Die Theaterstücke von Gustav Freytag -  Gustav Freytag

Die Theaterstücke von Gustav Freytag (eBook)

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2015 | 1. Auflage
Sharp Ink (Verlag)
978-80-282-5492-6 (ISBN)
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'Die Journalisten' ist ein Lustspiel in 4 Aufzügen und spielt in einer deutschen Provinzhauptstadt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die 'Politik' droht, zwei alte Freunde, den Oberst Berg und den Professor Oldendorf, auseinanderzubringen. Der konservative Oberst verübelt es dem Professor, daß er sich als Journalist für die liberale Zeitung 'Union' betätigt und sich sogar als Wahlkandidat für die Kammer hat aufstellen lassen. Ehe er sichs versieht, wird der Oberst aber selbst in den Strudel der Politik und der bevorstehenden Wahlen hineingezogen. Der Gutsbesitzer Senden und der Redakteur Blumenberg von der konservativen Zeitung 'Coriolan' verstehen es, den Oberst zu bewegen, sich als Gegenkandidat Oldendorfs aufstellen zu lassen. Die beiden Gegner versuchen nun, einer den andern zum Rücktritt zu bewegen... Gustav Freytag (1816-1895) war ein deutscher Schriftsteller.

Zweiter Akt.


Erste Scene.

Gartensaal des Obersten.

Im Vordergrunde rechts Ida und Adelheid, neben Adelheid der Oberst, alle sitzend. Vor ihnen ein Tisch mit Kaffegeschirr.

Oberst (im Gespräch mit Adelheid, lachend). Eine vortreffliche Geschichte und drollig erzählt. – Ich bin seelenfroh, daß Sie bei uns sind, liebe Adelheid, jetzt wird doch etwas Anderes an unserem Tisch besprochen werden, als die leidige Politik! – Hm! Der Professor kommt heut nicht. Er fehlte doch sonst nicht zur Kaffestunde. (Pause; Ida und Adelheid sehen einander an.)

Ida (seufzt).

Adelheid. Vielleicht hat er zu arbeiten.

Ida. Oder er zürnt auf uns, weil ich heut Abend zum Feste gehe.

Oberst (ärgerlich). Dummes Zeug, du bist nicht seine Frau, nicht einmal seine erklärte Braut. Du bist im Hause deines Vaters und gehörst in meinen Kreis. – Hm ich merke, er trägt mir nach, daß ich mich neulich ausgesprochen habe. Ich glaube, ich war etwas heftig.

Adelheid (mit dem Kopf nickend). Ja, wie ich höre, etwas.

Ida. Er ist besorgt um Ihre Stimmung, lieber Vater.

Oberst. Na, ich habe Grund genug, ärgerlich zu sein, erinnere mich nicht daran. Und daß er sich noch in diese Wahlen verwickeln ließ, das ist unverzeihlich. – (Geht auf und ab) Schicke doch einmal zu ihm, Ida.

Ida (klingelt).

Karl.

Eine Empfehlung an den Herrn Professor, und wir warten mit dem Kaffe auf ihn. (Karl ab.)

Oberst. Nun, das Warten war gerade nicht nöthig, wir haben ja getrunken.

Adelheid. Meine Ida noch nicht.

Ida. Still!

Adelheid. Warum hat er sich nur als Candidat aufstellen lassen? Er hat ohnedies Geschäfte genug.

Oberst. Alles Ehrgeiz, ihr Mädchen. In diesen jungen Herren steckt der Teufel des Ehrgeizes, er treibt sie, wie der Dampf die Locomotiven.

Ida. Nein, Vater, er hat dabei nicht an sich gedacht.

Oberst. Das stellt sich nicht so nackt dar: ich will Carriere machen, oder: ich will ein gefeierter Mann werden. Das geht feiner zu. Da kommen die guten Freunde und sagen: Es ist Pflicht gegen die gute Sache, daß du – es ist ein Verbrechen gegen das Vaterland, wenn du nicht – dir ist es ein Opfer, aber wir fordern es; – und so wird der Eitelkeit ein hübscher Mantel umgehangen und der Wahlcandidat springt hervor, natürlich aus reinem Patriotismus. Lehrt einen alten Soldaten nicht die Welt kennen. Wir, liebe Adelheid, sitzen ruhig und lachen über diese Schwächen.

Adelheid. Und ertragen sie mit Nachsicht, wenn wir ein so gütiges Herz haben wie Sie.

Oberst. Ja, Erfahrung macht klug.

Karl.

Karl. Herr von Senden und zwei andere Herren.

Oberst. Was wollen die? Sehr angenehm! (Karl ab.) Erlaubt, Kinder, daß ich sie hier herein führe. Senden verweilt nie lange, er ist ein unruhiger Geist. (Die Damen stehen auf.)

Ida. Die Stunde ist uns wieder gestört.

Adelheid. Gräme dich nicht, um so mehr Zeit haben wir zu unserer Toilette. (Adelheid und Ida ab nach links.)

Senden, Blumenberg, ein dritter Herr.

Senden. Herr Oberst, wir kommen im Auftrage des Ausschusses für die bevorstehende Wahl, um Ihnen anzuzeigen, daß vom Comité einstimmig der Beschluß gefaßt worden ist, als Wahlcandidaten unserer Partei Sie, Herr Oberst, aufzustellen.

Oberst. Mich?

Senden. Das Comité bittet Sie, diesem Beschluß Ihre Zustimmung zu geben, damit noch heute Abend beim Fest den Wählern die nöthige Mittheilung gemacht werden kann.

Oberst. Sprechen Sie im Ernst, lieber Senden? Wie kommt das Comité auf den Gedanken?

Senden. Herr Oberst, der Präsident, welcher nach früherem Abkommen unsere Stadt vertreten sollte, hat es für nützlicher gehalten, sich in einem Bezirk der Provinz zu bewerben; außer ihm lebt in unserer Stadt Niemand, der so allgemein gekannt und bei der Bürgerschaft beliebt ist, als Sie. Wenn Sie unserer Bitte nachgeben, so ist unsrer Partei der Sieg gewiß; wenn Sie ablehnen, so ist die größte Wahrscheinlichkeit, daß unsere Gegner ihren Willen durchsetzen. Sie werden mit uns einverstanden sein, daß ein solcher Ausgang unter allen Umständen vermieden werden muß.

Oberst. Ich sehe das alles ein, aber gerade für mich ist es aus persönlichen Gründen unmöglich, in dieser Sache unsern Freunden zu nützen.

Senden (zu den Uebrigen). Erlauben Sie mir, dem Herrn Obersten Einiges anzuführen, was ihn vielleicht unsern Wünschen geneigt macht. (Blumenberg und der andere Herr ab in den Garten, wo sie zuweilen sichtbar werden.)

Oberst. Aber, Senden, wie konnten Sie mich in diese Verlegenheit setzen? Sie wissen, daß Oldendorf seit Jahren in meinem Hause verkehrt, und daß es für mich sehr unangenehm sein muß, ihm öffentlich entgegen zu treten.

Senden. Hat der Professor wirklich solche Anhänglichkeit an Sie und Ihr Haus, so hat er jetzt die beste Gelegenheit, sie zu zeigen. Es versteht sich von selbst, daß er sogleich zurücktreten wird.

Oberst. Ich bin davon doch nicht überzeugt; er ist in manchen Dingen sehr hartnäckig.

Senden. Tritt er nicht zurück, so ist ein solcher Egoismus kaum noch Hartnäckigkeit zu nennen. Und in diesem Falle haben Sie doch schwerlich eine Verpflichtung gegen ihn; eine Verpflichtung, Herr Oberst, welche dem ganzen Lande Schaden brächte. Außerdem hat er keine Aussicht gewählt zu werden, wenn Sie annehmen, denn Sie werden ihn mit einer nicht großen, aber sichern Majorität besiegen.

Oberst. Ist uns denn diese Majorität sicher?

Senden. Ich glaube mich dafür verbürgen zu können. Blumenberg und die anderen Herren haben sehr genaue Prüfungen angestellt.

Oberst. Dem Professor wäre es ganz Recht, wenn er vor mir retiriren müßte. – Aber nein, – nein, es geht doch nicht, mein Freund.

Senden. Wir wissen, Herr Oberst, welches Opfer wir Ihnen zumuthen, und daß Sie nichts dafür entschädigen kann, als das Bewußtsein, dem Vaterlande einen großen Dienst geleistet zu haben.

Oberst. Allerdings.

Senden. So würde man das auch in der Residenz ansehen, und ich bin überzeugt, daß Ihr Eintritt in die Kammer noch in andern Kreisen als bei Ihren zahlreichen Freunden und Verehrern große Freude hervorrufen wird.

Oberst. Ich würde viele alte Freunde und Kameraden dort treffen. (Für sich) Ich würde bei Hofe präsentirt werden.

Senden. Neulich erkundigte sich der Kriegsminister mit großer Wärme nach Ihnen; auch er muß ein Kriegskamerad von Ihnen sein.

Oberst. Freilich, wir standen als junge Hähne bei derselben Compagnie, und haben manchen tollen Streich mit einander gemacht. Es wäre mir ein Vergnügen, zu sehen, wie er in der Kammer sein ehrliches Gesicht in finstre Falten zieht; er war beim Regiment ein wilder Teufel, aber ein braver Junge.

Senden. Und er wird nicht der Einzige sein, welcher Sie mit offenen Armen empfängt.

Oberst. Jedenfalls müßte ich die Sache überlegen.

Senden. Zürnen Sie nicht, Herr Oberst, wenn ich Sie dränge, sich für uns zu entscheiden. Heut Abend müssen wir der eingeladenen Bürgerschaft ihren Abgeordneten vorstellen, es ist die höchste Zeit, wenn nicht Alles verloren sein soll.

Oberst (unsicher). Senden, Sie setzen mir das Messer an die Kehle.

(Senden winkt die Herren von der Gartenthür näher heran.)

Blumenberg. Wir wagen, in Sie zu dringen, weil wir wissen, daß ein so guter Soldat, wie Sie, Herr Oberst, seinen Entschluß schnell faßt.

Oberst (nach innerem Kampfe). Nun so sei es, meine Herren, ich nehme an. Sagen Sie dem Comité, daß ich das Vertrauen zu schätzen weiß. Heut Abend besprechen wir das Nähere.

Blumenberg. Wir danken Ihnen, Herr Oberst, die ganze Stadt wird Ihren Entschluß mit Freuden vernehmen.

Oberst. Auf Wiedersehen heut Abend! (Die Herren ab; Oberst allein, nachdenkend) Ich hätte doch nicht so schnell annehmen sollen. – Aber ich mußte dem Kriegsminister den Gefallen thun. – Was werden die Mädchen dazu sagen: und Oldendorf?

Oldendorf.

Da ist er selbst! (räuspert sich) – Er wird sich wundern, ich kann ihm nicht helfen, er muß zurücktreten. Guten Tag, Professor, Sie kommen gerade recht.

Oldendorf (eilig). Herr Oberst, in der Stadt erzählt man sich, die Partei des Herrn von Senden habe Sie als Wahlcandidaten aufgestellt; ich bitte Sie selbst um die Versicherung, daß Sie eine solche Wahl nicht annehmen würden.

Oberst. Wenn mir der Antrag gemacht worden wäre, warum sollte ich ihn nicht annehmen, so gut wie Sie? ja eher als Sie; denn die Motive, welche mich bestimmen könnten, sind jedenfalls stichhaltiger als Ihre Gründe.

Oldendorf. Also ist doch etwas an dem Gerücht?

Oberst. Gerade heraus, es ist die Wahrheit, ich habe angenommen, Sie sehen in mir Ihren Gegner.

Oldendorf. Das ist das Schlimmste von Allem, was unser Verhältniß bis jetzt getrübt hat. – Herr Oberst, konnte nicht die Erinnerung an eine Freundschaft, welche Jahre lang herzlich und ungestört war, Sie bewegen, diesen widerwärtigen Kampf zu vermeiden?

Oberst. Ich konnte nicht anders, Oldendorf, glauben Sie mir; an Ihnen ist es jetzt, sich unserer alten Freundschaft zu erinnern. Sie sind der jüngere Mann, von andern Beziehungen zu schweigen, an Ihnen ist es jetzt, zurückzutreten.

Oldendorf (eifriger). Herr Oberst, ich kenne Sie seit Jahren, ich weiß, wie...

Erscheint lt. Verlag 20.12.2015
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 80-282-5492-6 / 8028254926
ISBN-13 978-80-282-5492-6 / 9788028254926
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