Kommunikationsfallen erkennen und vermeiden (eBook)
126 Seiten
Haufe Verlag
978-3-648-16604-8 (ISBN)
Anja von Kanitz ist selbstständige Trainerin, Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Rhetorik, Kommunikation und Moderation. Sie verfügt über langjährige Praxis in der Personalentwicklung von Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen.
Anja von Kanitz Anja von Kanitz ist selbstständige Trainerin, Beraterin und Coach mit den Schwerpunkten Rhetorik, Kommunikation und Moderation. Sie verfügt über langjährige Praxis in der Personalentwicklung von Unternehmen, Institutionen und Verwaltungen.
Fallen, die wir uns selbst stellen
Warum sollten wir uns selbst Kommunikationsfallen stellen? Absichtlich bringen wir uns natürlich nicht in eine nachteilige Position. Trotzdem passiert dies weit häufiger als gedacht, weil vieles in der Kommunikation unbewusst abläuft.
In diesem Kapitel erfahren Sie u. a.,
- warum Druck meist wenig überzeugend auf andere wirkt,
- welche Folgen es hat, wenn wir nicht sagen, was wir denken und wollen,
- warum Angriff nicht immer die beste Verteidigung ist.
Viel reden
In diese Falle geraten Menschen oft, wenn sie von etwas sehr überzeugt sind oder sie etwas unbedingt wollen. Sie möchten bei ihrem Gegenüber eine ganz bestimmte Wirkung erzeugen und versuchen dies mit hoher Intensität zu erreichen.
Erkennungsmerkmale und Wirkung
Die Betroffenen reden viel und oft auch schnell. Sie haben weit über 50 Prozent Redeanteil im Gespräch. Sie gehen nicht oder nur am Rande auf das ein, was ihr Gegenüber ihnen entgegenhält. Da sie viel reden, machen sie keinen Unterschied zwischen Wichtigem und Unwichtigem. Beides vermischt sich im Redestrom. Bei Zweifeln, Gleichgültigkeit oder Widerspruch des anderen geben sie noch mehr Gas, reden also noch mehr und nachdrücklicher. Andere fühlen sich von einem solchen Verhalten bedrängt. Je drängender der/die andere redet, desto mehr verschließen sie sich gegen das Gesagte oder halten dagegen, obwohl sie ursprünglich gar nicht grundsätzlich abgeneigt waren. Sie schützen sich vor dem Drängen des anderen durch Abwehr und starres Beharren. Dieses Phänomen nennt man auch Reaktanz.
Die Aufnahmekapazität des menschlichen Gehirns ist begrenzt. Redet jemand viel am Stück und vielleicht auch noch ohne Pause, wird ein Teil des Gesagten im Hirn des Gegenübers nicht verarbeitet und geht verloren.
Wenn in Gesprächen mit Hierarchie-Unterschied (Vorgesetzte/Mitarbeiter oder Eltern/Kind) die hierarchisch höhere Person viel redet, bekommt dieses Vielreden oft Predigtcharakter. Das Gegenüber spürt, dass es selbst nicht gefragt ist, schaltet auf Durchzug und wartet nur, »bis es vorbei ist.«
In konträren Diskussionen greifen die Gesprächspartner/innen aus den überlangen Redebeiträgen der Vielredner meist gezielt die unwichtigen Aspekte oder schwachen Argumente auf. Wer viel redet, hat Schwierigkeiten, das Wesentliche zu fokussieren, und bietet so viel Angriffsfläche. Diese Schwäche können andere leicht ausnutzen.
So umgehen Sie die Falle
Um bei unserem Gegenüber im Gespräch etwas zu bewirken, müssen wir wissen, wie es »tickt«, welche Gründe es für ein bestimmtes Verhalten hat, welche Interessen es verfolgt. Dies erfährt man nicht durch einen Redeschwall, sondern durch Interesse an der Haltung des anderen. Wenn Sie verstehen, warum der eine etwas macht oder was die andere möchte, können Sie Ihre Informationen und Argumente viel gezielter anbringen. Im Idealfall passen sie gut zur Denkweise und zur Gefühlswelt Ihres Gegenübers. Reaktanzverhalten können Sie nur verhindern, wenn der Druck von Ihrer Seite nachlässt. Wenn Sie etwas bei anderen Menschen bewegen möchten, müssen Sie ihnen die Freiheit geben, sich von innen heraus zu bewegen.
Bremsen Sie Ihren Redefluss. Nehmen Sie nicht mehr als 50 Prozent Redeanteil ein – eher weniger. So können Sie das Gespräch analytischer führen und den Verlauf gezielter steuern.
Empfehlungen |
Hören Sie genau hin, was Ihr Gegenüber sagt. Versuchen Sie zu verstehen, was es antreibt. Überlegen Sie, was es bewegen könnte, Dinge anders zu sehen oder zu machen. |
Zeigen Sie aufrichtiges Interesse an der Sicht von anderen. Stellen Sie offene Fragen und geben Sie das Gehörte in Ihren eigenen Worten wieder, um zu prüfen, ob Sie es richtig verstanden haben. |
Vermeiden Sie lange Redebeiträge. Mehrere kürzere Äußerungen haben einen höheren Effekt. Außerdem sehen Sie nach einem kurzen Redebeitrag sofort die Reaktion des Gegenübers und können gleich darauf eingehen. |
Formulieren Sie Ihre Kernanliegen und wichtigen Argumente kurz und knapp. Scheuen Sie sich nicht davor, sie zu wiederholen, damit Ihre Kernbotschaft ankommt. |
Beachten Sie die Reaktion auf Ihre Argumente. Haken Sie nach und suchen Sie gezielt nach Schnittmengen zwischen Ihren Anliegen und denen der anderen. |
Schnell reden
Viele Menschen tragen ihre Anliegen in sehr hohem Sprechtempo vor. Vielleicht tun sie das, weil sie Angst haben, unterbrochen zu werden. Oder es geschieht, um möglichst viel Info in kurzer Zeit unterzubringen.
Erkennungsmerkmale und Wirkung
Betroffene reden schnell, hastig, machen kaum Pausen und haben wenig Sprechausdruck. Sie können wegen des Tempos auch körpersprachliche Mittel wie Mimik und Gestik nur sehr sparsam einsetzen.
- Schnellsprechende liefern viele Informationen in kurzer Zeit. Ihr Publikum kann in dieser Zeit allerdings nicht alle Informationen verarbeiten und abspeichern. Es bleibt dem Zufall überlassen, was die anderen aufnehmen und sich merken können und was nicht.
- Bei schnellem Sprechen verzichtet man auf wirksame Sprechtechniken, die dem Gegenüber das Verstehen erleichtern, so z. B. auf die paraverbalen Mittel wie sinnunterstreichende Betonung, Tempowechsel, Pausen, abwechslungsreiche Nutzung von Sprechmelodie etc. Die Redeweise ist nicht nur schneller, sondern – was Sprechausdruck und Mimik bzw. Gestik betrifft – auch weniger ausdrucksstark und entfaltet weniger Wirkung.
- Hohes Sprechtempo löst beim Gegenüber unterschiedliche Gefühle aus. Es kann sein, dass es sich gehetzt und überfordert fühlt und einfach abschaltet oder Widerstand entwickelt. Es kann aber auch sein, dass es das gehetzte und oft auch verhuschte Sprechen des bzw. der anderen als Unsicherheit und Schwäche wahrnimmt.
- Mit schnellem Sprechen wird häufig indirekt das Signal gesendet: »Sooooo wichtig ist es auch nicht, was ich da zu sagen habe.« Man entwertet damit den eigenen Beitrag.
So umgehen Sie die Falle
- Nehmen Sie sich den Raum im Gespräch, der Ihnen zusteht. Halten Sie Blickkontakt zu Ihrem Gegenüber und sprechen Sie so sicher und bestimmt, dass man spürt, dass Sie jetzt reden und nicht unterbrochen werden wollen. Die Fähigkeit des sicheren und selbstbewussten Sprechens kann man unter Anleitung in Seminaren zur Rhetorik und Gesprächsführung mit speziell ausgebildeten Trainern (z. B. Sprecherzieher/innen, siehe hierzu näher das Kapitel »Ihr persönlicher Anti-Fallen-Plan«) gezielt weiterentwickeln.
- Trauen Sie sich, lebendig und expressiv zu sprechen. Sie machen es Ihrem Gegenüber dadurch leichter, Ihnen zuzuhören und das, was Sie sagen, innerlich nachzuvollziehen.
- Das Tempo reduzieren Sie erfolgreich durch das passende Setzen von Pausen. Haben Sie eine wichtige Information angeführt, verharren Sie kurz, bevor Sie den nächsten Satz sprechen. Die Pause ist notwendig, damit Ihr Gegenüber die Information verarbeiten und speichern kann. Der gehetzte Eindruck bei Schnellsprechern rührt häufig daher, dass sie ohne Punkt und Komma, d. h. auch ohne Pause, sprechen.
Nur den Verstand ansprechen
Wer ist nicht schon verzweifelt, weil sich sein Gegenüber völlig unempfindlich gegenüber rationalen Argumenten zeigte? Alle vernünftigen Gründe sprechen für einen Standpunkt, trotzdem löst dies keine Bereitschaft auf der Gegenseite aus, irgendetwas zu ändern.
Erkennungsmerkmale und Wirkung
Die Person wiederholt Mal um Mal die gleichen rational vernünftigen und nachvollziehbaren Argumente, auch wenn das Gegenüber darauf gar nicht anspricht. Reagiert das Gegenüber auf diese doch so unschlagbaren Argumente nicht in der gewünschten Form, kommt bei manchen schnell auch ein gereizter oder herablassender Ton hinzu. Er entspringt der Haltung: »Warum versteht dieser Blödmann/diese blöde Kuh das nicht?« Manche kapitulieren aber auch einfach nur und sind frustriert, dass sie mit ihrer Argumentation nichts bewirken.
Warum wir etwas tun oder lassen bzw. warum wir bestimmte Meinungen und Überzeugungen haben, ist niemals allein rational begründet. Werte, Gewohnheiten, Vorlieben, Vorurteile sind für unsere Entscheidungen genauso, wenn nicht sogar stärker ausschlaggebend als vernunftbasierte Gründe.
- Sprechen Sie mit Ihrer Argumentation nur den Verstand einer Person an, erreichen Sie deren andere Persönlichkeitsanteile...
Erscheint lt. Verlag | 8.8.2022 |
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Reihe/Serie | Haufe TaschenGuide | Haufe TaschenGuide |
Verlagsort | Freiburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Briefe / Präsentation / Rhetorik |
Schlagworte | Belehrung • Kommunikation • Kommunikationsfalle • Kommunikationsfehler • Körpersprache • Missverständnis • Provokation • Reden • Sprache • Sprechen • Taschenguide |
ISBN-10 | 3-648-16604-2 / 3648166042 |
ISBN-13 | 978-3-648-16604-8 / 9783648166048 |
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Größe: 203 KB
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