Rubinrotes Herz, eisblaue See & Eisblaue See, endloser Himmel (eBook)

Zwei Romane
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
912 Seiten
mareverlag
978-3-86648-313-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Rubinrotes Herz, eisblaue See & Eisblaue See, endloser Himmel -  Morgan Callan Rogers
Systemvoraussetzungen
19,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein Fischerdorf an der Küste Maines, am nordöstlichsten Zipfel der USA. Dicht an dicht schmiegen die Häuser sich an die Granitfelsen. Florine lebt geborgen bei ihren Eltern und ihrer Großmutter inmitten der Gemeinschaft der Familien, die hier seit Generationen auf Hummerfang gehen. Die kleinen Reibereien zwischen ihrer lebenshungrigen Mutter Carlie und dem bodenständigen Vater können das Leben der Elfjährigen nicht ernsthaft erschüttern. Bis Carlie eines Tages spurlos verschwindet. Alle Nachforschungen scheinen ins Leere zu laufen. Die Frage, ob ihre Mutter Opfer eines Verbrechens wurde oder freiwillig ging, wird Florine in den folgenden Jahren ständig begleiten. Und sie muss mit der Zumutung fertig werden, dass das Leben um sie herum trotzdem weitergeht: Ihr Vater bandelt wieder mit seiner Jugendliebe an, ihre Großmutter altert zusehends, und ihr bester Freund hat nur noch Augen für seine neue Freundin. Doch Florine lässt sich nicht beirren und gibt das Warten auf die Rückkehr der Mutter nicht auf. Schlagfertig und mit einem ganz eigenen Humor erzählt sie davon, was es heißt, sich treu zu bleiben und sein Glück zu finden. 'Eisblaue See, endloser Himmel' beginnt da, wo andere Liebesgeschichten aufhören: Wie sich die großen Gefühle im Alltag entwickeln und was passiert, wenn die Vergangenheit keine Ruhe gibt, davon erzählt Florine in ihrem unverwechselbar schlagfertigen Ton, mit genauso viel Witz wie Herz. Die Geschichte von einer, die sich nicht unterkriegen lässt - nicht zuletzt dank ihren Freunden und Nachbarn an der rauen Nordostküste der USA, wo die Fischerfamilien es seit jeher verstehen, den Launen der See und des Schicksals ein Schnippchen zu schlagen.

Morgan Callan Rogers, Jahrgang 1952, wuchs an der Küste von Maine auf, wo auch ihre Geschichten spielen. Heute lebt sie in Maine und in South Dakota. Ihr erster Roman 'Rubinrotes Herz, eisblaue See' (mare 2010) wurde in Deutschland zum Bestseller.

Morgan Callan Rogers, Jahrgang 1952, wuchs an der Küste von Maine auf, wo auch ihre Geschichten spielen. Heute lebt sie in Maine und in South Dakota. Ihr erster Roman "Rubinrotes Herz, eisblaue See" (mare 2010) wurde in Deutschland zum Bestseller.

1


Nachdem wir um ein Haar ein Sommerhaus abgefackelt hätten, wurde beschlossen, dass meine Freunde und ich uns bis zum Schulbeginn im September nicht mehr sehen durften. Es war Juli 1963, ich war elf Jahre alt, und Carlie, meine Mutter, nahm mich unter ihre Fittiche. Sie und Daddy fanden, man könne es meiner Großmutter nicht zumuten, die ganze Zeit darauf aufzupassen, dass ich nichts anstellte, während sie bei der Arbeit waren. Daddy verdiente sein Geld mit dem Hummerfang und musste jeden Tag die Fallen kontrollieren, deshalb gab Carlie, die als Kellnerin im Lobster Shack arbeitete, ein paar ihrer Schichten ab, um zu verhindern, dass ich im Gefängnis landete.

Unter Carlies spielerischer Aufsicht zu stehen, war nicht das Schlechteste, was mir je passiert war. Ich hatte sie während der beiden letzten Juliwochen fast ganz für mich allein, und wir unternahmen jeden Tag etwas anderes. Wir holten uns in Rays Gemischtwarenladen oben an der Straße ein Eis, setzten uns damit auf die Stufen vor unserem Haus und schauten auf das Wasser, das vom Hafen am Ende von The Point zu uns herüberblitzte. Wir wanderten von unserem Garten durch den Wald zum nahe gelegenen Naturschutzgebiet und machten dort ein Picknick. Wir saßen stundenlang im Lobster Shack, bummelten durch Long Reach, die nächstgelegene Stadt, tanzten und sangen zu Elvis-Platten, spielten Karten, sonnten uns oder gammelten einfach nur herum.

An dem Tag, den ich am besten in Erinnerung behalten sollte, packten wir den Picknickkorb und machten uns mit Petunia, Carlies 1947er Ford Coupé, auf den Weg zur Route 100. Wir kamen durch Long Reach, rollten auf einer Brücke über einen breiten Fluss und fuhren eine schmale Landzunge entlang bis zum Mulgully Beach, der ganz an der Spitze lag. Dort waren wir mit Carlies Freundin Patty verabredet.

Patty kellnerte zusammen mit Carlie. Sie hatte butterblumengelbes Haar, hellblaue Augen und Grübchen, die so tief waren, dass sie Murmeln darin hätte verstecken können.

»Na, warst du auch schön brav?«, fragte sie und packte eine Portion Pommes frites und eine Cola aus, die der Koch vom Lobster Shack ihr für mich mitgegeben hatte. »Das will ich jedenfalls schwer hoffen. Sonst endest du womöglich noch wie ich.«

Sie war hübsch, witzig und ließ sich nichts gefallen. Unhöflichen Kunden kippte sie »aus Versehen« ein Glas Wasser über den Schoß, oder sie mussten länger warten. Einmal war eine Gruppe von zehn Gästen verschwunden, ohne ihr Trinkgeld zu geben, und die Leute hatten tatsächlich die Stirn gehabt, noch mal wiederzukommen. »Denen hab ich’s gezeigt«, hatte Patty zu Carlie und mir gesagt. Nachdem sie sie mit freundlichem Lächeln bedient hatte, schlich sie sich hinaus auf den Parkplatz und ließ ihnen die Luft aus einem der Reifen. Als die Leute später draußen standen und sich fragten, was sie jetzt machen sollten, war Patty zu ihnen gegangen, hatte ihr Trinkgeld verlangt und es auch bekommen. Ihre Art gefiel mir, obwohl Grand, meine Großmutter, dazu wahrscheinlich gesagt hätte: »Ein Unrecht hebt das andere nicht auf.«

Carlie bekam immer reichlich Trinkgeld. Während Patty flirtete und kicherte und jedem zu verstehen gab, dass sie es faustdick hinter den Ohren hatte, brauchte Carlie solche Manöver gar nicht. Sie brachte jeden Raum zum Strahlen und zog die Menschen magisch an. Für mich war sie das Zentrum des Universums. Und für Daddy auch.

Ich nannte sie immer Carlie, nie Mutter, Mom oder Ma. Mit achtzehn war sie mit Petunia aus Massachusetts hierhergekommen. Daddy hatte mir erzählt, wie sie sich vor Rays Laden begegnet waren. Sie hatte ihn sofort umgehauen. »Ich war grad fertig mit dem Fang«, sagte er, »und da dachte ich mir, ich geh mal zu Ray und hol mir ein Sixpack ’Gansett. Vor dem Laden stand ein Auto, die Stoßstange glänzte in der Sonne. Dann schob sich jemand davor. Es war ein Mädchen, und es lächelte mich an. Hübsche Augen, rotes Haar. Bisschen dünn, aber das war mir egal.«

Carlie hatte Daddy erzählt, dass sie den Sommer über im Lobster Shack arbeitete. »An dem Abend hab ich bei Ma gegessen«, sagte Daddy, »und obwohl sie extra Finn ’n Haddie für mich gemacht hatte, konnte ich an nichts anderes denken als an Carlie, die nur ein Stück die Straße runter war.«

Die beiden hatten im August 1951 geheiratet, und im Mai 1952 war ich auf die Welt gekommen. Sie hatten mich Florine genannt, nach Daddys Mutter Florence und Carlies Mutter Maxine.

An dem Tag, als wir auf dem Weg zum Mulgully Beach waren, tippte Carlie mit ihren rosa lackierten Fingernägeln im Takt auf Petunias Lenkrad. Ihre Locken fielen wie rote Bänder auf ihre Schultern. Ah lewie lewa, oh whoa, I saida we gotta go, dröhnte es aus dem Radio. Dottie Butts, meine beste Freundin, und ich hatten mal einen ganzen Nachmittag vor dem Radio gehockt und uns Louie Louie immer wieder angehört, weil uns jemand erzählt hatte, der Song wäre versaut. Aber wir verstanden die Worte kaum. Dottie meinte, es klinge, als hätte man dem Sänger die Zunge in Streifen geschnitten. Schließlich hatten wir immerhin zwei Zeilen zusammen: »Every night, at ten, I lay her again. I fuck that girl then I went away.« Aber vielleicht irrten wir uns auch. Ich fragte Carlie, wie der Text ihrer Meinung nach lautete, aber sie zuckte nur die Achseln. »Keine Ahnung«, sagte sie. »Wahrscheinlich geht es nur um den Rhythmus.«

Als wir am Strand ankamen, zahlte Carlie eine Gebühr, und wir stellten Petunia auf dem staubigen Parkplatz ab. Die Autos glänzten in der Sonne so stark, dass ich die Augen zusammenkneifen musste.

»Lass das«, sagte Carlie. »Davon kriegst du Falten über der Nase, und dann siehst du schon mit zwanzig alt aus. Wir besorgen dir am Strandkiosk eine Sonnenbrille.« Sie drehte den Rückspiegel zu sich und zog sich die Lippen in Knallrosa nach, dann nahmen wir den Picknickkorb, eine alte Decke und unsere Handtücher und machten uns auf den Weg. Als sich Carlie in der Umkleide die Unterhose auszog, schimmerte ihr Schamhaar wie Kupfer. Feuerbusch. Den Ausdruck hatte ich eines Tages im Lobster Shack aufgeschnappt, als ich darauf wartete, dass Carlie Feierabend hatte. Am Nebentisch saßen zwei Männer, und ich hörte, wie der eine zum anderen sagte: »Die Rothaarige da, die hat bestimmt ’nen Feuerbusch.« Als ich Carlie jetzt nackt sah, dachte ich genau dasselbe. Sie zog den Badeanzug über ihre Hüften und ihre kleinen Brüste und streifte sich die Träger über die Schultern. Ich tat dasselbe mit meinem mageren, unbehaarten Körper und wünschte mir sehnlichst irgendwelche Rundungen oder Ausbuchtungen, die darauf hindeuteten, dass ich auch zur Frau wurde. »Wart’s nur ab«, hatte Carlie vor einer Weile zu mir gesagt, als ich mich mal wieder über meinen kindlichen Körper beschwerte. »Noch eine kleine Weile, dann wirst du so traumhaft aussehen, dass die Jungs deinetwegen vor die Wand laufen.« Das machte mir ein wenig Hoffnung.

Als wir fertig waren, sagte Carlie: »Na, dann komm«, und wir nahmen unsere Sachen und gingen zum Strandkiosk. Sie kaufte mir eine rosafarbene, schmetterlingsförmige Sonnenbrille, dann hüpften wir quiekend mit unseren nackten Füßen über die glühend heißen Bohlen des Holzstegs.

»Los, Tempo!«, rief Carlie. Wir rannten, so schnell wir konnten, bis zum Ende der Bohlen und schauten hinunter auf den gleißend hellen Sand und die flaschengrünen, schaumgekrönten Wellen. Dort unten waren mehr Leute, als ich sonst in einem ganzen Jahr zu sehen bekam, auf Decken ausgebreitet oder tobend und kreischend im Wasser.

Als wir auf halbem Weg nach unten waren, stand eine Frau im schwarzen Badeanzug von ihrer gelben Decke auf und winkte uns zu. »Hey, Florine«, rief Patty, und wir liefen zu ihr und warfen unsere Sachen auf die Decke.

»Ist das heiß!«, sagte Carlie. »Ich muss mich erst mal abkühlen.« Sie nahm meine eine Hand, Patty die andere, und dann rannten sie mit mir ins Wasser. Bevor ich auch nur Zeit hatte zu schreien, packte mich eine Welle, schleuderte mich herum wie ein Wäschebündel, schleifte mich über den Sandboden und spuckte mich wieder auf den Strand, wo Carlie mich auffing.

»Na, hast du Schiss?«, fragte sie. Natürlich hatte ich Schiss, aber wir warfen uns immer wieder hinein, bis wir völlig zerschunden und erschöpft waren. In der Pause zwischen zwei Wellen tauchten wir unter und versuchten, so gut wie möglich den Sand aus dem Badeanzug zu spülen. Dann schleppten wir uns zurück zur Decke, Carlie und Patty vorneweg, ich hinterher. Vor mir gingen die zwei schönsten Frauen, die ich kannte. Obwohl sie beide eher klein waren, bewegten sie sich sehr aufrecht und stolz. Sie warfen gleichzeitig den Kopf zurück, und ihr nasses Haar schleuderte salzige Wasserspritzer durch die Luft. Als ich meinen Kopf zurückwarf, verlor ich das Gleichgewicht und wäre beinahe hingefallen.

Als wir es uns auf der Decke bequem gemacht hatten, aßen wir Sandwiches mit...

Erscheint lt. Verlag 7.12.2016
Übersetzer Claudia Feldmann
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte All Age • Bundle • Familie • Familiengeschichte • Fischerdorf • Florine • Humor • Liebe • Liebesroman • Maine • Ostküste • Romance • USA
ISBN-10 3-86648-313-9 / 3866483139
ISBN-13 978-3-86648-313-2 / 9783866483132
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 2,5 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99