neue Sichtweisen auf unsere Existenz vermitteln, er krempelt sein Leben komplett um. Wie stark der Plot des 2004 erschienen Bestsellers ist, zeigt sich auch darin, dass eine Verfilmung trotz starker Eingriffe in die Handlung und in den Gedankenstrom des Autors gut funktioniert.
Wie ein Puzzle fügen sich die verschiedenen Erzählebenen zu Antworten auf die Frage nach dem »richtigen« Leben. Warum lebt man genau jenes Leben, das man lebt? Was ist mit den vielen anderen möglichen Lebenswegen, die man hätte einschlagen können? Das sind Fragen, die gerade heute brisant sind – in einer Zeit, in der scheinbar alle Möglichkeiten offenstehen und sich die Menschen dennoch in angeblich Unveränderliches eingezwängt sehen. – (Martin Kugler, buchkultur.net")
Das satirische Epos ist eines der großen Bücher der Menschheit: Vermutlich ist es ehrenhaft, in der Reihe mit James Joyce, Marcel Proust, Jorge Luis Borges oder Franz Kafka zu stehen, also in der Tradition, den Literaturnobelpreis nicht bekommen zu haben. Kann ja noch werden, sagen wir seit mindestens fünfzehn Jahren, aber so recht glauben möchte das niemand mehr. ... weiter lesen
2006 erschien nämlich Ngũgĩ wa Thiong'os »Herr der Krähen«, eines jener seltenen Werke, die sich, für jeden evident, in die Reihe der ganz großen Literatur dieser Welt einschreiben. Der 1938 in Kenia geborene Autor, der diesen Jahrhundertroman zunächst auf Gikuyu geschrieben (und dann ins Englische übersetzt) hat, setzt schon damit einen starken Akzent: Dies ist ein afrikanischer, ein kenianischer Roman, der in einer nichteuropäischen, nämlich spezifisch oralen Erzähltradition steht.
Auch wenn er ganz und gar zeitgenössische Themen behandelt: Er erzählt von einem Tyrannen, der sich mit dem globalisierten Kapitalismus einlässt, und damit mehrere Katastrophen lostritt, deren er nicht mehr Herr wird. Das ist vor allem sehr komisch und damit sehr subversiv, mobilisiert eine unfassliche erzählerische Kraft und ist somit ein global gültiger Kommentar zur Situation auf diesem Planeten. Eine schwarzafrikanische Stimme, die mit selbstverständlicher Autorität weltweite Bedeutung beansprucht. Unbequem, scharfsinnig, komplex, originell und dazu noch extrem unterhaltsam. Das ist schon fast die Quadratur des Kreises, ein Hammer von einem Buch mit einem Wirkungskreis, der auch ohne Nobelpreis auskommt. – Thomas Wörtche, buchkultur.net
Brillant konstruiert: Literarizität verschwimmt mit faktualem Erzählen: Ein junger Mathematiklehrer namens Clemens J. Setz recherchiert zu sogenannten Indigo-Kindern, die bei ihren Eltern und nahestehenden Personen krankheitswertige Symptome (Übelkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen) verursachen. Viel mehr passiert auf der Handlungsebene kaum, und doch ist »Indigo« von Clemens J. Setz ein so ungewöhnlicher, verspielter, labyrinthischer und in sich verschachtelter Roman, ... weiter lesendass er fraglos eine Herausforderung ist, aber eben eine von den guten. Das liegt vor allem an den nahezu erschöpfend eingesetzten auto- und metafiktionalen Elementen, die den Text in einem ständigen (vermeintlichen) Spannungsfeld zwischen Literarizität und faktualem Erzählen oszillieren lassen.
Dazu gehören angebliche historische Dokumente über die Indigo-Kinder, Lexikoneinträge, Zeitschriftenartikel oder Patientenberichte, auf deren scheinbare Authentizität Setz auch gestalterisch Wert legt. Vereinzelt bezieht sich der Text aber auch auf real existierende Bücher und jubelt ihnen fiktive Texte unter. Der Roman steckt voller Anspielungen und ist bereits geprägt von den setztypischen Wortschöpfungen und assoziativen Erzählschleifen, die sich auch in späteren Werken finden. Die fiktionale und die vermeintlich faktuale Ebene beglaubigen sich in ihren Feedbackschleifen immer wieder gegenseitig. »Indigo« ist erzählerisch hochgradig innovativ, brillant konstruiert, ein Wunderwerk von einem Buch. Es nicht in einen Kanon jüngster Literaturgeschichte aufzunehmen, wäre ein herber Verlust. – Sophie Weigand, buchkultur.net
Fan Fiction Fun: Lektüre ist ein beliebtes Small-Talk-Thema. Je nach Genre lässt sich der oder die Bekennende schematisch einteilen: als oberflächlich, tiefgründig, kopflastig, schlicht … So entwickeln die meisten Lesenden im Laufe ihrer Lesegeschichte Vorlieben für bestimmte Autor/innen, Genres, Themen, und damit oft Vorbehalte gegenüber anderen Formaten, Stilen, Inhalten. ... weiter lesen
David Mitchells geradezu parodistisch anmutendes Spiel mit Genres und Plots wirkt dem entgegen und mischt alle Schemata gehörig auf. Mit der Verve, mit der in Fan-Fiction-Communities die Abenteuer von Sherlock Holmes, Old Shatterhand oder Harry Potter im Stil ihrer Schöpfer/innen weitergeschrieben werden, schüttelt er Gattungen aus dem Ärmel und durcheinander. Die gestelzte Sprache eines Abenteuerromans, die befremdliche Subjektivität von Briefen, das wechselhafte Tempo eines Thrillers, die Wehleidigkeit von Memoiren werden bis zur Vorwegnahme einer zukünftigen Ausdrucksweise im Zentrum der Stilzwiebel hintereinander eingesetzt.
Daran knüpfen wie die Hälften einer Matroschka-Puppe die zweiten Teile der Geschichten an. Jede Episode endet abrupt, dennoch findet sich in der folgenden früher oder später ein Anknüpfungspunkt. Es ist weniger das durchgehende Thema der Unterdrückung von Sklaven, Homosexuellen oder Menschenklonen, das diesen Roman zu Weltliteratur macht, als die Virtuosität der Form. Das lässt sich auch daran ermessen, dass die Verfilmung in vieler Hinsicht von der Romanvorlage abweichen musste, denn die Raffinesse, mit der David Mitchell das Medium Text einsetzt, wäre niemals adäquat in ein anderes Medium übersetzbar. – Christa Nebenführ, buchkultur.net
Ein bisschen Weinen: Ein Buch sechs Jahre nach der Lektüre zu rezensieren, zeugt nicht gerade von kritischer Sachlichkeit. Aber irgendwelche Gründe muss es ja haben, dass Hanya Yanagiharas »A Little Life« in den Gedächtnissen geblieben ist und es in die Jahrhundertcharts geschafft hat (übrigens auch beim englischen Guardian, da allerdings nur auf Platz 96). Im vorliegenden Fall gehört dazu gewiss nicht die reichlich unspektakuläre Sprache der Autorin, wohl aber die Zeichnung ihrer Figuren. Mit größter Selbstverständlichkeit leben sie im New York der Obama-Ära, einer von Homophobie und Rassismus weitgehend verschonten Zeit, und lieben – nicht aufgrund gesellschaftlicher Konventionen, sondern weil sie in sich hineinhören. ... weiter lesen
Der eine, Jude, kann gar nicht lieben, sich nicht und auch sonst niemanden. Das hat mit seiner Vergangenheit als Waise und Schützling eines diabolischen Mönchs zu tun, die den Leser/innen nach und nach offengelegt wird. So erhalten wir umfassende Einblicke in die Mechanismen von Schmerz und Verschlossenheit eines komplexen Menschen, die – das dürfte eine weitere Besonderheit dieses Romans ausmachen – den anderen Figuren im Buch verwehrt bleiben.
Die Vertraulichkeit kommt aber mit einem Preis: Wie kaum woanders spüren wir lesend den dringenden Wunsch, Jude aus seinem Trauma herauszuhelfen, und zugleich die niederschmetternde Wahrheit, dass dies nicht möglich ist. Da will man jede literaturkritische Abgebrühtheit über Bord werfen und einfach nur hemmungslos schluchzen. Und deshalb ist »Ein wenig Leben« große Fiktion. – Martin Thomas Pesl, buchkultur.net
»Rätselbuch, Labyrinth voller Geheimnisse und typografische Wundertüte«: Ursprünglich im Internet vor sich hin gewuchert, wurde es 2000 in Buchform veröffentlicht. Mehrere Handlungsebenen, darunter ein Pulitzer-Preisträger, der mit seiner Familie in ein Haus zieht, ranken sich durch die Seiten. Noch heute wird das Horrorwerk des Schriftstellers mit polnischen Wurzeln auf Hochschulen entziffert. – buchkultur.net
Ein Großmeister der Erzählkunst: Dieser Familienroman machte Franzen 2001 auch international bekannt. Themen wie Biotechnologie, Neue Medien und Rollenbilder werden wie nebenbei aufgegriffen. Mutter Enid möchte zu Weihnachten ihre drei verstreuten Kinder um sich scharen. Geschult aus den Klassikern des 19. Jahrhunderts, zeigt er ein sehr lebendiges Bild der gegenwärtigen US-amerikanischen Gesellschaft – buchkultur.net
Kunsthistoriker Leo Hertzberg und Maler William »Bill« Wechsler freunden sich an und ziehen mit ihren Familien ins gleiche Haus. Irgendwo zwischen Familiendrama und Psychothriller siedelt sich dieser Roman der US-Amerikanerin an. Trotz seiner Trauer über die vielen schmerzhaften Abschiede in seinem Leben erzählt Leo die lange wechselvolle Geschichte in einer Rückschau, die ihn bewegt, ihn aber auch am Leben hält. – Sylvia Treudl, buchkultur.net
Einen gewichtigen Jahrhundertroman hat die georgische, in Berlin lebende Autorin Nino Haratischwili geschrieben. Er setzt mit Stasia, Tochter eines Schokoladenfabrikanten, ein, folgt fünf Generationen voller beeindruckender starker Frauen quer durch die UdSSR und die Jahrzehnte und gibt das geheime Heiße Schokoladenrezept von Stasias Vater wie ein Zepter weiter. In sieben Bücher gliedert sich die 1300 Seiten schwere Familiensaga. – buchkultur.net
Diese »Geschichte«, die der israelische Schriftsteller erzählt, ist stark autobiografisch gefärbt, Batya Gur nannte das Buch eine »nationale Biografie«, so universal repräsentiert es vieler Menschen Schicksale im vorigen Jahrhundert. Im Original 2002 erschienen (Dt. 2004), schreibt Oz von seiner Familie und erzählt von enttäuschter Liebe zwischen Menschen und Kulturen, von Katastrophen und von Gräben, die überwunden werden wollen. – buchkultur.net
Hilary Mantel erzählt natürlich nicht nur chronologisch dahin, sie hat auf der einen Seite den langen Atem, einem die Geschichte Englands nahezubringen, andrerseits auch die Gabe, mit kurzen, intensiven Szenen zu beleben«, schwärmt. Zehn Jahre lang lenkte Thomas Cromwell die englischen Geschicke. Mantels Roman rund um seinen Aufstieg sowie die Fehde zwischen Cromwell und Thomas Morus erhielt 2009 den Booker Prize. Zu Recht. – Konrad Holzer, buchkultur.net
Diesem Roman hat der portugiesische Nobelpreisträger die Frage vorangestellt: Was passiert, wenn plötzlich niemand mehr stirbt? Er rühre an der archaischen Angst vor dem Tod – FAZ 2007 Was Saramago da beschreibt, wie das Land mit Alten, Moribunden, Gebrechlichen, Dahinsiechenden, die nicht sterben können, übervölkert wird, ist ja nicht so weit weg von einer Wirklichkeit, wie sie uns in die Soziologen für die nächsten Jahrzehnte ausmalen. – Konrad Holzer, buchkultur.net
»Er hebt einen Augenblick, eine Zeitspanne aus dem Geschehen hervor, es war vorher etwas und es wird auch nach dem Ende der Geschichte weitergehen«: Dieser groß erzählte Weltatlas beweist einmal mehr, dass der vielfach ausgezeichnete Ransmayr auch im 21. Jahrhundert einen Platz im Kanon verdient. An epische Orte, in Vulkane und Flüsse, führt der Erzähler des Atlasses seine Leser/innen, fügt Landkarten und Menschenleben zusammen, kartografiert Schicksale. – Konrad Holzer, buchkultur.net
Als die Stimme einer Generation wird sie bezeichnet. In Rooneys zweitem Roman, mittlerweile auch als Serie verfilmt, folgt sie der Beziehung zwischen Connell und Marianne über mehrere Jahre hinweg. Dialoglastig wie eh und je schreibt sie von Freundschaft, sozialen Strukturen, Sex und Machtstrukturen. »Das Allwissen über die Innenleben der Protagonist/innen ist Teil dieser grandiosen Kampfansage an die Oberflächlichkeit, die Rooney leistet. – Katia Schwingshandl, buchkultur.net
Eine Geschichte von der Welt nach dem Ende der Welt, von zwei Überlebenden, Vater und Sohn, die sich durch eine postapokalyptische Zerstörung Richtung Küste manövrieren, »eine düstere Parabel auf das Leben« schreibt der Verlag. Dieses Stück Literatur bricht über Leser/innen herein, überschwemmt, verschlingt – und mahnt auf bedrückende Weise, ohne den moralischen Zeigefinger zu heben. – Sylvia Treudl, buchkultur.net
Ein »eskapistischen Roman«: Darin erzählt ein Wiener Musikwissenschaftler um sein Leben: Den Tod vor Augen erzählt er in nur einer schlaflosen Nacht von seinen Forschungsreisen nach Istanbul, Damaskus, Aleppo, Palmyra, und von seiner großen Liebe, der berühmten Orientalistin Sarah. 1001 Nacht trifft hier die Gegenwart und schafft ganz großes Kino. – Ijoma Mangold, buchkultur.net
Aus der Kulturredaktion der Deutschen Welle:
100 gute Bücher von »Hool« bis »Buddenbrooks«
deutschsprachige Literatur ab 1900
2016 lieferte die Kulturredaktion der Deutschen Welle einen höchst subjektiven Überblick über deutschsprachige Romane und Erzählungen, die seit 1900 erschienen sind – und die Sie unbedingt kennenlernen sollten – in Form einer Liste der »100 guten Bücher«.
Einzige Maßgaben: Die Werke sollten nach 1900 erschienen, noch erhältlich und ins Englische übersetzt worden sein.
Das Panorama von 1900 bis 2016 soll Lust auf deutschsprachige Literatur machen und dabei möglichst unterschiedliche Bücher präsentieren - Klassiker ebenso wie Experimentelles, Bücher für junges Publikum, historische Romane, Thriller und Familiengeschichten.
2016
Er gibt Männern eine Sprache, die sonst nur die Fäuste sprechen lassen. In seinem Debütroman nimmt Winkler uns mit in die Kampfzone. Doch wer sind diese Hooligans? Winkler zeigt die Innensicht eines Außenseiters.
Drei Geschwister, ein Autounfall und eine lebenslange Liebe: Der junge Benedict Wells erzählt in "Vom Ende der Einsamkeit" mit Schwung und Esprit vom Erwachsenwerden - und wandelt damit auf den Spuren großer Vorbilder.
Nach Kriegsende kamen die Heimatvertriebenen aus dem Osten nach Norddeutschland, heute sind es die Stadtflüchtlinge aus der Großstadt. Dörte Hansen erzählt vom Alten Land, das über Generationen hinweg Zuflucht bot.
Wie soll man dieses Buch lesen? Als Tiergeschichte? Zeithistorische Satire? Tiefgründige poetische Erkundungen? Yoko Tawadas Roman um Eisbären aus drei Generationen verschmilzt lustvoll Traumebenen und Realität.
Ein Roman über das Jahr 1989 in der DDR, ein Buch über die Frage, was Freiheit ist und was Freundschaft bedeutet. Mit "Kruso" gewann Lutz Seiler 2014 den Deutschen Buchpreis.
Ein ganzes Leben eindringlich und einfühlsam zu beschreiben auf knapp 160 Seiten, das gelang 2014 dem Österreicher Robert Seethaler. Das schmale Buch entwickelte sich zu einem überraschenden Erfolg, auch im Ausland.
von Robert Seethaler; Peter Matić; Christoph Luser; Gerti..
Audio-CD
2020
|
Der Audio Verlag
12,00€ (inkl. MwSt)
sofort lieferbar
2014
Katja Petrowskaja erzählt die Geschichte ihrer eigenen jüdischen Familie, über mehrere Generationen hinweg. Sie holt die Toten und Verschollenen aus der Anonymität - und damit auch die vielen Opfer in Osteuropa.
Hier kommen Huren, Zuhälter und Freier zu Wort – ein literarisches Stimmgewirr aus dem Rotlichtmilieu. Der Leipziger Clemens Meyer erzählt, wie das Geschäft mit dem Sex in den neuen Bundesländern zur Boombranche wurde.
Mascha plant eine Karriere als UN-Dolmetscherin. Aber der plötzliche Tod ihres Freundes wirft sie völlig aus der Bahn. Olga Grjasnowa erzählt von einer Generation, die keine Grenzen kennt, aber auch keine Heimat hat.
Über drei Generationen hinweg verfolgt Eugen Ruge die Geschichte einer Familie. Ein autobiografischer Debütroman über die DDR, der von der Utopie und vom Scheitern des Sozialismus erzählt.
Für sie ist die Haptik von Büchern fast genauso wichtig wie das Erzählte. In ihrem Roman blickt Judith Schalansky auf das Nachwende-Deutschland. Der brillante Hassmonolog einer Lehrerin in der ostdeutschen Provinz.
Wie schmeckt das Leben in der Pubertät? Zwei Jungs reißen aus und stürzen sich in ein großes Abenteuer. Eine Roman über Fernweh, Freundschaft und Gefühlsverwirrung. Und ein Buch, das auch Erwachsene nicht kalt lässt.
Wird ein Rechtssystem fragwürdig, wenn es Unfehlbarkeit beansprucht? Wie weit darf der Staat - mit besten Absichten - individuelle Freiheit beschränken? Juli Zehs philosophische Novelle provoziert hochaktuelle Fragen.
Gemeinsam leben, gemeinsam sterben. In ihrem Debüt erforscht Johanna Adorján das Leben ihrer ungarischen Großeltern. Sie setzt die Bruchstücke ihres Doppelselbstmords zu einer anrührenden Familiengeschichte zusammen.
Eine Road Novel durch Bulgarien, angereichert mit herrlichen Tiraden. So böse, so komisch, so raffiniert ist selten ein Familientrauma und eine Reise ins gutgehasste Land der Vorväter beschrieben worden.
Nicht gerade ein idyllischer Ort. Aber den Einheimischen genügt die abgewrackte Ferienkolonie, um die Sommerzeit zu verbringen. Esther Kinsky nimmt uns mit auf eine Reise ins ungarische Ödland.
Wie schreibt man einen modernen Heimatroman? In einem Sommerhaus am See liest Jenny Erpenbeck die Spuren eines bewegten Jahrhunderts deutscher Geschichte. Ein meisterhafter Roman über Menschen und ihre Suche nach Heimat.
Mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, in viele Sprachen übersetzt: UweTellkamps monumentales Werk hat im Dresdner Bürgertum der späten DDR eine verschwundene Welt wiederbelebt: ein großer Gesellschaftsroman.
Sie flucht, sie träumt von Rache und ist doch klüger als alle anderen. Im Debütroman der deutsch-russischen Autorin Alina Bronsky schlägt sich eine junge Frau durchs Leben – mit Witz und ganz viel Wut im Bauch.
Lenz erzählt eine tragische Liebesgeschichte um die Beziehung einer Englischlehrerin zu ihrem 18-jährigen Schüler. "Schweigeminute" spiegelt auch die Wachstumsschmerzen Westdeutschlands in der Nachkriegszeit wider.
Richard Francis Burton war ein britischer Offizier, Forscher und Orientalist. Aus seinem Leben hat der in Bulgarien geborene deutsche Schriftsteller Ilija Trojanow einen fantastischen Roman gemacht.
Dieses Buch spannt einen Erzählbogen über ein halbes Jahrhundert. Es ist das Porträt einer lebenshungrigen jungen Frau, die ihren ganz eigenen Weg geht und dafür einen hohen Preis zahlt.
Es ist der erste und auch der schwärzeste Band der berühmten Krimiromane um den Ermittler Gereon Rath. Ein atmosphärisches Sittenbild Berlins in den 20er Jahren – mit illegalen Tanzlokalen, jeder Menge Drogen, und Toten.
Das echte Leben als Folie für Literatur: In seinem Debütroman erzählt Saša Stanišić vom jugoslawischen Bürgerkrieg. von Flucht, Heimatverlust und Orientierungssuche – aus der Perspektive eines Heranwachsenden.
Die Forscher Humboldt und Gauß begegnen sich 1828 auf einem Kongress. Daniel Kehlmann lässt in seinem Roman diese zwei Giganten der deutschen Geistesgeschichte aufeinanderprallen. Sein Buch wurde ein Weltbestseller.
Männer am Rande der Gesellschaft – verschroben, geheimnisvoll – interessieren sie besonders. Terézia Mora ist eine messerscharfe Beobachterin, die die Entwurzelung des modernen Menschen in den Fokus rückt.
Wie erlebt ein Zwölfjähriger in den 1960er Jahren im Ruhrgebiet seine Kindheit? Ralf Rothmanns meisterhafter Roman "Junges Licht" blickt psychologisch sehr genau auf die Adoleszenz seiner literarischen Hauptfigur.
In diesem Roman schlägt das Meer zurück, und die Menschheit zahlt den Preis für ihren Jahrzehnte langen Raubbau und ihre Ignoranz. Ein spannungsgeladener Ökothriller über die entfesselte Natur.
Magische Bücher – Cornelia Funke ist mit ihrer Tintenherz-Trilogie zur Weltautorin geworden. Ihr fantastischer Jugendroman erzählt von atemberaubenden Abenteuern, bei denen Bücher im Mittelpunkt stehen.
Ungarn 1956: Ohne ein Wort verlässt eine Mutter ihren Mann und ihre zwei Kinder – um im Westen zu arbeiten. Zsuzsa Bánk erzählt anrührend, was die Härte des Erwachsenenlebens in der Seele der Kinder anrichtet.
Eine Welt aus melancholischen Stadtneurotikern und Lebenskünstlern im Kreuzberg der 1980er Jahre. Sven Regener gelingt ein authentisches, amüsantes Stimmungsbild der Zeit. Die titelgebende Hauptfigur ist längst Kult.
Ein jüdischer Gelehrter auf der Suche nach seinen verlorenen Erinnerungen. Seine Reise quer durch Europa wird zur Grenzerfahrung. Dieses Buch gilt als eines der wichtigsten der Nachkriegszeit.
Man kann "Die Schattenboxerin" als elegant erzählten Detektivroman lesen. Aber auch als Portrait einer suchenden jungen Frau im zerrütteten Berlin der Nachwendezeit.
Aus der Heimat vertrieben zu werden, schmerzt Schriftsteller besonders, denn sie verlieren ihre Seele, die Sprache. Was das heißt, beschreibt Veza Canetti in klaren Worten - in ihrem autobiographischen Exil-Roman.
Vom Zauber der Schlichtheit: Peter Stamms Debütroman "Agnes" fasziniert durch puristische Sprache und Dialoge. Doch von den vielen kurzen Sätzen und einfachen Konstruktionen sollte man sich nicht täuschen lassen.
Ein Junge erzählt von dem im Krieg verschwundenen Bruder. Die verzweifelte Suche der Eltern nach dem Verlorenen verdichtet Hans-Ulrich Treichel zu einem traurigen wie komischen bundesrepublikanischen Nachkriegspanorama.
Seine Erzählungen sind oft Ausflüge in die deutsche Geschichte: Nachkriegszeit, Studentenrevolte, Wendejahre. In "Johannisnacht" lässt Uwe Timm das Jahr wieder aufleben, in dem Christo den Reichstag verhüllte.
Was heißt es, noch zu begehren und begehrt zu werden, wenn man älter wird? Monika Maron seziert eine Liebe, die im Schatten eines Dinosaurierskeletts beginnt.
Wie groß muss die Angst vor der Bloßstellung sein, damit man einen Massenmord gesteht? Diese Frage stellt Schlink in seinem Bestseller. Es ist ein Liebesroman und eine Geschichte von Schuld und Scham.
Ein verliebter IM auf Abwegen. Sein Führungsoffizier, ein grotesker Philosoph. Hilbigs Roman ist eine böse Satire auf den Geheimdienst der DDR und ihre Literaturszene.
von Wolfgang Hilbig; Jörg Bong; Jürgen Hosemann;..
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2012
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Auflage:
1
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S. Fischer Verlag GmbH
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1992
Ein musikalisches, an sich selbst leidendes Genie inmitten tumber Dorfbewohner - Robert Schneiders Roman "Schlafes Bruder" begibt sich auf die Spur der deutschen Romantik.
In ihrem stark biographischen Roman erzählt Schrobsdorff vom Leben ihrer jüdischen Mutter, einer unkonventionellen Frau im Berlin der Weimarer Zeit. Ein ganz persönlicher Blick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts.
2017
|
Auflage:
1
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dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
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1992
In ihrem Buch trifft Humphrey Bogart auf Arabesk-Musik, die Erzähltradition des Orients auf die des Westens. Emine Sevgi Özdamar ist eine Wanderin zwischen den Welten. Und ihr Buch ein autobiografisches Märchen.
Ein Großvater erklärt dem Enkel die Welt. Gert Hofmanns Roman von 1990 ist aber mehr als nostalgische Kulturgeschichte aus der Sicht eines Heranwachsenden. "Der Kinoerzähler" erzählt auch deutsche Mentalitätsgeschichte.
Ein schnödes Abendessen gerät außer Kontrolle. Mutter, Tochter und Sohn halten Gericht über den abwesenden Vater. Mit diesem Abgesang auf ein Familienidyll gewann Birgit Vanderbeke 1990 den Ingeborg Bachmann-Preis.
Gleich mehrere Verlage lehnten das Manuskript ab. Am Ende wurde das Buch doch ein internationaler Bestseller. Eine Gesamtauflage von 20 Millionen Exemplaren, übersetzt in fast 50 Sprachen. Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Er schrieb schneller, härter, präziser als alle anderen. Jörg Fauser war der rastlose König des literarischen Undergrounds. Er lebte so kompromisslos, wie er schrieb. Über Drogentrips und die Ränder der Gesellschaft.
Niemand konnte so herrliche Schimpftiraden abfeuern wie er. Thomas Bernhard grantelte gegen alle – Dichter ohne Talent, österreichische Großstadtzampanos und Burgschauspieler mit Riesenego. Daraus machte er Meisterwerke.
Die Leidensgeschichte der Klavierlehrerin Erika Kohut, die unter ihrer herrschsüchtigen Mutter emotional und sexuell verkümmert und in einer sadomasochistischen Beziehung Erlösung sucht – vergebens.
Ein Roman über einen Außenseiter, der sich zum tragischen Helden entwickelt. Unprätentiös erzählt Nadolny die Geschichte des Seefahrers und Entdeckers John Franklin – und davon, wie eine Schwäche zur Stärke wird.
"Irre" von Rainald Goetz ist ein Psychiatrie-Roman, der schmerzt. Patienten, Pfleger, Ärzte – alle sind Teil desselben Wahnsinns. Mit seinem Erstling von 1983 schickt uns der Autor auf einen literarischen Horrortrip.
Peter Schneider schrieb "Der Mauerspringer" 1982. Heute wirkt das Buch prophetisch, aber auch historisch. Es bleibt ein hochinteressanter Text über deutsch-deutsche Befindlichkeiten in einer fast schon vergessenen Zeit.
Ein vergessener Autor, ein unterschätzter Roman, eine verschwundene Welt: Gregor von Rezzori erzählt, wie Nationalismus und Ressentiment ein kulturell buntes Mitteleuropa zerstörten.
Zwei Männer in der Midlife Crisis. Ein Machtkampf auf dem Bodensee. Und ein Finale, bei dem nicht der Abenteurer, sondern der Brave gewinnt. Martin Walser in Hochform.
Die Geschichte der Shoah als bitterböse Verwechslungskomödie, erzählt von einem Massenmörder. Nach sechzig Absagen und erst nach dem Erfolg in den USA wurde Hilsenraths Buch in der Bundesrepublik veröffentlicht.
Eine Erzählung als Anklage gegen Hysterie und Machtmissbrauch. Obwohl sie in den 70er Jahren, also in der vor-digitalen Welt spielt, hat die Geschichte um Lüge und mediale Hetze immer noch eine beklemmende Aktualität.
Ein jugendlicher Aussteiger, der in einer Gartenlaube Goethes Klassiker liest und sich den strikten Regeln des Sozialismus verweigert. Plenzdorfs Buch war 1973 ein Schock fürs DDR-Establishment. Es machte ihn berühmt.
Eine Reise quer durch das Amerika der 1970er Jahre. Der österreichische Autor Peter Handke schreibt von mühevoller Selbstfindung, der Suche nach dem verlorenen Bruder – und der Begegnung mit Regie-Legende John Ford.
Wie Bachmanns Roman aus dem "Todesarten"-Zyklus zu lesen war, darum stritten sich die Literaturkritiker beim Erscheinen 1971 in seltener Uneinigheit. Die radikal poetische Dreiecksgeschichte wurde trotzdem ein Erfolg.
Den letzten Band hatte sich Uwe Johnson über Jahre abgerungen – trotz Schreib- und Lebenskrise. Vier Bände, 366 Kapitel und 1891 Seiten sind es geworden: Die "Jahrestage" wurden sein Lebenswerk.
Hoffnung als Lebenselixier – Jurek Beckers Roman über das Leben der Juden im Ghetto ist ergreifend und melancholisch, aber auch voller Humor. "Jakob der Lügner“ erzählt vom Holocaust und weist weit darüber hinaus.
War die DDR wirklich das bessere Deutschland? Lohnt sich das Einstehen für die eigenen politischen Ideale? Christa Wolf zweifelt – und verteidigt doch die moralische Überlegenheit des sozialistischen Alltags.
Was bleibt von einem Menschen, der in vollkommener Isolation lebt – eingesperrt in der wilden Natur? Mit dieser kühnen Grundidee beschrieb Marlen Haushofer die existenzielle Einsamkeit des modernen Menschen.
Hunger. Bomben. Berichte über Gewalt durch alliierte Soldaten. Berlin in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs war kein Ort für Frauen, wie dieses Tagebuch einer anonymen Journalistin zeigt.
Ein Roman, der einschlug wie eine Bombe. Weltkriegs- und Jahrhundertgeschichte aus der Perspektive eines Kleinwüchsigen – und eine Abrechnung mit dem Deutschland der restaurativen fünfziger Jahre.
Faber und das Mädchen - Frischs Bestseller ist ein verstörender Liebesroman, die Schilderung einer tödlichen Tragödie und ein Zustandsbericht über den Menschen im technischen Zeitalter.
Es gibt viele Romane, die sich mit dem Niedergang der europäischen Zivilisation der Zwischenkriegszeit beschäftigen. So breit, verzweigt und doch tiefgehend wie Doderers Wienepos ist kein anderer. Und dabei so humorvoll.
Als Gert Ledigs Buch 1956 erschien, wollten die Deutschen von den Gräuel des Krieges nichts mehr wissen. "Vergeltung" erzählt vom Bombardement einer anonymen deutschen Stadt durch ein amerikanisches Geschwader.
Rom im Sommer 1954. Die Gespenster erwachen. Der untergetauchte SS-General Judejahn trifft auf seine entzweite Familie. Koeppen beschreibt – ironisch umhaucht – den deutschen Geist der Nachkriegs-Ära.
Kinder, die nicht dazugehören dürfen, die ausgesondert werden – und die noch Schlimmeres erwartet. Ilse Aichingers einziger Roman spielt in der Zeit der Judenverfolgung und des nationalsozialistischen Terrors.
Fast 65 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung wurde Falladas Roman ein internationaler Bestseller, übersetzt in über 30 Sprachen. Er erzählt vom Widerstand der kleinen Leute gegen das menschenverachtende NS-Regime.
Liebesgeschichte, Kriegsdrama, Familientragödie in einem. Wer Österreichs wechselhafte Historie verstehen will, muss Ernst Lothars Generationenroman lesen. Er spiegelt die politischen Umbrüche von 50 Jahren.
Sieben Männer fliehen aus einem Konzentrationslager. Sechs werden gefangen und an Kreuzen aufgehängt. Ein Kreuz bleibt leer. Anna Seghers' Geschichte darüber, wie Solidarität in Zeiten des Terrors überlebt.
Ein Blick zurück in die Zeit der ausgehenden Donaumonarchie. Der Österreicher Stefan Zweig beschwört noch einmal die Welt von gestern. Es ist Sommer, man schreibt das Jahr 1914, ein Weltkrieg steht vor der Tür.
Er verkaufte seine Seele an die Nationalsozialisten und wurde zu einem gefeierten Theaterstar im Dritten Reich. Das literarische Psychogramm eines Mitläufers durfte in der Bundesrepublik lange nicht erscheinen.
In diesem Roman treibt die grenzenlose Liebe zu Büchern einen Mann in den Wahnsinn und schließlich in den Tod. Elias Canetti wurde für seinen einzigen Roman mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.
von Elias Canetti; Manfred Zapatka; Birgit Minichmayr;..
Audio-CD
2013
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Der Hörverlag
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1934
Die "Dreigroschenoper" machte ihn zum gefeierten Bühnenautor. Aber Brecht konnte seinen Erfolg nicht genießen. Die Nationalsozialisten boykottierten seine Theaterarbeit. Den Roman schrieb er 1934 im dänischen Exil.
Sie führen ein reiches, großbürgerliches Leben, die drei Brüder und ihre Schwester. Als alteingesessene Berliner jüdischer Abstammung wollen sie Hitler und den aufkommenden Antisemitismus lange nicht zur Kenntnis nehmen.
In Keuns Roman ist das Berlin der Weimarer Zeit laut, bunt – und eine Hochburg von Gewalt und Kriminalität. Die 18-jährige Doris schlägt sich in der Stadt der Kabarette durch. Sie sehnt sich danach, berühmt zu werden.
Sie stehlen, verkaufen ihre Körper und prügeln sich durch das Berlin der Dreißigerjahre. Ernst Haffners Roman ist ein schonungsloser Blick auf das Leben obdachloser Jugendlicher im Gewühl der Großstadt.
Ein Buch wie ein Rausch, wie ein Streifzug durch die dunkle Seite Berlins kurz vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Erich Kästner musste mitansehen, wie sein Großstadtroman in Flammen aufging.
In diesem Roman wird kein Schicksalsschlag ausgelassen – Wahn, Krankheit, Verlust von Heimat. Wie kann der Allmächtige das alles nur zulassen? Die Gottestreue eines gläubigen Juden wird auf eine harte Probe gestellt.
Es ist der Antikriegsroman par excellence, übersetzt in mehr als 50 Sprachen, weltweit über 20 Millionen Mal verkauft. War Remarque wirklich durch und durch Pazifist – oder gar doch ein Schwindler?
Dieses Buch traf in den Zwanzigerjahren den Nerv der Zeit und machte seine Autorin zur Auflagenkönigin der Weimarer Republik. Ein Berliner Grandhotel wird zur Bühne für Glückssucher und Todessehnsüchtige.
Ein Roman wie ein Bild, wie ein Film, wie ein Song. Der erste deutsche Großstadtroman. Und die Geschichte von einem, der immer wieder auf die Schnauze fliegt – bis er endlich kapiert.
Joseph K. wird an seinem 30. Geburtstag verhaftet. Doch worin besteht seine Schuld? Angsterregend, traumartig, vorausdeutend: Kafkas posthum veröffentlichter Roman ist einer der rätselhaftesten Texte der Weltliteratur.
Er bannte das Grauen des Ersten Weltkrieges in seinem Roman. Und wurde dafür heftig kritisiert. Hat Ernst Jünger die Gewalt verherrlicht oder nur schonungslos beschrieben?
Der Roman um den jugendlichen Sinclair tarnte sich als Autobiografie eines Kriegsversehrten. Dessen Sinnsuche in den neuen lebensphilosophischen Ansätzen seiner Zeit wurde zum Manifest einer Generation.
Feige, obrigkeitshörig, intrigant und nationalistisch ist Diederich Heßling, und ein Tyrann gegenüber Schwächeren. Manns Roman ist eine gnadenlose Analyse des deutschen Kaiserreichs kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs.
Zwei verknallte Großstädter machen sich ohne Trauschein auf in die Sommerfrische. Für die damalige Zeit ein Affront. Die Geschichte einer großen Liebe, die ganz leichtfüßig daherkommt.
Ein tagebuchartiger Text ohne Handlung, ohne Chronologie wird zum Wegbereiter des modernen Erzählens. Mit Rilkes einzigem Roman wird die Identitätskrise zum Gegenstand von Literatur.
Es ist das rätselhafteste Buch des Schweizer Schriftstellers. Über einen, der aufbegehrt, indem er sich völlig unterordnet, klein macht. Das Porträt des devotesten Revolutionärs der Literaturgeschichte.
Musils Debüt ist mehr als ein klassischer Schulroman: eine Analyse von Macht und Missbrauch, Grausamkeit und der Lust an menschlicher Erniedrigung. Eine literarische Vorwegnahme des nahenden Faschismus.
Was für ein Roman! Auf über 1000 Seiten schaut man dem "Verfall einer Familie" zu. Dem Abstieg einer stolzen Kaufmannsdynastie. Verkannte Söhne, unglückliche Töchter und das Scheitern an Geld und bürgerlichen Idealen.