Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
381 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4815-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit -  Anna Claire
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Die große Reihe um drei Exilantinnen während des Zweiten Weltkriegs

Drei beste Freundinnen - jede von ihnen lebt in Nazi-Deutschland, jede in großer Gefahr. Ein unverzeihlicher Fehler zerstört ihre Freundschaft. Nun, rund 85 Jahre später, erfährt die junge Amerikanerin June, dass ihre verstorbene Großmutter Luise 1936 aus Deutschland in die USA immigriert ist. Außerdem erbt sie ein Restaurant in Manhattan, das ihr aber nur zu einem Drittel gehört. Die anderen beiden Restaurant-Anteile soll June den verschollenen Freundinnen ihrer Großmutter, beziehungsweise ihren Erben zurückgeben. Ohne zu zögern, macht June sich auf die Suche und erfährt auch von dem Bruch zwischen den drei Frauen. Was ist damals geschehen? Und kann June diese Wunde heilen?



Anna Claire ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Autorin. Sie arbeitet als Drehbuchautorin und Dramaturgin für das Fernsehen. Seit 2013 schreibt sie Romane und hat sich damit in die Herzen von vielen Leserinnen und Bloggerinnen geschrieben und eine große Social-Media-Fanbase aufgebaut. Die Autorin lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Berlin.

Anna Claire ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Autorin. Sie arbeitet als Drehbuchautorin und Dramaturgin für das Fernsehen. Seit 2013 schreibt sie Romane und hat sich damit in die Herzen von vielen Leserinnen und Bloggerinnen geschrieben und eine große Social-Media-Fanbase aufgebaut. Die Autorin lebt seit vielen Jahren mit ihrer Familie in Berlin.

KAPITEL 1


Berlin, Juli 1936

Fahnen, überall Fahnen. Ganz Berlin flatterte im lauen Sommerwind. Die Olympischen Sommerspiele würden in wenigen Wochen beginnen. Sommerspiele, was für ein schönes Wort, dachte Luise, Sommerspiele im Sommerwind, fast wie Poesie. Aber nur fast. Eilig ging sie den holprigen Gehweg in Schöneberg entlang, kickte einen kleinen Stein vor sich her, strich ihre wilden blonden Locken zurück. Sie liebte Wortspiele, denn Worte hatten so viele Bedeutungen, Worte konnten aufwecken, Geheimbotschaften enthalten.

Als sie um die nächste Straßenecke bog, strömte ihr der Duft von frischen Backwaren entgegen. Selbst hier, vor ihrer Lieblingsbäckerei, in der sie und ihre Freundinnen sich jeden Donnerstag am Mittag trafen, um ihren geliebten Berliner Streuselkuchen auf die Hand zu essen und zu schwatzen, flatterten sie, zwei Fahnen. Rot. Ein weißer Kreis. Ein schwarzes verdrehtes Kreuz. Luise fröstelte. Bei dieser Hitze. Sie blieb kurz stehen und rückte ihren Hut zurecht. Wie sollte sie es ihren Freundinnen sagen? Das, was vor ein paar Tagen geschehen war, das, was ihnen geschehen würde, wenn sie sich nicht endlich entscheiden konnten?

»Renn, Luise, renn um dein Leben!«, hatte Richard panisch geschrien. Und Luise war gerannt, so schnell wie nie zuvor.

Aber ihre Freundinnen wollten nicht sehen, was in Deutschland Unmenschliches geschah, verschlossen die Augen, hofften wie so viele, dass alles gut werden würde. Aber verhöhnten nicht all die flatternden Fahnen diese Hoffnung im Wind?

»Da bist du ja endlich«, hörte sie Marias Stimme und sah auf. Maria, die Pragmatische, Belesene, verheiratet mit Jakob, einem Buchhändler. Die beiden hatten zwei ganz wunderbare Kinder: die dreijährige Tabea und den sechsjährigen Noah. Wie so oft trug sie ein Buch unter dem Arm. Die schwarzen Haare seitlich zusammengerollt, die Strähnen ihres Ponys kräuselten sich in kleinen Löckchen an den Schläfen. In einer Hand hielt sie ein Stück Streuselkuchen, in der anderen eine Papiertüte der Bäckerei.

Neben ihr stand Anni, die Dritte im Bunde, und zwirbelte eine blonde Haarsträhne zwischen den Fingern. Ihr langes, gewelltes Haar hatte sie seitlich eingedreht und zurückgesteckt. Auch sie balancierte ein Stück Kuchen auf der Handfläche und musterte Luise forschend mit ihren hellblauen Augen.

»Ich hab dir schon ein Stück mitgekauft, Luise«, sagte Maria, hielt ihr die Papiertüte hin und lächelte.

»Danke.« Luise nahm die Tüte entgegen, öffnete sie aber nicht. »Es ist etwas passiert«, platzte sie heraus.

»Das habe ich dir sofort angesehen«, erwiderte Anni triumphierend, strich ihr blaues Kleid glatt. Wie immer sah sie fantastisch aus und duftete nach Lavendelseife. Anni war die Romantischste der drei Freundinnen. Geschmack hatte sie, zumindest was Dinge betraf. »Luise, bei dir ist immer etwas passiert«, neckte sie ihre Freundin. »Was ist es denn nu wieder?« Genüsslich biss sie in ihren Streusel und leckte sich über die Lippen.

Luise atmete durch, ihre Hand zitterte plötzlich, das Papier raschelte. »Richard. Richard ist weg.«

»Er hat dich verlassen?«, entfuhr es Anni mitleidig. Sie war eine Seele von Mensch, glaubte immer an das Gute. Eines Tages würde sie eine großartige Mutter werden, so, wie sie es sich wünschte. Mit ihrer herzlichen, fröhlichen Art konnte man sie nur gernhaben. Auf sie war immer Verlass.

»Nein, wir sind aufgeflogen«, berichtete Luise. »Gestern. In diesem Keller. In dem die Druckmaschine steht, mit der unsere Gruppe die Flugblätter druckt.«

Maria schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Anni kaute ruhig weiter.

»Richard hat sie in Grund und Boden geredet, die polternden Nazis, mit seinen grandiosen Ausreden, seinen erfundenen Kontakten nach ganz oben. Für mich haben sie sich nicht interessiert. Noch nicht. Richard glaubt, ich bin ebenfalls in Gefahr, weil ich Texte für die Flugblätter schreibe. Wobei er auch sagt, Frauen trauen sie nicht viel zu. Deshalb haben sie mich da im Keller nicht ernst genommen. Sollten sie aber mal«, schloss sie rebellisch.

Anni verschluckte sich an ihrem Kuchenstück und hustete. Maria schlug ihr herzhaft mit der Hand auf den Rücken. Als sie wieder atmen konnte, sagte Anni: »Luise, es ist doch klar, dass sie etwas dagegen tun müssen, wenn ihr … so was verbreitet.«

»Wir verbreiten keine Lügen«, konterte Luise wütend. Sie wusste, es hatte keinen Sinn, mit Anni darüber zu reden. Mit Anni, die ihren Siegfried vergötterte, den sie schon seit der Grundschule kannte, der in der Gestapo war, in dem sie dennoch nur das Gute sah.

»Immerhin hält Siegfried seine schützende Hand über Maria und ihre Familie«, hatte Anni einmal gesagt. »Auch wenn sie Juden sind, ihnen wird nichts geschehen.« Auch wenn sie Juden sind. Worte konnten die Liebe zu Freundinnen anzweifeln lassen. Im schlimmsten Fall zerstören. Zumindest anknacksen konnten sie. Luise hatte viel mit Anni diskutiert. Sie hatte versucht, ihr die verliebten Augen zu öffnen, aber Anni besaß auch eine sture Seite, und sie war Meisterin der Verdrängung. Gegen Sätze wie »Jeder Mensch hat das Recht, zu denken, was er möchte, das sagst du doch selbst immer, Luise«, konnte selbst eine Studentin der Philosophie nichts ausrichten.

Richard hätte es gekonnt. Zuerst ihr Dozent an der Uni, seit einem Jahr ihre Liebe. Ein angesehener Wortkünstler. Und vor ein paar Wochen hatte er um ihre Hand angehalten. »Wollen wir heiraten, Luise?« Banale Worte. Aber es hatte sich angefühlt, als ob das Glück aus ihrer Brust herausplatzen müsste.

In diesem Moment kamen ihnen zwei Soldaten entgegen. Sie trugen braune Uniformen und waren vermutlich in ihrem Alter. Sie musterten die jungen Frauen mit überheblichen, kühlen Blicken. Luise bemühte sich, heiter zu wirken, etwas Spaßiges zu den Freundinnen zu sagen. Aber Maria versteifte sich. Nur Anni lachte über Luises Scherz, lächelte dann die beiden an und grüßte sie mit »Heil Hitler«. Sie grüßten mit »Heil Hitler« zurück und gingen weiter. »So musst du das machen, Luise. Opportun sein ist auch klug«, erklärte Anni.

Luise atmete durch.

»Also, wo ist Richard?«, hakte Maria besorgt und leise nach.

»Jetzt gerade … müsste sein Zug schon in Hamburg sein, bald ist er auf dem Schiff«, antwortete Luise angespannt.

»Was?«, hakte Maria nach. »Ohne dich?«

Luise schluckte. Ihre Enttäuschung, dass er ohne sie gegangen war, kroch hervor wie eine scheue Eidechse. Luise scheuchte sie schnell wieder zur Seite. Es wäre nicht anders gegangen. Sie hatten vorher viel darüber diskutiert. Ob sie als politisch Verfolgte auswandern sollten, wie andere auch. Und wenn ja, wohin? »Jetzt werden wir verfolgt, Luise, jetzt ist es so weit. New York«, hatte Richard gesagt. »Dort kenne ich George. Er schickt mir sicher eine Bürgschaft, gibt sich als ein entfernter Verwandter aus. Und von dort aus können wir sogar mehr tun, da bin ich mir sicher.«

»Wieso nicht Paris, irgendwas in Europa? Dann sind wir näher an der Heimat«, hatte Luise erwidert.

Aber Richard hatte bestimmt den Kopf geschüttelt. »Dort dürfen Emigranten nicht arbeiten, habe ich gehört, viele leben in Armut. Und es ist mir zu nah. Wir müssen größer denken, Luise. Großes kann nur mit Großem geschlagen werden, verstehst du?«

Natürlich verstand sie.

»Ich kann George erst mal nur nach einer Bürgschaft für mich fragen, vor Ort bitte ich ihn um eine für dich. Du musst so lange alles für uns regeln. Du kannst das gut, Luise, du bist die Beste«, hatte er gesagt.

»Aber wolltet ihr nicht zusammen gehen? Ihr wollt doch heiraten«, fragte Anni jetzt verwundert nach.

»Ja, das werden wir auch. In New York«, erwiderte Luise tapfer. Sie wusste, dass Anni sie nicht verstand. »Ich reise nach. Wenn ich hier alles organisiert habe. Ich soll alles, was geht, veräußern. Wir brauchen ja Geld für einen Neuanfang. Ein bisschen hatte Richard schon vorab organisiert, sonst wäre es ja nicht so schnell gegangen. Für den Fall eines Falles. Was ist mit dir, Maria, mit euch? Kommt mit, bitte, bevor es zu spät ist«, wandte sie sich eindringlich an die Freundin.

Maria schüttelte wie immer auf diese Frage den Kopf. »Ich habe noch mal auf Jakob eingeredet. Ich habe jeden Tag Angst, dass er die Buchhandlung schließen muss. Aber er meint, wir finden einen Weg. Er will die Buchhandlung partout nicht aufgeben. Du weißt doch, wie er ist. Durch die Reichsfluchtsteuer würden wir so viel von unserem Vermögen verlieren. Es wird schon nicht noch schlimmer werden.«

»Genau«, stimmte Anni zu. »Wird es nicht. Das glaube ich auch, ganz fest.«

»Ich aber. Lasst uns alle nach New York gehen, bevor es zu spät ist, und dort unser kleines Restaurant eröffnen. Wir haben doch alle schon seit Jahren davon geträumt. Und so können wir in Amerika von den Einnahmen leben.«

»Ach, Luise, wir wollten es doch hier in Berlin eröffnen«, entgegnete Anni und biss erneut in ihren Streuselkuchen. Ein dicker Krümel fiel ihr aus dem Mund.

»Mich würden sie hier kein Restaurant mehr aufmachen lassen«, bemerkte Maria bitter. »Luise hat schon recht. Falls wir irgendwann auswandern müssen, wäre es die beste Möglichkeit, neu anzufangen. Ein kleines Lokal, etwas Eigenes. Ich liebe unsere Buchhandlung, aber von einem kleinen Restaurant kann man in einem fremden Land sicher erst mal besser leben. Luise kocht, philosophiert mit den Gästen, Anni hat das Händchen für die Inneneinrichtung, wählt die täglich frischen Blumen aus, und ich bediene und kann in meiner...

Erscheint lt. Verlag 29.9.2023
Reihe/Serie Die Glücksfrauen-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2. Weltkrieg • Erbe • Exil • Exilantinnen • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Flucht • Nazideutschland • Saga
ISBN-10 3-7517-4815-6 / 3751748156
ISBN-13 978-3-7517-4815-5 / 9783751748155
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