Die Schwangerschaft vertrauensvoll erleben

Du bist schwanger und eine aufregende Zeit beginnt, in der du emotional und körperlich durch Höhen und Tiefen gehen wirst. Vertraue dir selbst – du schaffst das!

Die Zeit der Schwangerschaft ist spannend, geprägt von unterschiedlichen Empfindungen und intensiven Gefühlen. Freude auf das Baby und Ängste, der zukünftigen Situation nicht gewachsen zu sein, wechseln sich ab. Du hast nun neun Monate Zeit, nicht nur aus deinen Kleidern heraus-, sondern auch in die neue Lebenssituation hineinzuwachsen.

Sobald eine Frau schwanger ist, hat sie das Gefühl, nur Geschichten über Geburten erzählt zu bekommen. Leider sind die Erzählungen oft negativ behaftet. Jede Frau erlebt Schwangerschaft und Geburt anders. Was für die eine Frau grenzwertig und sehr herausfordernd ist, ist für die andere leicht und wunderbar. Für manche Frauen ist die Schwangerschaft die schönste Zeit in ihrem Leben, andere wollen diese am liebsten auslassen. Auch die Zeit mit dem Baby wird unterschiedlich wahrgenommen. Die eine Frau genießt die Ruhe und die Zurückgezogenheit mit ihrem Neugeborenen und die andere möchte ihr altes Leben wieder zurück.

Im Kapitel »Faithful« erklären wir dir, was dich in den nächsten Monaten auf emotionaler und körperlicher Ebene erwarten wird. Mit wissenschaftlichem Hintergrund beschreiben wir zahlreiche Begleiterscheinungen der Schwangerschaft und erläutern genau, warum das so ist. Die meisten dieser Begleiterscheinungen sind unangenehm und dennoch physiologisch, also normal. Allerdings empfinden nicht alle Frauen diese Schwangerschaftsbeschwerden gleich stark. Die eine Frau fühlt sich in der Frühschwangerschaft müde und erschöpft, während die andere sich wohlfühlt und lange nicht bemerkt, dass sich ihr Körper verändert hat.

Noch bevor der Schwangerschaftstest positiv ist, spielen sich in deinem Körper fundamentale hormonelle Veränderungen ab. Eine Studie von Edelstein und Kollegen zeigte, dass sich auch das Hormonsystem des werdenden Vaters ändert. Die Hormone Testosteron und Östrogen nehmen bei werdenden Vätern messbar ab. Die Wissenschaftler vermuten, dass der Vater durch die Senkung des Testosteronspiegels auf eine fürsorgliche Vaterrolle vorbereitet wird. ▶ [1]

Die Partnerschaft verändert sich

Die Entwicklungspsychologin Gabriele Gloger-Tippelt hat für werdende Eltern vier Phasen der emotionalen Entwicklung in der Schwangerschaft beschrieben. ▶ [2]

Aus meiner Erfahrung in der Hebammenbetreuung kann ich sagen, dass die Schwangerschaft für gleichgeschlechtliche Paare ebenso eine Herausforderung darstellt wie für verschiedengeschlechtliche. Für die Rollenverteilung bei gleichgeschlechtlichen Paaren gibt es weniger Modelle als für die klassische Rollenverteilung bei gegengeschlechtlichen Paaren. ▶ [3] Aber auch in dieser Konstellation müssen beide Partnerinnen in die Elternrolle hineinwachsen. Wir können uns vorstellen, dass die im Folgenden beschriebene emotionale Entwicklung in der Schwangerschaft nach Gloger-Tippelt bei allen Paaren ähnlich abläuft.

Phase der Verunsicherung (bis zur 12. SSW): Es stehen viele Fragen im Raum. Neben der Freude können auch Ängste auftreten, wie sich das Leben mit einem Kind verändern wird. Auch bei einer geplanten Schwangerschaft kann es vorkommen, dass die Eltern vorübergehend unter Schock stehen, wenn der Schwangerschaftstest positiv ist. Wenn sich beide Partner zum Kind bekennen, ist die Phase der Verunsicherung abgeschlossen.

Phase der Anpassung (12.–20. SSW): Meist ist die Entscheidung für das Kind gefallen und für die werdenden Eltern beginnt eine gelassene Zeit. Jetzt werden Ultraschallbilder im Freundes- und Familienkreis gezeigt und das Paar kann sich mit seiner neuen Rolle als zukünftige Eltern identifizieren.

Phase der Konkretisierung (20.–32. SSW): Die werdende Mutter spürt die Kindsbewegungen und das Paar sucht einen Namen für das Baby. Unsicherheit und Ängste lösen sich auf und ein Gefühl der Sicherheit stellt sich ein.

Phase der Vorbereitung auf die Geburt (ab 32. SSW): Die Schwangerschaft wird etwas beschwerlicher. Neben den körperlichen Anstrengungen kommen auch Ängste und Ungeduld auf. Gespräche mit Hebamme und Arzt können dir helfen, in Ruhe und Gelassenheit den natürlichen Geburtsbeginn abzuwarten.

Das 1. Schwangerschaftsdrittel

In diesem Abschnitt geht es um die 1.–13. SSW, also die Zeit von der Empfängnis bis zum Anfang des 4. Monats. Wir beschreiben dir die häufigsten Beschwerden, die in dieser Zeit aufgrund der hormonellen Veränderungen auftreten können. Vieles, was dir anfänglich eventuell Sorgen bereitet, entpuppt sich meist als normale Begleiterscheinung der Schwangerschaft. Allerdings empfindet nicht jede Frau die Schwangerschaftsbeschwerden gleich stark. Manche Frauen haben gar keine Beschwerden, andere wiederum fühlen sich durch diese stark beeinträchtigt.

Im ersten Drittel der Schwangerschaft wissen viele Frauen oft noch nicht, dass sie schwanger sind, obwohl sie sich auf einmal anders fühlen. Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Kurzatmigkeit werden oft fälschlicherweise als Zeichen eines beginnenden grippalen Infekts gedeutet. Ein mögliches Brennen beim Urinieren wird häufig mit einer Blasenentzündung verwechselt. Beim Treppensteigen fängt das Herz plötzlich an zu rasen und die Luft bleibt weg. Das Durstgefühl verstärkt sich und manchmal stellt sich ein Unbehagen in der Magengegend ein. Viele Gerüche werden intensiver wahrgenommen und oft als unangenehm empfunden. Sogar das Lieblings-Parfum des Partners kann auf einmal als störend und schlecht riechend abgelehnt werden. Der BH wird zu eng. Das Spannen der Brüste wird oft als prämenstruelles Syndrom gedeutet.

All diese Erscheinungen werden durch massive hormonelle Einflüsse hervorgerufen, die schon sehr früh in der Schwangerschaft beginnen. Im weiblichen Körper kommt es im ersten Drittel, ausgelöst durch Hormone (u. a. hCG, Progesteron, Östrogen) zu zahlreichen körperlichen Veränderungen.

Erhöhung von Herzschlag und Kurzatmigkeit

Als Folgeerscheinung nach der Einnistung des befruchteten Eies im Uterus erhöht sich die Herzfrequenz der Mutter um etwa 20 Prozent, das heißt, es schlägt etwa 15-mal pro Minute mehr. ▶ [4] Verursacht wird dies durch die Steroidhormone und das Prolaktin, ein frühes Schwangerschaftshormon, die direkt auf den Herzmuskel wirken.

Auch Kurzatmigkeit wird durch die massiven hormonellen Veränderungen ausgelöst. Sie beginnt schon in den ersten Wochen der Schwangerschaft und die meisten Frauen können sich nicht erklären, warum sie so schnell außer Atem kommen (siehe auch Kapitel ▶ »Easy Breathing«).

Müdigkeit

Besonders im ersten Drittel der Schwangerschaft sind werdende Mütter oft müde. Auch hier ist die Ursache eine massive hormonelle Veränderung, die schon in der 3. SSW beginnt. Zunächst nimmt das Blutvolumen der Schwangeren um 30–50 Prozent zu. Bevor dieser Prozess beginnt, sinkt jedoch der Blutdruck. Dies hat zur Folge, dass sich Frauen in der Frühschwangerschaft oft müde und abgeschlagen fühlen. Leider treten deswegen auch häufig Kopfschmerzen und Schwindelgefühl auf. ▶ [5]

Der erhöhte Schlafbedarf im ersten Drittel der Schwangerschaft führt oft zu einer Vorliebe für das Mittagsschläfchen. Grund dafür ist der erhöhte Progesteronspiegel, der noch durch das Hormon Östrogen gesteigert wird. ▶ [6]

Mehr Durst und veränderte Geschmacksvorlieben

In der Schwangerschaft steigert sich das Durstgefühl, da die Durstschwelle sinkt. Verantwortlich dafür ist das Hormon Progesteron. Es erhöht seine Wirkung auf das Kreislaufvolumen, indem es die Durstzentren im Gehirn neu einstellt und den Durst steigert. Ein zweites Hormon, das Östrogen, bewirkt eine Erhöhung der Reninproduktion. Renin ist ein Hormon, das an der Regulation des Wasserhaushalts beteiligt ist und indirekt das Durstgefühl mitsteuert.

Vielleicht hast du auf einmal veränderte Essensgelüste, manchmal auf Süßes und Saures gleichzeitig? Das könnte daran liegen, dass sich der Geschmacks- und Geruchssinn schon in der Frühschwangerschaft verändert. Die Sensibilität der Geschmacksknospen der Zunge wird schwächer. ▶ [7] Daher bevorzugen Schwangere oft...