Ich möchte tiergestützt arbeiten! (eBook)
128 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61766-1 (ISBN)
Caroline Kohlmey, Dipl. Päd., Berlin, ist Fachkraft für tiergestützte Therapie und Pädagogik und leitet seit über 20 Jahren Kinder- und Jugendeinrichtungen. Sie ist in der Beratungsarbeit und als Dozentin, u. a. an der Alice Salomon Hochschule, im tiergestützten Bereich tätig.
Caroline Kohlmey, Dipl. Päd., Berlin, ist Fachkraft für tiergestützte Therapie und Pädagogik und leitet seit über 20 Jahren Kinder- und Jugendeinrichtungen. Sie ist in der Beratungsarbeit und als Dozentin, u. a. an der Alice Salomon Hochschule, im tiergestützten Bereich tätig.
Einführung
Tiere werden bereits seit Jahren in vielen Bereichen der sozialen und Bildungsarbeit eingesetzt. Durch die Corona-Pandemie haben sich immer mehr Menschen Hunde bzw. Tiere angeschafft und einige interessieren sich dafür, tiergestützt zu arbeiten.
In den USA und Kanada sind Tiergestützte Interventionen schon weit verbreitet und ihre Einsätze im Krankenhaus, in Psychiatrien, in Seniorenheimen, in Schulen, in Kindergärten, in Jugendeinrichtungen u. v.m. sind etwas ganz Normales. Die positive Wirkung der Tiere auf die KlientInnen wird hier schon lange erkannt und wissenschaftlich erforscht. So können die KlientInnen wundervolle Wirkungen wie Achtsamkeit, Einfühlungsvermögen, Gemeinschaftsgefühl, Akzeptanz von Andersartigkeit, Verantwortung, Verständnis und physische und psychische Gesundung durch Tiere erleben und erlernen. In Deutschland nimmt die tiergestützte Arbeit in vielen Bereichen zu, da die positiven Wirkungen auch hier erkannt werden (Greiffenhagen / Buck-Werner 2007).
In meinen Seminaren und in der praktischen pädagogischen Arbeit erlebe ich immer wieder, wie schwierig es für die TeilnehmerInnen ist, einen Überblick über die tiergestützte Arbeit und ihre Voraussetzungen zu erhalten. Welche Seminare sollte ich besuchen, welche Literatur ist sinnvoll, welche Zertifikate, Versicherungen, Tests benötige ich und welche Hygienemaßnahmen muss ich ergreifen? Was sollte ich können und wissen? Welches Tier ist geeignet und was sollte ich wie am besten zuerst tun? Mittlerweile steht man einem riesigen Angebot von Weiterbildungen, Seminaren, TiertrainerInnen etc. gegenüber. Aber was ist wirklich wichtig und hilfreich?
Tiergestützte Arbeit bedeutet eine qualifizierte, zertifizierte, zeitintensive und gut durchdachte Arbeit mit dem Tier. Eine gute Planung, Fortbildung, Wissensaneignung, Training und Testung des Tieres gehören mit dazu. Eine qualitativ gute tiergestützte Arbeit bedeutet auch, viel Zeit in Seminare, Trainings und Ausbildungen für sich und das Tier zu investieren. „Einfach mal so sein Tier zur Arbeit mitzunehmen“, gehört nicht dazu.
In diesem Buch möchte ich eine Orientierung zu Möglichkeiten für den Einsatz eines Hundes im sozialen und pädagogischen Bereich aufzeigen (z. B. Jugendclub, Kita, Wohngruppe, Schulen, Beratung etc.) und Anregungen für den tierschutzgerechten Einsatz geben – vor allem mit Blick auf die Arbeit mit Hunden. Dabei werden folgende Punkte berücksichtigt:
●Wie kann ich Stolpersteine möglichst im Vorfeld aus dem Weg räumen und wie gehe ich mit Veränderungen in der Familie, im Arbeitsalltag und im Umfeld um?
●Wie kann ich mein Tier in der Arbeit mit Jugendlichen, in der Schule, in der Beratungsarbeit und mit Kindern einsetzen?
●Was sollte ich dazu selbst mitbringen, was sollte mein Tier können und mögen, und welche Zertifikate und Einverständnisse sind nötig?
●Was soll das Ziel meiner Arbeit sein und was möchte ich gerne warum erreichen?
●Nicht jedes Tier mag Menschen, nicht jedes Tier mag gestreichelt werden oder mag Tricks.
●Gerne möchten wir mit unserem Tier arbeiten, aber nicht jedes Tier und auch nicht jeder Mensch und auch nicht jede Klientel ist geeignet.
Finden Sie heraus, ob Ihr Tier überhaupt geeignet ist, was Ihr Tier mag, ob und wie es gerne mit Menschen umgeht. Zuallererst möchte ich besonders darauf aufmerksam machen, dass die Tiere im Einsatz sehr gefordert werden, da sie wesentlich mehr wahrnehmen als wir selbst. Unsere Aufgabe ist es, unsere Tiere nicht zu überfordern, unsere Tiere richtig lesen zu lernen, ihre Stresssignale wahrzunehmen und sie zu (be-)schützen und, wenn nötig, aus dem Einsatz zu nehmen.
Einige TierhalterInnen nehmen ihre Tiere mit zur Arbeit und eigentlich scheint alles gut zu laufen, bis dann die ersten Stolpersteine und Probleme auftauchen. Die tiergestützte Arbeit bedarf einer guten fachlichen Qualifikation und eines Know-hows, das oft unterschätzt wird.
Ich selbst habe in der Ausbildung zur Fachkraft für tiergestützte Interventionen sehr viel gelernt und lerne immer noch viele Dinge für die tiergestützte Arbeit dazu. In meinen Einführungsseminaren erlebe ich oft, dass die TeilnehmerInnen denken, nach einem Tages- oder Wochenendseminar alles über die tiergestützte Arbeit zu wissen und damit starten zu können. Die tiergestützte Arbeit ist eine komplexe Tätigkeit, die viel Wissensaneignung bedarf. Als Beispiel nenne ich in meinen Einführungsseminaren immer, dass man sich auch nicht von einem Dachdecker die Haare schneiden lässt.
Ich hoffe, ich kann Sie inspirieren, fachlich und qualifiziert tiergestützt arbeiten zu wollen und Stolpersteine zu umgehen. Hierauf möchte ich Sie in diesem Buch vorbereiten. Das Buch soll Sie vor der üblichen Suche und Odyssee bewahren, die am Beginn der tiergestützten Arbeit steht. Es gibt eine Menge zu verstehen und zu erfahren in der tiergestützten Arbeit. Lassen Sie sich auf diese Reise ein, damit Sie und Ihr Tier wirklich etwas Positives bewirken können.
Viel Spaß beim Lesen!
Caroline Kohlmey
Berlin, im Herbst 2022
1.1Zum Aufbau des Buches
Dieses Buch soll einen ersten Einblick zum Start in die Tiergestützten Interventionen geben und hoffentlich auch die Frage beantworten, ob dies etwas für Sie und Ihr Tier ist. Um im tiergestützten Bereich arbeiten zu können, bedarf es eines Grundwissens. Definitionen der tiergestützten Arbeit, Grundlagen der Mensch-Tier-Beziehung, Wirkfaktoren, wissenschaftliche Forschungen helfen Ihnen später, ein tiergestütztes Konzept zu entwerfen. In den einzelnen Kapiteln werden wichtige Eckdaten benannt und am Ende zusammengefasst. Einige wissenschaftliche Forschungen, welche die Effekte der tiergestützten Arbeit belegen, sind zur besseren Verständlichkeit mit Praxisbeispielen erläutert. Zu jedem Themengebiet gibt es Literaturhinweise und Links im Anhang. Dort sind weiterführende Bücher aufgelistet, um sich genauer mit den entsprechenden Themen in Ihrem Arbeitsfeld zu beschäftigen. Zur praktischen Anwendung gibt es Selbstlernübungen, Hinweise zu Ausbildungsinstituten, TiertrainerInnen und Hundeschulen usw. Abgerundet wird das Buch mit praktischen Übungen für den tiergestützten Einsatz. Eine Online-Broschüre für den Einsatz zum Thema „Hundesprache verstehen“ sowie eine Vorlage zum Selbstgestalten mit eigenen Hundefotos bilden das Online-Material, das zum Download auf der Verlagshomepage zur Verfügung steht.
Was brauchen Sie also alles? Sie brauchen Grundlagenwissen über tiergestützte Arbeit und Hygienemaßnahmen, Ausbildungen von Tier und Mensch, Wissen über rechtliche und institutionelle Bedingungen, Versicherungsnachweise, Tiersachkenntnisse und praktische Kenntnisse über Kurzkonzepte und über Überzeugungsarbeit vor Ort. Es gibt also eine Menge zu bedenken, zu erfahren und zu entdecken.
1.2Mein Weg zur tiergestützten Arbeit
Ich habe das Glück, dass, seitdem ich denken kann, Hunde, Katzen, Meerschweinchen, Hamster und Schildkröten meinen Lebensweg begleitet haben. Groß wurde ich auf dem Land mit einem Irish Setter und einem Berner Sennenhund, mit Katzen, Meerschweinchen, Schildkröten, Hamstern und später kamen einige Cocker Spaniel hinzu. Mit einer recht wilden Familiengeschichte waren mir besonders die Hunde immer treue Begleiter und Vertraute. Heute besitze ich einen ausgebildeten Therapiehund, einen weiß-braun gepunkteten Cocker Spaniel namens Mowgli (9 Jahre alt, Abb. 1), der mich in der Kinder-, Jugend-, Erwachsenen- und sozialintegrativen Beratungsarbeit und als Dozentin im tiergestützten Bereich begleitet.
Zuvor hatte Jasper (Cocker Spaniel) mit mir in einer Jugendeinrichtung und in der Jugendberatung gearbeitet und nicht nur mir und dem Team, sondern besonders den Kindern und Jugendlichen viel Liebe und uneingeschränkte Zuneigung entgegengebracht.
„Hunde wollen einschätzen können, wie es anderen im Rudel geht. Sie nehmen Stimmungen auf und erspüren die wahre Seelenlage hinter der menschlichen Fassade“ (Schrot und Korn 2011, 47).
Ich brauchte sehr lange, um das Verhalten meines Hundes Jasper in der Jugendeinrichtung zu verstehen. Jeden Morgen, wenn ich ihn mitgenommen hatte, setzte sich Jasper gerne neben irgendwelche Personen. Manches Mal neben Jugendliche, aber auch neben Eltern, MitarbeiterInnen und KollegInnen. Ich freute mich immer über die Freundlichkeit meines Hundes, verstand aber überhaupt nicht, was er mir eigentlich mitteilen wollte. Ich beobachtete dies wohl sehr lang, bis ich endlich begriff, worauf Jasper mich aufmerksam machen wollte. Mein Hund hatte die Fähigkeit, zu erkennen, vielleicht auch zu erriechen, wem es nicht gut ging. Er setzte sich neben die Menschen, die sich schlecht fühlten, Stress zu Hause hatten, schlechte Noten geschrieben hatten oder die...
Erscheint lt. Verlag | 15.5.2023 |
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Reihe/Serie | mensch & tier | mensch & tier |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Pädagogik ► Sonder-, Heil- und Förderpädagogik |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Ausbildung • Checklisten • Einsatzmöglichkeiten • hundegestütztes Coaching • Jugendarbeit • Konzeption • Mensch-Tier-Beziehung • Orientierungshilfe • Schule • Soziale Arbeit • Tiergestützte Pädagogik |
ISBN-10 | 3-497-61766-0 / 3497617660 |
ISBN-13 | 978-3-497-61766-1 / 9783497617661 |
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