Maria Stuart. Ein Trauerspiel. Studienausgabe (eBook)

Schiller, Friedrich - Klassiker der deutschen Literatur; - 14574

(Autor)

Nikolas Immer (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
328 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-962307-8 (ISBN)

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Maria Stuart. Ein Trauerspiel. Studienausgabe -  Friedrich Schiller
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In Schillers Drama stehen sich zwei rivalisierende Königinnen gegenüber, die leidenschaftliche Maria Stuart von Schottland und die unnahbare Elisabeth von England. Ihr politischer und persönlicher Machtkampf mündet schließlich in eine tödliche Entscheidung. Der Text folgt der Erstausgabe von 1801. Der Anhang bietet Auszüge aus frühen Theatermanuskripten, aus der ersten englischen Übersetzung sowie aus zeitgenössischen Rezensionen. Detaillierte Kommentare und ein Nachwort informieren über den historischen Hintergrund und die Rezeption des Stücks. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden. 

Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10.11.1759 Marbach a. N. - 9.5.1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.

Friedrich Schiller (1759–1805) prägte als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker die Weimarer Epoche. Schillers Stücke gehören noch heute zu den meistgespielten deutschen Dramen, seine Gedichte und Balladen zählen zum Kanon der deutschen Literatur. Herausgeber: Nikolas Immer, geb. 1978, unterrichtet Neuere deutsche Literatur an der Universität Leipzig. Die Literatur und Kultur der Goethezeit gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten.

| 62 | Zweiter Aufzug.


Der Pallast zu Westminster.

Erster Auftritt.


DER GRAF VON KENT und SIR WILLIAM DAVISON (begegnen einander).

DAVISON.

Seid ihr’s, Milord von Kent? Schon vom Turnierplatz

Zurück, und ist die Festlichkeit zu Ende?

KENT.

Wie? Wohntet ihr dem Ritterspiel nicht bei?

DAVISON.

Mich hielt mein Amt.1080

KENT.

    Ihr habt das schönste Schauspiel

Verloren, Sir, das der Geschmack ersonnen,

Und edler Anstand ausgeführt – denn wißt!

Es wurde vorgestellt die keusche Vestung

Der Schönheit, wie sie vom Verlangen

Berennt wird – Der Lord Marschall, Oberrichter,1085

| 63 | Der Seneschal nebst zehen andern Rittern

Der Königin vertheidigten die Vestung,

Und Frankreichs Kavaliere griffen an.

Voraus erschien ein Herold, der das Schloß

Aufforderte in einem Madrigale,1090

Und von dem Wall antwortete der Kanzler.

Drauf spielte das Geschütz, und Blumensträuße,

Wohlriechend köstliche Essenzen wurden

Aus niedlichen Feldstücken abgefeuert.

Umsonst! die Stürme wurden abgeschlagen,1095

Und das Verlangen mußte sich zurückziehn.

DAVISON.

Ein Zeichen böser Vorbedeutung, Graf,

Für die Französische Brautwerbung.

KENT.

Nun, nun, das war ein Scherz – Im Ernste denk’ ich,

Wird sich die Vestung endlich doch ergeben.1100

DAVISON.

Glaubt ihr? Ich glaub’ es nimmermehr.

KENT.

Die schwierigsten Artikel sind bereits

Berichtigt und von Frankreich zugestanden.

Monsieur begnügt sich, in verschlossener

Kapelle seinen Gottesdienst zu halten,1105

Und öffentlich die Reichsreligion

| 64 | Zu ehren und zu schützen – Hättet ihr den Jubel

Des Volks gesehn, als diese Zeitung sich verbreitet!

Denn dieses war des Landes ew’ge Furcht,

Sie möchte sterben ohne Leibeserben,1110

Und England wieder Pabstes Fesseln tragen,

Wenn ihr die Stuart auf dem Throne folgte.

DAVISON.

Der Furcht kann es entledigt seyn – Sie geht

Ins Brautgemach, die Stuart geht zum Tode.

KENT.

Die Königin kommt!1115

Zweiter Auftritt.


DIE VORIGEN. ELISABETH, von LEICESTER geführt. GRAF AUBESPINE, BELLIEVRE, GRAF SCHREWSBURY, LORD BURLEIGH mit noch andern Französischen und Englischen Herren treten auf.

ELISABETH

(zu Aubespine).

Graf! Ich beklage diese edeln Herrn,

Die ihr galanter Eifer über Meer

Hieher geführt, daß sie die Herrlichkeit

Des Hofs von S. Germain bei mir vermissen.

Ich kann so prächt’ge Götterfeste nicht1120

Erfinden, als die königliche Mutter

Von Frankreich – Ein gesittet fröhlich Volk,

| 65 | Das sich, so oft ich öffentlich mich zeige,

Mit Segnungen um meine Sänfte drängt,

Dieß ist das Schauspiel, das ich fremden Augen1125

Mit ein’gem Stolze zeigen kann. Der Glanz

Der Edelfräulein, die im Schönheitsgarten

Der Katharina blühn, verbärge nur

Mich selber und mein schimmerlos Verdienst.

AUBESPINE.

Nur Eine Dame zeigt Westminsterhof1130

Dem überraschten Fremden – aber alles,

Was an dem reizenden Geschlecht entzückt,

Stellt sich versammelt dar in dieser einen.

BELLIEVRE.

Erhabne Majestät von Engelland,

Vergönne, daß wir unsern Urlaub nehmen,1135

Und Monsieur, unsern königlichen Herrn,

Mit der ersehnten Freudenpost beglücken.

Ihn hat des Herzens heiße Ungeduld

Nicht in Paris gelassen, er erwartet

Zu Amiens die Boten seines Glücks,1140

Und bis nach Kalais reichen seine Posten,

Das Jawort, das dein königlicher Mund

Aussprechen wird, mit Flügelschnelligkeit

Zu seinem trunknen Ohre hinzutragen.

| 66 | ELISABETH.

Graf Bellievre, dringt nicht weiter in mich.1145

Nicht Zeit ist’s jetzt, ich wiederhohl es euch,

Die freud’ge Hochzeitfackel anzuzünden.

Schwarz hängt der Himmel über diesem Land,

Und besser ziemte mir der Trauerflor,

Als das Gepränge bräutlicher Gewänder.1150

Denn nahe droht ein jammervoller Schlag

Mein Herz zu treffen und mein eignes Haus.

BELLIEVRE.

Nur dein Versprechen gieb uns, Königin,

In frohern Tagen folge die Erfüllung.

ELISABETH.

Die Könige sind nur Sklaven ihres Standes,1155

Dem eignen Herzen dürfen sie nicht folgen.

Mein Wunsch war’s immer, unvermählt zu sterben,

Und meinen Ruhm hätt’ ich darein gesetzt,

Daß man dereinst auf meinem Grabstein läse:

Hier ruht die jungfräuliche Königin.1160

Doch meine Unterthanen wollens nicht,

Sie denken jetzt schon fleißig an die Zeit,

Wo ich dahin sein werde – Nicht genug,

Daß jetzt der Segen dieses Land beglückt,

Auch ihrem künftgen Wohl soll ich mich opfern,1165

Auch meine jungfräuliche Freiheit soll ich,

| 67 | Mein höchstes Gut, hingeben für mein Volk,

Und der Gebieter wird mir aufgedrungen.

Es zeigt mir dadurch an, daß ich ihm nur

Ein Weib bin, und ich meinte doch, regiert1170

Zu haben, wie ein Mann, und wie ein König.

Wohl weiß ich, daß man Gott nicht dient, wenn man

Die Ordnung der Natur verläßt, und Lob

Verdienen sie, die vor mir hier gewaltet,

Daß sie die Klöster aufgethan, und tausend1175

Schlachtopfer einer falschverstandnen Andacht

Den Pflichten der Natur zurückgegeben.

Doch eine Königin, die ihre Tage

Nicht ungenützt in müßiger Beschauung

Verbringt, die unverdrossen, unermüdet,1180

Die schwerste aller Pflichten übt, die sollte

Von dem Naturzweck ausgenommen seyn,

Der Eine Hälfte des Geschlechts der Menschen

Der andern unterwürfig macht –

AUBESPINE.

Jedwede Tugend, Königin, hast du1185

Auf deinem Thron verherrlicht, nichts ist übrig,

Als dem Geschlechte, dessen Ruhm du bist,

Auch noch in seinen eigensten Verdiensten

Als Muster vorzuleuchten. Freilich lebt

Kein Mann auf Erden, der es würdig ist,1190

Daß du die Freiheit ihm zum Opfer brächtest.

| 68 | Doch wenn Geburt, wenn Hoheit, Heldentugend

Und Männerschönheit einen Sterblichen

Der Ehre würdig machen, so –

ELISABETH.

    Kein Zweifel,

Herr Abgesandter, daß ein Ehebündniß1195

Mit einem königlichen Sohne Frankreichs

Mich ehrt! Ja, ich gesteh es unverhohlen,

Wenn es seyn muß – wenn ichs nicht ändern kann,

Dem Dringen meines Volkes nachzugeben –

Und es wird stärker seyn als ich, befürcht’ ich –1200

So kenn’ ich in Europa keinen Fürsten,

Dem ich mein höchstes Kleinod, meine Freiheit,

Mit minderm Widerwillen opfern würde.

Laßt dieß Geständniß euch Genüge thun.

BELLIEVRE.

Es ist die schönste Hoffnung, doch es ist1205

Nur eine Hoffnung, und mein Herr wünscht mehr –

ELISABETH.

Was wünscht er?

(Sie zieht einen Ring vom Finger und betrachtet ihn nachdenkend)

 Hat die Königin doch nichts

Voraus vor dem gemeinen Bürgerweibe!

Das gleiche Zeichen weißt auf gleiche Pflicht,

| 69 | Auf gleiche Dienstbarkeit – Der Ring macht Ehen,

Und Ringe sind’s, die eine Kette machen.1211

– Bringt seiner Hoheit dieß Geschenk. Es ist

Noch keine Kette, bindet mich noch nicht,

Doch kann ein Reif draus werden, der mich bindet.

BELLIEVRE.

(kniet nieder, den Ring empfangend)

In seinem Namen, große Königin,1215

Empfang’ ich knieend dieß Geschenk, und drücke

Den Kuß der Huldigung auf meiner Fürstin Hand!

ELISABETH.

(zum Grafen Leicester, den sie während der letzten Rede unverwandt betrachtet hat)

Erlaubt, Milord!

(Sie nimmt ihm das blaue Band ab, und hängt es dem Bellievre um.)

 Bekleidet Seine Hoheit

Mit diesem Schmuck, wie ich euch hier damit

Bekleide und in meines Ordens Pflichten...

Erscheint lt. Verlag 6.9.2024
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Zusatzinfo 6 farbige Abbildungen
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Deutsch • Deutsche Literatur • deutsch-lektüre • Deutsch-Unterricht • Drama • Elisabeth I. • Englische Übersetzung • Erstausgabe • Erstdruck • Friedrich Schiller Studienausgabe mit Kommentar • gelb • gelbe bücher • Klassenlektüre • Klassik • klassisches Drama • Königin von England • Königin von Schottland • Lektüre • Literaturepoche Weimarer Klassik • Literatur Epoche Weimarer Klassik • Literatur Klassiker • Maria Stuart • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Schauspiel • Schullektüre • Theater • Theatermanuskripte • Theaterstück • Tragödie • Trauerspiel • Weimarer Klassik • Weltliteratur
ISBN-10 3-15-962307-6 / 3159623076
ISBN-13 978-3-15-962307-8 / 9783159623078
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