Zwei Leben - Die Strafsache Wilhelm Schweiger (eBook)

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2024 | 1. Auflage
732 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-0549-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwei Leben - Die Strafsache Wilhelm Schweiger -  Pamela Pabst
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Die Geschichte des Anwalts Wihelm Schweiger spielt im Westberlin der 80er Jahre. Schweiger, gefangen in den konservativen Konventionen seiner Familie und aufgewachsen in der bedrückenden Nachkriegsatmosphäre, übernimmt die Kanzlei seines Vaters. Doch insgeheim führt er von seiner Familie unbemerkt ein Parallelleben, in dem er Grenzen überschreitet. Eines Tages geschieht das Unfassbare: Er wird selbst zum Straftäter und muss sich den Konsequenzen stellen. Ein folgenreicher Unfall sowie unverhoffte Begegnungen stellen zusätzlich sein gesamtes Leben und das seines Umfeldes auf den Kopf.

Autorin Pamela Pabst ist die erste von Geburt an blinde Strafverteidigerin Deutschlands. Ihr außergewöhnliches Leben dient als Vorbild der erfolgreichen ARD-Serie 'Die Heiland - Wir sind Anwalt', die jedes Mal Millionen Menschen sehen, und sie fungiert als Fachberaterin für das Drehbuchteam. Die Berlinerin lebt ihren Traumberuf als Strafverteidigerin jeden Tag. Doch ihr großer Herzenswunsch blieb lange unerfüllt: die Veröffentlichung ihres eigenen Romans 'Zwei Leben - Die Strafsache Wilhelm Schweiger'. An einem Dienstag im Frühjahr in Berlin ist Pamela Pabst zu Besuch im Haus des Rundfunks bei Moderator Ingo Hoppe. Sie erzählt von ihrem Traum, und beide beschließen, Pamelas Buch jetzt in die Welt zu bringen. Nach vielen Jahren des Wartens ist es nun soweit.

Autorin Pamela Pabst ist die erste von Geburt an blinde Strafverteidigerin Deutschlands. Ihr außergewöhnliches Leben dient als Vorbild der erfolgreichen ARD-Serie "Die Heiland – Wir sind Anwalt", die jedes Mal Millionen Menschen sehen, und sie fungiert als Fachberaterin für das Drehbuchteam. Die Berlinerin lebt ihren Traumberuf als Strafverteidigerin jeden Tag. Doch ihr großer Herzenswunsch blieb lange unerfüllt: die Veröffentlichung ihres eigenen Romans "Zwei Leben – Die Strafsache Wilhelm Schweiger". An einem Dienstag im Frühjahr in Berlin ist Pamela Pabst zu Besuch im Haus des Rundfunks bei Moderator Ingo Hoppe. Sie erzählt von ihrem Traum, und beide beschließen, Pamelas Buch jetzt in die Welt zu bringen. Nach vielen Jahren des Wartens ist es nun soweit.

2. Ein Leben und ein Traum 


 »Um was geht’s denn bei Ihnen, Herr Kollege?« fragte Boysen und goss sich einen Kaffee ein. »Mord, Totschlag, Raub oder Brandstiftung? Welche Schwurgerichtskammer ist es denn heute?«  Die Tasse war so voll geworden, dass der Inhalt beim Anheben über den Rand schwappte und Boysen über die Finger lief. »Amtsgericht«, sagte er nüchtern, doch er wusste ja, wie gern sein Kollege übertrieb. »Fahrraddiebstahl in drei Fällen, aber unser Herr Geiger ist geständig, das kann heute nicht lange dauern.« Doch kaum, dass er den Satz beendet hatte, läutete das Telefon. »Das ist sicher mein Mandant.« Frau Genest nahm ab und traute ihren Ohren kaum, denn er war es tatsächlich. »Herr Geiger möchte wissen, ob es dabei bleibt, dass Sie ihn abholen!?« fragte sie und hielt dabei eine Hand auf die Sprechmuschel. »Das geht in Ordnung«, antwortete er und blickte zufrieden in Boysens verdutztes Gesicht. »Nun bin ich aber platt. - Können Sie hellsehen, Herr Kollege?« fragte dieser, doch Schweiger wäre es lieber gewesen, es nicht zu können. Das durfte alles nicht wahr sein, aber es war so. »Sicher ist es nur ein dummer Zufall«, beantwortete er Boysens Frage lapidar, »ich kenne halt meine Mandanten.« Und dennoch beschlich ihn einen Augenblick lang das ungute Gefühl, dass vielleicht doch alles so kommen könnte, wie er es geträumt hatte. »Aber nein, das geht ja gar nicht«, sagte er sich dann und fühlte sich schon bedeutend besser. Der dumme Zettel hatte sich ja schließlich wieder angefunden. 

Als er an diesem Morgen auf seinem Weg zum Sitzungssaal die gewaltige Haupthalle des Kriminalgerichts durchquerte, um die große Freitreppe hinaufzusteigen - von der sein Namensvetter Kaiser Wilhelm II einst behauptet hatte, dass man die Angeklagten da ja gleich nach der Verhandlung hinunterwerfen könne - fand er das neobarocke Gebäude aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts plötzlich längst nicht mehr so anziehend wie sonst. Und er ertappte sich dabei, dass er permanent nach einer Richterin Gabriele Hassler und seiner Kollegin Christine Dallinger Ausschau hielt, die es beide natürlich gar nicht gab und ihm somit weder die eine noch die andere begegnen konnte. Doch in seinem Kopf, da waren sie stets präsent. Der Prozess verlief dann auch weniger erfolgreich als erwartet, obwohl es eigentlich reine Routine für ihn sein sollte, doch er war nicht recht bei der Sache, der Richter nicht gut vorbereitet und unausgeschlafen, die Staatsanwältin offenbar rachsüchtig, oder sie hatte gerade ihre Tage. Außerdem stellte sich zwanzig Minuten vor den Schlussplädoyers heraus, dass ihm sein Mandant nur die halbe Wahrheit erzählt hatte. Das Ganze endete nach gut zwei Stunden mit einer Beinahemandatsniederlegung und einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 50 Mark.  

Während Wilhelm Schweiger zu seinem anderen Termin am Landgericht fuhr, rollte die Ermittlungsmaschinerie in Sachen Hannah Neelsen an. Corinna Schuster erzählte Kriminalkommissar Leopold Schumann alles, was sie von Hannah Neelsen am Telefon erfahren hatte, und war selbst nicht sparsam mit eigenen Vermutungen zum Tathergang. Es wurden in der Wohnung Fingerabdrücke genommen, sämtliche Kleidungsstücke eingesammelt und dutzende Anwohner dazu befragt, ob sie jemanden beobachtet hätten, der gestern gegen 20.30 Uhr das Haus Nummer 25 betreten habe. Wann Hannah Neelsen jedoch selbst befragt werden konnte, war zu diesem Zeitpunkt noch äußerst ungewiss. Vorerst lag sie auf der Intensivstation und war nicht vernehmungsfähig. Lebensgefahr bestand Gott sei Dank jedoch nicht mehr. 

Immer noch getrieben von seinen schrecklichen Albträumen suchte Wilhelm Schweiger an diesem Vormittag am Landgericht heimlich weiter nach Personen, von denen er eigentlich wusste, dass es sie nicht gab. So betrachtete er auch die dortige Proberichterin Doris Aalatt prüfend, nachdem er seine Robe angezogen und in seiner Eigenschaft als Klägervertreter hinter dem linken von zwei Rednerpulten - wie sie üblicherweise in alten Gerichtssälen zu finden waren - Aufstellung genommen hatte. Doris Aalatt war Anfang dreißig, zierlich in der Statur und eher etwas bieder. Ihr schulterlanges, blondes Haar bildete einen hübschen Kontrast zu ihrer weißen Bluse und der schwarzen Robe. Kleine goldene Ohrringe blitzten im Licht des großen Kronleuchters, der den alten holzgetäfelten Sitzungssaal erhellte. »Da erscheinen in der Sache Schmidtke gegen Rufus für den Kläger Herr Rechtsanwalt... « »Schweiger«, antwortete er abwesend und konnte den Blick nicht von ihr abwenden. »Rechtsanwalt Schweiger«, diktierte sie äußerlich sicher der Protokollführerin, die sogleich die Angabe in die Schreibmaschine hämmerte und dabei ohrenbetäubenden Lärm veranstaltete. Doch in Doris Aalatt sah es anders aus. Sie war schrecklich aufgeregt, versuchte sich dies jedoch nicht anmerken zu lassen. Zum ersten Mal im Leben musste sie ohne ihre Richterkollegen verhandeln, hatte allein das Zepter in der Hand und konnte sich nicht auf eine stumme Betrachterrolle zurückziehen. »Nein, sie sieht nicht aus wie Gabriele Hassler aus meinem Traum«, dachte er und nahm den ohrenbetäubenden Lärm, bei dem man in dem ohnehin stets hallenden großen Saal das eigene Wort kaum noch verstehen konnte, nicht mehr wahr. »Aber hübsch ist sie.« Doch fiel nicht nur ihm sie auf. Auch Doris Aalatt nahm ihn in besonderer Weise wahr. Aus irgendeinem ihr nicht näher erfindlichen Grund stach er für sie heraus aus der Masse der Anwälte, die sich seit Wochen vor ihr in diesem Saal die Klinke in die Hand gaben.  

Als er gegen 13.00 Uhr zurück in die Kanzlei kam, machte ihn Frau Genest darauf aufmerksam, dass er Besuch habe. »Wer ist es denn?« fragte er und hatte überhaupt keine Vorstellung, wer auf ihn warten könnte. »Ich kenne die Dame nicht. Sie sitzt seit einer halben Stunde im Wartezimmer. Ich habe ihr gesagt, dass Sie nicht da seien, aber das störte sie offenbar nicht. – Ach ja, und ein Kommissar Schumann hat angerufen.« Das Wort »Kommissar« ließ ihn innerlich zusammenzucken. Hoffentlich war er nicht schlagartig weiß im Gesicht geworden. »Ich habe gesagt, dass Sie noch bei Gericht seien. Er will sich wieder melden.« »Da bin ich ja gespannt.« Das bezog sich sowohl auf den Besuch als auch auf das Anliegen des Kommissars, wobei er sich bei letzterem denken konnte, worum es höchstwahrscheinlich ging. Nachdem er Robe und Akten in sein Zimmer gebracht und den noch immer schräg stehenden Stuhl geradegerückt hatte, ging er ins Wartezimmer, um zu sehen, wer ihn sprechen wollte. Bei seiner Besucherin handelte es sich um niemand anderes als Marianne Neelsen. Er kannte sie jedoch nicht, und dementsprechend war ihr Zusammentreffen eine ziemliche Überraschung für ihn, rechnete er doch mit einer Mandantin. »Guten Tag, was kann ich für Sie tun?« begrüßte er sie steif, aber höflich, als er das Wartezimmer betrat. Er wollte ihr die Hand reichen - wie er es immer tat, wenn er Mandanten empfing - doch sie ergriff seine Hand nicht. »Ihnen gebe ich nicht die Hand!« fuhr sie ihn stattdessen an und sprang erbost auf. »Ich wollte mir nur mal dieses Schwein aus der Nähe ansehen, dass meine Schwester so übel zugerichtet hat. Sie glauben wohl, Sie können alles mit ihr machen!? - Ich hasse Sie! Ich würde Sie am liebsten umbringen, wissen Sie das?!« Damit hatte er nicht gerechnet. »Das muss ich mir von Ihnen nicht sagen lassen! Raus hier, aber sofort«, gab er ihr Kontra, nachdem er die erste Schrecksekunde überwunden hatte. »Ich sag’s Ihnen aber, mitten ins Gesicht, Sie perverser Lustmolch, Sie! Sie haben meine Schwester vergewaltigt und versucht, sie danach umzubringen. Aber das ist Ihnen nicht geglückt. Meine Schwester lebt!« Das Wort »vergewaltigt« ertrug er nicht. Er begann zu zittern, doch das durfte er sich nicht anmerken lassen. »Noch ein Wort und ich hole die Polizei! – Raus!« schrie er sie an, doch Marianne Neelsen hatte stärkere Nerven als er. »Das musste mal gesagt werden! Die wissen schon, was Sie gemacht haben«, sagte sie und verließ eilig das Zimmer.  

»Ich hätte es wissen müssen. Eigentlich hätte ich es wissen müssen«, warf er sich selbst vor, während er das Wartezimmer verließ. Wäre er doch gar nicht erst dort hingegangen. Und als ihm bewusstwurde, dass schon wieder etwas aus seinem Traum wahr geworden war, schien ihm förmlich der Boden unter den Füßen weggezogen zu werden. So sehr er auch erleichtert darüber war, dass Hannah Neelsen noch lebte, so sehr begannen ihn diese Ähnlichkeiten zunehmend zu zermürben. Jetzt stand er vor Boysens Zimmertür und hörte diesen drinnen reden. Er klopfte zaghaft an, trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten und sah, dass er Mandantschaft hatte. Vor seinem Schreibtisch saß eine junge Frau. Wortlos, seinem Kollegen kurz zunickend, griff er nach einem dicken roten Buch, das hinter Boysens Rücken im Regal stand, verließ ebenso lautlos das Zimmer und verschwand damit hinter seiner Tür. Dort entnahm er der Attrappe eine halbvolle Cognacflasche und setzte sie - noch immer zitternd - an die Lippen. Doch er hatte noch keinen richtigen Schluck zu sich genommen, als plötzlich Frau Genest wie aus dem Boden gewachsen vor seinem Schreibtisch stand. »Herr Schweiger!« rief sie vorwurfsvoll und ließ ihn ertappt zusammenzucken. »Es ist ja nur ganz ausnahmsweise«, versuchte er sie zu beruhigen und ließ die sündige Flasche sinken. »Was wollte die Dame denn nun?« fragte sie. »Ach die! – Ein bisschen verrückt, wenn Sie mich fragen. Ich habe sie rausgeschmissen«, heuchelte er Abgeklärtheit und schraubte die Flasche zu, doch seine Knie waren nach wie vor butterweich und sein Herz raste. »Sie wissen genau, dass Sie jetzt schwindeln«, sagte Frau Genest ergriffen. Und noch bevor er sie fragen...

Erscheint lt. Verlag 28.10.2024
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte 80er Jahre • Berlin • Doppelleben • Gerichtsdrama • Justiz • Krimi • Thriller
ISBN-10 3-8187-0549-6 / 3818705496
ISBN-13 978-3-8187-0549-7 / 9783818705497
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