Stein unter Steinen: Schauspiel in vier Akten -  Hermann Sudermann

Stein unter Steinen: Schauspiel in vier Akten (eBook)

Der Bildhauer, die Statue und die Veränderung der Welt: Ein fesselndes Drama von Hermann Sudermann
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2022 | 1. Auflage
66 Seiten
Good Press (Verlag)
978-4-06-643405-4 (ISBN)
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In Hermann Sudermanns Schauspiel 'Stein unter Steinen' wird die Geschichte des jungen Bildhauers Lorenz erzählt, der in einem kleinen Dorf seinen Traum verwirklichen möchte, eine Statue zu schaffen, die die Welt verändern wird. Der literarische Stil zeigt eine Mischung aus Naturalismus und Symbolismus, wobei Sudermann geschickt soziale und existenzielle Themen in die Handlung einwebt. Das Stück reflektiert auch die politische und künstlerische Atmosphäre seiner Zeit im ausgehenden 19. Jahrhundert. Hermann Sudermann, als einer der führenden deutschen Dramatiker seiner Generation, schafft es, komplexe Charaktere und emotionale Konflikte gekonnt darzustellen. Seine Werke sind bekannt für ihre Tiefe und ihre innovativen Ansätze. 'Stein unter Steinen' ist ein eindrucksvolles Beispiel für Sudermanns meisterhafte Inszenierung und sein Talent, tiefsinnige Dramen zu kreieren. Die Leser werden von der fesselnden Handlung, den starken Charakteren und den vielschichtigen Themen dieses Schauspiels begeistert sein. Dieses Buch ist ein Muss für Liebhaber des deutschen Dramas und der Weltliteratur im Allgemeinen und wird mit Sicherheit einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Zarncke (voll wärmerer Anteilnahme)

Hm. (Es klopft) Herein.

Neunte Szene


Die Vorigen. Lore (mit einem Teller, worauf Butterbrot)

Lore

Verzeihung, Herr Zarncke, Fräulein Mariechen hat befohlen.

Zarncke

Essen Sie.

Biegler

(gierig nach dem Teller sehend)

Danke! Ich hab' — keinen — Hunger.

Lore (leise, mitleidig)

Essen Sie nur.

Biegler

(blickt sich scheu um, will ein Butterbrot nehmen, sieht Zarncke fragend an)

Zarncke

Ja, ja, Sie dürfen.

Biegler

(dreht sich der Wand zu und schlingt das Butterbrot herunter)

Zarncke

Du, Lore, hol mal das Wasserglas.

Lore

(holt das Wasserglas vom Nähtisch)

Zarncke (Rotwein eingießend)

Bring ihm das. — Übrigens: wie trägt's denn der Vater?

Lore

Gott, Herr Zarncke, er schimpft ... Ja, was ich fragen wollte: darf er den Dienst noch tun, bis ein Nachfolger da ist?

Zarncke

(mit einem Blick nach Biegler hin)

Nachfolger hab' ich schon.

Lore (dem Blick folgend)

Ach so.

Zarncke

Gefällt er dir?

Lore

Ach, is 'n armer Mensch!

Zarncke

Sag's nicht, wie du ihn hier gefunden hast.

Lore

Nein, nein. (Stellt das Glas neben Biegler, ab)

Zehnte Szene


Biegler. Zarncke

Biegler

(würgt eiligst den letzten Bissen hinunter und stellt sich in Positur)

Zarncke

Sie dürfen auch 'n Schluck von dem Wein trinken.

Biegler

Ja. (Äugt zweifelnd nach dem Glase)

Zarncke

Haben Sie keinen Durst?

Biegler

Erst geben Sie mir — Wein zu trinken, und dann nehmen Sie mich doch nich. Hä.

Zarncke

Erst trinken Sie mal.

Biegler

(dreht sich der Wand zu und trinkt zögernd, verstohlen)

Zarncke

Auf den Steinmetzplatz wollen Sie. Aber gewissermaßen im verborgenen. So daß keiner was erfährt, daß Sie keinem Rede zu stehen brauchen — hä?

Biegler

So was Schönes gibt's ja nich.

Zarncke

Vielleicht doch. Wollen Sie Wächter werden bei mir auf'm Platz?

Biegler

(in staunendem Nicht-glauben-wollen)

Herr Zarncke!

Zarncke

Na?

Biegler

Das is doch 'n Vertrauensposten.

Zarncke

Ja, das is es.

Biegler

Da müssen manche sogar Kaution stellen.

Zarncke (bejahend)

Hm ... Und wenn Sie Mittags ausgeschlafen haben, können Sie unter den Arbeitern mithelfen ... da fragt Sie keiner ... Na?

Biegler

Wird ja nicht lange dauern —

Zarncke

Das wird ganz von Ihnen abhängen.

Biegler

Dann kommen die Schutzleute — und recherchieren ... Und dann is aus.

Zarncke

Sie wissen doch, daß solange der Verein die Fürsorge für Sie übernimmt, die Polizei sich mit Ihnen nichts zu schaffen macht.

Biegler (fatalistisch)

Die Schutzleute — kommen doch.

Zarncke

Zu mir nicht ...

Biegler

Die Schutzleute kommen doch.

Zarncke

So hören Sie doch. Hierher kommt kein Schutzmann recherchieren. Das hab' ich mir ein für allemal verbeten. Und daß die Herren vom Verein, wenn die kommen, Sie nicht verraten werden, das können Sie sich doch denken. ... Na?

Biegler

Das wär' ja ein solches Glück, wie man sich gar nich — (Es klopft)

Zarncke

(geht zur Tür und öffnet sie)

Elfte Szene


Die Vorigen. Jenisch

Zarncke (ihm den Eintritt versperrend)

Was gibt's?

Jenisch (vom Hausflur her)

Verzeihung, Herr Zarncke — die Polizei is da — wegen —

Biegler

(zuckt heftig in die Höhe und macht eine unwillkürliche Bewegung, als wolle er sich verstecken)

Zarncke

Is gut. Soll 'n Augenblick warten. Komme gleich. (Schlägt die Türe zu)

Zwölfte Szene


Biegler. Zarncke

Zarncke

Na ruhig, ruhig, ruhig!

Biegler (sich wild umschauend)

Die Schutzleute kommen überall — die —

Zarncke

Unsinn! Diese Nacht is eingebrochen worden bei mir. Deshalb kommen sie. Und eben deshalb sollen Sie auch Nachtwächter werden. Verstanden?

Biegler (würgend)

Herr Zarncke — ich muß — ich — dank' Ihnen auch schön fürs Glas Wein ... ich ... kann nich in Dienst ... ich muß — wieder weg.

Zarncke (schüttelt den Kopf)

Ja, zwingen kann ich Sie nich ... (Nach einem Schweigen) Haben Sie denn andere Arbeit in Aussicht?

Biegler (verneint)

Zarncke

Wer nicht Arbeit hat von euch, wird abgeschoben von der Polizei ... Unbarmherzig ... Wissen Sie das?

Biegler (bejaht)

Zarncke

Na und dann?

Biegler (zuckt die Achseln)

Zarncke

Schließlich zieht der Verein auch noch seine Hand von Ihnen — und was dann?

Biegler (zuckt die Achseln)

Zarncke

(plötzlich seinen Ton ändernd)

Nu komm mal her, min Sähn. Komm, komm, komm, komm. (Zieht ihn nach vorne) Bienchen hast du doch keine?

Biegler (schüttelt den Kopf)

Zarncke

Na dann setz dir mal. (Zieht ihn in einen Stuhl) Du bist nu man büschen verbiestert, min Sähn ... Wat dir da im Kopp spukt, das will ich gar nich wissen ... Is auch ganz egal. Nu laß man schon büschen sorgen für dich. (Strenge) Und jetzt geschieht folgendes: Du kriegst mal zuerst 'n Anzug von mir ...

Biegler

(an sich niedersehend, freudig)

Ja, ja, ja, ja.

Zarncke

Du, du hast ja gar nich mal 'n Hemde an!

Biegler (eifrig, voll Ehrgefühl)

Jawohl — hab' ich. (Reißt, um das Hemde zu zeigen, die Strickweste auf) Da! (Beschämt) Bloß — Kragen hab' ich nich.

Zarncke

Also das kriegste alles auch. Und 'n warmen Mantel. Denn Nachts is noch kalt ... Und dann kriegst du 'ne Pfeife und 'ne Schnarre. Und die Kontrolluhren, die bis zum Abend ankommen, die erklär' ich dir. Wohnen tust du drüben im Sägewerk. Und essen tust du in der Kantine bei der Lore, die dir das Butterbrot gebracht hat. Verstehste?

Biegler (wie vorhin)

Ja, ja, ja, ja.

Zarncke

Und nun kümmerst du dich um Dodt und Deiwel nich mehr. Und so wollen wir langsam wieder 'n Menschen aus dir machen. Hä?

Biegler (nickt willenlos)

Zarncke

Na also.

(Der Vorhang fällt)

Zweiter Akt


Der Werkplatz. Links das Wohnhaus mit vorspringender Veranda und einem Balkon darüber, zu dem aus dem oberen Stockwerk eine Glastür führt. Zu ebener Erde ein Fenster. Rechts die Kantine mit einer Tür in der Seitenwand und einem nach der Rampe zu gerichteten Fenster, vor dem eine Bank steht. Hinter der Kantine, ein wenig vorspringend, das Magazin, mit einer Tür und einer daneben angebrachten Glocke. — Im Hintergrunde rechtwinklig zum Magazin ein offener, von Holzpfeilern getragener Schuppen, der sich mit seiner Hinterwand an die senkrechte Erhöhung lehnt, welche den hinteren Teil des Werkplatzes bildet und zu der in der Mitte des Hintergrundes eine schmale Treppe emporführt. Links von der Treppe mehrere hochaufgestapelte Steinblöcke, welche die Höhe des hinteren Teiles übersteigen. Über einem der Stapel ein Kran. Eine schmale Feldbahn zum Transport der Blöcke führt an den Stapeln, der Treppe und dem Schuppen vorüber quer über die Bühne. Blöcke liegen überall verstreut. An den Wänden des Schuppens und der Häuser stehen und hängen, wo nur ein Platz sich findet, Gipsmodelle: Figuren, Reliefs, Ornamentstücke. Die Veranda ist mit Schlingpflanzen bewachsen, ein Baum neigt sich über ihr Dach. Das Kantinenfenster schmücken Blumentöpfe. Den Prospekt bildet eine großstädtische Häuserreihe, die jenseits der am Werkplatz entlangführenden Straße gedacht ist. Ein Kirchturm ragt aus der Ferne herüber

Erste Szene


(Beim Aufgehen des Vorhangs zeigt der Platz ein überaus reiches Arbeitsleben. Vor den Blöcken arbeiten Steinmetzen oder Bildhauer, die ersteren mit blauer Schürze, die letzteren mit langem, weißgrauem Kittel und Papier- oder sog. Raffaelmütze bekleidet. Der Kran ist im Gange. Niedrige Wagen transportieren Blöcke vorüber. Hilfeleistende Arbeiter in beliebigem Werktagsanzug. Mittagsstimmung)

Vorne rechts Göttlingk in Steinmetzentracht vor einem Blocke — ein Gipsmodell daneben. Der Polier Willig an einem anderen Blocke, messend. Unter den Arbeitern, die sich hinten zu schaffen machen, Lohmann, Sprengel,...

Erscheint lt. Verlag 25.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 4-06-643405-3 / 4066434053
ISBN-13 978-4-06-643405-4 / 9784066434054
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