Wenn Ameisen und Frauen in Eile sind... -  Kreutzer Wesslund

Wenn Ameisen und Frauen in Eile sind... (eBook)

Eine Mutter-Tochter-Nachhaltigkeits-Odyssee durch Europa
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
454 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-91-8097-547-6 (ISBN)
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In ihrem Kopf wimmelt es nur so vor arbeitswütigen Ameisen. Aber diesmal waren sie zu weit gegangen. Hatten sie ihr, der Vollzeitunternehmerin, tatsächlich gerade nahegelegt, auf eine zwei monatige Rucksackreise zu gehen? Mit ihrer 30 Jahre jüngeren Tochter? >>Wenn Ameisen und Frauen in Eile sind...<< ist die ungeschönte Geschichte zweier Schwedinnen, die sich gemeinsam auf den Weg machen, um die wahre, die wirkliche Nachhaltigkeit Europas zu entdecken. Unwissenheit, Vorurteile, der öffentliche Druck und nächtliche Angstdämonen bringen das Mutter-Tochter-Gespann immer wieder an seine Grenzen. Bis der Generationskonflikt in Rom zum ersten Mal zu eskalieren droht. Mit einer angemessenen Portion Humor berichtet die Autorin über ungewöhnliche Bekanntschaften und spannende Erlebnisse mit faszinierenden Menschen in 19 Ländern. Diese zweiteilige Romanreihe führt den Leser an bekannte und unbekannte Schauplätze Europas. Sie lüftet, nicht ganz ohne Selbstironie, die verborgenen Geheimnisse hinter den polierten Fassaden der Nachhaltigkeit.

Simone Kreutzer Wesslund ist eine frisch gebackene Fünfzigerin, wohnhaft in einem runden Holzhaus, mitten im småländischen Kiefernwald. Die studierte Bauingenieurin ist auf Grund ihrer Leidenschaft zu ökologischen Holzhäusern vor 24 Jahren von Deutschland nach Schweden ausgewandert. Auf dem zweiten Bildungsweg entdeckte sie ihre Begeisterung zum wirkungsorientiertes Schreiben. Ihr Ziel ist es Romane zu verfassen, die nachhaltiges Baufachwissen humorvoll mit spannender Schönliteratur kombiniert. 2022 erschien Kreutzer Wesslunds erster Roman >>Det Första Huset <<. auf dem Schwedischen Markt. Dabei verknüpfte die Autorin ihre eigenen Erfahrungen von energieeffizienten Bauprojekten mit privaten Konflikten fiktiver Persönlichkeiten. Humorvolle Nachhaltigkeit für Einsteiger.

Wenn Ameisen und Frauen in Eile sind, droht immer ein Erdbeben. Konfuzius


»Ich weiß nicht. Eigentlich wollte ich mit dem Rucksack durch Europa reisen«, kam es aus der anderen Leitung, »aber ich habe noch niemanden gefunden, der mich begleiten will. Meine Freunde sind alle entweder schon am Studieren oder müssen arbeiten. Naja und alleine …«

Eigentlich hatte ich nur eine rhetorisch gemeinte Mutterfrage gestellt:

»Kind, was willst du denn die letzten Monate vor deinem Studium noch so machen?«

Aber das, was sie da gerade sagte, ließ mich aufhorchen. Ich spürte, wie meine Ameisen sich sammelten, allen voran die Königin. Sie begab sich in Habachtstellung, blätterte im Kopf meine Termine durch, wägte Vor- und Nachteile ab und zwang mich letztendlich zu der einzig dienlichen Antwort:

»Ich kann doch mitkommen!«

Natürlich hatte die Ameisenkönigin mal wieder viel zu spontan ihren Mund aufgemacht, aber vielleicht wollte sie auch nur die Reaktion ihres Gegenübers auf Facetime testen. Mut hatte sie.

»Warum nicht«, war die zwar etwas passive, aber vor allem doch völlig überraschende Antwort von Linnéa, meiner 20-jährigen Tochter.

Siehst du, grinste die Königin in sich hinein. Die erste Hürde war genommen. Wähle nun dein Ziel mit Bedacht.

Sie pfiff ihre Arbeiter zurück und ich begab mich wieder in meine Winterdepression. So war das Ende Januar in Schweden. Es war kalt und dunkel. Noch drei Monate kein Blatt am Baum und kein Licht am Ende des Tunnels. Eine Urlaubsreise mit meiner Tochter durch Europa, in die Sonne, in die Wärme, nur wir beide: das wäre sicher eine willkommene Abwechslung. Oder hatte ich gerade die Büchse der Pandora geöffnet?

Vor 23 Jahren war ich von Lübeck in die schwedische Holzbau-Metropole Småland ausgewandert. Holzbau hatte ich studiert und Holzhäuser wollte ich bauen, in einem Land, in dem solche nicht als kümmerliche Bungalows geächtet wurden. Doch dann wurde ich Passivhaus-infiziert.

Ich hatte den Auftrag Passivhaus-Holzhäuser, für einen Schwedenhaus-Hersteller, als Exportschlager nach Deutschland, zu entwickeln. So kam ich von Schweden aus zum ersten Mal in Kontakt mit dem deutschen Passivhaus Institut in Darmstadt. Ich wurde sofort entflammt wie ein Osterfeuer. Gebäude, die so gut gedämmt waren, dass sie kaum Heizenergie brauchten – das war die Zukunft! So sollte man bauen. So musste man bauen. So und nicht anders.

Nichts und niemand konnten mich bremsen. Mich, die 27-jährige, ambitionierte, blondierte, deutsche Ingenieurin. Ich wusste genau, was ich zu tun hatte, trampelte meinen neuen Chefs auf die Füße, stellte schwedische Holzbautraditionen infrage und machte mich so richtig unbeliebt in der Baubranche meiner neuen Heimat. Rückblickend wundert es mich, dass ich nicht als landesverräterischer Querulant ausgewiesen wurde. Aber so sind sie nicht, die Schweden. Sie sagen dir nichts Unangenehmes, jedenfalls nicht ins Gesicht.

Nun stand ich kurz vor dem magischen Alter Fünfzig und begann schwermütig auf mein Leben zurückzublicken. War ich zu einer Einzelkämpferin mutiert?

Vor zwölf Jahren hatte ich meine eigene Passivhaus-Firma gegründet. Seitdem reise ich als Missionarin quer durchs Land, halte Vorträge, baue Passivhaus-Schulen und habe durchaus Erfolg in meinem Beruf als Energieberaterin.

Heute wohne ich mit meinem Mann Tommy in einem selbstgebauten, runden Passivhaus, mitten im Wald.

Unsere Familie hatte sich vor zehn Jahren, mit unserem Sohn Leon, noch einmal vergrößert. Eigentlich sollte ich glücklich sein, genau hier und genau so, wie es gerade war. Trotzdem hatte ich Zweifel. Sollte es das schon gewesen sein? Irgendetwas fehlte mir. Brauchte ich ein neues Abenteuer? Eine letzte große Reise? Oder war mein Zug bereits abgefahren? War ich etwa schon zu alt, kraftlos und eingerostet?

Als junge Frau war ich sportlich, hatte, wie meine Vormütter, die Figur einer Ausdauerläuferin. Heute, 30 Jahre später und 15 Kilogramm üppiger, reichte meine Kondition gerade noch für einfache Yogaübungen. Meine Haare hatte ich mir vor kurzem abgeschnitten – sie, dem Alter zum Trotz, zu einer P!nk-Frisur kürzen lassen. Allerdings hingen meine dünnen, blonden Haarsträhnen nur schlaff über den abrasierten unteren Haaransatz und brachten nicht wirklich den erwünschten rebellischen Effekt.

Außerdem bin ich der geborene Angsthase. Angst gehört zu den Stärken meiner Schwächen.

Es begann bereits als Teenager. Nach jedem Diskobesuch – und das waren viele – musste mich irgendein Freund nach Hause bringen. Einmal hatte mich ein Bekannter für die Liebe seines Lebens sitzen gelassen. Ich rannte die drei Kilometer vom Jugendclub bis nach Hause, als hätte ich eine olympische Medaille zu erwarten.

Lauf, Simone, lauf.

Als ein Mädchen in meiner Nachbarschaft von einem Mann, der sich als angeblicher Elektriker Eintritt in ihre Wohnung verschaffte, misshandelt wurde, bekamen meine Ängste konkrete Bilder.

Es ist mir auch heute noch ein Graus, alleine in unserem Haus, am Waldrand zu übernachten. Wenn Tommy auf Reisen ist, muss mein kleiner Sohn Leon immer in Papas Bett schlafen. Als ob der Knirps mich vor allem Bösen der Dunkelheit bewahren könnte.

Im Flur habe ich sogar einmal Legosteine ausgelegt. Ich glaubte damit vermeintliche Einbrecher, die natürlich schwedentypisch beim Betreten des Hauses ihre Schuhe auszogen, mit schmerzhaften Fußsohlen zum Davonlaufen animieren zu können.

Simone alleine zu Haus.

Ständig plagt mich die Angst zu scheitern, nicht abzuliefern, nicht auszureichen. Auch wenn man in Schweden die Gleichberechtigung der Frau betont, so ist die Baubranche noch immer eine Männerdomäne. Ich musste doppelt so hart arbeiten, um die Hälfte der Anerkennung eines Mannes zu erhalten.

Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg.

Umso überraschter war ich, als ich vor ein paar Jahren hörte, wie ich scherzhaft von meinen männlichen Berufskollegen genannt wurde: die eiserne Lady.

Anscheinend spiele ich die Rolle der taffen, selbstbewussten Geschäftsfrau gut. Eine robuste Fassade verbirgt die weiche Dämmung in meinem Inneren. Nur wenige wissen von dem zerbrechlichen, sensiblen Kern und noch weniger kennen den Auslöser.

Vor ein paar Jahren hatte es auch mich erwischt, wie viele andere Branchenkollegen zuvor: ein Burnout deaktivierte meinen kompletten Energievorrat.

Ich bin ruhiger geworden, verwende meine Energie bewusster und lasse stattdessen die Realität Geschichte schreiben. Ich habe zwar noch immer genügend Ameisen im Kopf, die mich animieren und nicht zur Ruhe kommen lassen, aber ich wusste sie im Zaum zu halten … bis zu diesem Moment. Gerade hatte mich ihre Spontanität erneut überrumpelt. Jetzt sahen sie mal wieder ihre Chance: Fahr mit deiner Tochter durch die Welt, riefen sie aufgeregt.

Ich habe eine starke Bindung zu meiner Tochter Linnéa. Sie ist meine Schwedenprinzessin, meine Perle.

Dass sie lebt, ist ein kleines Wunder und kein bisschen selbstverständlich. Es war eine schwierige Geburt vor 20 Jahren, die mit einem Notkaiserschnitt endete. Vielleicht waren es diese 17 Stunden voller Todesangst, die den engen Knoten unseres Bandes flochten.

Nicht alle Bande in meinem Leben waren so beständig wie dieses. So wurde auch Linnéa, wie ich, ein Trennungskind.

Seit ihrem siebten Lebensjahr wohnte sie abwechselnd eine Woche bei mir, mitten im småländischen Wald und dann wieder eine Woche bei ihrem Papa, in der Stadt.

Kurze Trennungen waren wir gewohnt und ehrlich gesagt, die taten uns auch gut. Ich dachte zurück, an die unendliche Anzahl zugeknallter Türen und die zig Male, die sie wütend in den Wald rannte, um ihrer nervigen Mutter zu entkommen. Eigentlich sollte ich froh sein über die räumliche Distanz, die wir im Moment hatten.

Seit fünf Monaten befand sich Linnéa nämlich in Darmstadt, 1.000 Kilometer von mir entfernt. Sie war das erste Mal, so richtig lange, alleine von zu Hause weg.

Nach dem Abitur wollte sie unbedingt eine Pause vom Lernen einlegen. Sie wollte eigenes Geld verdienen, ein bisschen Abenteuer und gerne für ein Praktikum ins Ausland.

Ich verschaffte ihr ein Vorstellungsgespräch beim Passivhaus Institut und sie nahm es an, das sechsmonatige Praktikum bei der iPHA, der international Passive House Association.

Jetzt vermissten wir einander, obwohl wir uns im September zu einem Workshop in Irland trafen, ich sie im November in Darmstadt besuchte und wir natürlich auch Weihnachten zusammen verbracht hatten. Mal abgesehen davon, gingen täglich so um die zehn bis 20 Textmitteilungen bei mir ein.

Linnéa ist ein Herdenmensch und Herdenmenschen brauchen eine Herde. Ihre Herde ist groß. Sie besteht aus zwei eigenständigen Familien, vielen Freunden und einem weitreichenden...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 91-8097-547-X / 918097547X
ISBN-13 978-91-8097-547-6 / 9789180975476
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