Das kleine Hotel unter den Kirschblüten -  Francis Kaufmann

Das kleine Hotel unter den Kirschblüten (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
284 Seiten
between pages by Piper (Verlag)
978-3-377-90170-5 (ISBN)
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Von Neuanfängen, Träumen und der Liebe an unerwarteten Orten. Für Fans von Julie Caplin und Miriam Covi  »In klaren Nächten, so wie heute, kannst du sehen, wie der Himmelsfluss mit dem Horizont verschmilzt, in der Ferne, dort wo nichts als Meer ist, nichts als Wasser. Dort werden die Seesterne geboren, in den warmen Sommernächten.«  Das Leben von Ursula Masuda könnte so schön sein, denn nach jahrelanger harter Arbeit floriert ihr geliebtes Hotel. Wären da nicht die dauernörgelnden Schwiegereltern und ihre lieblose, zerrüttete Ehe. Als Ursula auf eine traumhafte Bucht in der japanischen Provinz stößt, ist sie daher sicher: Es ist Zeit für einen Neuanfang! Denn dies ist der perfekte Platz für ihren großen Traum, eine Wellness-Oase, in der sich gestresste Menschen erholen können. Doch Ursula hat nicht mit dem Widerstand der ansässigen Kommune von Selbstversorgern, Künstlern und Dichtern gerechnet. Insbesondere die Landbesitzerin Tomoko ist von den Plänen gar nicht begeistert, während ihr sympathischer Bruder Daisuke plötzlich Ursulas Herz höherschlagen lässt ...  Dieses Buch erschien bereits 2023 unter dem Titel »Das kleine Hotel am Himmelsfluss« 

Francis Kaufmann, Jahrgang 1972, ist Sozialwissenschaftlerin und hat im Schwerpunkt japanische Kulturtheorien sowie Kommunikation promoviert. Sie hat mehrere Jahre in Japan und Südostasien verbracht, dort vor allem auch das Leben in den entlegenen, ländlichen Regionen kennengelernt. Ihr tiefer Einblick in die japanische und thailändische Kultur kommt in ihren Kurzgeschichten, sowie auch in ihrem Roman »Yadokari Blue. Die magische Reise der Janne O.« zum Ausdruck. Letzterer ist 2020 im Verlag Tredition erschienen. Seit ihrem letzten Japanaufenthalt 2019/20 lebt die Autorin in ihrer Heimat in Süddeutschland, unweit von München. Sie schreibt und ist in einer sozialtherapeutischen Einrichtung für psychisch kranke Menschen tätig. 

Francis Kaufmann, Jahrgang 1972, ist Sozialwissenschaftlerin und hat im Schwerpunkt japanische Kulturtheorien sowie Kommunikation promoviert. Sie hat mehrere Jahre in Japan und Südostasien verbracht, dort vor allem auch das Leben in den entlegenen, ländlichen Regionen kennengelernt. Ihr tiefer Einblick in die japanische und thailändische Kultur kommt in ihren Kurzgeschichten, sowie auch in ihrem Roman »Yadokari Blue. Die magische Reise der Janne O.« zum Ausdruck. Letzterer ist 2020 im Verlag Tredition erschienen. Seit ihrem letzten Japanaufenthalt 2019/20 lebt die Autorin in ihrer Heimat in Süddeutschland, unweit von München. Sie schreibt und ist in einer sozialtherapeutischen Einrichtung für psychisch kranke Menschen tätig. 

Kapitel 1


»Gut, bringen wir es hinter uns«, sprach Ursula kaum hörbar zu sich selbst. Dezent seufzte sie, während sie aus der dunkelblauen Limousine der Schwiegereltern stieg, fast synchron mit Shinji Masuda, ihrem Mann.

Seit geraumer Zeit kam es nur noch selten vor, dass Ursula und Shinji etwas zeitgleich taten, sich dem Rhythmus ehelicher Harmonie hingaben. Jetzt standen sie ebenso schweigsam wie unbeteiligt auf einem Parkplatz, mitten im Wald, unter einem leuchtend roten Shintô-Tor, das beinahe bis in die Wipfel uralter Kiefern ragte.

Shinji schwellte die Brust unter dem gestärkten, blütenweißen Hemd und setzte sich demonstrativ in Szene. »Ah, was für eine Luft«, bemerkte er und schloss für einen Augenblick die Lider. Die Inbrunst, mit der er die salzige Meeresluft inhalierte, grenzte wie üblich an Übertreibung, mutete beinahe wie ein Schauspiel an. So benahm er sich jedes Mal, wenn sie ins Grüne fuhren, um sich im Schatten ominöser Shintô-Gottheiten die Beine in den Bauch zu stehen. Ursula entlockte er damit allenfalls ein heimliches Augenrollen.

Elf lange Jahre war sie nun schon mit Shinji verheiratet. Im Lauf ihrer Ehe hatte sie gelernt, Shinjis Standardphrasen mit neunzigprozentiger Trefferquote vorherzusagen, und schon bald, das ahnte sie, würde sie bei neunundneunzig Prozent liegen. Ihre Ehe machte Sinn und war nicht gerade unglücklich, denn sie hatten gemeinsam etwas Großartiges geschaffen. Etwas worauf zumindest Ursula mehr als stolz sein konnte. Mit ihrem Know-how hatten die Masudas das einfache Familienhotel, in dem einst schon Shinjis Großeltern die Futons bezogen hatten, in ein luxuriöses Wellness-Resort verwandelt. Harte Arbeit war es gewesen, doch am Ende hatte sich der unermüdliche Einsatz weiß Gott gelohnt.

Das Hibiskus-Resort war zu Ursulas Lebensaufgabe geworden, ihm hatte sie in den vergangenen elf Jahren mit dem nötigen Brennen im Herzen jede verfügbare Minute ihres Lebens gewidmet. Nie hatte sie sich zurück nach Hamburg, in ihre alte Heimat gewünscht und nur selten hatte sie so etwas wie Heimweh verspürt. Das Hibiskus war ihr Zuhause geworden, das Zentrum ihrer Welt, um das sich alles drehte. Über die Jahre hinweg hatte sie es geschafft, dass man ihr als Frau Respekt und Anerkennung entgegenbrachte, in einem von Männern dominierten Geschäft. Sie brannte für dieses Leben, für die Gastronomie und für jeden einzelnen Stern, den man ihrem Hotel verliehen hatte. Aber jetzt sollte mit einem Mal alles anders werden, einfach so und Ursula verspürte nicht die geringste Lust dazu.

Mit gequälter Miene stand sie auf dem Parkplatz herum, wie jemand, den das Schicksal an den denkbar unpassendsten Ort der Welt verbannt hatte. Argwöhnisch betrachtete sie ihren allzu entspannt dreinblickenden Shinji und spürte, wie ihre Augenlider nervös zu zucken begannen. Sie zog sich das helle Kostüm, das sich wie angegossen an ihren schlanken, hochgewachsenen Körper schmiegte, glatt und machte sich auf Shintô-Gottheiten der besonderen Art gefasst.

Endlich war die Beifahrertür der Limousine ins Schloss gefallen und im nächsten Moment ertönte das tiefe Klacken der Zentralverriegelung. Ursula musterte Hajime, ihren Schwiegervater. Mit verdrießlicher Miene sah sie ihm dabei zu, wie er unbeholfen in sein dunkles Sakko schlüpfte, während Yumiko, seine Frau, ihre halblange, frisch getönte Frisur zum dritten Mal in den dunkel getönten Scheiben prüfte. Wie eine gealterte Tempeltänzerin bewegte sie ihren feinen Kopf, neigte ihn geschmeidig von Schulter zu Schulter, schob ihn mal nach vorn, mal zur Seite und wandte sich schließlich mit halbwegs zufriedener Miene ab. Yumiko war eitel, fast so eitel wie ihre Schwiegertochter, die das Resort niemals anders, als im tadellos gepflegten Outfit repräsentierte. Ursula zeigte sich stets wie aus dem Ei gepellt, denn sie repräsentierte so gut wie immer, zumindest wenn sie nicht gerade schlief. Das Hibiskus war ihr Leben, ein Leben, das sich weiterentwickeln, gestalten und optimieren ließ, Tag für Tag, in einem fort.

Jetzt tat sie es Yumiko gleich, strich sich mit Bedacht ihr dunkelbraunes Haar zurecht. Seit einer Weile trug sie ihre kinnlangen Locken leicht asymmetrisch und im Nacken etwas kürzer. »Sie haben wunderbar hohe Wangenknochen, große, entschlossene Augen und diese reizvollen Kanten im Amorbogen. Eine markante Frisur ist genau das richtige für Sie«, hatte ihr der Friseur ihres Vertrauens ans Herz gelegt und Ursula war begeistert aus dem Salon gegangen.

»Schön Kinder, lasst uns da hoch gehen! Da vorn beginnt der Pfad«, verlangte Yumiko mit feierlicher Miene und schob sich ihre Handtasche energisch in die Armbeuge. Den alten Hajime bedachte sie mit einem kaum merklichen Nicken und setzte sich in Bewegung.

»Also gut, dann müssen wir wohl!« Ein kläglicher Seufzer entwischte der sonst so disziplinierten Ursula, als sie mit Shinji unter dem zinnoberrot leuchtenden Shintô-Tor hindurchschritt. Fast im Gleichschritt liefen sie durch den uralten Kiefernwald, die moosbedeckten Steinstufen zur Wohnstätte lustaffiner Gottheiten hinauf.

»Diesmal wird unser Wunsch erhört. Ihr werdet sehen«, kündigte Yumiko mit einem Lächeln auf den schmalen Lippen an, während sie mit Leichtigkeit die letzte Stufe nahm. Aus ihrem Mund klang die Prophezeiung glückverheißender Wunscherfüllung beinahe bedrohlich. »Habe ich euch eigentlich erzählt, dass das hier der Schrein ist, in dem Hajime und ich damals vor zweiundvierzig Jahren um ein Baby gebeten haben«, lüftete Yumiko ihr Geheimnis und ein Hauch von sentimentaler Nostalgie huschte über ihr feines Gesicht.

»Ja, so war es, Shinji. Hier haben deine Mutter und ich damals die Götter um dich gebeten«, pflichtete Hajime seiner Frau mit einem behäbigen Lachen bei und schob sich wie immer die Brille zurück auf die Nase.

»Und prompt war ich in anderen Umständen mit dir, Shinji«, erinnerte sich Yumiko lachend, mit dem Ausdruck der Glückseligkeit im feinen, blassen Gesicht. Sie strahlte, als kehrte soeben die Jugend zurück in ihre gealterte Brust. Im dunkelblauen Sommerkostüm wirkte sie so elegant wie schon lange nicht mehr. Um ihre sorgfältig ausgewählte Garderobe hatte sich sogar die feierliche Aura des Besonderen gelegt. Von Anfang an war etwas anders gewesen als sonst. Erst jetzt fiel es Ursula wie Schuppen von den seegrünen Augen, warum sie ausgerechnet den langen Weg von Yokohama nach Shikoku zurücklegen mussten. Nichts mehr schien neuerdings mit bloßer Willkür zu geschehen. Sie waren nicht einfach so aufgebrochen, um irgendeinen x-beliebigen japanischen Fruchtbarkeitsschrein mit Kinderwunschlizenz zu besuchen. Diesmal wohnte dem Familienausflug der Masudas ein besonderer Ernst inne. Offenbar setzte Yumiko all ihre Hoffnung in einen unheimlichen Ort mitten im Kiefernwald, an der verlassenen Küste im Süden der Präfektur Ehime, irgendwo auf der kleinsten Hauptinsel Japans. Hinter dem zinnoberroten Tor wartete eine geheimnisvolle Gottheit nur darauf, der alten Yumiko zum zweiten Mal im Leben ihren sehnlichsten Herzenswunsch zu erfüllen.

Shinji grinste, als wollte er Gefallen daran finden, ausgerechnet am bedeutungsschwangeren Ort seiner vorexistenziellen Wurzeln um baldiges Vaterglück zu bitten. Um Ursulas verhaltene Teilnahme schien er sich erst gar nicht zu kümmern, so, als wären sie sich alle einig gewesen, wie ein vierblättriges Kleeblatt, das sich nichts mehr herbeisehnte als ein fünftes Rad am Wagen.

Ursula seufzte im Stillen. Sie gab sich alle Mühe, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Danken wir den Göttern, für die Errungenschaften der Medizin, dachte sie und augenblicklich musste sie lächeln. Manche Gedanken zauberten ihr sogar in den unerquicklichsten Situationen des Lebens ganz von selbst eine fröhliche Gelassenheit ins Gesicht. Dank der rosafarbenen Pillen in Ursulas Kosmetikbeutel würden auch in Zukunft sämtliche Gebete der Schwiegereltern unerhört bleiben, ganz egal, welcher Fertilitätsgottheit sie Ursula vorstellen wollten. Jeder hatte eben seine kleinen Geheimnisse und Ursula fühlte sich nicht einmal schlecht dabei. Manche Geheimnisse waren schlicht und ergreifend notwendig. Es war eben nicht die richtige Zeit für Nachwuchs, so, wie es in den vergangenen elf Jahren für Ursula niemals den richtigen Moment gegeben hatte. Jetzt, wo das Hibiskus expandieren sollte, erschien Ursula der Gedanke an Familiengründung erst recht vollkommen absurd. Shinji...

Erscheint lt. Verlag 3.5.2024
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aussteigerin • berufliches Glück • Die Stimmen über dem Meer • Familienroman • Glückssuche • Hotel • Japan • Karrierefrau • kleines Haus • Kommune • Küste • Küstenglück • Liebesroman • Meer • Neuanfang • Pension • Romane für den Sommer • Romane für den Urlaub • Romane für Frauen ab 30 • Roman in Japan • Roman über Neuanfang • Selbstfindung • Shikoku
ISBN-10 3-377-90170-1 / 3377901701
ISBN-13 978-3-377-90170-5 / 9783377901705
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