Der zerbrochene Krug (Klassiker der Weltliteratur) -  Heinrich Von Kleist

Der zerbrochene Krug (Klassiker der Weltliteratur) (eBook)

Mit biografischen Aufzeichnungen von Stefan Zweig und Rudolf Genée
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
120 Seiten
Good Press (Verlag)
978-65--4781235-1 (ISBN)
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In Heinrich von Kleists Meisterwerk 'Der zerbrochene Krug' wird die Geschichte einer Gerichtsverhandlung im ländlichen Milieu des 17. Jahrhunderts erzählt. Der dramatische Krimi entfaltet sich vor dem Leser als geniales Spiel von Lüge und Wahrheit, Schuld und Unschuld. Kleists literarischer Stil ist geprägt von seiner präzisen Sprache und seinen detailliert ausgearbeiteten Charakteren. Das Stück ist auch bekannt für seine humorvollen Elemente, die geschickt in die ernsthafte Handlung eingebettet sind. Kleist schafft es, die psychologischen Motive seiner Figuren auf geniale Weise darzustellen und den Leser damit in den Bann zu ziehen. Als einer der bedeutendsten Dramatiker der deutschen Literaturgeschichte hat Kleist mit 'Der zerbrochene Krug' einen zeitlosen Klassiker geschaffen, der auch heute noch fasziniert. Die subtile Komplexität der Handlung und die Vielschichtigkeit der Charaktere machen dieses Werk zu einem Muss für jeden Literaturliebhaber, der sich mit den Werken der Weltliteratur auseinandersetzen möchte.

Siebenter Auftritt

Adam im Ornat, doch ohne Perücke, tritt auf. Die Vorigen.

ADAM FÜR SICH:
Ei, Evchen. Sieh! Und der vierschröt'ge Schlingel,
Der Ruprecht! Ei, was Teufel, sieh! die ganze Sippschaft!
—Die werden mich doch nicht bei mir verklagen?

EVE:
O liebste Mutter, folgt mir, ich beschwör Euch,
Laßt diesem Unglückszimmer uns entfliehen!

ADAM:
Gevatter! sagt mir doch, was bringen die?

LICHT:
Was weiß ich? Lärm um nichts; Lappalien.
Es ist ein Krug zerbrochen worden, hör ich.

ADAM:
Ein Krug! So! Ei!—Ei, wer zerbrach den Krug?

LICHT:
Wer ihn zerbrochen?

ADAM:
Ja, Gevatterchen.

LICHT:
Mein Seel, setzt Euch: so werdet Ihrs erfahren.

ADAM HEIMLICH:
Evchen!

EVE GLEICHFALLS:
Geh Er.

ADAM:
Ein Wort.

EVE:
Ich will nichts wissen.

ADAM:
Was bringt ihr mir?

EVE:
Ich sag Ihm, Er soll gehn.

ADAM:
Evchen! Ich bitte dich! Was soll mir das bedeuten?

EVE:
Wenn Er nicht gleich—! Ich sags Ihm, laß Er mich.

ADAM ZU LICHT:
Gevatter, hört, mein Seel, ich halts nicht aus.
Die Wund am Schienbein macht mir Übelkeiten;
Führt Ihr die Sach, ich will zu Bette gehn.

LICHT:
Zu Bett—? Ihr wollt—? Ich glaub, Ihr seid verrückt.

ADAM:
Der Henker hols. Ich muß mich übergeben.

LICHT:
Ich glaub, Ihr rast, im Ernst. Soeben kommt Ihr—?
—Meinethalben. Sagts dem Herrn Gerichtsrat dort.
Vielleicht erlaubt ers.—Ich weiß nicht, was Euch fehlt.

ADAM WIEDER ZU EVEN:
Evchen! Ich flehe dich! Um alle Wunden!
Was ists, das ihr mir bringt?

EVE:
Er wirds schon hören.

ADAM:
Ists nur der Krug dort, den die Mutter hält,
Den ich, soviel—?

EVE:
Ja, der zerbrochne Krug nur.

ADAM:
Und weiter nichts?

EVE:
Nichts weiter.

ADAM:
Nichts? Gewiß nichts?

EVE:
Ich sag Ihm, geh Er. Laß Er mich zufrieden.

ADAM:
Hör du, bei Gott, sei klug, ich rat es dir.

EVE:
Er Unverschämter!

ADAM:
In dem Attest steht
Der Name jetzt, Frakturschrift, Ruprecht Tümpel.
Hier trag ichs fix und fertig in der Tasche;
Hörst du es knackern, Evchen? Sieh, das kannst du,
Auf meine Ehr, heut übers Jahr dir holen,
Dir Trauerschürz und Mieder zuzuschneiden,
Wenns heißt: der Ruprecht in Batavia
Krepiert'—ich weiß an welchem Fieber nicht,
Wars gelb, wars scharlach, oder war es faul.

WALTER:
Sprecht nicht mit den Parteien, Herr Richter Adam,
Vor der Session! Hier setzt Euch, und befragt sie.

ADAM:
Was sagt er?—Was befehlen Ew. Gnaden?

WALTER:
Was ich befehl?—Ich sagte deutlich Euch,
Daß Ihr nicht heimlich vor der Sitzung sollt
Mit den Parteien zweideut'ge Sprache führen.
Hier ist der Platz, der Eurem Amt gebührt,
Und öffentlich Verhör, was ich erwarte.

ADAM FÜR SICH:
Verflucht! Ich kann mich nicht dazu entschließen—!
Es klirrte etwas, da ich Abschied nahm—

LICHT IHN AUFSCHRECKEND:
Herr Richter! Seid Ihr—!

ADAM:
Ich? Auf Ehre nicht!
Ich hatte sie behutsam drauf gehängt,
Und müßt ein Ochs gewesen sein—

LICHT:
Was?

ADAM:
Was?

LICHT:
Ich fragte—!

ADAM:
Ihr fragtet, ob ich—?

LICHT:
Ob Ihr taub seid, fragt ich.
Dort Sr. Gnaden haben Euch gerufen.

ADAM:
Ich glaubte—! Wer ruft?

LICHT:
Der Herr Gerichtsrat dort.

ADAM FÜR SICH:
Ei! Hols der Henker auch! Zwei Fälle gibts,
Mein Seel, nicht mehr, und wenns nicht biegt, so brichts.
—Gleich! Gleich! Gleich! Was befehlen Ew. Gnaden?
Soll jetzt die Prozedur beginnen?

WALTER:
Ihr seid ja sonderbar zerstreut. Was fehlt Euch?

ADAM:
—Auf Ehr! Verzeiht. Es hat ein Perlhuhn mir,
Das ich von einem Indienfahrer kaufte,
Den Pips: ich soll es nudeln, und verstehs nicht,
Und fragte dort die Jungfer bloß um Rat.
Ich bin ein Narr in solchen Dingen, seht,
Und meine Hühner nenn ich meine Kinder.

WALTER:
Hier. Setzt Euch. Ruft den Kläger und vernehmt ihn.
Und Ihr, Herr Schreiber, führt das Protokoll.

ADAM:
Befehlen Ew. Gnaden den Prozeß
Nach den Formalitäten, oder so,
Wie er in Huisum üblich ist, zu halten?

WALTER:
Nach den gesetzlichen Formalitäten,
Wie er in Huisum üblich ist, nicht anders.

ADAM:
Gut, gut. Ich werd Euch zu bedienen wissen.
Seid Ihr bereit, Herr Schreiber?

LICHT:
Zu Euren Diensten.

ADAM:
—So nimm, Gerechtigkeit, denn deinen Lauf!
Kläger trete vor.

FRAU MARTHE:
Hier, Herr Dorfrichter!

ADAM:
Wer seid Ihr?

FRAU MARTHE:
Wer—?

ADAM:
Ihr.

FRAU MARTHE:
Wer ich—?

ADAM:
Wer Ihr seid!
Wes Namens, Standes, Wohnorts, und so weiter.

FRAU MARTHE:
Ich glaub, Er spaßt, Herr Richter.

ADAM:
Spaßen, was!
Ich sitz im Namen der Justiz, Frau Marthe,
Und die Justiz muß wissen, wer Ihr seid.

LICHT HALBLAUT:
Laßt doch die sonderbare Frag—

FRAU MARTHE:
Ihr guckt
Mir alle Sonntag in die Fenster ja,
Wenn Ihr aufs Vorwerk geht!

WALTER:
Kennt Ihr die Frau?

ADAM:
Sie wohnt hier um die Ecke, Ew. Gnaden,
Wenn man den Fußsteig durch die Hecken geht;
Witw' eines Kastellans, Hebamme jetzt,
Sonst eine ehrliche Frau, von gutem Rufe.

WALTER:
Wenn Ihr so unterrichtet seid, Herr Richter,
So sind dergleichen Fragen überflüssig.
Setzt ihren Namen in das Protokoll,
Und schreibt dabei: dem Amte wohlbekannt.

ADAM:
Auch das. Ihr seid nicht für Formalitäten.
Tut so, wie Sr. Gnaden anbefohlen.

WALTER:
Fragt nach dem Gegenstand der Klage jetzt.

ADAM:
Jetzt soll ich—?

WALTER:
Ja, den Gegenstand ermitteln!

ADAM:
Das ist gleichfalls ein Krug, verzeiht.

WALTER:
Wie? Gleichfalls!

ADAM:
Ein Krug. Ein bloßer Krug. Setzt einen Krug,
Und schreibt dabei: dem Amte wohlbekannt.

LICHT:
Auf meine hingeworfene Vermutung
Wollt Ihr, Herr Richter—?

ADAM:
Mein Seel, wenn ichs Euch sage,
So schreibt Ihrs hin. Ists nicht ein Krug, Frau Marthe?

FRAU MARTHE:
Ja, hier der Krug—

ADAM:
Da habt Ihrs.

FRAU MARTHE:
Der zerbrochne—

ADAM:
Pedantische Bedenklichkeit.

LICHT:
Ich bitt Euch—

ADAM:
Und wer zerbrach den Krug? Gewiß der Schlingel—?

FRAU MARTHE:
Ja, er, der Schlingel dort—

ADAM FÜR SICH:
Mehr brauch ich nicht.

RUPRECHT:
Das ist nicht wahr, Herr Richter.

ADAM FÜR SICH:
Auf, aufgelebt, du alter Adam!

RUPRECHT:
Das lügt sie in den Hals hinein—

ADAM:
Schweig, Maulaffe!
Du steckst den Hals noch früh genug ins Eisen.
—Setzt einen Krug, Herr Schreiber, wie gesagt,
Zusamt dem Namen des, der ihn zerschlagen.
Jetzt wird die Sache gleich ermittelt sein.

WALTER:
Herr Richter! Ei! Welch ein gewaltsames Verfahren.

ADAM:
Wieso?

LICHT:
Wollt Ihr nicht förmlich

ADAM:
Nein! sag ich;
Ihr Gnaden lieben Förmlichkeiten nicht.

WALTER:
Wenn Ihr die Instruktion, Herr Richter Adam,
Nicht des Prozesses einzuleiten wißt,
Ist hier der Ort jetzt nicht, es Euch zu lehren.
Wenn Ihr Recht anders nicht, als so, könnt geben,
So tretet ab: vielleicht kanns Euer Schreiber.

ADAM:
Erlaubt! Ich gabs, wie's hier in Huisum üblich;
Ew. Gnaden habens also mir befohlen.

WALTER:
Ich hätt—?

ADAM:
Auf meine Ehre!

WALTER:
Ich befahl Euch,
Recht hier nach den Gesetzen zu erteilen;
Und hier in Huisum glaubt ich die Gesetze
Wie anderswo in den vereinten Staaten.

ADAM:
Da muß submiß ich um Verzeihung bitten!
Wir haben hier, mit Euerer Erlaubnis,
Statuten, eigentümliche, in Huisum,
Nicht aufgeschriebene, muß ich gestehn, doch durch
Bewährte Tradition uns überliefert.
Von dieser Form, getrau ich mir zu hoffen,
Bin ich noch heut kein Jota abgewichen.
Doch auch in Eurer andern Form bin ich,
Wie sie im Reich mag üblich sein, zu Hause.
Verlangt Ihr den Beweis? Wohlan, befehlt!
Ich kann Recht so jetzt, jetzo so erteilen.

WALTER:
Ihr gebt mir schlechte Meinungen, Herr Richter.
Es sei. Ihr fangt von vorn die Sache an.—

ADAM:
Auf Ehr! Gebt acht, Ihr sollt zufrieden sein.
—Frau Marthe Rull! Bringt Eure Klage vor.

FRAU MARTHE:
Ich klag, Ihr wißts, hier wegen dieses Krugs;
Jedoch vergönnt, daß ich, bevor ich melde,
Was diesem Krug geschehen, auch beschreibe,
Was er vorher mir war.

ADAM:
Das Reden ist an Euch.

FRAU...

Erscheint lt. Verlag 16.1.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 65--4781235-9 / 6547812359
ISBN-13 978-65--4781235-1 / 9786547812351
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