Sozialdemokratische Reformdiskurse (eBook)
359 Seiten
VS Verlag für Sozialwissenschaften
978-3-531-92400-7 (ISBN)
Jan Turowski ist Politikwissenschaftler und Kulturtheoretiker in Berlin.
Jan Turowski ist Politikwissenschaftler und Kulturtheoretiker in Berlin.
VORWORT 5
Inhaltsverzeichnis 7
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis 11
Abkürzungsverzeichnis 12
1 Einleitung: Reform und Diskurs 13
1.1 Fragestellung 27
1.2 Methode und Aufbau 29
2 Der öffentliche Diskurs: Methodische Abgrenzung, inhaltlich-konzeptuelle Begriffsverwendung und erkenntnisleitende Problembegrenzung 37
2.1 Diskurs und Diskursforschung: Ein kurzer Abriss der Diskursverwendungen 37
2.2 Der öffentliche Diskurs: Inhaltliche und methodische Abgrenzung 41
2.3 Was ist ein öffentlicher Reformdiskurs? 44
2.4 Funktionsund Wirkungsweisen des öffentlichen Diskurses 47
3 Der sozialdemokratische Grundwertediskurs: Ziele und Politikinstrumente in neuen Spannungsfeldern 51
3.1 Reformen, Diskurse und Parteiendifferenz: Die Notwendigkeit der richtungspolitischen Einordnung von Reformdiskursen 51
3.2 Normen und Ideen sozialdemokratischer Reformdiskurse: Programmatische Veränderungsprozesse und inhaltliche Neujustierungen 59
3.2.1 Gründe und Motivationen der programmatischen Revision: Veränderte Rahmenbe-dingungen für sozialdemokratische Politik 62
3.2.2 Anthony Giddens’ Idee und Konzept des ‚Dritten Weges’ „Der Dritte Weg“ 69
3.3 Der ‚Dritte Weg’: Partei- und Kommunikationsmodernisierung 74
3.4 Der ‚Dritte Weg’ als diskursiver Rahmen sozialdemokratischer Standortbestimmung 87
3.5 Die normative Paradigmenverschiebung im sozialdemokratischem Diskurs 95
4 Nationale Input- und Output-Filter öffentlicher Reformdiskurse 102
4.1 Input-Filter: Das politische System 104
4.1.1 Großbritannien 108
4.1.2 Deutschland 111
4.1.3 Schweden 113
4.2 Input-Filter: Die wohlfahrtsstaatliche und politisch-ökonomische Ausgangssituation 117
4.2.1 Schweden: Sozialdemokratisches Wohlfahrtsregime und national koordinierte Marktwirtschaft 120
4.2.2 Großbritannien: liberaler Wohlfahrtsstaat und unkoordinierte Marktwirtschaft 122
4.2.3 Deutschland: konservativer Wohlfahrtsstaat und koordinierte Marktwirtschaft 125
4.2.4 Unterschiedliche Wohlfahrtsregime, unterschiedliche Reformdiskurse 127
4.3 Output-Filter: Politische Kultur 129
4.3.1 Politische Kultur und Diskurs, Politische Kultur als Diskurs 130
4.3.2 Postmaterialismus, Individualisierung, Subjektivierung und postmoderner Werte-wandel 132
4.3.3 Differenzen nationaler politischer Kulturen: Unterschiedliche Vorstellungen, Ein-stellungen und Erwartungen, unterschiedliche Diskurskontexte 143
4.3.4 Schweden 146
4.3.5 Deutschland 152
4.3.6 Großbritannien 155
4.4 Output-Filter: Mediensysteme 160
4.4.1 Medien und politische Öffentlichkeiten im Wandel 162
4.4.2 Der politische Diskurs in zersplitterten Medienwelten und anti-hegemonialen Öf-fentlichkeiten 166
4.4.3 Reformdiskurse in unterschiedlichen nationalen Mediensystemen 173
4.4.4 Großbritannien 182
4.4.5 Schweden 186
4.4.6 Deutschland 190
4.4.7 Unterschiedliche Diskursbedingungen unterschiedlicher Mediensysteme? 198
4.5 Nationale Diskurskontexte 200
5 Verlauf öffentlicher Reformdiskurse: Inhaltlich-strategische, kommunikative und normative Positionierung sozialdemokratischer Diskurse 206
5.1 Großbritannien: Der idealtypische sozialdemokratische Reformdiskurs? 210
5.1.1 New Labours interaktiver Diskurs 211
5.1.2 Die ideenbegründete Diskursdimension: New Labours Diskurs der Modernisierung 218
5.1.3 New Labours öffentlicher Reformdiskurs im britischen Diskurskontext 228
5.1.4 Verschiebung des nationalen Diskurskontexts. Die Labour Party Zurück zum Aus-gangspunkt 230
5.2 Schweden: Die diskursive Neubestimmung des schwedischen Modells 238
5.2.1 SAPs interaktiver Diskurs 242
5.2.2 Der ideenbegründete Diskurs: Bewahrung im Angesicht der Zukunft 247
5.2.3 Die Stabilisierung des schwedischen Diskurskontexts 256
5.3 Deutschland: Der unentschlossene, geliehene und verspätete Reformdiskurs 261
5.3.1 Der Interaktive Diskurs 266
5.3.2 Koordinierte Diskursdimension 281
5.3.3 Der ideenbegründete Diskurs 284
5.3.4 Verschiebung des deutschen Diskurskontextes 299
6 Schlussbetrachtung und Ausblick 308
6.1 Welcher öffentliche Reformdiskurs unter welchen nationalen Bedingungen? 310
6.2 Der ideologische Diskurs der Sozialdemokratie 319
7 Literatur 327
5 Verlauf öffentlicher Reformdiskurse: Inhaltlichstrategische, kommunikative und normative Positionierung sozialdemokratischer Diskurse (S. 206-207)
Öffentliche Reformdiskurse sind immer in ihren jeweiligen nationalen Diskurskontext eingebettet, der die Diskursprotagonisten mit jeweils höchst unterschiedlichen kommunikativen Ressourcen und Restriktionen ausstattet und Reformdiskurse sowie die in ihnen formulierten und programmatisch gestützten Reformideen durch ein historisch gewachsenes Wertesystem unterschiedlich filtert. Doch unabhängig davon, wie die jeweiligen kommunikativen Ausformungen der Diskurse durch ihre nationalen Diskursbedingungen determiniert sind, bleibt der öffentliche Diskurs überall gleichermaßen ein zentraler Bestandteil demokratischen Regierens, durch den politische Ziele definiert und Ereignisse interpretiert werden ebenso wie die Auswahl möglicher Policy-Optionen begründet wird.
Der nationale Diskurskontext stellt somit ein Raster dar, in dem sowohl unablässig politische Diskurse und Wandel stattfinden als auch Regeln und Bedingungen der politischen Auseinandersetzung kontinuierlich neu konstruiert werden. Auch wenn es in der liberalen Demokratie für politische Akteure im Grunde genommen keine Möglichkeit gibt, einen öffentlichen Diskurs als kohärente Konstruktion ihrer politischen Handlungsideen und als interaktiven Prozess nicht zu führen, da dieser eine notwendige kommunikative Machtressource zur Durchsetzung eigener Ziele wie auch eine Legitimation von Entscheidungen darstellt, können sich öffentliche Diskurse in Inhalt, Stil, Ausmaß und Zweck stark unterscheiden.
Hinzu kommt, dass die Begrenzungen nationaler Diskurskontexte jeweils so weit gefasst sind, dass innerhalb des jeweils gegebenen nationalen Rahmens eine Vielzahl unterschiedlicher diskursiver Strategien, kognitiver Argumentationen, rhetorischer Figuren und normativer Bezugspunkte möglich ist. Der nationale Diskurskontext kann somit von den Diskursprotagonisten zur Erreichung ihrer Ziele – hier über einen öffentlichen Diskurs Zustimmung zur Durchsetzung von sozial- und wirtschaftspolitischen Reform-Policies zu gewinnen – entweder optimal oder unzureichend ausgeschöpft werden.
Der nationale Diskurskontext stellt somit einen diskursiven Handlungsrahmen dar, der einerseits die Möglichkeiten der jeweiligen Reformkommunikation spezifisch begrenzt, und dabei andererseits den unterschiedlichen politisch-kulturellen und institutionellen Strukturen, den wohlfahrtsstaatlichen Arrangements und nationalen Akteurskonstellationen zu Beginn der Reformen komplementär entspricht. Dies bedeutet umgekehrt, dass in dem Maße, in dem es über einen erfolgreichen Reformdiskurs gelingt, die ehemals starren nationalen Ausgangsbedingungen aufzubrechen, dominante Werte zu re-konzeptualisieren und (zumindest teilweise) eine bestehende Pfadabhängigkeit hinter sich zu lassen, sich gleichermaßen der nationale Diskurskontext verschiebt und sich auf diese Weise die kommunikativen wie normativen Ressourcen zukünftiger sozialdemokratischer Diskurse entweder vergrößern oder – weil sich die erfolgreiche Durchsetzung von Reform-Policies über eher kurzfristige, insgesamt aber kontraproduktive diskursive Geländegewinne herleitete – verkleinern.
Es ist ebenso möglich, dass ein erfolgreicher sozialdemokratischer Reformdiskurs den gegebenen nationalen Diskurskontext (als Kontinuität im Wandel) stabilisiert und dadurch – je nachdem, ob der Kontext für sozialdemokratische Diskurse ursprünglich eher günstig oder ungünstig gewesen ist – sich langfristig diskursive Ressourcen sichert oder die Sozialdemokratie sich weiterhin auf eher ‚fremdem Terrain’ artikulieren muss.
Der öffentliche Reformdiskurs erzeugt somit Wandlungseffekte in zweifacher Hinsicht: Erstens legitimiert er – sofern erfolgreich – die Durchsetzung von Reform-Policies gegen den Widerstand etablierter Interessen und eingespielter Erwartungshaltungen, älterer Organisations- und Verteilungsformen. Indem der Reformdiskurs seine kognitiven Problemlösungsargumente dabei immer an normative Neukonzeptionen von Werten, Sinnstrukturen und Begriffsdefinitionen koppelt, verändert sich zweitens – über eben diese diskursive Verwandlung dominanter Werteordnungen und Gerechtigkeitsvorstellungen – zugleich das bestehende Kräfteverhältnis der kommunikativen Konzept- und Deutungsressourcen.
Erscheint lt. Verlag | 28.6.2010 |
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Zusatzinfo | 359 S. |
Verlagsort | Wiesbaden |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung ► Politische Theorie |
Schlagworte | Blair, Tony • Dritter Weg • Globalisierung • Partei • Parteien • Reformpolitik • Schröder, Gerhard • Sozialdemokratie • Sozialstaat • SPD • Vergleich |
ISBN-10 | 3-531-92400-1 / 3531924001 |
ISBN-13 | 978-3-531-92400-7 / 9783531924007 |
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