Die Erbin des Bernsteinzimmers (eBook)

Roman.
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
448 Seiten
Gerth Medien (Verlag)
978-3-96122-580-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Erbin des Bernsteinzimmers -  Elisabeth Büchle
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Als Josefine von ihrem ehemaligen Klassenkameraden Fynn aufgesucht wird, ist sie mehr als irritiert: Der junge Mann, der inzwischen ein großer Abenteurer und erfolgreicher Schatzsucher ist, versucht sie davon zu überzeugen, dass ihr im Sterben liegender Großvater wissen könnte, wo das sagenumwobene Bernsteinzimmer versteckt ist. Tatsächlich gibt der geschwächte Mann ihnen Hinweise auf den Verbleib des von den Nationalsozialisten geraubten und seit 1945 verschollenen Bernsteinschatzes. Also begeben sich die beiden auf die nicht ungefährliche Suche nach diesem großen Mysterium ... Dieser packende Roman spielt auf zwei Zeitebenen - in der Gegenwart und zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Er erzählt eine Geschichte über Vertrauen, Mut und den Glauben an die Freiheit eines jeden Menschen, das Richtige zu tun - egal, wie schwierig die Umstände auch sind.

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de © Foto: Claudia Toman, Traumstoff

Elisabeth Büchle hat zahlreiche Bücher veröffentlicht und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen ist die Mischung aus gründlich recherchiertem historischen Hintergrund, abwechslungsreicher Handlung und einem guten Schuss Romantik. Sie ist verheiratet, Mutter von fünf Kindern und lebt im süddeutschen Raum. www.elisabeth-buechle.de

Prolog

1837 – Zarskoje Selo

WILHELM

»Freiheit« war nach Wilhelms Auffassung etwas, was innerhalb eines eng gesteckten Rahmens stattfand. Dabei war dem Fünfzehnjährigen bewusst, dass die Begrenzungen seines Lebens durchaus enger waren als noch vor fünf Jahren. Zugleich aber bedeutend weiter als jene, mit denen die meisten anderen Menschen im russischen Reich leben mussten. Für den Sohn eines deutschen Kochs, der von der Zariza Alexandra Fjodorowna höchstpersönlich nach St. Petersburg beordert worden war, war es nun mal vorgesehen, dass er in die Fußstapfen seines Vaters trat.

Also lernte Wilhelm, die exquisitesten Speisen zuzubereiten, sowohl in überschaubaren als auch in ausufernden Mengen. Man brachte ihm bei, die Beiköche und Küchengehilfen anzuleiten und sie gelegentlich auch zurechtzuweisen, damit er einst eine gesicherte Anstellung als erster Koch der Zarenfamilie einnehmen könnte. Dabei interessierte es niemanden, dass Wilhelm den Geruch von heißem Fett hasste. Und dass er stets dagegen ankämpfte, sich nicht zu übergeben, sobald ihm das in die Nase stieg, was sein Vater und die Zarenfamilie den »delikaten Duft eines perfekt zubereiteten Fischgerichts« nannten.

Wahre Freiheit würde für Wilhelm bedeuten, nicht tagein, tagaus in der Küche stehen zu müssen, um den Anforderungen von Zar Nikolaus I. gerecht zu werden, vor allem aber denen seines Vaters. Wie gern würde er wieder zur Schule gehen. Schließlich gab es noch so viele wunderbare Geheimnisse zu ergründen, die ihm nun wohl für immer verschlossen bleiben würden.

Das laute Bellen eines Hundes, dem sich ein tiefes, grollendes Knurren entgegenstellte, ließ Wilhelm erschrocken den Kopf heben. Er hatte seine Pause dazu genutzt, sich im Lustgarten des Katharinenpalasts herumzudrücken. Versteckt hinter Schatten spendenden Bäumen und hohen Hecken war er gedankenverloren von einer Statue zur nächsten spaziert und hatte sich wieder einmal seinen unerfüllbaren Träumen hingegeben. Er hatte Traumschlösser erbaut, die größer waren als jene, in denen die Zarenfamilie abwechselnd wohnte, und die täglich von der Realität eingerissen wurden.

Da er hier keinesfalls erwischt werden wollte, spickte Wilhelm vorsichtig an einer Strauchreihe vorbei. Was er sah, brachte sein Herz zum Stolpern.

Ein großer dunkelbrauner Hund, vermutlich der eines Gastes, bedrohte das verwöhnte Windspiel von Zarewna Olga. Dem Tier troffen Sabberfäden aus dem Maul, dann schnappte es mit seinen langen, spitzen Zähnen boshaft zu. Der wendige kleine Windhund entzog sich dem Angriff durch eine schnelle Drehung, war allerdings nicht bereit, das Feld zu räumen. Vielleicht weil er zu verspielt war, vielleicht aber auch, weil er wie die Zarensprösslinge um seinen Wert und seine Freiheiten wusste. Nur dass man das dem zotteligen Angreifer nicht gesagt hatte …

Ohne über die Folgen nachzudenken, stürzte Wilhelm hinter der Hecke hervor und klatschte mehrmals kräftig in die Hände, da er die Aufmerksamkeit des angriffslustigen Tieres auf sich lenken wollte. Dann packte er den nun einigermaßen verwirrt dreinblickenden Köter im Nacken und zerrte ihn von Olgas Schoßhündchen fort, das erneut wütend kläffte, als hätte es selbst den Sieg über den unfreundlichen Artgenossen errungen.

Wilhelm hatte das raue Fell des Hundes zwar fest im Griff, wusste aber nicht, was er als Nächstes tun sollte. Vor allem weil sich die Aggression des Tieres nun gegen ihn richtete. Angst bemächtigte sich seiner. Er sah sich bereits mit zerbissener, blutüberströmter Hand.

Ein lauter Pfiff gellte durch den Garten und wurde von der türkisblauen Fassade der pompösen Sommerresidenz mit den weißen und goldenen Schmuckelementen zurückgeworfen. Der Hund hielt plötzlich ganz still und schickte sich an davonzurennen. Erleichtert ließ Wilhelm ihn gewähren, wirbelte aber herum, als er eine aufgeregte Mädchenstimme vernahm.

»Merci beaucoup.«

Keine vier Meter von ihm entfernt kauerte Olga. Die Zarewna hatte sich aus Angst vor dem fremden Hund unter einer der vielen Buchsbaumhecken versteckt. Nun erhob sie sich und schüttelte den cremefarbenen Rock ihres Kleides aus. Sie kam auf Wilhelm und ihr Schoßhündchen zu, das neugierig an Wilhelms weißer Hose schnupperte, wohl fasziniert von den Essensgerüchen, die der Dienstkleidung anhafteten.

Wilhelms Gesicht lief rot an. Von den sieben Zarenkindern war Olga ihm das liebste. Nicht nur weil sie beide gleichaltrig waren, sondern auch weil das Mädchen sanfteren Gemüts war als die übrigen Geschwister; freundlicher zu den Bediensteten. Wenn er ihr einmal zufällig begegnete – was zu Wilhelms Bedauern viel zu selten geschah –, grüßte sie ihn stets mit einem zurückhaltenden Lächeln. Seiner Meinung nach ging Olga mit weitaus weniger Arroganz durchs Leben als ihre Schwestern, und im Gegensatz zu ihren Brüdern zeigte sie keinerlei Freude an dummen Possen, die mitunter auch den Angestellten gespielt oder ihnen in die Schuhe geschoben wurden. Denn wer widersprach schon einem Zarewitsch?

Olga, von ihren Geschwistern liebevoll Olly genannt, sprach weiter auf Wilhelm ein, gleichzeitig streichelte sie das kurze graue Fell des Windspiels.

Da er kein Wort Französisch verstand, zog Wilhelm nur hilflos die Schultern hoch. Dabei fiel ihm siedend heiß ein, dass er der Großherzogin mehr Respekt erweisen sollte, also vollführte er einen ungelenken Diener.

Das Mädchen lachte glockenhell auf und redete einfach weiter. Das kannte er so nicht von ihr; immerhin beobachtete er sie und ihre Geschwister häufig, wobei sie stets in sich gekehrt, ja schüchtern wirkte. Olga war die Stille, die Sanftmütige, diejenige, über die viele Bedienstete sagten, für die Verheiratung in ein anderes Herrscherhaus habe sie entschieden zu wenig Selbstbewusstsein, Eleganz und Schönheit mit auf den Weg bekommen.

Wilhelm hingegen fand sie einfach wunderbar! Allerdings würde er wirklich gern wissen, was sie ihm da gerade erzählte, denn ihr Wortschwall ging weit über ein einfaches Dankeschön für die Rettung ihres Hundes hinaus.

»Ich kann Sie leider nicht verstehen«, wagte er, sie zu unterbrechen und bediente sich dabei der russischen Sprache. Seine Stimme klang seltsam rau.

Olga verstummte und neigte leicht den Kopf. Nun war es an ihr, die Schultern hochzuziehen.

Wilhelm geriet ins Schwitzen. War sein Russisch denn so schlecht? Er war in St. Petersburg geboren worden und zur Schule gegangen. Zu Hause hatten sie sich zwar immer auf Deutsch unterhalten, aber für den Unterricht hatte er sich die Landessprache aneignen müssen.

Olga stemmte ihre gepflegten blassen Hände in die pummelige Taille, wo eine schmale grüne Schärpe saß, und gab betont langsam einige französische Worte von sich. Jetzt erst wurde Wilhelm bewusst, dass die Zarewna seine Worte ebenso wenig verstanden hatte wie er ihren Redeschwall auf Französisch.

Irritiert trat er einen Schritt zurück. War das tatsächlich möglich? Konnte die erste Familie des Landes das russische Volk führen, ohne dessen Sprache zu sprechen? Damit erklärte sich ihm zumindest ansatzweise die Unzufriedenheit vieler Russen, die sich in gelegentlichen Gewaltakten gegen den Zarenhof entlud. Natürlich fühlten sie sich nicht ernst genommen, nicht gehört, nicht … verstanden.

Sein Vater hatte Wilhelm vor einigen Jahren dabei erwischt, wie er Olga und ihre beiden Schwestern beobachtet hatte. Die Mädchen waren bei der Grotte am Großen Teich spazieren gegangen, und Wilhelm hatte versucht, ihnen unauffällig zu folgen. Der Koch hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und von einem goldenen Käfig gesprochen, von Menschen, die trotz Macht und Reichtum unfrei waren.

Damals hatte Wilhelm nicht begriffen, was sein Vater ihm damit sagen wollte – außer dass er sich nicht von der Zarenfamilie erwischen lassen durfte und dass die Mädchen tabu für ihn waren. Als Zehnjähriger hatte er darüber nur die Augen verdreht, heute war diese Tatsache jedoch ein Teil dessen, was ihn in seiner Freiheit beschnitt.

Doch der Rahmen, in dem Olga sich bewegen konnte, war offenbar noch deutlich enger als sein eigener. Dies begriff Wilhelm in dem Augenblick, als ihm bewusst wurde, dass Olga nicht einmal die eigene Landessprache beherrschte. Sie verstand weder die Bäckersfrau oder den alten Buchhändler in Zarskoje Selo noch das Marktweib, das in St. Petersburg Obst feilbot. Und niemand dort draußen verstand sie. Außerhalb des schützenden Kokons der gewaltigen Palastmauern, in denen die Zarenfamilie residierte, war Olga verloren. Wie ein kleines Boot auf dem Meer, das von den Wellen nicht getragen, sondern vielmehr verschlungen wird.

Wilhelm hatte zwar nicht die Freiheit, Olga zu umwerben, aber er war frei, sie zu bewundern und auf sie achtzugeben, wenn sie durch den Park spazierte. Frei, ihr zu wünschen, dass sie lieben, leben und glücklich sein durfte.

»Du kommst mit? Bitte!« Ein paar Brocken Deutsch hatte Olga bei ihrer Mutter wohl doch aufgeschnappt. Wilhelm atmete erleichtert auf, sah sich dann aber voller Unbehagen um. Er stand schon viel zu lange hier allein mit der jugendlichen Großfürstin. Zudem war seine Pause zu Ende. Sein Vater würde toben, schließlich war es nicht...

Erscheint lt. Verlag 13.3.2023
Verlagsort Asslar
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1945 • Bernsteinschatz • Bernsteinzimmer • Elisabeth Büchle • Historischer Roman • Nationalsozialismus • Nationalsozialisten • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-96122-580-X / 396122580X
ISBN-13 978-3-96122-580-4 / 9783961225804
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