Georg Spalatin als Übersetzer (eBook)

Studien zu Paratext und Netzwerk

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
502 Seiten
Tectum-Wissenschaftsverlag
978-3-8288-7764-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Georg Spalatin als Übersetzer -  Kay Nagel
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In Kursachsen machte Georg Spalatin Karriere als Fürstenerzieher, Sekretär und Vertrauter Martin Luthers. Beruhend auf Einzelstudien (Hamm, Treu, Fasbender) und auf Grundlagenwerken (Volz, Höß) beleuchtet die Arbeit die humanistischen und juristischen Übersetzungen, die Übersetzungsstrategien und das notwendige Networking im reformationsaffinen Personenkreis des frühen 16. Jahrhunderts. Sie liefert Informationen zu den erwähnten und mit Widmungen geehrten Personen, erläutert die Entstehungsgeschichte der Übersetzungen und bietet darüber hinaus die Transkriptionen aller Vorworte aus der Feder Spalatins. Die Arbeit bildet die erste umfassende Studie zur Übersetzungstätigkeit des gebürtigen Franken und legt als solche den Grundstein für die kommende Forschung.

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Spalatins Drucker – Phasen und Programm

Wer sind die Drucker der Übersetzungen Georg Spalatins und warum hat Spalatin sie gewählt? Diese Frage stellt sich, wenn man die Vielzahl der Druckernamen in den verschiedenen Übersetzungsdrucken wahrnimmt. Auf Grundlage des Volzschen Verzeichnisses von 1958 hat HANISCH265 eine Phaseneinteilung aufgestellt, die von minimalsten Unregelmäßigkeiten gezeichnet ist. Diese Strukturierung von insgesamt drei Druckperioden und einem Exkurs ist für die Retrospektive auf den Druckprozess und die Motivation der Druckerauswahl eine unschätzbare Hilfe.

Insgesamt bediente Spalatin 22 Drucker. Nicht alle druckten Übersetzungen von ihm, von einigen Drucken ist er Verfasser oder Herausgeber. Sinnvoll ist es daher, die Druckphasen aufzuzeigen266 und die innerhalb dieser Phasen tätigen Drucker einzeln zu benennen und ihre Geschichte zu rekonstruieren. Indem die Drucker mit ihren Verlagsprogrammen dargestellt werden, lässt sich zeigen, welche Übersetzungsdrucke Spalatinscher Produktion in das Verlagsprogramm passen und welche Drucke Ausnahmen bilden und weshalb.

Die erste Druckphase: 1501–1507

Erfurt

Der erste Druck heißt Laus musarum ex Hesiodi Ascraei Theogonia.267 und erscheint in der Privatdruckerei Nikolaus Marschalks, deren Schüler und puer amanuensis Spalatin ist. Die Lobrede an Marschalk zeichnet das Verhältnis als humanistisch-freundschaftlich aus, Spalatin ist der Famulus.

Für die Drucklegung der zweiten Veröffentlichung, an der Spalatin unmittelbar beteiligt war, sind Hessus und Mutianus wichtige Aktanten. Herebord von der Marthen fungierte als Herausgeber eines Nachdrucks, dessen Original sein Straßburger Fachkollege Thomas Wolff über die Auslegung des 33. Psalms verfasst hatte. Mutian zur Ehre schrieb Georg Spalatin einen lateinischen Widmungsbrief. Der Druck schließlich muss zustande gekommen sein, indem Hessus dem Herausgeber den Drucker Wolfgang Stürmer empfahl. Stürmer hatte bereits die Schrift Hessus „De pugna studentum erphordiensium“ gedruckt, womit er seine Arbeit als Drucker debütartig begann.268

Obwohl die hiermit erwähnten ersten beiden Drucke keine Übersetzungen sind und damit für die Arbeit eigentlich nicht relevant, zeigen sie doch, wie die Initiation von Druckprojekten auf Basis kleiner Netzwerke funktionierte. Das Netzwerk besteht aus Personen aus unterschiedlichen Metiers, die alle ein Interesse daran haben, an humanistischen Projekten teilzuhaben. Dafür bieten sie ihr Wissen und ihre Kontakte: Herebord von der Marthen besorgte den Inhalt, Georg Spalatin sorgte für die ehrenhafte Widmung und Aktualität und Eobanus Hessus konnte aus eigener guter Erfahrung den Drucker empfehlen. Wolfgang Stürmer druckte diesen ersten Druck 1506, der letzte erscheint 1551; seine Aktivität ist aber durch Diskontinuität geprägt269, denn die Druckphasen zerfallen in zwei Perioden: 1506–1507 und 1520–1547. Das Druckprogramm umfasst vor allem geistlich-reformatorische Werke von Luther, Creutziger und Menius. Thematische abweichende Drucke sind die „Gedichte des Mantuanus“ sowie der Hessus-Druck „De pugna studentum erphordiensium“.

In GÖßNERs Itinerar der Drucktypen, mit denen Stürmer in Erfurt druckte, stellt dieser fest, dass sie aus Wittenberg kommen. Als einer der ersten Drucker war, wie schon erwähnt, Nikolaus Marschalk tätig, der die Drucktypen von 1502–04 verwendete. Hermann Trebelius übernahm sie und setzte sie nach seiner Umsiedelung in Eisenach ein. Sie gelangten dann nach Erfurt und wurden dort von Wolfgang Stürmer und Johannes Rhau-Grunenberg verwendet, bevor Rhau-Grunenberg, der 1507 in der Stürmerschen Offizin druckte270, sie selbst für seine Wittenberger Offizin übernahm. Indem die Drucktypen nach Wittenberg gingen, blieb scheinbar für Stürmer auch das Potential zum Drucken aus. 1507 endet jedenfalls die eigenständige Druckertätigkeit vorerst. RESKE erwähnt die Vermutung BENZINGs, Stürmer sei als Druckergeselle zwischen 1508 und 1519 tätig gewesen. 1519 als letztes Jahr dieser Tätigkeit wird angenommen, weil ihm der Druck von 1520 zugeschrieben wird. Länger bereits ist er Besitzer des Hauses „Zum bunten Löwen“, das aber als Druckerei wohl erst wieder 1520 zu benennen ist. Ab 1520 wiederum scheint Stürmer in Erfurt als Drucker jedoch recht erfolgreich zu sein. 220 Drucke zählt RESKE.271 Er wird auch zum Drucker Luthers. 1547 ist Wolfgangs Bruder Gervasius Stürmer als Drucker im selben Haus erwähnt. Es entstehen auch Melanchthon-Drucke. In diesen Jahren zeigt sich die Übernahme der Offizin durch Gervasius, denn in den Drucken wird zunehmend er als erster genannt.272

Spalatins erste Druckphase fällt also in die Zeit seines Studiums und seiner Verbundenheit mit Erfurt. Die Drucker sind die in Erfurt ansässigen Offizinen und die Druckaufträge kommen durch persönlichen Kontakt und Empfehlung zustande. Ein größeres Netzwerk mit einem Stammdrucker hat sich für Spalatin noch nicht etabliert. Dies wird erst in den späteren Druckphasen geschehen.

Die zweite Druckphase: 1518–1525

Erstaunlich ist, dass zwischen der ersten und der zweiten Druckphase der relativ große Zeitraum von elf Jahren vergangen ist. Wahrscheinlich fehlte dem Übersetzer die Gelegenheit, denn seine Tätigkeiten bezogen sich derzeit auf die Prinzenerziehung, den Klosterpräsid und anfänglich auf die Sekretärstätigkeit. In dieser Funktion hat er sich mit der Technik des Briefeschreibens in der Kanzlei vertraut gemacht.

Augsburg

Im Jahre 1518 beginnt die Publikationstätigkeit in der zweiten Phase, dies zuerst mit der Lutherschen Auslegung des 109. (110.) Psalms [VD 16 L 4035, Volz 3] bei Silvan Otmar in Augsburg, der aber singulär bleibt.

Sein Druckprogramm weist „volkstümliche und lehrhafte Stücke, später v. a. Reformationsdrucke“273 auf. „Zur Reformation ging Otmar gleich den meisten Druckern Augsburgs schon in den ersten Jahren der neuen Glaubensbewegung über.“, schreibt SCHOTTENLOHER und führt weiter aus, dass Otmar nicht nur Neudrucke, sondern auch Nachdrucke Luthers druckte und dass er zahlreiche Humanisten mit Druckaufträgen bediente, darunter: Urbanus Rhegius, Johann Agricola, Justus Jonas oder Johannes Oecolampadius. Silvan Otmar hatte als Drucker für Augsburg eine gewisse Bedeutung, seit 1522 als Ratsdrucker. Darüber hinaus nicht nur für Augsburg, wie SCHOTTENLOHER an den Typen Otmars erkennt, die für „mehrere amtliche Ausschreiben des Schwäbischen Bundes aus den Jahren 1522–1535“274 verwendet wurden. Silvan Otmar war also der hauptsächlich tätige Drucker des Schwäbischen Bundes und zudem für Verleger in Regensburg und Ingolstadt als Drucker beschäftigt.275

Leipzig

Ebenfalls mit nur einem Druck betraut wurde Melchior Lotter in Leipzig. 1519 gab Spalatin dort ein Beichtbüchlein Luthers [VD 16 L 5402, Volz 4] in Auftrag. Der um 1470 in der erzgebirgischen Aue geborene Lotter betrieb die vom Schwiegervater Konrad Kachelofen übernommene Offizin in Leipzig und druckte seit 1518 erstmals Lutherdrucke. Luther selbst muss Gefallen an den Drucken Lotters gefunden haben, denn er bewog ihn, in Wittenberg eine Filiale zu eröffnen, die durch des Druckers Sohn, Melchior dem Jüngeren, im Hause Cranachs seit 1519 betrieben wurde und die schließlich die Druckstätte des Septembertestaments wurde. Sein weiteres Druckprogramm umfasste Grammatiken, Liturgica, Humanistica, Schulbücher und klassische Werke.276 Die Wahl, bei Melchior Lotter zu drucken, wurde sicher von Martin Luther beeinflusst. Dieser ließ vorher bei Johann Rhau-Grunenberg drucken und war mit dem Druckbild reichlich unzufrieden. Rhau-Grunenberg solle sich die Typen von Melchior Lotter leihen. Umso mehr freute es Luther, dass im Mai 1519 Lotter nach Wittenberg gekommen ist, um dort den Bibeldruck voranzutreiben. Die Voraussetzung dafür und für die Drucke, die der Gräzist Melanchthon herausgeben sollte, waren die aus Basel stammenden griechischen Lettern Frobens. Für die Geschichte der Typografie ist Lotter bedeutend. Mit seiner Abwandlung der Schwabacher Type etablierte er eine Letter, die zur sogenannten Wittenberger Type wurde.277

Verwundernswert scheint die Tatsache, dass Spalatin nur einen Druck bei Lotter drucken ließ.278 Eine Erklärung bietet die Tatsache, dass die Offizin sehr gut ausgelastet war.279 Die Begeisterung Luthers über den sehr guten Druck führte nämlich dazu, dass Lotter zu seinem Stammdrucker wurde und daher hauptsächlich Lutherania druckte. So lässt sich von Spalatin selbst nur die Beichtanleitung als Druck bei Lotter nachweisen. Trotzdem erlebte dieser Druck mehrere Nachdrucke, darunter in Augsburg, Basel, Nürnberg, Leipzig und Straßburg.

Wohl durch Zerwürfnisse mit Luther, einen Eklat im Stadtrat und die Konkurrenzsituation mit Hans Lufft in Wittenberg zog Lotter zurück nach Leipzig, wo er weiterhin druckte.280

Wittenberg

Johann Rhau-Grunenberg in Wittenberg, dessen Druckbild Luther missfiel,...

Erscheint lt. Verlag 22.2.2022
Reihe/Serie Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Germanistik
Verlagsort Baden-Baden
Sprache deutsch
Themenwelt Schulbuch / Wörterbuch Wörterbuch / Fremdsprachen
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Germanistik
Schlagworte Bernhard von Clairvaux • Friedrich der Weise • Frühe Neuzeit • Georg Burckhardt • Georg Spalatin • Jean Gerson • Johann der Beständige • Justinian • Katharina Spalatin • Kursachsen • Latein-Deutsch • Martin Luther • Philipp Melanchthon • Reformation • Übersetzung • Übersetzungsstrategien • Vorworte
ISBN-10 3-8288-7764-8 / 3828877648
ISBN-13 978-3-8288-7764-1 / 9783828877641
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