Die Schuld (eBook)

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
608 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-1260-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Schuld -  Fred Surer
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Alicia und Patrick Leonards Welt steht still, als ihre acht Monate alte Tochter Emily stirbt. Ihre Unfähigkeit, über die Trauer, die Verzweiflung und die eigene Verletzlichkeit zu reden, setzt ihrer Ehe zu. Die Sprachlosigkeit entfernt sie voneinander. Als Alicia wieder zu arbeiten beginnt, hilft ihr die Hektik des Klinikaltages, die Trauer für kurze Zeit zu vergessen. Aber der Schmerz ist noch da. Daran ändert auch das Angebot, Chefärztin der Chirurgie zu werden nichts. Im Gegenteil, das Gefühl, die Stränge ihres Lebens hätten sich zu einem unentwirrbaren Knäuel verwoben, verstärkt sich noch. Und als Alicia Finn Hansen begegnet, der sie unwiderstehlich anzieht, beginnt sie eine leidenschaftliche Affäre mit ihm. Ihr sorgsam gehütetes Geheimnis droht ans Licht zu kommen, als Hansen ermordet wird und sie durch einen anonymen Hinweis ins Visier der Polizei gerät. Und als ihr Mann von ihrer Untreue erfährt, steht Alicia vor den Scherben ihrer Ehe. Verzweifelt sucht sie Rat bei der Anwältin Olivia Mertens. Mertens beauftragt den gewieften Ermittler Simon Henshall herauszufinden, wer der anonyme Informant ist, der Alicia bei der Polizei denunziert hat und wer ihr Schaden zufügen will. Henshall findet schon bald Hinweise, dass jemand auf grausame Weise Rache an den Beteiligten einer weit zurückliegenden Tragödie nimmt. Und als er herausfindet, wer für den Rachefeldzug, der die Handschrift eines Psychopathen trägt, verantwortlich ist, beschliessen er und Patrick Leonard, den Wahnsinnigen aufzuhalten. Doch sie ahnen nicht, wie hoch der Preis ist, den sie dafür zahlen müssen. Weitere Informationen zum Autor und seine Bücher auf www.fredsurer.com

Fred Surer wurde 1954 in der Region Nordwestschweiz geboren. Nach dem Studium an der Universität Basel war er lange Jahre in der beruflichen Vorsorge tätig, bevor er sich ganz dem Schreiben sowie der Aufgabe als Friedensrichter und Finanzvorstand der Opferhilfe beider Basel zuwandte. Sein erster Roman 'Bis die Seele zerbricht' erschien 2016. Jetzt folgt sein zweites Buch. Der neue Roman mit dem Titel 'Die Schuld' zeichnet sich wiederum durch bestechende Menschenkenntnis, ein untrügliches Gespür für Spannung und eine äusserst lebendige Sprache aus. Fred Surer lebt mit seiner Frau in der Nähe von Basel. Weitere Informationen zum Autor und seine Bücher auf www.fredsurer.com.

Fred Surer wurde 1954 in der Region Nordwestschweiz geboren. Nach dem Studium an der Universität Basel war er lange Jahre in der beruflichen Vorsorge tätig, bevor er sich ganz dem Schreiben sowie der Aufgabe als Friedensrichter und Finanzvorstand der Opferhilfe beider Basel zuwandte. Sein erster Roman "Bis die Seele zerbricht" erschien 2016. Jetzt folgt sein zweites Buch. Der neue Roman mit dem Titel "Die Schuld" zeichnet sich wiederum durch bestechende Menschenkenntnis, ein untrügliches Gespür für Spannung und eine äusserst lebendige Sprache aus. Fred Surer lebt mit seiner Frau in der Nähe von Basel. Weitere Informationen zum Autor und seine Bücher auf www.fredsurer.com.

Kapitel 8


 

Alicia verliess das Pflegedienstbüro und steuerte auf den Fahrstuhl zu. Während sie auf den Aufzug wartete, legte sie beide Handflächen auf ihren Rücken und streckte sich durch. Sie war froh, dass der lange, kräftezehrende Arbeitstag bald zu Ende sein würde. Die Abendvisite bei den frisch operierten Patienten war ihre letzte offizielle Pflicht. Als der Aufzug im Erdgeschoss hielt und die Tür sich öffnete, sah Alicia Dr. Oliver Beck, ein Assistenzarzt aus der Notfallabteilung, auf sie zusteuern.

«Alicia, haben Sie eine Minute für mich?»

Sie nickte und fragte: «Worum geht es?»

Alicia bemerkte das leichte Zögern ihres jungen Kollegen, bevor er antwortete: «Die Sache ist einigermassen heikel und vertraulich.»

«Okay, lassen Sie uns ins Stationsbüro gehen», schlug sie vor und ging voraus. «Worüber wollen Sie mit mir reden?», wollte Alicia wissen, als Beck die Tür geschlossen hatte.

«Es geht um einen fünfjährigen Jungen, der heute mit einem gebrochenen Arm eingeliefert wurde.» Beck reichte ihr das Röntgenbild und sie hielt die Aufnahme ins Licht.

«Bruch des Oberarmknochens durch eine starke Verdrehung.»

Beck nickte und Alicia fragte: «Was ist passiert?»

«Von der Leiter eines Baumhauses gefallen», sagte sein Vater bei der Einlieferung.

Alicia drehte sich um und sah ihren jungen Kollegen prüfend an. «Sie glauben ihm nicht?»

«Der Junge hat eine Quetschung am Arm und er ist zu still», erwiderte Beck errötend.

«Das heisst, Sie vermuten eine Kindesmisshandlung. Haben Sie eine Gesamtuntersuchung des Skeletts angeordnet?»

«Ja, man hat zwei verheilte Brüche gefunden.»

«Kein spezifischer Bruch weist eindeutig und ausschliesslich auf eine Kindesmisshandlung hin», sagte Alicia warnend. «Bevor wir etwas unternehmen, brauchen wir unwiderlegbare Beweise. Macht der Junge den Eindruck, als hätte er Angst vor seinem Vater oder der Mutter? Gibt es noch andere Verletzungen, erkennbare Verhaltensauffälligkeiten oder Entwicklungsstörungen? Ist er Bettnässer? Leidet er unter Schlaflosigkeit, hat er Mühe, sich zu konzentrieren? Wie ist sein Ernährungszustand? Ist er ansonsten gesund?»

Beck wand sich verlegen und Alicia legte ihm besänftigend die Hand auf die Schulter. «Oliver, der grösste Teil von Kindesmisshandlungen wird in Notaufnahmen entdeckt. Deshalb ist es gut, dass Sie dafür eine Sensibilität entwickelt haben. Aber wir müssen einfach alle Fakten kennen, bevor wir das Leben dieses Jungen und das seiner Eltern durcheinanderbringen.»

Beck nickte stumm und Alicia lächelte ihn aufmunternd an. «Ich schlage vor: Sie machen Aufnahmen von den äusserlichen Verletzungen am Arm und klären ab, ob es eine Vorgeschichte von Besuchen der Notaufnahme gibt. Erkundigen Sie sich auch bei anderen Kliniken in der Umgebung. Und wenn der Kleine das nächste Mal Besuch von seinen Eltern hat, rufen Sie mich, und wir unterhalten uns gemeinsam mit ihnen. Einverstanden?»

Beck nickte sichtlich erleichtert.

Auf dem Weg in den dritten Stock, wo die beiden frisch Operierten lagen, dachte Alicia über das Gespräch nach, das sie eben mit ihrem jungen Kollegen geführt hatte. Und nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, die Natur hätte ein System entwickelt, das den Rest der Welt alarmierte, wenn irgendjemand ein Kind misshandelte.

Die Patientenakte unter dem Arm betrat Alicia das Zimmer von Roman Tanner, dessen Zwerchfell-Hernie sie am Morgen geflickt hatte. Sie stellte sich neben das Bett des Patienten und fragte: «Wie geht es Ihnen?»

«Ich weiss nicht, ich fühle mich müde und erschlagen.»

«Das ist normal», sagte Alicia lächelnd und überflog das Krankenblatt. «Nach einer Operation ist jeder ein bisschen mit-genommen. Aber es ist alles bestens verlaufen und Ihre Werte sind gut.» Sie klappte den Deckel der Mappe zu. «In ein paar Wochen werden Sie sich wie neu geboren fühlen und Sie müssen nicht mehr in Schräglage schlafen.»

Ihr nächster Patient war ein sechzehnjähriger Junge, der von einem Auto angefahren worden war. Die Notoperation in den frühen Morgenstunden war ausgesprochen kompliziert gewesen. Der Patient hatte sich beim Aufprall eine schwere Verletzung an der rechten Niere zugezogen. Erfreulicherweise konnte das Organ gerettet werden. Die Kopfverletzungen waren zum Glück weniger schlimm gewesen als zuerst befürchtet. Sie würden keine bleibenden Schäden hinterlassen.

«Wie geht es ihm?», fragte Alicia die Schwester, die eben die Infusion gewechselt hatte.

«Er ist inzwischen immer öfter wach und seine Vitalfunktionen sind stabil», berichtete die Pflegerin, während Alicia den Verband über die Kopfwunde prüfte. Als sie das Pflaster abschälte, um die Naht zu kontrollieren, stöhnte der Junge und murmelte: «Durst.»

«Geben Sie ihm etwas zerstossenes Eis», sagte Alicia zur Schwester und an den Jungen gewandt fügte sie hinzu: «Zum Anfang beschränken wir uns auf Eis. Ich möchte nicht, dass du zu viel trinkst und dich übergibst.»

Die Schwester nickte und Alicia fragte: «Konnten die Eltern in der Zwischenzeit benachrichtigt werden?»

«Ja, sie waren für ein paar Tage in Madrid zu Besuch bei Freunden. Sie sind auf dem Rückflug.»

«Okay», sagte Alicia und reichte der Pflegerin einen Zettel mit ihrer Handynummer. «Ich habe heute Abend keine Bereitschaft und morgen meinen freien Tag. Sagen Sie den Eltern: Sie können mich unter dieser Nummer erreichen, wenn sie mit mir sprechen wollen. Und rufen Sie mich an, falls sich sein Zustand verschlechtern sollte.»

Wieder nickte die Schwester und Alicia warf einen letzten Blick auf den Patienten, dann ging sie zurück ins Stationsbüro. Dort erfuhr sie von der Pflegedienstleiterin, dass die Verlegung von Norbert Wegener, die eigentlich für den kommenden Tag geplant gewesen war, schon am frühen Nachmittag stattgefunden hatte. «Wieso das?», fragte Alicia erstaunt.

Die Pflegedienstleiterin verwarf die Hände. «Wahrscheinlich brauchten die in Zürich das Bett und kamen deshalb zum Schluss; der Zustand des Patienten erlaube eine frühere Verlegung.»

«Na dann sollte ich wohl besser nach unserem neuen Patienten sehen», antwortete Alicia kopfschüttelnd. «Wo liegt er?»

«Zimmer 402, wie Frau Gerland es gewünscht hat.»

Alicias Herz krampfte sich zusammen, als sie das Zimmer in der Privatabteilung betrat und Norbert Wegeners malträtierten Körper betrachtete. Sein linkes Bein war in einer stabilen Schiene fixiert, der rechte Unterarm dick bandagiert, ebenso sein Kopf. Das Gesicht war übersät mit blauen Flecken, seine Oberlippe dick angeschwollen und mit fünf Stichen genäht. Alicia trat ans Bett und prüfte Blutdruck und Puls. Die Werte waren in Ordnung. Dann setzte sie vorsichtig ihr Stethoskop auf seine Brust.

«Hören Sie etwas klopfen?», fragte der Stallmeister zu ihrer Überraschung, weil sie angenommen hatte, er würde schlafen.

«Laut und deutlich.»

Wegener rückte den Kopf zurecht, sodass sein Gesicht nicht mehr ganz in den Kissen vergraben war. Dann zeigte er auf die Schiene und die Verbände. «War das Ihre Idee?»

«Ich bekenne mich schuldig.»

«Dann streiche ich …», er zuckte zusammen und hielt die Luft an «… Sie von der Liste meiner Freunde.»

«Es scheint Ihnen schon besser zu gehen, wenn Sie zum Scherzen aufgelegt sind.»

«Ich fühle mich beschissen.»

«Das glaube ich Ihnen.»

«Dr. Leonard…, Alicia?»

«Ja.»

«Wie gross ist der Schaden?»

«Beträchtlich, aber nicht total.»

«Danke für die aufmunternden Worte.»

«Gern geschehen.»

«Mir tun die Eier weh.»

«Ich werde Ihnen einen Eisbeutel bringen lassen.»

Alicia hätte nicht gedacht, dass dieser Mann, den sie bisher als eher zurückhaltend kennengelernt hatte, so verdorben dreinblicken konnte. «Sie sind geschwollen», erklärte sie. «Sie wurden wahrscheinlich in den Unterleib getreten, wodurch sich Blut in Ihren Hoden gesammelt hat.»

«Aber sie sind okay?»

«Ja. Im Moment ist Ihr Urin wahrscheinlich noch etwas blutig. Aber das geht vorüber.»

«Versprochen?»

«Geben Sie ihnen ein paar Tage. Dann sind sie wieder normal.»

«Gilt das auch für mein Gesicht?»

«Aber ja.»

«Ich bleibe also der attraktive Kerl, der ich war?»

«Ja, und auch Ihre Einbildung hat keinen Schaden genommen.»

Er lächelte, aber Alicia erkannte, dass ihm jede Art von Mimik noch immer Schmerzen bereitete.

«Was ist mit dem Rest?»

«Sie haben eine schwere Hirnerschütterung und brauchen Ruhe. Ihre Lippe ist aufgeplatzt und musste genäht werden. An Ihrem rechten Handgelenk ist sowohl die Elle als auch die Speiche gebrochen. Der Arm wurde chirurgisch versorgt. Der Heilungsprozess wird allerdings einige Wochen in Anspruch nehmen.»

«Und mein Knie?»

«Das ist die komplizierteste Verletzung und da gibt es noch einiges zu tun. Sobald Ihr Allgemeinzustand es zulässt, werden wir Sie operieren.»

«Aber Sie kriegen das hin?»

«Sicher kann ich das erst sagen, wenn ich alle Röntgenbilder und die übrigen Ergebnisse der Untersuchungen gesehen habe. Aber wir werden nichts unversucht lassen und wir ziehen einen der besten Orthopäden hinzu.»

Wegener hatte Alicia mit geschlossenen Augen zugehört. Jetzt schlug er die Augen wieder auf und sah sie direkt an. «Werde ich je wieder arbeiten können?»

«Ja, das glaube ich», erwiderte Alicia, «auch wenn es einige Zeit und viel Geduld brauchen wird.»

«Gut, denn ich kann die Vorstellung nicht ertragen, dass drei halbstarke Schläger mich zum...

Erscheint lt. Verlag 6.11.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Familie oder Karriere • Leben mit Schuld • Plötzlicher Kindstod • Rache • Trauer • Untreue • Vergebung oder Vergeltung
ISBN-10 3-8187-1260-3 / 3818712603
ISBN-13 978-3-8187-1260-0 / 9783818712600
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