Meister und Margarita (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
608 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30647-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Meister und Margarita -  Michail Bulgakow
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Kongenial neu übersetzt: Meister und Margarita. Bulgakows Meisterwerk und das Lieblingsbuch ganzer Generationen - so frech, klug, aberwitzig und frisch wie nie zuvor Ohne Frage: Michail Bulgakows Meister und Margarita ist Kult! Schon als der Roman - 26 Jahre nach dem Tod des Autors - stark zensiert erstmals in den 60er Jahren erschien, lernten viele seiner Landsleute ihn auswendig; heimlich angefertigte Kopien der herausgestrichenen Stellen kursierten und die verhexte Wohnung Nr. 50 in der Sadowaja - der zentrale Handlungsort des Romans, von dem aus der Teufel namens Woland, der Riesenkater Behemoth und viele andere die Stadt Moskau auf den Kopf stellen - wurde zur Pilgerstätte. Und bis heute ist die Zahl der Verehrer für den inzwischen in den Kanon der Weltliteratur als Geniestreich und Meisterwerk der russischen Moderne aufgenommenen Roman unendlich groß: Ob Mick Jagger, Anna Netrebko, Wladimir Kaminer, Maximilian Brückner, Alina Bronsky, Gabriel García Márquez - sie alle haben Meister und Margarita verschlungen. Kaum ein anderes Buch hat ganze Generationen so geprägt, viele der Fans sagen: bis heute. Radikal modern übersetzt Alexander Nitzberg diese aberwitzige Satire auf ein erstarrtes System und übertriebenen Atheismus. Ein Großstadtroman, magisch, verrückt und gegenwärtig. Und in eine Sprache übertragen, die vor allem eins ist: frisch und zupackend.

Michail Bulgakow (1891-1940) wurde erst lange nach seinem Tod berühmt. Seine wichtigsten Werke durften zu Lebzeiten nicht erscheinen. Der Weltklassiker Meister und Margarita, an dem er die letzten zwölf Jahre vor seinem Tod geschrieben hatte, erschien, zudem in zensierter Fassung, in der UDSSR erst 1968. Die weiße Garde war Bulgakows erster Roman und diente als Grundlage für sein Theaterstück Die Tage der Geschwister Turbin - zu dessen größten Bewunderern Stalin gehört haben soll, der es sich angeblich 15 Mal ansah.Bei Galiani Berlin erschienen von Bulgakow - neu übersetzt von Alexander Nitzberg - Meister und Margarita (2012), Das hündische Herz (2013), Die verfluchten Eier (2014) und Die weiße Garde (2018).

Michail Bulgakow (1891–1940) wurde erst lange nach seinem Tod berühmt. Seine wichtigsten Werke durften zu Lebzeiten nicht erscheinen. Der Weltklassiker Meister und Margarita, an dem er die letzten zwölf Jahre vor seinem Tod geschrieben hatte, erschien, zudem in zensierter Fassung, in der UDSSR erst 1968. Die weiße Garde war Bulgakows erster Roman und diente als Grundlage für sein Theaterstück Die Tage der Geschwister Turbin – zu dessen größten Bewunderern Stalin gehört haben soll, der es sich angeblich 15 Mal ansah. Bei Galiani Berlin erschienen von Bulgakow - neu übersetzt von Alexander Nitzberg - Meister und Margarita (2012), Das hündische Herz (2013), Die verfluchten Eier (2014) und Die weiße Garde (2018). Alexander Nitzberg gehört zu den wichtigsten Übersetzern u.a. aus dem Russischen. Er hat mit seinen Gedichten und Übertragungen russischer und englischer Klassiker wie Daniil Charms und Edmund Spenser auf sich aufmerksam gemacht und sorgte zuletzt mit seinen Neuübersetzungen von Bulgakows Meister und Margarita und Das hündische Herz sowie Sawinkows Das fahle Pferd und Das schwarze Pferd für Furore. 2019 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für literarisches Übersetzen. Zuletzt erschien Bulgakows Die weiße Garde in einer Neuübersetzung Nitzbergs bei Galiani Berlin (2018).

Kapitel 1 Reden Sie nie mit Unbekannten


Es war Frühling, eine heiße Dämmerstunde am Patriarchenteich[2]. Zwei Herren zeigten sich.[3] Der erste im grauen Sommeranzug. Ein brünetter Vierziger, klein, rundlich, beglatzt. Seinen recht ansehnlichen Hut hielt er zusammengedrückt in der Falte. Das glattrasierte Gesicht zierte eine überdimensionale dunkle Hornbrille. Der zweite ein junger Mann. Breite Schultern, struppiges rotes Haar unter einer weit nach hinten gezogenen Schirmmütze mit Schachmuster. Kariertes Hemd, zerknitterte weiße Hose, schwarze Latschen.

Bei dem Ersten handelte es sich um keinen Geringeren als um Michail Alexandrowitsch Berlioz, den Redakteur einer Literaturzeitschrift von Format[4] und Vorstandsvorsitzenden der wohl größten Moskauer Autorenvereinigung, abgekürzt Massolit.[5] Bei seinem jungen Begleiter um den Dichter Iwan Nikolajewitsch Ponyrjow, welcher sich hinter dem Pseudonym Besdomny[6] – »obdachlos« – verbarg.

Im Schatten aufgrünender Linden angelangt, eilten die Schriftsteller geradewegs zu dem bunten Büdchen mit der Aufschrift »Bier und Säfte«.

Nun wäre es angebracht, auch schon die erste Absonderlichkeit dieses unseligen Maiabends zu erwähnen: Nicht nur am Büdchen, nein, auf der gesamten Allee, die parallel zur Malaja Bronnaja[7] verlief, war nicht ein einziger Mensch zu sehen. Zu einer Stunde, die jedes Luftholen schier unmöglich zu machen schien und die Sonne, die ganz Moskau zum Sieden gebracht hatte, aus dem trockenen Dunst herausfallen und irgendwo abseits vom Gartenring[8] verschwinden ließ, suchte keine Sterbensseele Zuflucht unter diesen Bäumen, erholte sich niemand auf dieser Parkbank, war die Allee wie ausgestorben.

– Einen Sprudel –, verlangte Berlioz.

– Hammer nicht –, sagte die Frau aus dem Büdchen und setzte weiß Gott warum eine beleidigte Miene auf.

– Oder Bier? –, erkundigte sich Berlioz mit einem Frosch im Hals.

– Kriegen wir ers’ am Abend rein –, antwortete die Frau.

– Was habt ihr dann? –, fragte Berlioz.

– Aprikosenbrause, is’ aber schon warm –, sagte die Frau.

– Von mir aus, nur her damit, her damit! …

Die Aprikosenbrause schwoll an zu üppig gelbem Schaum, schon roch’s nach Shampoo. Die Schriftsteller tranken aus und wurden augenblicklich vom Schluckauf geschüttelt. Sie zahlten und setzten sich, das Gesicht zum Teich, den Rücken zur Bronnaja.

Da ereignete sich sogleich auch die nächste Absonderlichkeit, welche diesmal ganz allein Berlioz betraf: Sein Schluckauf legte sich schlagartig, das Herz machte einen Ruck und versank für einen Augenblick irgendwo, um dann wieder emporzutauchen, freilich mit einem stumpfen Stachel darin. Und urplötzlich wurde er von grundloser, aber so heftiger Furcht ergriffen, dass er auf der Stelle losrennen wollte, bloß fort vom Patriarchenteich. Er starrte beklommen umher, fragte sich, was ihm denn solch einen Mordsschrecken eingejagt hatte, wurde bleich und wischte sich die Stirn mit einem Tuch. »Nanu, was war denn das?«, dachte er. »Sieht mir ja überhaupt nicht ähnlich … Aber das Herz … kann einem … schon üble Streiche spielen … Zu viel Aufregung … Schick sie doch allesamt zum Teufel und ab nach Kislowodsk[9] …«

Da verdichtete sich die heiße Luft, und aus eben dieser Luft wob sich ein Herr zusammen – von äußerst merkwürdiger Gestalt, übrigens. Auf dem kleinen Kopf ein Reitercap. Karierter Anzug, gestutzt – nur halt aus Luft gemacht … Der Statur nach ein Lulatsch, aber unvorstellbar hager, in den Schultern schmal, und die Visage, nebenbei bemerkt, rattenfrech.

Durch die Art, wie Berlioz’ Leben verlaufen war, hatte er mit außergewöhnlichen Phänomenen bisher wenig am Hut. Er wurde noch bleicher, bekam Glubschaugen. »Das gibt es nicht! …«, dachte er, sichtlich irritiert.

Doch leider gab es das sehr wohl. Und der lange durchschimmernde Kerl vor ihm baumelte freischwebend hin und her.

Da packte Berlioz ein solches Entsetzen, dass er die Augen schloss. Als er sie wieder öffnete, war alles vorbei: Vom Spuk keine Spur, der Karierte verschwunden, und mit ihm auch der stumpfe Stachel im Herzen.

– Pfui Teufel! –, rief der Redakteur. – Weißt du, Iwan, um ein Haar hätte ich jetzt einen Hitzschlag bekommen! Hab schon beinahe halluziniert … –, er versuchte zu lächeln, doch in seinen Augen zuckte noch immer die Sorge, und die Hände zitterten. Aber allmählich wurde er wieder ruhiger, fächelte sich mit dem Tuch etwas Luft zu, sagte recht fit: – Tja, dann –, und setzte die vom Brausetrinken unterbrochene Rede fort.

Diese Rede handelte (wie sich später herausstellen sollte) von Jesus Christus. Der Redakteur hatte nämlich beim Dichter für die nächste Buchedition seiner Zeitschrift ein großes antireligiöses Poem[10] in Auftrag gegeben. Ein solches Poem hatte Iwan Nikolajewitsch denn auch geschrieben, sogar in Rekordzeit, nur dass es den Redakteur überhaupt nicht zufriedenstellte. Die Hauptperson des Poems, nämlich Jesus, war von Besdomny in sehr dunklen Farben gezeichnet worden, und dennoch musste nach Meinung des Redakteurs das gesamte Werk neu geschrieben werden. Und so hielt nun der Redakteur dem Dichter eine Art Vorlesung über Jesus, um den grundsätzlichen Fehler des Dichters aufzuzeigen.

Schwer zu sagen, was genau die Ursache für Iwan Nikolajewitschs Scheitern gewesen war – mangelndes Vorstellungsvermögen oder vollkommene Unkenntnis der Materie – aber sein Jesus wirkte quicklebendig, ganz und gar existent, wenn auch versehen mit allen möglichen schlechten Charakterzügen.

Jetzt wollte Berlioz dem Dichter klarmachen: Es kommt nicht darauf an, wie Jesus als Mensch ist, böse oder gut, sondern einzig darauf, dass es ihn als Person überhaupt nicht gibt. Alle Erzählungen über ihn sind Hirngespinste, Mythen eben.

Nun war ja der Redakteur ein überaus belesener Mann. Im Verlauf seiner Rede wies er einleuchtend auf die alten Geschichtsschreiber hin, den berühmten Philo von Alexandrien[11] zum Beispiel, oder den hochgebildeten Flavius Josephus[12]: Mit keinem Wort hatten sie Jesus erwähnt. Als solider Kenner belehrte Michail Alexandrowitsch den Dichter über jene Passage aus den allseits bekannten »Annalen« des Tacitus[13] (Buch fünfzehn, Kapitel vierundvierzig), wo der Kreuzestod Jesu gestreift wird. Auch sie – nichts weiter als eine Fälschung späterer Zeit.

Der Dichter, für den diese Mitteilungen des Redakteurs allesamt Neuland waren, hörte Michail Alexandrowitsch aufmerksam zu, richtete auf ihn seine lebhaften grünen Augen und wurde nur hie und da vom Schluckauf geplagt, wobei er murmelnd die Aprikosenbrause verfluchte.

– Es gibt keine östliche Religion –, sagte Berlioz, – in der ein Gott ohne die obligatorische unbefleckte Geburt zur Welt käme. So haben die Christen nichts Neues erfunden und ihren Jesus, den es in Wirklichkeit gar nicht gab, auf gleiche Weise erschaffen. Und genau darauf sollte der Hauptakzent gesetzt werden …

Berlioz’ hoher Tenor hallte in der leeren Allee. Und je weiter sich Michail Alexandrowitsch in Abgründe wagte, in die sich nur ein besonders gebildeter Mensch hineinwagen würde, ohne Angst, sich den Hals zu verrenken, desto mehr erfuhr der Dichter an interessanten und nützlichen Details: vom altägyptischen Osiris[14], dem gütigen Gott, dem Sohn des Himmels und der Erde, vom phönizischen Tammuz[15], von Marduk[16] und sogar von dem weniger bekannten grimmigen Gott Vitzliputzli[17], der seinerzeit bei den Azteken in Mexiko ziemliches Ansehen genossen hatte.

Und just in dem Augenblick, in dem Michail Alexandrowitsch dem Dichter über Vitzliputzli erzählte und wie dieser von den Azteken aus Teig geknetet worden war, zeigte sich in der Allee der erste Mensch.

Später, als es, ehrlich gesagt, nichts mehr zu retten gab, legten diverse behördliche Stellen eigene Beschreibungen dieses Menschen vor. Die Unterschiede sind in höchstem Maße verblüffend: Er sei kleinwüchsig, habe Goldzähne und humpele auf dem rechten Bein. Oder riesengroß, habe Platinkronen und humpele auf dem linken Bein. Oder aber er sei – wie es so schön heißt – »ohne besondere Kennzeichen«.

Es bleibt festzustellen, dass keine dieser Beschreibungen etwas taugt.

Zunächst: Der Besagte humpelte nicht und war weder klein noch riesenhaft, sondern einfach nur hochgewachsen. Was seine Zähne betrifft, so waren sie rechts mit Gold- und links mit Platinkronen versehen. Er trug einen teuren grauen Anzug und ausländische Pantoletten von exakt gleicher Farbe. Das graue Barett war keck auf die Seite gezogen, der Spazierstock mit schwarzer Pudelschnauze[18] unter den Arm geklemmt. Vom Aussehen her – ein Mittvierziger. Mit irgendwie krummem Mund. Glattrasiert. Braunhaarig. Das rechte Auge schwarz, das linke kurioserweise grün. Die Brauen dunkel, doch die eine saß höher als die andere. Alles in allem: ein Ausländer.

Nachdem er die Bank mit dem Redakteur und dem Dichter passiert hatte, schielte der Fremde in deren Richtung, blieb stehen und machte es sich plötzlich auf einer benachbarten Bank bequem, keine zwei Schritte von den Freunden entfernt.

»Ein Deutscher«, sagte sich Berlioz.

»Ein Engländer«, dachte Besdomny. »Boah, dass dem nicht zu heiß wird in seinen Handschuhen!«

Währenddessen betrachtete der Fremde die...

Erscheint lt. Verlag 16.8.2012
Übersetzer Alexander Nitzberg
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte ?????? ? ????????? • Das hündische Herz • Die verfluchten Eier • Gesellschaft • Korruption • Michail Bulgakow • Moskau • Parodie • Parodie-Satire • Russland • Satire • Sowjetunion • System
ISBN-10 3-462-30647-2 / 3462306472
ISBN-13 978-3-462-30647-7 / 9783462306477
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