Die Träume des Levon -  Yannick Mildner

Die Träume des Levon (eBook)

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2024 | 1. Auflage
214 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-7584-8095-9 (ISBN)
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Als Levon eine Nachricht von Alisha erhält, beginnt sich seine Welt zu verändern. An einem nebligen Herbstabend unternehmen die beiden zum ersten Mal etwas. Fortan entwickelt sich in Levon ein Gefühl, das er selbst kaum begreifen kann. Die beiden scheinen auf etwas Besonderes zuzusteuern - bis zu einem verhängnisvollen Abend. Danach soll nichts mehr so sein wie vorher. Und Levon bemerkt, wie etwas Schreckliches in ihm zu keimen beginnt ...

1992 im südhessischen Heppenheim geboren, habe ich schon als Jugendlicher bemerkt, dass ich ein tiefgründiger Mensch bin. Nach einer sehr negativen privaten Erfahrung und der schlimmsten Phase meines Lebens, habe ich das Bedürfnis verspürt, ein Buch zu schreiben. Daraus ist mein Entwicklungsroman 'Die Träume des Levon' entstanden. Ein Buch, das mir sehr viel bedeutet. Eine wichtige Erkenntnis war für mich am Ende: Wenn du mit Müll beworfen wurdest - nimm den Müll und kreiere irgendetwas daraus. Schaffe die beste Sache, die du jemals geschaffen hast. Entwickle aus der schlechtesten Sache, die dir widerfahren ist, das beste Produkt. Seitdem versuche ich, nach oben zu klettern und immer besser zu werden. Mit Leidenschaft und Verstand.

Kapitel 2


Violas Besuch


„B

rauchst du mich nicht mehr?“

Levon riss die Augen auf und schreckte im Bett hoch. Woher war diese Stimme gekommen? Er kniff die Augen zusammen und blinzelte Richtung Schlafzimmertür, die einen Spalt weit aufzugehen schien. Träumte er gerade? Hektisch berührte Levon sich, um festzustellen, ob seine Sinne ihn täuschten oder die Situation wirklich real war. Den Blick weiter auf die Tür geheftet, beobachtete er, wie jemand langsam ins Schlafzimmer trat. Schemenhaft konnte Levon ein diabolisches Grinsen ausmachen. „Viola!“, entfuhr es ihm, und er richtete sich ganz im Bett auf. „Wie bist du hier hereingekommen?“

Sie setzte sich auf die Bettkante und lachte. „Ab und zu habe ich eben immer noch die Möglichkeit, zu dir zu kommen“, entgegnete sie selbstbewusst. Viola schaute ihm in die Augen, ihre Pupillen weiteten sich etwas und sie zog die Schultern fragend an. „Und? Bekomme ich keine Antwort mehr auf meine Frage?“

„Nein, ich denke nicht, dass ich dich noch brauche“, sagte Levon nach einigem Zögern.

„Ach, komm“, sagte Viola grinsend, „wenn ich wollte, könnte ich dich immer noch haben. Oder würdest du mir widerstehen?“ Elegant schwang sie ihre Beine ins Bett und legte sich neben ihn. Viola nickte ihm herausfordernd zu, während sie immer noch grinste. „Ist es nicht unbequem, so aufrecht dazusitzen?“, fragte sie ihn. Ohne Worte rutschte Levon auf der Matratze nach unten und sank ins Bett. „Hab ich’s mir doch gedacht“, sagte Viola siegessicher und rückte noch näher an ihn heran. Er konnte ihre Wärme spüren. Plötzlich umwehte ihn ein eisiger Windzug. Levon schaute zum Fenster hinaus, doch der Ginkgobaum bewegte sich nicht.

„Nach was schaust du?“, fragte sie ihn.

„Nach nichts“, antwortete er knapp. Mit ihrem Ellenbogen stieß sie ihn leicht an. Levon spürte, wie sein Herz schneller schlug. Konzentriert starrte er an die Decke. Nicht nachgeben, sagte eine Stimme in ihm, nicht nachgeben.

„Hast du noch unser Buch und alle Briefe, die ich dir geschrieben habe?“

„Ja“, antwortete Levon.

„Du schaust doch bestimmt noch ab und zu rein, stimmt’s?“, fragte Viola weiter.

„Was möchtest du von mir?“ Levon stellte nun seinerseits die erste Frage, obwohl er die Antwort bereits kannte.

 

Jeder erlebt irgendwann mal seine große Liebe. Bei Levon war das vor einigen Jahren geschehen. Auch wenn es nicht seine erste Beziehung gewesen war, hatte ihn Viola von Anfang an in ihren Bann gezogen. Das erste Treffen war für ihn ein einschneidendes Ereignis gewesen. Damals war Levon an einem kühlen, regnerischen Winterabend aus seiner Haustür getreten und mit dem Regenschirm in der Hand die Straße entlanggejoggt. Auf keinen Fall hatte er beim ersten Date zu spät kommen wollen. Ihm waren nur noch wenige Minuten geblieben. Schließlich hatte Levon ihr Haus erreicht und völlig außer Atem mit dem Zeigefinger die Klingel betätigt.

Sie hatte ein schwarzes Kleid mit violetten Blumen getragen, das ihm gefiel.

„Komm rein“, sagte Viola und lächelte ihm zu.

Schnell zog er seine Schuhe aus und folgte ihr nach oben. Sie setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl, er legte sich auf ihr Bett. Nach einigen Stunden fasste Levon einen Entschluss: Ich muss versuchen, sie auch hier herüber zu bekommen. Nachdem sie unter der Bedingung, dass er sie nicht anfassen sollte, eingewilligt und Levon das kleine Licht neben den beiden gelöscht hatte, lagen sie nebeneinander.

„Dir fällt es ganz schön schwer, mich nicht anzufassen, oder?“, sagte sie verschmitzt nach einer ganzen Weile.

Ja, es fällt mir schwer, dachte er insgeheim. Es war ein Knistermoment. Irgendwann spürte er, dass sie ihm den Kopf zuneigte. Sie küssten sich. Mitten in der Nacht war Levon freudetrunken den kurzen Weg nach Hause gelaufen. Selten in seinem Leben war er so glücklich gewesen wie in diesem Moment und auf diesem Nachhauseweg. Levon hatte siegestrunken die Fäuste geballt und jeden Meter genossen.

Wenn man einen Menschen kennenlernt, zeigt dieser sich von seiner besten Seite. Man weiß nichts über ihn. Kennt nicht seine Schattenseiten, seine Geheimnisse. Seine Abgründe. Die Absage am Valentinstag, weil es Violas bester Freundin nicht gut ging, traf ihn. Viola wollte Schauspielerin werden. Und gut in der Schule sein. Unmissverständlich schrieb sie Levon, dass ihr diese Dinge wichtiger seien als er.

Verliebt man sich in einen Menschen, macht man sich verletzbar. Levon konnte tagelang kaum etwas essen vor Liebeskummer. Trotzdem schrieb er ihr wieder. Erklärte, was ihn verletzt hatte. Dass es oberflächlich sei, was sie gesagt hatte. In ihr gemeinsames Buch schrieb Viola später, dass es ihr leidtue, ihn mal so verletzt zu haben. Er hätte ihr gezeigt, was Liebe sei.

Levon und Viola zelebrierten ihre Zuneigung. Er schrieb ihr nachts Nachrichten, die sie morgens las. Sie stellte ihm Kuchen vor die Tür. Regelmäßig saßen die beiden nachts im Hof seiner alten Grundschule und beobachteten die Tiere, die vorbeiliefen. Levon war stolz, mit diesem Mädchen zusammen zu sein. Er ging zufrieden ins Bett und wachte zufrieden auf.

Doch sie stritten sich ständig. Er sah hinter jedem kleinen Fehler von ihr den Rückschritt zur Oberflächlichkeit. Sie war unzufrieden, weil er nicht bei dem Auftritt ihrer Theatergruppe war, obwohl er mit Freunden auf Abifahrt weilte und die beiden es vorher besprochen hatten. Irgendwann, als sie mit ihrer Familie Probleme hatte und Levon und Viola auch mal wieder Streit hatten, machte sie am Telefon eine Andeutung, die Levon aufhorchen ließ. Er rannte so schnell er konnte zu ihr und klingelte. Es war wohl kein wirklicher Selbstmordversuch, sondern ein Hilfeschrei. Trotzdem schreckte es ihn auf, dass seine Freundin Tabletten mit hochprozentigem Alkohol geschluckt hatte und ihr selbst gebasteltes Messer zum Ritzen auf dem Tisch lag.

Nachdem sie ihn eine Weile verbal attackiert hatte, gingen sie schließlich zu ihm, wo die beiden die Nacht eng aneinandergekuschelt verbrachten.

Irgendwann hatte Levon das Gefühl, dass es nicht mehr ging. Wenn man dauernd streitet, überlagert das früher oder später die Liebe. Es heißt nicht, dass man nicht mehr liebt, aber im Kopf ist nur noch der Streit präsent. So kam es dazu, dass er ihr eines Tages mitteilte, es sei zu Ende, um es zwei Tage später jedoch wieder zu bereuen. Aber Viola kam nicht mehr zurück. Die Blumen und die Entschuldigungskarte landeten mit dem Hinweis, dass sie keine Lust hätte, ihre Mülltonne damit vollzumachen, wieder vor seiner Haustür. Kurze Zeit später zu erfahren, dass seine Ex-Freundin nun mit einem guten Freund von ihm zusammen war, machte Levon die Sache nicht leichter. Schon gar nicht, wenn es der einzige Freund war, dem Levon anvertraut hatte, dass die Beziehung nicht gut lief. Auch die Tatsache, dass Viola mit ihm fremdgegangen war, während die Beziehung zwischen Levon und ihr zwar schon brüchig war, aber noch lief, half ihm nicht, die Sache besser zu verarbeiten. „Man kann einen Menschen nicht ändern“, sagte sich Levon. „Man kann kurz- und mittelfristig bewirken, dass dieser Mensch sich anders verhält. Im Zweifelsfall aber kehrt er zu seinen alten Verhaltensweisen und Mustern zurück. Ein Mensch kann sich höchstens selbst ändern.“

 

„Schau mal, was ich extra für dich angezogen habe“, sagte Viola nun. Im sanften Mondschein konnte Levon ihr Kleid erkennen. „Kennst du das noch? Das gefiel dir doch immer so.“

„Ja“, sagte Levon.

„Weißt du noch, damals?“, fuhr sie mit süffisanter Stimme fort. „Damals musstest du dich auch sehr zusammenreißen, um deine Finger bei dir zu behalten, als ich neben dir lag. Und irgendwann hast du es dann nicht mehr ausgehalten.“

„Ja“, sagte er abermals kurz und knapp.

„Und wie fühlt es sich jetzt an?“, fragte sie und bohrte weiter nach.

„Nicht ganz so wie damals.“

„Ja, ja“, sagte sie und stieß ein lautes Lachen aus. „Ist dir alles ganz egal, bestimmt.“

„Das sage ich nicht“, antwortete er ihr.

„Immer noch derselbe wie damals. Immer diskutieren wollen“, sagte Viola provokant.

In Levon breitete sich ein Siegeswille aus. „Wir müssen nicht diskutieren, du kannst einfach gehen“, sagte er in einem bestimmenden Ton.

„Dann würdest du mich ja schon ein zweites Mal wegschicken“, meinte sie kämpferisch. „Weißt du nicht mehr, wie du damals gelitten hast?“, fuhr sie fort. „Du hast damals sogar einen Kuschelteddy mit ins Bett genommen, um nicht so alleine zu sein und dich an etwas festhalten zu können. Als erwachsener Mensch.“

„Ich schäme mich nicht für meine Gefühle“, antwortete Levon.

„So eine wie mich findest du nie mehr“, sagte Viola. Langsam wurde ihre Stimme unsicherer. Levon schwieg. Halte aus. Halte aus. Halte aus, sagte die Stimme in ihm. Halte aus. Neben sich konnte er ein lautes Seufzen vernehmen.

„Du bist unbelehrbar“, sagte Viola, als sie langsam aus dem Bett stieg. Levon schwieg weiter. Konzentriert starrte er immer noch an die Decke. Hoffentlich würde Viola gleich weg sein. Dann hätte er ihr standgehalten.

„Bist du dir sicher?“, fragte sie ein letztes Mal.

„Geh!“, antwortete Levon laut und sah sie entschlossen an. Wortlos verließ sie den Raum und schloss die Tür hinter sich. Voller Erleichterung wandte Levon den Kopf zur Seite. Eine enorme Anspannung fiel von ihm ab und er atmete tief durch. Dann überkam ihn eine große Erschöpfung. Mit letzter Kraft legte sich Levon die...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 3-7584-8095-7 / 3758480957
ISBN-13 978-3-7584-8095-9 / 9783758480959
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