Meine Pfote wirft keinen Schatten (eBook)

Roman
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2016 | 1. Auflage
300 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-75080-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Meine Pfote wirft keinen Schatten -  Volker Reiche
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Jungkater Wolle wird von Frauchen verwöhnt. »Herrlich«, denkt er, »Fressen und Schlafen und sonst gar nichts, es ist eine Lust zu leben.«
Doch in einer Gewitternacht hört er einen dumpfen Schlag im Wohnzimmer, und am nächsten Morgen entführt ein Rettungswagen Frauchen aus Wolles Leben, das von Stund an härter, aber auch spannender wird.
Ob er Frauchen suchen soll, obwohl sie ihn gewarnt hat, sich nicht platt fahren zu lassen? »Doch wer könnte mir dabei helfen?«, überlegt Wolle.
Herr Paul, der scharfzüngige und schlagkräftige Kater, der Jungkater nicht ausstehen kann? Christian, der Hund vom tunesischen Strand, der gerade einen Integrationstest bestanden hat? Martina, das karibische Voodoohuhn, das Wolles Schatten vermisst? Oder eher der freundliche Hofhund und Haiku-Dichter Tassilo?
»Ach«, träumt Wolle, »am liebsten würde ich mit Katharina losziehen, der wunderbaren weißen Katze, die nichts von mir wissen will ...«
Meine Pfote wirft keinen Schatten ist der erste Roman des erfolgreichen Comiczeichners und Strizz-Erfinders Volker Reiche - ein wunderbares und humorvolles Buch für jedes Alter, reich illustriert.



<p>Volker reiche lebt als freier Comiczeichner und Maler in K&ouml;nigstein im Taunus. Er zeichnete<em> Donald Duck</em> f&uuml;r Disney, <em>Mecki</em> f&uuml;r die H&ouml;rzu und von 2002 bis 2015 den vielfach ausgezeichneten Comicstrip<em> Strizz</em> f&uuml;r die FAZ. Er wurde mehrfach ausgezeichnet. Zahlreiche Comic-Publikationen, darunter seine viel beachtete Autobiographie <em>Kiesgrubennacht</em>, die 2013 als Graphic Novel im Suhrkamp Verlag erschien.</p>

Volker reiche lebt als freier Comiczeichner und Maler in Königstein im Taunus. Er zeichnete Donald Duck für Disney, Mecki für die Hörzu und von 2002 bis 2015 den vielfach ausgezeichneten Comicstrip Strizz für die FAZ. Er wurde mehrfach ausgezeichnet. Zahlreiche Comic-Publikationen, darunter seine viel beachtete Autobiographie Kiesgrubennacht, die 2013 als Graphic Novel im Suhrkamp Verlag erschien.

1


Ganz nah am Gitter

Ruht träumend der Kater und

Zuckt mit der Pfote.

Hofhund Tassilo,
Haiku-Dichter

Der gelb-rot-braune Kater schob vorsichtig die dornige Ranke beiseite. Er kroch aus seinem Versteck und blickte hinüber zum Gebüsch.

»Da hat was geraschelt. Vielleicht ein Vogel. Genau das Richtige zum Frühstück.«

Ja, eine Amsel. Der Kater duckte sich ins Gras und beobachtete sie.

»Bisschen groß. So einen großen Vogel hab ich noch nie erwischt.«

Er schlich Zentimeter für Zentimeter vorwärts.

»Ehrlich gesagt, einen kleinen hab ich auch noch nicht gefangen. Ebenso wenig ’ne Maus. Aber egal. Diesmal muss es klappen. Ich hab Hunger. Ich versuch’s mit ’nem Blitzangriff. Anschleichen klappt sowieso nicht.«

Er rannte los, die Amsel flog weg.

»Mist. Nie krieg ich eine. Nie, nie, nie.«

Er setzte sich aufrecht, legte den Schwanz über die Pfoten und maunzte kläglich.

»Bei anderen Katzen sieht es so einfach aus. Die räumen die Vögel reihenweise ab. Wahrscheinlich hat ihnen jemand gezeigt, wie man jagt.«

Er dachte an das Tierheim, in dem er gewohnt hatte.

»Dort hab ich gesehen, wie eine Katzenmutter ihren Jungen allerlei Tricks beibrachte. Sah lustig aus. Da hätt ich gern mitgemacht. Aber in diese Abteilung durften nur kleine Kätzchen und ihre Mütter rein. War ein Drahtzaun dazwischen.«

Er kratzte sich nachdenklich am Hals.

»Klein war ich auch. Aber ich hatte keine Mutter. Seltsam. Hat nicht jede Katze eine Mutter?«

Er ging langsam zurück zur Rosenhecke.

»Vielleicht hab ich auch eine. Ich kann mich nicht an sie erinnern. Schade.«

Ein unangenehmes Zwicken im Magen erinnerte ihn daran, dass er immer noch nicht gefrühstückt hatte. Ärgerlich schlug er nach einer Fliege, traf aber nicht.

»Ich geh zurück ins Tierheim. Jeden Tag Futter. Pünktlich und ohne Anstrengung. Voll beknackt, da abzuhauen. Klar, da war ein Spalt im Zaun, doch deshalb muss man ja nicht gleich raus auf die Straße rennen. Und dann nicht zurückfinden. Blöder geht’s nicht.«

Er sah sich um. Friedlich lag der Stadtpark in der Morgensonne. Aber er wusste es besser. Hier streunten eine Menge Katzen und Hunde herum, und nicht alle waren freundlich. Und keiner füllte einen Futternapf für ihn.

Heute wollte er den Trick ausprobieren, den die kleine struppige Katze verraten hatte. Wie man ins Tierheim kommt. Er hatte in den letzten Tagen jede Katze, die ihn nicht sofort anfauchte, gefragt: »Wie kommt man ins Tierheim?« Die meisten hatten gesagt: »Keine Ahnung«, und waren ihrer Wege gegangen. Andere hatten verächtlich gefragt: »Wieso willst du das wissen? Wer will denn ins Tierheim?« Und manche hatten noch hinzugefügt: »Knastbruder! Sklavenseele! Pfui!«

Doch gestern Nachmittag hatte er eine kleine struppige Katze getroffen, die vergnügt geantwortet hatte: »Ganz einfach. Du setzt dich dahin, wo Menschen sind. Dann wartest du. Irgendwann nimmt dich einer mit und bringt dich in ein Tierheim. So läuft die Kiste.«

»Und warum machst du das nicht?«, hatte er neugierig gefragt.

»Freiheit«, sagte sie. »Freiheit ist mein Ding.«

Heute wollte er ausprobieren, ob man wirklich so einfach ins Tierheim kommen konnte.

»Mal sehen, wo ich die Sache mit dem Warten, wo Menschen sind durchziehen kann. Das ist mein Ding. Kann die kleine struppige Katze ruhig bei ihrer Freiheit bleiben. Was soll das überhaupt sein – Freiheit? Wahrscheinlich das Leben im Freien. Freiheit – Freien. Genau das, was mir kein bisschen Spaß macht.«

Die Kinder entdeckten den gelb-rot-braunen Kater sofort.

Er saß auf dem Spielplatz des Stadtparks und putzte sich. Der Junge lachte. »Er hat Grund sich zu putzen. Schau dir sein Fell an. Ganz schön schmutzig und verfilzt.«

»Aber er freut sich, uns zu sehen«, sagte das Mädchen. »Hörst du? Er schnurrt.«

Sie ging in die Hocke und begann, den Kater zu streicheln.

»Er ist total lieb. Wollen wir ihn mitnehmen? Bestimmt hat er kein Zuhause.«

»Ja!«, rief der Junge begeistert.

»Hey«, dachte der Kater. »Der Trick klappt tatsächlich.«

Das Mädchen nahm ihn auf den Arm.

»Er ist ganz leicht!«, rief sie überrascht. »Dabei sieht er so dick aus. Ist alles Wolle!«

Sie nahmen ihn mit nach Hause und bettelten ihre Mutter an: »Dürfen wir ihn behalten? Bitte, bitte!«

»Tut mir leid«, sagte sie. »Das geht nicht. Unsere Wohnung ist zu klein. Wir bringen den armen Kerl ins Tierheim.«

»Genau«, dachte der Kater vergnügt, »Tierheim! Ganz wie es die kleine struppige Katze vorausgesagt hat.«

Die Leiterin des Tierheims Zur schönen Aussicht seufzte, als die Kinder mit dem Kater vor ihr standen.

»Wir haben schon genug Katzen, mehr als genug. Und Hunde, Kaninchen, Meerschweinchen und Schildkröten ohne Ende. Eigentlich können wir nicht mal mehr eine weiße Maus aufnehmen.«

Sie seufzte noch einmal.

»Okay. Hier wird keiner weggeschickt. Setzt ihn auf den Tisch.«

Sie klopfte mit einem Kugelschreiber auf den Tisch.

»Wie heißt er?«

»Wolle!«, rief das Mädchen. »Sein Fell ist dick wie Wolle!«

»Wolle ist gut«, sagte die Leiterin und schrieb den Namen in einen Katzenpass. »Wenn der Name wenige Silben hat, lernt ihn die Katze schneller.«

»Wolle hört sich gut an«, dachte der Kater. »Super, jetzt hab ich endlich einen Namen.«

Zum Zeichen seiner Zustimmung begann er zu schnurren.

Die Leiterin musterte Wolle.

»So, jetzt die Altersbestimmung. Ich sag immer: Zähne! Haltung! Fell!«

Sie öffnete geschickt Wolles Maul.

»Da muss ich durch, wenn ich hierbleiben will«, dachte Wolle und rührte sich nicht.

Die Leiterin sah ihn scharf an.

»Frei lebende Katzen lassen sich selten anfassen. Unkastrierte Kater schon gar nicht. Vielleicht ist er eingeschüchtert. Oder dumm. Kommt auch bei Katzen vor.«

Sie lachte leise.

»Also, die Zähne: zweites Gebiss. Sehr spitz und guter Zustand. Die Haltung: Er steht zwar aufrecht, wirkt aber tapsig. Das Fell: schmutzig und verfilzt, aber keine Schrammen und Narben.«

Sie hob ihn kurz hoch und setzte ihn wieder ab.

»Für seine Größe ist er zu leicht. Zu wenig Futter bekommen. Das bedeutet«, schloss sie, »er ist ein, allerhöchstens zwei Jahre alt.«

Zufrieden trug sie die Zahl in den Tierpass ein.

Wolle hatte interessiert zugehört. Er hatte sich nie Gedanken über sein Alter gemacht. Aber offenbar hatte er ein Alter, das war doch schon mal was.

Die Leiterin öffnete eine Tür und rief: »Janina! Hier ist ein Neuzugang. Er heißt Wolle. Bitte kräftig bürsten. Und Floh-Ex drauf! Wie? Nein, nicht ins Freigehege zu den anderen Katzen. In einen Einzelkäfig. Wer weiß, was er für Krankheiten hat. Und füttern. Alles klar?«

Sie wandte sich an die Frau mit den beiden Kindern.

»Bei Fundkatzen nehmen wir keine Einlieferungsgebühr. Eine Spende wäre allerdings hochwillkommen. Wir haben immense Ausgaben für Futter und Tierärzte. Wolle wird jetzt erst mal rausgefüttert, und morgen kommt die Tierärztin. Jeder noch so kleine Betrag hilft uns. Selbstverständlich können Sie eine Spendenquittung bekommen.«

Inzwischen war Tierpflegerin Janina hereingekommen, packte Wolle und verschwand wieder.

»Tschüss, Wolle!«, riefen die Kinder und winkten hinterher.

Wolle sah sich in seinem neuen Käfig um.

»Fast zu groß. Und jeder kann mich sehen. Nicht so toll.«

Er rüttelte an der Käfigtür.

»Gut, stabile Sache. Hier kann wenigstens keiner so einfach reinspazieren.«

Das Futter war herrlich. Tierpflegerin Janina hatte einen Napf in den Käfig gestellt: Fleischstückchen in Soße – keine Chance, so was im Stadtpark zu finden. Dort hatte er einmal eine schon angeknabberte tote Ratte gefunden und versucht, davon zu fressen. Schwierig. Richtige Arbeit, das zähe Fleisch vom Knochen zu lösen. Dagegen hier, die Stückchen, die er aus der Soße herausfischte, zergingen auf der Zunge.

»Schnell und leicht zu fressen. So muss es sein«, dachte er zufrieden. »Die nächsten Tage gibt es nur drei Dinge: Fressen, Schlafen, Katzenklo. Und dann wieder: Fressen, Schlafen, Katzenklo. Hihihi!«

Janina dachte ähnlich.

»Der Neue ist zu dünn. Jede Menge Fell, aber leerer Bauch. Jungkater brauchen Futter ohne Ende, das steht fest. Zeit für eine Extraration.«

Sie öffnete die Käfigtür und füllte Wolles Napf erneut. Als sie sah, wie er sich sofort darüber hermachte, bekam auch sie Hunger. Sie blickte auf die Uhr.

»Hm … Noch eine Viertelstunde bis zum Frühstück.«

Sie besah prüfend den Boden. »Sauber, würd ich sagen. Muss nicht gewischt werden. Egal, was im Plan steht.«

Sie sah hinüber zum Büro und lauschte.

»Die Chefin telefoniert. Das dauert meistens lang. Kann ich genauso gut schon Frühstück machen.«

Sie nahm aus ihrem Spind zwei Schokoriegel, eine Büchse Cola und ihr Handy. Dann rückte sie eine Transportkiste...

Erscheint lt. Verlag 10.10.2016
Zusatzinfo Reich illustriert
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Sonstiges Geschenkbücher
Schlagworte Books for All Ages • Geschenkbuch • Illustrationen • Käpt'n Blaubär • Katzen • Katzengeschichten • Moderne Fabeln • STRIZZ • Tiergeschichten • Walter Moers
ISBN-10 3-458-75080-0 / 3458750800
ISBN-13 978-3-458-75080-2 / 9783458750802
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