Lernen und Raum entwickeln -

Lernen und Raum entwickeln (eBook)

Gemeinsam Schule gestalten
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2017 | 1. Auflage
202 Seiten
Verlag Julius Klinkhardt
978-3-7815-5592-1 (ISBN)
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Zunehmend mehr Schulen zeigen in ihrer räumlichen Gestaltung neue Gesichter.
Diese können als Hinweis auf einen Umbruch im Bildungsgefüge verstanden werden. Und tatsächlich laufen vielerorts Versuche bzw. starten Projekte, die schulischen Lernräume im Sinne ihrer aktuellen und vermuteten zukünftigen Herausforderungen neu zu denken und zu bauen. In vielen Ländern widmen sich mehr und mehr Menschen sowie Institutionen der Aufgabe, Schul- und Lernraumentwicklung in einen Dialog zu bringen.
2015 hat sich eine Gruppe solcher Menschen aus Deutschland, Italien, der Schweiz und aus Österreich als Kooperationsverbund PULS zusammengetan, um Erfahrungen und Wissen zu teilen und um sich im vielfältigen Austausch zwischen Theorie und Praxis weiterzuentwickeln.
Im vorliegenden Buch zeigt sich diese Gruppe in ihren unterschiedlichen Ansätzen und eröffnet eine werdende Landschaft im Spannungsfeld von Pädagogik, Architektur und Prozessverständnis.

Beate WeylandJosef Watschinger(Hrsg.): Lernen und Raum entwickeln 1
Titelei 4
Impressum 5
Inhaltsverzeichnis 6
Josef Watschinger und Beate Weyland: Vorwort der Herausgeber 8
Josef Watschinger mit Michael Zinner: 1 PULS – ein Verbund will entstehen 10
1 Einer Idee Raum geben 10
2 Den Puls am Leben halten – es pulst 12
3 Gründung des Verbundes PULS 14
4 PULS zeigt sich 15
5 Die Landschaft hat sich verändert 15
Literatur 16
Beate Weyland: 2 Cruise durch die Praxis 18
Landkarte einer entstehenden Landschaft „Lernen und Raum“ – der Archipel PULS 18
Einladung zum Törn durch den Archipel 25
3 Eine Landkarte zur Schul- und Lernraumentwicklung 28
Cornelia Dinsleder und Ulrich Kirchgässner: Beteiligungsprozesse kritisch denken 30
1 Partizipation: ein Angebot, das man nicht ablehnen kann – oder erst gar nicht erhält 30
2 Der Optimierungsdiskurs 32
3 Gesundheit und Lernen 33
4 Objektivität 34
5 „Sollbruchstelle“ Jurierungsverfahren?! 34
6 Raumaneignung als Bauprozess ohne Ende? 35
7 Das Bedürfnis nach gestaltbaren und „unfertigen“ Räumen 36
8 Abschließende Gedanken 37
Literatur 37
Andreas Hammon: Learning in and out of the box 40
1 Verlust der Passung – Diskrepanz zwischen neuen Prozessen und alten Strukturen 40
2 Passung erhöhen – Störungen reduzieren – Lernergebnisse optimieren 41
3 Beispiel: Gesamtschule Rosenhöhe in Bielefeld 49
4 FAZIT – Der Raum als Element und Instrument einer holistischen Schul- und Unterrichtsentwicklung 61
Literatur 62
Daniela Bauer und Katrin Hille: Räume für gelingendes Lernen 64
1 Lernen im Leben 64
2 Lernen in der Schule 64
3 Raum als natürliche Umgebung des Menschen 67
4 Fazit 71
Literatur 72
Urs Maurer: Den Schulbau neu denken, fühlen und wollen 74
1 Das Verschwinden der Kindergärten: Ein alarmierendes Symptom 75
2 Lebensraum Schule: Ein Manifest 75
3 Die Schule als Lebensraum: Ein Schlüsselthema für die Zukunft des Menschen und der Erde 76
4 Die drei Megatrends und die neuen Herausforderungen an den Schulbau 77
5 Die Einbettung der Schulanlagen in die Stadtplanung 80
6 Die Schule als Erfahrungsraum: Warum die Kinder einen besonderen Bezug zur Natur haben und was dies mit ihrer Entwicklung zu tun hat 81
7 Die Bewusstseinsstrukturen als Schlüssel zum Verständnis der Welten und der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen 82
8 Der Schulbau: Inbegriff eines transdisziplinären Forschungsgegenstandes 84
9 Die un- oder unterbewussten Leitbilder in der Architektur 85
10 Biografische Situierung der Bauaufgaben Krippe, Kindergarten, Volksschule 86
11 Gründung und Aufbau einer Dienstleistungsfirma zur SchulRaum- und BauPlanung 86
12 Die Beurteilungswerkzeuge: „Stratus“ und „Paedagogicus“ 87
13 Gründung des Netzwerkes Bildung & Architektur und Ausblick
Literatur 90
Lisa Oregioni: Kooperative Lernraumentwicklung – eine Erzählung 92
1 Was ist ein Lernraum? 93
2 Welche Akteure sind an der kooperativen Lernraumentwicklung beteiligt? 94
3 Welche Prozesse verfolgt die Lernraumentwicklung? 97
Literatur 102
Nikolaus von Kaisenberg: Bauen macht Schule – Lernraumbildung im kulturellen Ganztagsformat 104
1 Motiv 104
2 Situation 105
3 Wege und Werkzeuge 106
4 Raumqualität: Die baulichen Anlagen als Spiegel des pädagogischen Konzeptes 107
5 Prozessqualität: Das Schulhaus als Spur des zurückgelegten Weges 110
6 Weggestaltung als Werk 111
Literatur 115
Eric Sidoroff und Celia di Pauli: „Lern mal Räumlich“ Über sinnliches Erfahren in informellen Lernräumen 116
Der immersive Charakter einer räumlichen Inszenierung 119
Unterhalten, Befähigen, Erfahren: Motivation und Lernen. 122
Literatur 124
Ursula Spannberger: Genügend/Nicht Genügend! Schulräume bewerten mit RAUM.WERTanalyse 126
RAUM.WERT 126
Exkurs zum Raumbedarf von Schulen 127
Pulsierende Projekte durch Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer 127
Begründete Angst vor Einbindung der Betroff enen? 128
RAUM.WERTanalyse – aber wie geht das konkret? 129
Mehr Beurteilungs-Kriterien außer Schön und Hässlich – Wozu? 129
Evaluation im Alltag 130
Pädagogisches Konzept 130
Exkursionen 130
Kleine räumliche Experimente – Schülerinnen- und Schülerworkshops 131
Vision 132
Abstimmung 132
Ergebnis 133
Quellen unserer Methode und unserer Arbeit: 135
Literatur 136
Franz Ryznar: „Jetzt reden wir“ – Ergebnisse von Schülerinnen- und Schülerbeteiligungen 138
1 Grundlagen für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen 138
2 Die Workshops: Auswahl, Gruppengröße und Setting 139
3 Bearbeitete Th emen und Fragestellungen 141
4 Emotionen und Raum 143
5 Kleine räumliche Experimente 145
6 Im Dialog mit Schülerinnen und Schülern 145
7 Resümee 148
Josef Watschinger: Lebendige Werkstätten der Schul- und Lernraumentwicklung – Beispiele aus der Südtiroler Schulpraxis 150
1 Meine Suche nach einem für mich stimmigen Schulkonzept 150
2 Das Schulautonomiegesetz schafft neue Möglichkeiten 151
3 Schule, die sich aus sich heraus gestaltet – Beispiele aus der Praxis 153
4 Schlussgedanken 168
Literatur 169
Beate Weyland: Schulen gemeinsam planen zwischen Pädagogik und Architektur 170
1 An der Grenze 170
2 Eine Frage der Perspektive 171
3 Die gemeinsame Planung 172
4 Die Ausarbeitung des pädagogischen Konzepts 175
5 Die Innovation liegt im Prozess 182
Literatur 183
Michael Zinner: vor ort denken und fühlen 184
1 Warum sind wir vor Ort? 184
2 Wie alles begann 185
3 Die ideenwerkstatt konkret 186
4 Präsenz schenken 191
5 Sich etwas wünschen 192
6 Gut zuhören 194
7 Gemeinsam spüren 195
8 Stimmig antworten 196
9 Das Ergebnis feiern 197
10 Verwirklichung ansteuern 197
Literatur 197
Nikolaus von Kaisenberg: 4 Epilog 198
5 PULSportrait 200
5.1 PULScredo 200
5.2 PULSfi elds 201
5.3 PULSpeople 201
Rückumschlag 202

Josef Watschinger mit Michael Zinner
1 PULS – ein Verbund will entstehen (S. 9-10)

„Sprechend und handelnd schalten wir uns in die Welt der Menschen ein, die existierte, bevor wir in sie geboren wurden, und diese Einschaltung ist wie eine zweite Geburt, in der wir die nackte Tatsache des Geborenseins bestätigen, gleichsam die Verantwortung dafür auf uns nehmen.“ (Arendt 1967, 215)

An unterschiedlichen Orten entstehen immer wieder fast zeitgleich ähnliche Ideen, die sich zu Kraft feldern auswachsen und sich allmählich miteinander verbinden. An Knotenpunkten im Gefl echt der sich verbindenden Fäden treff en immer wieder dieselben Menschen zusammen – so auch im November 2012 anläßlich des Symposiums schulRAUMkultur in Linz.

Zwischenpause. Es gibt Kaff ee und Gebäck. Wir gruppieren uns um Stehtische. Wir freuen uns darüber, dass man sich wiedersieht, wir plaudern und lachen. Wir loben den Raum, in dem das Symposium stattfi ndet – wir haben da anscheinend dasselbe Gespür. Nicht nur wir, auch andere reden darüber, dass der Raum ideal ist. Unser Th ema scheint aber auch ein Th ema der Anwesenden zu sein. In Gesprächen entsteht sofort Euphorie. Man versteht sich. Die eine Vision generiert die nächste. Es wird über die Notwendigkeit geredet, eine Ausbildung von Schulbauberaterinnen/-beratern auf den Weg zu bringen. Es wird die Pionierarbeit der Montag- Stift ungen gewürdigt. Und uns, die wir uns schon mehr oder weniger kennen, erfasst blitzartig die Idee, dass wir uns doch zusammentun sollten, um gemeinsam diese Sache voran und noch weiter in die Breite zu bringen. Ich, Josef Watschinger, biete mich an, zum ersten Treff en einzuladen – Frühjahr 2013, Universität Brixen. Das war der ausschlaggebende Moment für die Geburt des Netzwerkes PULS.

1 Einer Idee Raum geben
1.1 Sich ausbreiten – sichtbar machen

Wir treff en uns im Frühsommer 2013 in Brixen. Die Stimmung ist gut. In einer Vorstellungsrunde zeigen wir uns. Wir versuchen zu sagen, was wir vom Tag erwarten. In Kürze ein Bild von sich abzugeben ist nicht leicht. Die inhaltlichen Aussagen, auch wenn sie noch so wichtig erscheinen, sind vorerst zweitrangig. Das, was zunächst ankommt, ist die Art und Weise, wie man sich zeigt. Es ist die Stimme, die einen mehr oder weniger mitnimmt. Es ist die Haltung, die Kraft ausstrahlt. Es ist das Ausmaß des innerlichen Verbunden-Seins mit dem Gesagten, das berührt.

Innerhalb kürzester Zeit zeigen sich Konturen einer bunten Landschaft . Und in dieser Landschaft fangen einige markante Flecken den Blick, das Ohr, das Herz … ein. Das sind die Kräft e, die im ersten Moment strukturieren und die Vielfalt in eine scheinbare Ordnung bringen. Jeder von uns hat seine eigene Ordnung, das spüren wir. Wir nicken einander zu, weil wir glauben, verstanden zu haben. Oft ist es ein vermeintliches „Verstandenhaben“. Aus diesen verschiedenen Ordnungen heraus verfolgen und gestalten wir – gestaltet sich der Tag.

Das Vorhaben, eine mögliche Ausbildung von Schulbauberaterinnen und Schulbauberatern anzudenken, heben wir als „Ziel“ aus der Landschaft heraus. Es wird das Konzept der Montag- Stift ungen vorgestellt. Zwei Teilnehmer, die in der Runde sitzen und an der Ausbildung der Montag-Stift ungen teilgenommen haben, bringen sich dazu ein, benennen Gelungenes und weniger Gelungenes. Dann wird gesammelt: Was muss mitgedacht werden, damit eine mögliche gemeinsame Initiative eine erfolgreiche wird? Was sind Chancen und Grenzen einer möglichen länderübergreifenden Ausbildung von Schulbauberaterinnen und Schulbauberatern? Die Aussagen werden aufgeschrieben, werden diskutiert.

1.3 Mögliche eigene Beiträge defi nieren

Was kann jeder von uns beitragen bzw. einbringen in eine länderübergreifende Ausbildung von Schulbauberaterinnen und Schulbauberatern? Dieser Frage gehen wir nach, indem wir zu beschreiben versuchen, was es denn ist, was wir im Bauchladen haben und herzeigen, verkaufen, einbringen wollen. Das Ergebnis ist ein Markt mit unterschiedlich starken Marktschreierinnen und Marktschreiern, Verkäuferinnen und Verkäufern. Das, was wir zu bieten hatten, ist bunt und vielfältig. Der Versuch, das Ganze in eine Ordnung zu bringen, scheitert – oder vielleicht auch nicht – es hängt vom Blick ab, mit dem wir auf die Dinge schauen. Zwischendurch versucht immer wieder jemand zusammenzufassen und die Einzelteile mit einem Faden, der Logik heißt, zusammenzubinden zu einem Strang. Dennoch bleibt vieles lose liegen. Wir trösten uns, dass all das Geäußerte im Protokoll festgehalten wird und damit nicht verloren geht. Auf dem Boden und an den Pinnwänden liegt bzw. hängt das Unsere, chaotisch kartografi ert. Vielsagend! Nichtssagend! Ein Teilnehmer:
„Wir sollten über unsere inneren Haltungen, Zugänge, Gedankenwelten reden, aus denen heraus wir unsere äußeren Tätigkeiten bespielen. Das ist die Hintergrundfolie zur vordergründigen Kartografi e!“ (Nikolaus von Kaisenberg).

1.4 Strukturen bauen – sich als Organisation entwickeln

Aus dem Eifer des Sammelns kommen wir nur schwer heraus. Wir drehen uns in einem geschlossenen Raum und befördern Einzelteile zutage – wichtige Einzelteile. Schließlich öff net jemand (Rosa Strasser) der Gruppe eine Tür und zeigt, dass es außerhalb noch eine andere Welt gibt, mit der wir uns auseinanderzusetzen haben, wenn wir eine Ausbildung von Schulbauberaterinnen und Schulbauberatern auf die Beine stellen wollen. Ein lautes Nachdenken über das notwendige Organisatorische nimmt uns ein Stück weit mit, bringt uns auf eine andere Ebene. Jetzt ist uns klar, dass wir das dringend angehen müssen. Dann geht es schnell. Wir ziehen gespannte und lose Fäden zusammen und bauen in kürzester Zeit ein Gerüst einer möglichen zukünft igen Ausbildung von Schulbauberaterinnen und Schulbauberatern. Wir sind mit dem Ergebnis zufrieden. Wir verteilen Aufgaben, um das gefundene Konzept weiter auszudiff erenzieren. Wir richten eine Denk- und Planungswerkstatt ein und vereinbaren den nächsten gemeinsamen Termin. Wir erfi nden ein Laboratorium, im welchem wir die Dinge, über die wir reden, auch selber tun und dabei Erfahrungen zusammentragen können für die Weiterentwicklung unseres Konzeptes. Wir vereinbaren erste Schritte einer grenzüberschreitenden Forschungsarbeit. Und wir vereinbaren, ein Berufsbild für die Schulbauberatung zu entwerfen. Die Ergebnisse sollen auf einer gemeinsamen Internet-Plattform gesammelt werden.

Erscheint lt. Verlag 15.9.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Sozialwissenschaften Pädagogik
ISBN-10 3-7815-5592-5 / 3781555925
ISBN-13 978-3-7815-5592-1 / 9783781555921
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