Wenn wir Toten erwachen -  Henrik Ibsen

Wenn wir Toten erwachen (eBook)

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2016 | 1. Auflage
Sharp Ink (Verlag)
978-80-282-5996-9 (ISBN)
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'Wenn wir Toten erwachen - Ein dramatischer Epilog' ist der Titel eines 3-aktigen Dramas des norwegischen Schriftstellers und Dramatikers Henrik Ibsen. Es ist sein letztes Drama vor seinem Tod 1906. Zur Handlung: Professor Rubek und Frau Maja sitzen im Park eines Badehotels. Sie sind nach vier Jahren in die Heimat zurückgekehrt, fühlen sich dort jedoch nicht mehr wohl. Das Werk, das dem Bildhauer Rubek weltweit zu Ruhm verholfen hat, ist 'Die Auferstehung', verkörpert von einer jungen Frau, die aus dem Todesschlaf erwacht. Maja erinnert Rubek an sein Versprechen, sie auf einen Berg mitzunehmen, um ihr die Herrlichkeiten der Welt zu zeigen, was er jedoch nie verwirklicht hat. Der Inspektor kommt hinzu. Rubek erzählt ihm, dass er letzte Nacht eine helle Gestalt gefolgt von einem dunklen Schatten gesehen habe... Henrik Ibsen (1828-1906) war ein norwegischer Dramatiker und Lyriker, der gegen die Moral und 'Lebenslüge' seiner Zeit zu Felde zog und im 'Kampf der Geschlechter' im Gegensatz zu August Strindberg den Standpunkt der Frau vertrat. Seine bürgerlichen Dramen zeigten ethischen Ernst und großes psychologisches Einfühlungsvermögen.

Zweiter Akt


Gegend bei einem Hochgebirgs-Sanatorium. Die Landschaft erstreckt sich als ein unermeßliches, baumloses Kammplateau auf einen langen Bergsee zu. Auf der andern Seite des Wassers steigt eine Reihe Hochgebirgskuppen, bläulichen Schnee in den Mulden, empor. Im Vordergrund links rieselt ein Bach in geteilten Streifen eine schroffe Felswand hernieder und fließt von da in ebenem Laufe nach rechts über das Plateau. Buschgestrüpp, Pflanzen und Steine längs des Bachlaufes. Im Vordergrund rechts eine Anhöhe mit einer Steinbank auf ihrem Gipfel. Es ist ein Sommernachmittag kurz vor Sonnenuntergang.

In einiger Entfernung auf dem Plateau jenseits des Baches spielt und tanzt ein Haufe singender kleiner Kinder. Sie sind teils in städtischen Kleidern, teils in Volkstracht. Frohes Lachen ist während des Folgenden gedämpft hörbar.

Professor Rubek sitzt oben auf der Bank, ein Plaid über den Schultern, und sieht dem Spiel der Kinder zu.

Bald darauf taucht Frau Maja zwischen Büschen auf dem Plateau links im Mittelgrund auf und späht, die Augen mit der Hand beschattend, umher. Sie trägt eine flache Touristenmütze, einen kurzen aufgesteckten Rock, der nur bis zur Mitte der Wade reicht, und hohe solide Schnürstiefel. In der Hand hat sie einen langen Gebirgsstock.

Frau Maja entdeckt endlich Rubek und ruft: Hallohoi!

Sie kommt über das Plateau nach vorn, springt mit Hilfe des Gebirgsstockes über den Bach und ersteigt die Anhöhe.

Frau Maja pustend. Bin ich herumgerannt und hab' Dich gesucht!

Professor Rubek nickt gleichgültig und fragt: Kommst Du vom Sanatorium herauf?

Frau Maja. Ja, jetzt eben komm' ich da aus dem Fliegenschrank.

Professor Rubek blickt sie flüchtig an. Du warst nicht bei Tisch, hab' ich bemerkt.

Frau Maja. Ganz recht. Wir zwei, wir hielten unsern Mittag unter freiem Himmel.

Professor Rubek. »Wir zwei«? Was für »zwei« ?

Frau Maja. Na, ich – und dieser greuliche Mensch, der Bärentöter. Wer sonst.

Professor Rubek. Ach so, der.

Frau Maja. Ja. Und morgen früh wollen wir wieder hinaus.

Professor Rubek. Auf Bären?

Frau Maja. Ja. Meister Petz den Garaus machen.

Professor Rubek. Habt Ihr die Spur von einem gefunden?

Frau Maja überlegen. Ich bitte Dich, hier oben auf dem nackten Kamm gibt's doch keine Bären.

Professor Rubek. Wo denn sonst?

Frau Maja. Tief drunten, an den Berghalden; da, wo der Wald am dichtesten ist und gewöhnliches Stadtvolk überhaupt nicht mehr durchkommt.

Professor Rubek. Und da wollt Ihr morgen hinunter?

Frau Maja wirft sich in die Heide. Ja, so haben wir verabredet. Aber vielleicht brechen wir auch schon heut abend auf, – vorausgesetzt, daß Du nichts dagegen hast?

Professor Rubek. Ich? Weit entfernt –

Frau Maja rasch. Übrigens begleitet uns Lars natürlich. Mit der Koppel.

Professor Rubek. Ich habe mich gar nicht erkundigt nach dem Herrn Lars und seiner Koppel. Abbrechend. Aber willst Du Dich nicht lieber ordentlich hier auf die Bank setzen?

Frau Maja müde. Nein, danke. Ich lieg' so schön in der weichen Heide.

Professor Rubek. Du bist müde, seh' ich.

Frau Maja atmet tief. Glaub' fast, ich fang's an zu werden.

Professor Rubek. Das kommt eigentlich erst hinterher; – wenn die Spannung vorüber ist –

Frau Maja in schläfrigem Ton. Ich will nur die Augen ein bißchen zumachen.

Kurze Pause.

Frau Maja plötzlich ungeduldig. Uh, Rubek, – daß Du das aushalten kannst, immerfort das Gejohle der Kinder mit anzuhören! Und diesen ewigen Bocksprüngen zuzusehen, die sie da machen.

Professor Rubek. Es liegt – in gewissen Momenten – etwas Harmonisches in ihren Bewegungen – eine Art Musik, möcht' ich fast sagen. Mag noch so viel Ungeschicklichkeit und Unbeholfenheit mit unterlaufen. Aber diese einzelnen – immer wiederkehrenden – Momente entschädigen einen dafür.

Frau Maja lacht ein wenig verächtlich. Hm, Du bist doch immer und ewig Künstler.

Professor Rubek. Und wär' froh, wenn ich's immer bliebe.

Frau Maja dreht sich auf die Seite, so daß sie ihm den Rücken wendet. Er ist keine Spur von Künstler.

Professor Rubek aufmerksam. Wer ist kein Künstler?

Frau Maja wieder in schläfrigem Ton. Er – der andre halt.

Professor Rubek. Der Bärenschütz, meinst Du?

Frau Maja. Ja. Keine Spur von Künstler ist der. Keine Spur.

Professor Rubek lächelt. Nein, da magst Du, weiß Gott, recht haben.

Frau Maja heftig, ohne sich zu rühren. Und wie häßlich er ist. Rauft ein Büschel Heidekraut aus und wirft es wieder von sich. So häßlich, so häßlich! Uh!

Professor Rubek. Gehst Du deshalb so gern mit ihm – auf die Jagd?

Frau Maja kurz. Was weiß ich. Wendet sich ihm zu. Du bist auch häßlich, Rubek.

Professor Rubek. Entdeckst Du das erst jetzt?

Frau Maja. Nein, das hab' ich längst gesehen.

Professor Rubek zuckt die Achseln. Man wird älter, Frau Maja. Man wird älter.

Frau Maja. So mein' ich's gar nicht. Aber Dein Blick hat etwas so Müdes, Entsagendes bekommen –. Wenn Du mir so – hier und da – allergnädigst einen Seitenblick schenkst –.

Professor Rubek. Das willst Du bemerkt haben ?

Frau Maja nickt. Mehr und mehr haben Deine Augen diesen schlimmen Ausdruck angenommen. Fast als ob Du etwas gegen mich im Schilde führtest.

Professor Rubek. So? Freundlich, aber ernst. Komm und setz' Dich zu mir, Maja. Wir wollen ein paar Worte miteinander reden.

Frau Maja richtet sich halb auf. Läßt Du mich auf Deinen Knien sitzen? Wie in den ersten Jahren?

Professor Rubek. Nein, das geht nicht. Man kann uns vom Hotel aus sehen. Rückt ein Stückchen. Aber hier auf der Bank kannst Du sitzen – neben mir.

Frau Maja. Nein, danke; dann bleib' ich lieber liegen. Ich hör' auch hier sehr gut. Blickt ihn fragend an. Na, also von was wolltest Du reden?

Professor Rubek beginnt langsam. Was hältst Du wohl für den eigentlichen Grund, der mich zu dieser Sommerreise bestimmt hat?

Frau Maja. Je nun, – Du hast zwar unter anderm behauptet, sie würde mir so außerordentlich gut tun, – aber –

Professor Rubek. Aber –?

Frau Maja. Aber jetzt glaub' ich weiß Gott nicht mehr daran.

Professor Rubek. Sondern –?

Frau Maja. Jetzt glaub' ich, daß Du jener blassen Dame zuliebe gereist bist.

Professor Rubek. Frau von Satows wegen –?!

Frau Maja. Ja, dieser Frau wegen, die uns auf den Fersen sitzt. Gestern abend ist sie ja auch hier aufgetaucht.

Professor Rubek. Aber was in aller Welt –!

Frau Maja. Na, Du hast sie doch so sehr gut gekannt. Längst bevor Du mich kanntest.

Professor Rubek. Und hatte sie auch wieder vergessen – längst bevor ich Dich kannte.

Frau Maja setzt sich aufrecht. Kannst Du so leicht vergessen, Rubek?

Professor Rubek kurz. Nur zu leicht. Fügt brüsk hinzu: Wenn ich vergessen will.

Frau Maja. Auch ein Weib, das Dir Modell gestanden hat?

Professor Rubek abweisend. Wenn ich sie nicht länger nötig habe –

Frau Maja. Auch eine, die sich vor Dir ausgezogen hat?

Professor Rubek. Das will nichts heißen. Dafür sind wir Künstler. Schlägt einen andern Ton an. Und dann – wenn ich fragen darf – wie hätte ich denn ahnen sollen, daß sie hier im Lande ist?

Frau Maja. Ach, Du konntest ja ihren Namen in einer Badeliste gelesen haben. In irgend einer Zeitung.

Professor Rubek. Aber ich kannte ja gar nicht den Namen, den sie trägt. Hatte in meinem Leben von keinem Herrn von Satow gehört.

Frau Maja stellt sich müde. Na, du lieber Gott, so wolltest Du eben aus irgend einem andern triftigen Grunde reisen.

Professor Rubek ernst. Ja, Maja, – es ist aus einem andern Grund geschehen, einem ganz andern Grund. Und darüber müssen wir uns endlich einmal aussprechen.

Frau Maja unterdrückt einen Lachanfall. Herrjeh, wie feierlich Du aussiehst!

Professor Rubek, indem er sie mißtrauisch zu ergründen sucht. Ja, vielleicht feierlicher als nötig.

Frau Maja. Wie –?

Professor Rubek. Und nötig dürfte es für uns beide sein.

Frau Maja. Du fängst an, mich neugierig zu machen, Rubek.

Professor Rubek. Bloß neugierig? Gar nicht ein bißchen unruhig?

Frau Maja schüttelt den Kopf. Keine Spur.

Professor Rubek. Gut. So höre denn. – Du hast jüngst im Bade unten gesagt, ich wäre Dir in letzter Zeit so nervös vorgekommen –

Frau Maja. Ja, das warst Du auch.

Professor Rubek. Und was hältst Du wohl für die Ursache?

Frau Maja. Wie kann ich wissen –? Rasch. Du hast vielleicht das ewige Zusammenleben mit mir satt bekommen ?

Professor Rubek. Ewige–? Sag' doch gleich: immer und ewige.

Frau Maja. Also: tägliches Zusammenleben. Wir zwei kinderlosen Leute, wir sind doch auch...

Erscheint lt. Verlag 13.2.2016
Übersetzer Christian Morgenstern
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 80-282-5996-0 / 8028259960
ISBN-13 978-80-282-5996-9 / 9788028259969
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