Henrik Ibsen: Die wichtigsten und berühmtesten Dramen in einem Buch -  Henrik Ibsen

Henrik Ibsen: Die wichtigsten und berühmtesten Dramen in einem Buch (eBook)

Psychologische Charakterstudien und soziale Kritik: Meisterwerke eines norwegischen Dramatikers

(Autor)

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2024 | 1. Auflage
865 Seiten
Good Press (Verlag)
978-65--4780669-5 (ISBN)
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Das Buch 'Henrik Ibsen: Die wichtigsten und berühmtesten Dramen in einem Buch' präsentiert eine Sammlung von Dramen eines der bedeutendsten Dramatiker des 19. Jahrhunderts, Henrik Ibsen. Ibsens Werke galten als wegweisend für das moderne Drama und er ist bekannt für seine tiefgründigen psychologischen Charakterstudien. Seine Stücke sind geprägt von einer starken sozialen Kritik und einem unverwechselbaren Stil. Die Zusammenstellung dieser Dramen ermöglicht es dem Leser, Ibsens Evolution als Schriftsteller und seine kritische Sicht auf die Gesellschaft zu verfolgen. Ibsens beeindruckende literarische Werke haben bis heute nichts von ihrer Relevanz und Kraft verloren. Henrik Ibsen selbst lebte von 1828 bis 1906 und war ein norwegischer Dramatiker, der als einer der einflussreichsten Autoren des 19. Jahrhunderts gilt. Sein Werk wurde wegen seiner subversiven Natur und seiner humanistischen Ideale oft kontrovers diskutiert. Ibsen setzte sich in seinen Dramen kritisch mit den gesellschaftlichen Konventionen seiner Zeit auseinander und schuf komplexe Charaktere, die bis heute faszinieren. Abschließend empfiehlt sich dieses Buch allen Lesern, die sich für klassische Dramen mit starken psychologischen Elementen und sozialer Relevanz interessieren. Die Sammlung bietet einen umfassenden Einblick in das Werk eines der wichtigsten Dramatiker der Literaturgeschichte und ist ein Muss für alle, die ihre literarische Bildung erweitern möchten.

Zweiter Akt


Wohnzimmer des Doktors.

Die Tür zum Speisezimmer ist zu. Vormittag.

Frau Stockmann kommt, einen versiegelten Brief in der Hand, aus dem Speisezimmer, geht rechts durch die vorderste Tür und guckt hinein. Bist Du da, Thomas?

Stockmann drinnen. Ja, ich bin eben gekommen. Tritt ein. Was ist?

Frau Stockmann. Ein Brief von Deinem Bruder. Reicht ihm den Brief.

Stockmann. Aha, laß sehen. Öffnet ihn und liest: »Das übersandte Manuskript folgt anbei zurück –« Liest murmelnd weiter. Hm –

Frau Stockmann. Was sagt er denn?

Stockmann steckt das Papier in die Tasche. Nichts, er schreibt nur, daß er gegen Mittag selber mit herankommen wird.

Frau Stockmann. Dann vergiß ja nicht, zu Hause zu bleiben.

Stockmann. Es paßt gut; denn mit meinen Morgenbesuchen bin ich fertig.

Frau Stockmann. Ich bin riesig neugierig, wie er die Sache aufnimmt.

Stockmann. Du sollst sehen, es wird ihm nicht recht sein, daß ich diese Entdeckung gemacht habe, und nicht er selbst.

Frau Stockmann. Das fürchtest Du also auch?

Stockmann. Na, im Grunde wird es ihn ja freuen, weißt Du. Trotzdem aber –; Peter hat eine Heidenangst, es könnten noch andere Leute etwas für das Wohl der Stadt tun.

Frau Stockmann. Weißt Du was, Thomas, Du solltest nett sein und die Ehre mit ihm teilen. Könnte es nicht heißen, er habe Dich auf die Spur gebracht –?

Stockmann. Na meinetwegen schon. Wenn ich die Sache nur ins Lot bringe, so –

Morten Kiil steckt den Kopf durch die Tür des Vorzimmers, sieht sich forschend um, lacht in sich hinein und fragt pfiffig: Ist's – ist's wahr?

Frau Stockmann ihm entgegen. Vater, – Du bist es?

Stockmann. Seh' einer an, Schwiegervater! Guten Morgen, guten Morgen!

Frau Stockmann. Aber so komm doch herein.

Kiil. Ja, bloß wenn es wahr ist, sonst gehe ich wieder.

Stockmann. Was soll denn wahr sein?

Kiil. Der Blödsinn mit dem Wasserwerk. Ist das wahr?

Stockmann. Ei natürlich. Aber wie haben Sie denn das erfahren ?

Kiil tritt ein. Petra war auf einen Sprung da, als sie zur Schule ging –

Stockmann. So, wirklich?

Kiil. Ja, haha, und da hat sie denn erzählt –. Ich dachte, sie wollte mich bloß zum Narren haben, obgleich das Petra auch wieder nicht ähnlich sieht.

Stockmann. Nein, wie konnten Sie nur so etwas denken!

Kiil. Ach, man soll keinem trauen; ehe man sich dessen versieht, ist man hinters Licht geführt. Es ist also doch wahr?

Stockmann. Ganz gewiß doch. Aber so setzen Sie sich doch, Schwiegervater. Nötigt ihn aufs Sofa. Und ist es nicht ein wahres Glück für die Stadt –?

Kiil kämpft mit dem Lachen. Glück für die Stadt?

Stockmann. Daß ich diese Entdeckung noch beizeiten gemacht habe –

Kiil wie vorher. Ja, ja, ja! – Aber nie und nimmer hätte ich geglaubt, daß Sie Ihren leiblichen Bruder hineinlegen würden.

Stockmann. Hineinlegen –!

Frau Stockmann. Aber lieber Vater –

Kiil stützt Hände und Kinn auf die Stockkrücke und zwinkert dem Doktor listig zu. Wie war das doch? Es sollten ja wohl Tiere in die Wasserröhren hineingekommen sein?

Stockmann. Jawohl, Infusionstierchen.

Kiil. Und es sollten ja viele solche Tiere hineingekommen sein, sagt Petra. Eine ganz riesige Masse.

Stockmann. Freilich, es können wohl an die hundert-, hunderttausende sein.

Kiil. Aber kein Mensch kann sie sehen, – was?

Stockmann. Nein, sehen kann man sie nicht.

Kiil mit leisem, glucksendem Lachen. Hol' mich der Teufel, dies ist das Großartigste, was ich noch von Ihnen gehört habe.

Stockmann. Wie denn?

Kiil. Aber so etwas können Sie doch dem Stadtvogt im Leben nicht weiß machen.

Stockmann. Na, das werden wir schon sehen.

Kiil. Meinen Sie, er wäre so verrückt?

Stockmann. Ich hoffe, die ganze Stadt wird so verrückt sein.

Kiil. Die ganze Stadt! I, das kann schon sein. Aber das schadet den Leuten nicht; das ist ihnen ganz recht. Sie wollten ja immer so sehr viel klüger sein als wir Alten. Sie hundsfottierten mich aus dem Stadtrat heraus. Wie einen Hund haben sie mich herausvotiert, die Leute! Aber jetzt kriegen sie ihr Fett. Legen Sie sie nur ordentlich hinein, Stockmann.

Stockmann. Aber, Schwiegervater –

Kiil. Ordentlich hinein, sag' ich. Steht auf. Wenn Sie es dahin bringen, daß der Stadtvogt und seine Freunde in die Patsche zu sitzen kommen, dann gebe ich auf der Stelle hundert Kronen für die Armen.

Stockmann. Ei, das wäre nett von Ihnen.

Kiil. Ich habe das Geld auch nicht so dick, wissen Sie wohl, aber wenn Sie es dahin bringen, so kriegen die Armen von mir zu Weihnachten 'n halb hundert Kronen.

Hovstad durchs Vorzimmer.

Hovstadt. Guten Morgen! Bleibt stehen. Ach, Pardon –

Stockmann. Kommen Sie nur; kommen Sie.

Kiil gluckst wieder. Der! Ist der auch mit dabei?

Hovstadt. Was meinen Sie?

Stockmann. Gewiß ist er mit dabei.

Kiil. Hätt's mir auch denken können! Es muß ja in die Zeitungen. Ja, Sie sind mir schon der rechte, Stockmann. Na, überlegen Sie sich's nur; jetzt gehe ich.

Stockmann. Ach was, Schwiegervater, bleiben Sie noch ein bißchen.

Kiil. Nein, ich gehe jetzt. Und denken Sie nach, wie Sie sie am besten hineinlegen. Donnerwetter ja, Sie sollen es nicht umsonst getan haben. Ab; Frau Stockmann begleitet ihn hinaus.

Stockmann lacht. Denken Sie bloß, der Alte glaubt kein Wort von der Geschichte mit dem Wasserwerk.

Hovstadt. Ach, das war's –!

Stockmann. Ja, davon haben wir gesprochen. Und Sie kommen am Ende in derselben Sache?

Hovstadt. Allerdings. Haben Sie einen Augenblick Zeit, Herr Doktor?

Stockmann. So lange Sie wollen, mein Lieber.

Hovstadt. Haben Sie schon etwas vom Stadtvogt gehört?

Stockmann. Noch nichts. Er kommt später her.

Hovstadt. Ich habe seit gestern viel über die Sache nachgedacht.

Stockmann. Nun, und?

Hovstadt. Für Sie als Arzt und Mann der Wissenschaft steht dieser Fall mit dem Wasserwerk da als eine Sache für sich. Ich meine, es fällt Ihnen nicht auf, daß sie mit einer Menge anderer Dinge im Zusammenhang steht.

Stockmann. Ja, wie –? Setzen wir uns, mein Lieber. – Nein, da aufs Sofa.

Hovstad setzt sich aufs Sofa, der Doktor in einen Lehnstuhl auf der anderen Seite des Tisches.

Stockmann. Nun? Sie meinen also –?

Hovstadt. Sie haben gestern gesagt, das verdorbene Wasser käme von Unreinlichkeiten im Erdboden her.

Stockmann. Ja, ohne Zweifel kommt es aus dem verpesteten Sumpf da oben im Mühltal.

Hovstadt. Pardon, Herr Doktor, aber ich glaube, es kommt aus einem ganz anderen Sumpf.

Stockmann. Was sollte das für einer sein?

Hovstadt. Der Sumpf, in dem unser ganzes kommunales Leben steht und fault.

Stockmann. Aber, zum Henker, Herr Hovstad, was sind das für Reden?

Hovstadt. Alle städtischen Angelegenheiten sind nach und nach in die Hände einer Beamtengruppe gekommen –

Stockmann. Na, es sind doch nicht alle zusammen Beamte.

Hovstadt. Nein, – aber die, die nicht Beamte sind, die sind jedenfalls Freunde und Anhänger von den Beamten, es sind die reichen Leute, die alten angesehenen Namen der Stadt, die sind es, die unser Wohl und Wehe in der Hand haben.

Stockmann. Ja, aber diese Leute, die sind doch auch wirklich tüchtig und intelligent.

Hovstadt. Haben sie Tüchtigkeit und Intelligenz bewiesen, als sie die Wasserleitung da anlegten, wo sie jetzt liegt?

Stockmann. Nein, das war natürlich eine große Dummheit von ihnen. Aber die soll ja nun wieder gut gemacht werden.

Hovstadt. Glauben Sie, daß das so glatt gehen wird ?

Stockmann. Glatt oder nicht, – gehen wird es auf alle Fälle.

Hovstadt. Ja, wenn die Presse eingreifen darf.

Stockmann. Wird gar nicht nötig sein, mein Lieber. Ich bin überzeugt, daß mein Bruder –

Hovstadt. Pardon, Herr Doktor, aber ich will Ihnen nur sagen, ich beabsichtige, die Sache selber in die Hand zu nehmen.

Stockmann. In der Zeitung?

Hovstadt. Jawohl. Als ich den »Volksboten« übernahm, da war mein Gedanke, diesen Ring von alten, eigensinnigen Rechthabern zu sprengen, die über allen Einfluß geboten.

Stockmann. Aber Sie haben mir doch selbst erzählt, was das Ende davon war; Sie hatten das Blatt damit ja fast ruiniert.

Hovstadt. Ja, damals mußten wir den Degen einstecken – das ist wahr. Denn es war Gefahr, daß das Bad nicht zustande kommen würde, wenn jene Männer fielen. Aber jetzt steht es da, und nun sind die hohen Herren überflüssig.

Stockmann. Überflüssig, ja; aber wir schulden ihnen doch großen Dank.

Hovstadt. Der soll ihnen auch werden, wie es sich gebührt. Aber ein Zeitungsschreiber von meiner volkstümlichen Richtung kann eine Gelegenheit wie diese nicht vorübergehen lassen. Es muß gerüttelt werden an der Fabel von der Unfehlbarkeit der leitenden Männer. So etwas muß ausgerottet werden wie jeder andere Aberglaube.

...

Erscheint lt. Verlag 10.1.2024
Übersetzer Christian Morgenstern, Wilhelm Lange, Marie von Borch, Emma Klingenfeld
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 65--4780669-3 / 6547806693
ISBN-13 978-65--4780669-5 / 9786547806695
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