Apologie des Sokrates (eBook)

Neu übersetzt von Kurt Steinmann. Mit einem Nachwort von Otto Schily

(Autor)

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2023
192 Seiten
Manesse Verlag
978-3-641-30723-3 (ISBN)

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Apologie des Sokrates -  Platon
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Die legendäre Verteidigungsrede des griechischen Meisterphilosophen neu übersetzt und kommentiert
Ein hochaktueller moralisch-politischer Grundtext der Demokratie

Es ist eine dramatische Schlüsselszene der Philosophiegeschichte - und zugleich ein Tiefpunkt demokratischer Moralität: die Hinrichtung des athenischen Philosophen Sokrates durch eine ganz und gar parteiische und voreingenommene Polis-Justiz. Dem Sokrates-Schüler Platon verdanken wir die Aufzeichnung jener legendären Verteidigungsrede, die dem freiesten, besonnensten und vorurteilsfreiesten Geist der Antike zwar nicht das Leben bewahrte, aber doch ein ehrendes Andenken der Nachwelt, das seinesgleichen sucht.

Kurt Steinmann, Übersetzer von unvergleichlicher philologischer Autorität, hat sich dieses zentralen Texts der abendländischen Philosophiegeschichte angenommen - und legt damit ein außerordentlich aktuelles Buch vor, in dem Fragen der Moralität ebenso verhandelt werden wie solche der rechtlichen Legitimität staatlicher Willkür.

«Sokrates ging ins Gefängnis und nahm diesem Ort seine Anstößigkeit - es konnte kein Kerker sein, so lange er darin war ... Der Ruhm dieses Gefängnisses, der Ruhm der Gespräche, die darin geführt wurden, und das Trinken des Schierlings stellen eine der wunderbarsten Stellen der Weltgeschichte dar.» Ralph Waldo Emerson

Platon, geboren 427 v. Chr. in Athen, war ein antiker griechischer Philosoph und Schüler des Sokrates. Nach dessen Tod schrieb er die Lehre seines Meisters nieder und wurde u. a. mit seiner »Ideenlehre« zu einem der einflussreichsten Denker der europäischen Geistesgeschichte. Bis zu seinem Tod 347 v. Chr. gab er seine Gedanken zu zahlreichen wissenschaftlichen Teilgebieten an seine Schüler weiter, darunter an Aristoteles.

Vorspann

Wir schreiben das Jahr 399 vor unserer Zeitrechnung. In Athen steht an einem Februar- oder Märztag ein Siebzigjähriger vor Gericht, ein attischer Bürger, Sohn eines Bildhauers und einer Hebamme, selbst Familienvater, als ehemaliger Hoplit Kriegsveteran, jetzt philosophischer Fragesteller und moralischer Rigorist, angeklagt gleich mehrerer schwerwiegender Vergehen, die nach Meinung der Anklage die Todesstrafe rechtfertigen sollen.

Die Anklage verdankt Sokrates einem gewissen Meletos, der sich zu Jahresbeginn zur «Königshalle» in der nordwestlichen Agora zum Amtssitz des Jahresbeamten, des Archons Basileus, begeben hat. In dessen Zuständigkeitsbereich fällt nämlich die Aufsicht über religiöse Angelegenheiten und die Ahndung allfälliger Verstöße. In Begleitung seiner beiden «Fürsprecher» Anytos und Lykon erhebt Meletos schwere Anschuldigungen gegen Sokrates wegen Religionsfrevels (Asebie).

Der exakte Wortlaut des Gesetzes, auf dem die Anklage gegen Sokrates beruht, ist nicht überliefert. In der Lebensbeschreibung des Perikles («Vitae parallelae», 32,1) berichtet Plutarch 432 v. Chr. allerdings von einem Gesetzesvorschlag, wonach jeder, der «nicht an die Götter glaubt und sich in wissenschaftlichen Vorträgen mit Himmelserscheinungen befasst», gegen geltendes Recht verstoße – ein Hinweis darauf, dass Asebie in der Rechtsordnung Athens schon Jahrzehnte vor dem Prozess gegen Sokrates als offizieller Straftatbestand betrachtet wird.

Die Tragweite des hier gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurfs lässt sich indes erst ermessen, wenn man sich vor Augen führt, dass religiöses und politisches Ordnungsdenken in der Polis engstens aufeinander bezogen sind. Bei Platon findet sich der Hinweis auf die theologische Fundierung aller «nomoi», denen die Vernunft zugrunde liege, die wiederum als Gabe der Götter an die Menschen aufgefasst wird. Und bei Xenophon heißt es, «wer nach dem Gesetz des Staates handele, der handele gottesfürchtig» («Memorabilia», 1,3,1).

Dort, wo «Heiliges» und «Profanes» so sehr ineinander verschränkt sind, schließt das Vergehen mangelnden Respekts gegenüber den Göttern zwangsläufig das Vergehen mangelnden Respekts gegenüber dem Gemeinwesen, seiner göttlichen Ordnung und seiner göttlichen Gesetze mit ein. Kurzum: Wer Frevel an den Göttern übt, macht sich zugleich des Frevels am Staat schuldig.

Nach Einreichung der Klage ist der Archon Basileus aufgerufen, in einem Vorverfahren deren formale Richtigkeit zu prüfen, die Ankläger einen Eid schwören zu lassen und die Gegenüberstellung von Kläger und Angeklagtem vorzunehmen. Daraufhin bestimmt er für die Verhandlung einen freien Tag im Gerichtskalender und legt die Anzahl der Richter (Heliasten) auf fünfhundert fest (denkbar wären auch tausend oder tausendfünfhundert gewesen).

Die öffentliche Kundmachung der Klage erfolgt durch Aushängung einer geweißten Holztafel («sanis»). Gemäß dem durch Diogenes Laertios überlieferten Wortlaut steht mit Kohle darauf geschrieben: «Diese Anklage hat eingebracht und als wahr beschworen Meletos, der Sohn des Meletos, aus dem Demos Pitthos, gegen Sokrates, den Sohn des Sophroniskos, aus dem Demos Alopeke: Sokrates tut Unrecht, indem er nicht an die Götter glaubt, an die die Stadt glaubt, sondern andere, neue dämonische Wesen einführt; außerdem tut er Unrecht, indem er die Jugend verdirbt. Als Strafe wird der Tod beantragt» («Leben und Lehre der Philosophen», II, 40). Auch die Gegendarstellung des Angeklagten wird üblicherweise am selben Ort – an der Holzumzäunung des Monuments der eponymen Phylenheroen – ausgehängt (sie ist in diesem Fall nicht überliefert).

Am angesetzten Gerichtstag versammeln sich die Kandidaten für das Laienrichteramt aus den einzelnen Stadtteilen (Phylen) am frühen Morgen, da das Urteil bis zum Abend gesprochen sein muss. Als Vorbedingungen für die Eintragung in die Richterlisten der Phylen und die Berufung gelten der uneingeschränkte Besitz des athenischen Bürgerrechts und ein Mindestalter von dreißig Jahren. In einem ersten Schritt konstituiert sich der Gerichtshof aus fünfhundert durch das Los bestimmten Geschworenen in einem ausgetüftelten, jeden Manipulations- und Bestechungsversuch ausschließenden Verfahren. Als Zeichen der richterlichen Autorität erhält jeder Heliast einen Richterstab, an dessen Farbe die Zugehörigkeit zum Gerichtshof abzulesen ist.

Ist die Konstitution des Gerichtshofs abgeschlossen, wird die eigentliche Verhandlung durch ein Signal des...

Erscheint lt. Verlag 4.10.2023
Reihe/Serie Manesse Bibliothek
Manesse Bibliothek
Nachwort Otto Schily
Übersetzer Kurt Steinmann
Sprache deutsch
Original-Titel ..
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2023 • Antike • Demokratie • eBooks • Gerechtigkeit • Gerichtsprozess • Geschichte • Griechenland • Hinrichtung • Justizskandal • Legitimität • Märtyrer • Moral • moralische autorität • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Philosophie • Recht • Schierlingsbecher • Todesstrafe • Verteidigung • Verurteilung • Willkür
ISBN-10 3-641-30723-6 / 3641307236
ISBN-13 978-3-641-30723-3 / 9783641307233
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