Hedda Gabler -  Henrik Ibsen

Hedda Gabler (eBook)

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2023 | 1. Auflage
Sharp Ink (Verlag)
978-80-282-6016-3 (ISBN)
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Hedda, die Tochter des Generals Gabler, und Ehemann Jørgen Tesman sind soeben von ihrer Hochzeitsreise nach Kristiania zurückgekehrt. Jørgen Tesman ist ein fleißiger, pedantischer Mann, der während der sechsmonatigen Reise hauptsächlich an einem kulturwissenschaftlichen Buch gearbeitet hat, von dem er hofft, dass dessen Veröffentlichung ihm einen Doktortitel und eine Professorenstelle an der Universität einbringen wird. Hedda liebt Jørgen nicht. Sie betrachtet ihn mit Gleichgültigkeit; er besitzt kein Gespür für Heddas Weiblichkeit. Sie hat ihn nur geheiratet, weil sie hoffte, dass ihr diese Ehe eine geachtete gesellschaftliche Stellung sichern werde. Hedda wird die Sinnlosigkeit ihrer Ehe deutlich, als sie erfährt, dass Ejlert Løvborg wieder in der Stadt ist.... Henrik Ibsen (1828-1906) war ein norwegischer Dramatiker und Lyriker, der gegen die Moral und 'Lebenslüge' seiner Zeit zu Felde zog und im 'Kampf der Geschlechter' im Gegensatz zu August Strindberg den Standpunkt der Frau vertrat. Seine bürgerlichen Dramen zeigten ethischen Ernst und großes psychologisches Einfühlungsvermögen.

Zweiter Akt


Das Zimmer bei Tesmans, wie im ersten Akt; nur daß das Piano nicht mehr da ist und an dessen Stelle ein eleganter kleiner Schreibtisch mit Bücherfach steht. An das Sofa links ist ein kleiner Tisch gestellt. Die meisten Blumenbuketts sind entfernt. Frau Elvsteds Bukett steht auf dem größeren Tisch im Vordergrunde. – Es ist Nachmittag.

Hedda, die jetzt Empfangstoilette trägt, ist allein im Zimmer. Sie steht an der offenen Glastür und ladet einen Revolver. Ein zweiter ganz gleicher liegt in einem offenen Pistolenkasten auf dem Schreibtisch.

Hedda sieht in den Garten hinunter und ruft: Zum zweiten Mal guten Tag, Herr, Assessor!

Brack wird unten aus einiger Entfernung vernehmbar. Gleichfalls, Frau Tesman.

Hedda erhebt die Pistole und zielt. Jetzt erschieße ich Sie, Herr Assessor.

Brack ruft unten: Nein – nein – nein! Zielen Sie doch nicht so direkt auf mich!

Hedda. Das kommt davon, wenn man versteckte Wege geht!

Sie schießt.

Brack näher. Sind Sie denn ganz verrückt –!

Hedda. Mein Gott, – habe ich Sie vielleicht getroffen?

Brack immer noch draußen. Lassen Sie doch die dummen Witze!

Hedda. So kommen Sie herein, Assessor!

Brack, gekleidet wie zu einer Herrengesellschaft, einen Sommerüberzieher über dem Arm, kommt durch die Glastür.

Brack. Donnerwetter – treiben Sie den Sport noch immer? Wonach schießen Sie denn eigentlich?

Hedda. O, ich stehe nur da und schieße in die blaue Luft hinein.

Brack nimmt ihr sanft die Pistole aus der Hand. Erlauben Sie mal, gnädige Frau. Betrachtet die Pistole. Ach, die, – die kenne ich gut. Sieht sich um. Wo haben wir denn den Kasten? So, hier. Legt die Pistole hinein und macht den Deckel zu. Für heute mag es nun genug sein des grausamen Spiels.

Hedda. Ja, was in Gottesnamen, glauben Sie denn, soll ich anfangen?

Brack. Haben Sie keinen Besuch gehabt?

Hedda schließt die Glastür. Keinen einzigen. Alle die Intimen sind wohl noch auf dem Lande.

Brack. Und Tesman ist am Ende auch nicht zu Hause?

Hedda am Schreibtisch, schließt den Pistolenkasten in die Schublade ein. Nein. Wie er das Essen herunter hatte, da lief er gleich zu den Tanten hin. Denn er erwartete Sie nicht so früh.

Brack. Hm, – hätt' es mir auch denken können. Das war dumm von mir.

Hedda wendet den Kopf und sieht ihn an. Wieso dumm?

Brack. Ach, sonst wär' ich noch ein bißchen – früher gekommen.

Hedda durchmißt das Zimmer. Ja, da hätten Sie aber erst recht niemand getroffen. Denn ich war nach Tisch auf meinem Zimmer und habe mich umgekleidet.

Brack. Und gibt es da nicht so einen ganz kleinen Türspalt, durch den man hätte verhandeln können?

Hedda. Sie haben ja vergessen, so etwas anbringen zu lassen.

Brack. Das war auch dumm von mir.

Hedda. Dann wollen wir uns also hier häuslich niederlassen. Und warten. Denn Tesman kommt gewiß so bald nicht wieder.

Brack. Ja-ja, mein Gott, ich werde die Geduld nicht verlieren.

Hedda setzt sich in die Sofaecke. Brack legt seinen Paletot über den Rücken des nächststehenden Stuhles und setzt sich, behält aber den Hut in der Hand. Kurze Pause. Sie sehen einander an.

Hedda. Nun?

Brack in gleichem Ton. Nun?

Hedda. Ich habe zuerst gefragt.

Brack beugt sich etwas vornüber. Na, dann wollen wir uns mal ein bißchen gemütlich unterhalten, Frau Hedda!

Hedda lehnt sich weiter zurück ins Sofa. Kommt es Ihnen nicht wie eine ganze Ewigkeit vor, seit wir uns zuletzt gesprochen haben? – Denn die paar Worte gestern abend und heut früh – die rechne ich nicht weiter mit.

Brack. So – allein? Unter vier Augen?

Hedda. Ja. So ungefähr.

Brack. Jeden lieben Tag habe ich gewünscht, Sie möchten nur erst wieder glücklich zu Hause sein.

Hedda. Und ich habe wirklich die ganze Zeit nur denselben Wunsch gehabt.

Brack. Sie? Wahrhaftig, Frau Hedda? Und ich glaubte doch, Sie hätten sich so wunderbar auf der Reise amüsiert!

Hedda. Jawohl, glauben Sie das nur!

Brack. Aber Tesman hat das doch immerzu geschrieben.

Hedda. Ja, er! Denn er weiß nun einmal nichts Schöneres auf der Welt, als in Bibliotheken herumzustöbern. Und sich hinzusetzen und alte Pergamentblätter abzuschreiben – oder sonst dergleichen.

Brack etwas boshaft. Na, das ist doch sein Beruf hier auf Erden. Zum Teil wenigstens.

Hedda. Ja, das ist wahr. Und da kann man freilich –. Aber ich! Ach nein, lieber Assessor – ich habe mich greulich gelangweilt.

Brack teilnahmsvoll. Meinen Sie das wirklich – in vollem Ernst?

Hedda. Ja, das können Sie sich doch selber sagen –! So ganze sechs Monate keinem Menschen zu begegnen, der ein bißchen was weiß von unserm Kreise. Und mit dem man über unsere eigenen Angelegenheiten reden kann.

Brack. Ja-ja, – das würde auch ich recht sehr vermissen.

Hedda. Und nun das Aller-, Allerunerträglichste.

Brack. Nun?

Hedda. – immer und ewig zusammen zu sein mit – mit einem und demselben.

Brack nickt beifällig. Früh, und spät – jawohl. Man denke bloß, – zu allen möglichen Zeiten.

Hedda. Ich sagte: immer und ewig.

Brack. Na schön. Aber mir scheint doch, mit unserm biedern Tesman, da müßte man –

Hedda. Tesman ist – ein Fachmensch, mein Lieber.

Brack. Unstreitig.

Hedda. Und mit Fachmenschen zu reisen ist durchaus kein Vergnügen. Wenigstens nicht auf die Dauer.

Brack. Nicht einmal – mit dem Fachmenschen, den man liebt?

Hedda. O weh, – brauchen Sie doch nicht das klebrige Wort!

Brack betroffen. Wie denn, Frau Hedda?

Hedda halb lachend, halb ärgerlich. Ja, Sie sollten es nur einmal probieren! Von Kulturgeschichte reden zu hören früh und spät –

Brack. Immer und ewig –¦

Hedda. Ja – ja – ja! Und dazu die Sache mit der Hausindustrie im Mittelalter –! Das ist gar das Allergräßlichste.

Brack sieht sie prüfend an. Aber, Sagen Sie mal, – wie soll ich mir denn eigentlich erklären, daß –? Hm –

Hedda. Daß aus mir und Jörgen Tesman ein Paar geworden ist, meinen Sie?

Brack. Na ja, wir wollen uns so ausdrücken.

Hedda. Guter Gott, scheint Ihnen denn das so merkwürdig?

Brack. Ja und nein, – Frau Hedda.

Hedda. Ich hatte mich wirklich müde getanzt, lieber Assessor. Meine Zeit war um – schrickt leicht zusammen. I nein, – das möchte ich denn doch nicht sagen. Auch nicht denken!

Brack. Dazu haben Sie auch ganz gewiß keinen Grund.

Hedda. Oh, – Grund –. Sieht ihn an wie auf der Lauer. Und Jörgen Tesman, – da muß man doch sagen, das ist ein in jeder Beziehung korrekter Mensch.

Brack. So korrekt wie solid. Das ist nun einmal wahr.

Hedda. Und etwas eigentlich Komisches kann ich nicht an ihm finden. – Oder finden Sie?

Brack. Komisches ? Nei-n, – das will ich grade nicht sagen –

Hedda. Nun also. Aber ein riesig fleißiger Sammler ist er doch jedenfalls! – Da ist es doch nicht unmöglich, daß er es mit der Zeit noch einmal weit bringt.

Brack sieht sie etwas unsicher an. Ich habe geglaubt, Sie waren wie alle anderen der Meinung, es würde ein ganz hervorragender Mann aus ihm werden.

Hedda mit einem müden Ausdruck. Ja, das war ich. – Und da er nun durchaus mit aller Gewalt mich versorgen wollte –. Ich weiß nicht, warum ich es nicht hätte annehmen sollen?

Brack. Ja-ja. Von der Seite betrachtet –

Hedda. Es war doch wirklich mehr, als wozu meine anderen Verehrer bereit waren, lieber Assessor.

Brack lacht. Ja, ich kann selbstverständlich nicht für alle die anderen einstehen. Was aber mich selbst betrifft, so wissen Sie doch, ich hatte immer einen – einen gewissen Respekt vor den ehelichen Banden. So im großen Ganzen, Frau Hedda.

Hedda scherzend. Ach, auf Sie habe ich mir wahrhaftig keine Hoffnungen gemacht.

Brack. Alles, was ich begehre, das ist ein intimer Kreis von guten Bekannten, denen ich mit Rat und Tat dienen, und bei denen ich ein und aus gehen darf wie – wie ein erprobter Freund –

Hedda. Vom Hausherrn, meinen Sie?

Brack verbeugt sich. Offen gestanden, – lieber von der Hausfrau. Aber dann auch gleich vom Manne, versteht sich. Wissen Sie, – ein solches – ein solches, sagen wir, dreieckiges Verhältnis, – das ist im Grunde eine große Annehmlichkeit für alle Teile.

Hedda. Ja, ich habe manches liebe Mal auf der Reise den dritten Mann vermißt. Äh, – so unter vier Augen im Coupé zu sitzen –

Brack. Zum Glück ist die Hochzeitsreise ja nun überstanden –

Hedda schüttelt den Kopf. Die Reise dürfte noch lange, – lange dauern. Ich bin unterwegs erst bei einer Station angekommen.

Brack. Na, so hüpft man heraus. Und macht sich ein bißchen Bewegung, Frau Hedda.

Hedda. Ich hüpfe nie heraus.

...

Erscheint lt. Verlag 12.1.2023
Übersetzer Marie von Borch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 80-282-6016-0 / 8028260160
ISBN-13 978-80-282-6016-3 / 9788028260163
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