Das bemooste Haupt oder Der lange Israël (eBook)
50 Seiten
Good Press (Verlag)
978-65--4784508-3 (ISBN)
Präsidentin Roth, Witwe. |
Amalie, ihre Nichte. |
Marquis Dixième. |
Hauptmann Billstein. |
Alsdorff, | Studenten. |
Hempel, |
Volk, |
Mantius, |
Bärmann, |
Justi, |
Reuter, |
Finke, |
Strobel, Stiefelputzer. |
Hannchen Nebe, Nätherin. |
Bedienter der Präsidentin. |
Kellner. |
Studenten. |
Der Ort der Handlung ist in den ersten drei Aufzügen in einer Universitätsstadt, im letzten auf einem Dorfe.
Präsidentin. Sie werden unerträglich mit Ihrem ewigen Mahnen und Erinnern, Herr Marquis; suchen Sie selbst das Herz meiner Nichte zu gewinnen, das ist die rechte Art eines Liebhabers.
Marquis. Sie scheinen Ihre Nichte sehr wenig zu kennen, Frau Präsidentin, Sie würden sonst nicht so sprechen.
Präsidentin. Wie so?
Marquis. Es gibt nur zwei Fälle. Entweder liebt Ihre Nichte, aber sicher einen Andern, als mich – oder sie liebt nicht – dann will sie eben so wenig etwas von mir wissen. In beiden Fällen also kann ich nur durch Ueberredung und etwas Zwang von Ihrer Seite zum Ziele gelangen.
Präsidentin. Und welchen Anspruch haben Sie auf meine Mitwirkung?
Marquis. Stimmen meine Wünsche nicht mit Ihren Plänen überein?
Präsidentin. Mein Herr!
Marquis. Sie wünschen Ihre Nichte verheirathet zu sehen – gleichviel an wen, weil Sie fürchten, sie möchte Ihnen im Wege stehen.
Präsidentin (heftig). Woher wissen Sie das?
Marquis. Aus Ihrem eignen Munde, schöne Frau. Wozu Verstellung unter uns? Sie wissen recht gut, daß es mir verdammt schwer fallen würde, den Stammbaum meines elsässischen Adels nachzuweisen und kennen mein ganzes, ziemlich abenteuerliches Leben. Ich kenne dagegen eben so gut Ihre Umtriebe in gewissen Dingen – denn ich war ja oft Ihr Helfershelfer, sogar einmal Ihr Anbeter.
Präsidentin. Sie sind unerträglich!
Marquis. Nicht böse sein, schöne Frau. Warum sollen sich zwei Verbündete, wie wir, überwerfen, noch obendrein, da sich unser Interesse so sehr begegnet? Für Sie kam es sehr ungelegen, daß Amaliens Vormund seine Mündel Ihnen zur Einführung in die Welt übergab. Sie wollen sie um jeden Preis entfernen. Ich brauche eine junge, hübsche Frau, noch mehr aber ihre dreißig tausend Thaler – das paßt ganz vortrefflich.
Präsidentin (seufzend.) Leider haben Sie Recht. Ich muß schon etwas für Sie thun, um Ihr Schweigen über gewisse Dinge zu erkaufen. Hören Sie also. Sie wissen, ich liebe den Hauptmann, wir sind halb und halb verlobt; allein noch immer zögert er mit seiner Unterschrift und ich fürchte –
Marquis. Daß gewisse Blicke zwischen ihm und Ihrer Nichte –
Präsidentin. Das kümmert Sie nicht. Sprechen Sie in meinem Auftrage mit dem Hauptmann und schaffen Sie mir seine Unterschrift – so stehe ich Ihnen für Amaliens Einwilligung.
Marquis. Es gilt. Ich sehe den Hauptmann kommen. Lassen Sie mich mit ihm allein.
Präsidentin. Wohl, ich gehe. Machen Sie Ihre Sachen klug – ich kann im Nebenzimmer alles hören. (Ab.)
Also wirklich so sehr in den Hauptmann verliebt, Madame? Nun, ich nehme es Ihnen so übel nicht – er ist ein hübscher Mann. Aber er, wie bin ich mit ihm daran? Anfangs schien er wirklich Gefallen an der Präsidentin zu finden, allein seit Amalie hier ist, ist er etwas kopfhängerisch geworden. Halt! Dabei könnte man ihn am besten fassen. Wir wollen es versuchen.
Hauptmann (grüßend). Herr Marquis.
Marquis. Es freut mich, Sie wohl zu sehen, Herr Hauptmann.
Hauptmann. Ist die Frau Präsidentin sichtbar?
Marquis. Sie ist ausgefahren und hat mir einen Auftrag an Sie hinterlassen.
Hauptmann. Einen Auftrag?
Marquis. Zuvörderst erlaube ich mir, Ihnen in meiner Person einen glücklichen Bräutigam vorzustellen.
Hauptmann. Meinen Glückwunsch!! Darf man die Braut wissen?
Marquis. Fräulein Amalie.
Hauptmann (rasch). Der Präsidentin Nichte?
Marquis. So ist’s.
Hauptmann (heftig). Nicht möglich!
Marquis. Warum nicht möglich?
Hauptmann (sich fassend). Ei nun, verstehen Sie mich recht – ein Ausdruck der Ueberraschung. Das hat sich ja recht schnell gemacht.
Marquis. Das eben nicht. Wir liebten uns längst im Stillen. Gestern war ich bei ihrem Vormunde, wo Alles schriftlich in Ordnung gebracht wurde.
Hauptmann (für sich). Eine bittere Lehre mehr in meinem Leben. (Laut.) Darf ich um Ihren Auftrag bitten?
Marquis. Die Frau Präsidentin ist etwas befremdet über Ihr Zögern in einer gewissen Angelegenheit.
Hauptmann. Je nun, man überlegt doch erst.
Marquis. Herr Hauptmann, lassen Sie uns als Männer offen sprechen. Sie kamen aus dem Felde zurück und fanden, daß die Präsidentin alte Ansprüche auf Ihr väterliches Vermögen geltend machte. Der Fürst, der Sie schätzt, und eben so die Präsidentin, meint, der Prozeß wäre am besten durch eine Verbindung zwischen den streitenden Parteien zu schlichten. Sie gehorchen dem Winke, machen der Präsidentin Ihre Aufwartung – Sie gefallen ihr – sie gefällt Ihnen – man nähert sich, man spricht sich aus – die Sache scheint sich zu machen. Warum zögern Sie jetzt noch mit der Unterschrift des Ehevertrags, da Sie doch schon um die Hand der Präsidentin förmlich geworben, da Sie bereits ihre Zusage erhalten haben?
Hauptmann. Jetzt zögere ich nicht mehr – es war eine Grille – gleichviel – jetzt bin ich zu Allem bereit. (Heftiger.) Auf der Stelle, in diesem Augenblicke, wenn Sie wollen!
Marquis. Madame gab mir den Auftrag, als einem alten Freunde ihres Hauses, und ich vollführe ihn mit Freuden. Da es Ihnen also gefällig ist, gehen wir zum Notar.
Hauptmann. Ich bin bereit.
(Beide ab.)
Endlich habe ich mein Ziel erreicht. Brav gemacht, Herr Marquis! Es war die höchste Zeit, denn den Prozeß konnte ich nicht gewinnen. Also mein ist jetzt das schöne Gut und – nun, warum soll ich es mir nicht selbst gestehen – der Hauptmann dazu ist mir nicht unlieb. Das Geschäft war gut: einen hübschen Mann und ein schönes Gut mit einem Schlage.
Bedienter (meldet). Herr Justi. (Ab.)
Justi (tritt ein).
Präsidentin (kalt). Sie sind Herr Justi?
Justi. Zu Befehl.
Präsidentin. Ich habe Ihr Schreiben erhalten. Es thut mir leid, nichts für Sie thun zu können, allein ich habe durchaus keinen Einfluß auf die Besetzung von Stellen.
Justi. Ich bitte um Entschuldigung, Frau Präsidentin, – man sagte mir –
Präsidentin. Ja sonst, als mein Gemal noch lebte, konnte ich wol zuweilen eine Fürbitte einlegen – allein jetzt ist das vorbei.
Justi. Ich weiß doch, daß der jetzige Herr Präsident, Ihr Schwager, sehr auf Ihren geschätzten Rath Rücksicht nimmt. Sie würden durch Ihre Verwendung mich sehr glücklich machen. Mutter und Schwester bedürfen meiner Unterstützung.
Präsidentin. Bedaure wirklich, nichts thun zu können.
Justi. Meine Zeugnisse sind gut, durchgängig gut.
Präsidentin. Wie gesagt, ich bedaure. So viel ich weiß, ist auch die Stelle bereits vergeben.
Justi. Vergeben schon? An wen?
Präsidentin. An Herrn Hittorf, wenn ich nicht irre.
Justi. Nicht möglich – er ist ja im Examen beinahe durchgefallen.
Präsidentin. Darüber habe ich nicht zu entscheiden – ich wiederhole es Ihnen, ich habe durchaus keinen Einfluß und bedaure recht sehr.
Justi (geht niedergeschlagen ab).
Einfältige Menschen, die nicht begreifen, daß man seinen Einfluß nicht umsonst verwendet. Ueberhaupt wird das wol bald aufhören, denn mein Schwager fängt an, sehr unfügsam zu werden. Doch nun zu andern...
Erscheint lt. Verlag | 19.5.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
ISBN-10 | 65--4784508-7 / 6547845087 |
ISBN-13 | 978-65--4784508-3 / 9786547845083 |
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