Die Farben unserer Träume (eBook)

Roman

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
448 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-30145-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Farben unserer Träume -  Lilli Beck
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»Welche Farben hat der Regen?« - »Die Farben unserer Träume, wenn du in meinen Armen liegst.«
München, 1965. Die 17-jährige Anna hat sich in ihrer Familie schon immer fremd gefühlt. Mit ihren dunklen Locken sticht sie buchstäblich wie das schwarze Schaf der Sonnlechners hervor. Und während ihre Eltern und ihre Schwester das unaufgeregte bürgerliche Leben genießen und den familieneigenen Friseursalon mit Eifer betreiben, sehnt sie sich nach Freiheit und Abenteuer. Vor allem das Malen - das Spiel mit unzähligen Farben und Formen - hilft ihr dabei, ihren Träumen Ausdruck zu verleihen. Als Anna eines Tages auf einen alten Brief stößt, in dem von einem Findelkind die Rede ist, wird sie stutzig: Könnte sie dieses Kind sein? Sie begibt sich auf die Suche nach ihren wahren Wurzeln - und findet dabei nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu ihrer großen Liebe ...

Weitere historische Romane von Lilli Beck bei Blanvalet:
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Wenn die Hoffnung erwacht

Lilli Beck wurde 1950 in Weiden/Oberpfalz geboren und lebt seit vielen Jahren in München. Nach der Schulzeit begann sie eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. 1968 zog sie nach München, wo sie von einer Modelagentin in der damaligen In-Disko Blow up entdeckt wurde. Das war der Beginn eines Lebens wie aus einem Hollywood-Film. Sie arbeitete zehn Jahre lang für Zeitschriften wie Brigitte, Burda-Moden und TWEN. Sie war Pirelli-Kühlerfigur und Covergirl auf der LP Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz von Marius Müller-Westernhagen.

2


DAS FENSTER IM zweiten Stock zur Wohnküche der Sonnlechners war an diesem Abend lange erhellt. Zudem hatte Xaver den gusseisernen Küchenherd mit einer doppelten Ladung Holz und Briketts zum Glühen gebracht, und schon nach kurzer Zeit war es in dem mit Eckbank, Holztisch, gepolsterten Stühlen und einem schönen Büfett recht heimelig eingerichteten Raum so warm, dass Xaver sein Hemd aufknöpfte und im Unterhemd dastand.

»Es ist heiß wie im Hochsommer, ich überleg, ob ich meine Badehose anziehen soll.«

»Willst das Kind verschrecken?« Traudl saß auf der Bank am Küchentisch, die kleine Anna auf dem Arm an ihre Schulter gelehnt, und klopfte ihr sanft auf den Rücken, damit sie aufstoßen konnte.

Vorhin hatte sie das Baby mit der angegrauten Windel, die um die Kette geschlungen war, frisch gewickelt und den Popo mangels Penaten Creme mit der im Salon vorrätigen Nivea Creme versorgt. Zum Glück waren der Strampler und das Jäckchen nicht durchnässt, sonst hätte sie die kleine Anna in eine Decke wickeln müssen. Xaver hatte derweil den Krimskrams aus der oberen Schublade der Kommode im Wohnzimmer geleert. Mit Handtüchern und einem Pullover wurde daraus eine provisorische Schlafstatt für Anna, die Traudl heute Nacht neben ihr Bett stellen wollte. Nach dem Wickeln hatte Anna ein Fläschchen mit Haferschleim getrunken, das ihr geschmeckt hatte, genau wie in dem Brief stand. Traudl hatte zum Glück Haferflocken im Haus, sonst hätte sie den Xaver zu den Nachbarn geschickt. Es war eine sehr hilfsbereite Nachbarschaft, wo man sich gern mit einem Ei, einer Tasse Zucker oder anderen Kleinigkeiten aushalf. Das Haus und der Laden waren offiziell noch im Besitz von Xavers Eltern. Überschreiben wollte die Alten aber erst, wenn Nachwuchs da wäre, und genau darüber dachte Traudl jetzt nach.

»Weißt, was ich mir grad überlege?«

»Dass wir frische Luft brauchen und ich das Fenster aufmachen soll?« Xaver wischte sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn.

Traudl lachte. Sie war so unfassbar froh über das Baby in ihren Armen, dass jeder von Xavers Scherzen sie noch glücklicher machte. Auch wenn sie dieses Kind nicht geboren hatte, fühlte es sich doch schon ein klein wenig so an, als sei es ihr eigenes. »Nein, da liegst ganz falsch, ich hab an deine Eltern gedacht. Ob sie uns den Laden endlich notariell übergeben, wo wir jetzt den lang ersehnten Nachwuchs haben? Ich …«

»Jessas, die Eltern hab ich glatt vergessen«, unterbrach Xaver sie erschrocken. »Was sollen wir denn sagen, woher wir plötzlich ein Kind haben? Mei, oh mei, noch keinen Tag im Haus, und schon bringt so ein Baby alles durcheinander. Na, des kann ja was werdn …«

»Jetzt übertreibst aber …« entgegnete Traudl. »Wir werden die Wahrheit sagen, die ist so traurig, dass sie jeden erbarmt. Außerdem ist mit Lügen noch niemand weit gekommen.«

»Wennst meinst …«

Traudl war aufgestanden und lief mit Anna auf dem Arm durch die geräumige Wohnküche. »Aber zuerst haben wir noch andere Sorgen. Was machen wir mit meinen Terminen am morgigen Samstag? Mit dem Kind kann ich doch nicht arbeiten.«

»Ach, so kleine Kinder schlafen doch den ganzen Tag.«

Traudl schüttelte den Kopf. »Manche tun das, das Baby von der Frau Angermeier, die vorn am Eck wohnt, schläft angeblich rund um die Uhr, aber ob Anna auch so eine Vielschläferin ist, weiß ich doch nicht. Sie allein in unserer Wohnung liegen und dann schreien zu lassen, bringe ich nicht übers Herz. Wo sie doch gerade erst ihre Mutter verloren hat. Nein, nein, wir müssen uns was überlegen. Auch, woher wir Windeln, eine schöne Ausstattung, Spielsachen, ein Bettchen und einen Kinderwagen mit Kissen und Polster bekommen.«

Xaver zuckte hilflos mit den Schultern. »Du weißt doch, Traudelchen, wenns drauf ankommt, rasiere ich fünf Männer in einer halben Stund nach allen Regeln der Baderkunst. Aber bei Frauensachen kenn ich mich nicht aus.«

Traudl seufzte. Xaver war ein fleißiger Friseur und ein braver Ehemann, und sie liebte ihn immer noch genauso wie vor zehn Jahren, als er bei ihren Eltern um ihre Hand angehalten hatte. Er half ihr auch im Haushalt, da war er sehr modern, aber jetzt war er hilflos wie ein kleiner Bub und trotzdem einfach zum Küssen.

Aber Küsse halfen natürlich nicht weiter, deshalb würde sie das Kommando übernehmen. »Das macht nichts, Xaver, wir werden das Kind schon schaukeln, gell, meine kleine, goldige Anna?« Sie küsste das Baby auf die Wange, das genau in diesem Moment aufstieß und den letzten Schluck Haferschleim auf Traudls grünen Pullover spuckte.

»Oh mei, oh mei.« Xaver riss erschrocken die blaugrauen Augen auf. »Sie wird doch nicht krank sein?«

»Nein, nein, das ist ganz normal bei Babys, musst dir keine Sorgen machen. Und jetzt zieh dein Hemd wieder an, eine anständige Joppen darüber und geh hinunter zu deinen Eltern.«

»Es ist doch schon viel zu spät«, wandte Xaver ein.

»Gerade mal acht Uhr, wahrscheinlich sitzen sie vor dem Radio und hören die Abendnachrichten«, vermutete Traudl.

»Hm …« Xaver war in das Hemd geschlüpft und knöpfte es bis zum letzten Kragenknopf zu. »Und was soll ich sagen, was ich so spät noch will?«

»Dass eine Überraschung auf sie wartet.«

»Na, die werden Augen machen.« Händereibend verließ Xaver die Küche.

Zehn Minuten später kam er in Begleitung seiner Eltern zurück. Seine Mutter Fanny, eine resolute kleine Frau, die keine Arbeit scheute, hatte zusammen mit ihrem Mann Josef bis 1945 noch täglich im Salon gestanden. Josef, Xavers Vater, war wegen einer Rückenverletzung, die er sich im Großen Krieg an der Westfront zugezogen hatte, nicht eingezogen worden. Aber Xaver hatte in Frankreich gekämpft und war zu Traudls großer Erleichterung unbeschadet zurückgekehrt.

Als Fanny das Baby in Traudls Armen sah, blieb sie abrupt auf der Türschwelle stehen.

»Wie kommt ihr denn zu einem Kind?«, fragte Josef, der seine Frau in die Küche schob. »Geh bittschön hinein, damit wir die Tür zumachen können, sonst weht die teure Wärme in den kalten Flur hinaus.«

Fanny, den Blick auf die kleine Anna gerichtet, ließ sich auf einen Stuhl am Küchentisch fallen. »Also, jetzt bin ich gespannt, weil, deines kann es ja nicht sein«, stellte sie fest und musterte ihre Schwiegertochter misstrauisch, als habe diese das Kind aus einem Kinderwagen geraubt.

»Es wurde einfach vor dem Salon abgestellt! Vor einer Stund hab ich Babyweinen gehört, und als ich nachgschaut hab, war ein Korb mit dem armen Bobberl vor der Tür gestanden«, erklärte Traudl und wandte sich an Xaver: »Zeigst der Mutti am besten den Brief.«

Xaver nahm den Brief aus dem Umschlag und reichte ihn seiner Mutter. »Eine ganz traurige G’schicht.«

Fanny Sonnlechner holte ihre Lesebrille aus der Küchenschürze. Monoton murmelnd las sie den Brief, als würde sie einen Rosenkranz beten, wobei sich ihre Miene mit jeder Zeile verdunkelte und die steile Falte zwischen ihren Augenbrauen immer tiefer wurde. Am Ende angelangt, faltete sie die Blätter bedächtig zusammen, legte sie auf den Tisch und ihre Hände darüber, als wolle sie den Inhalt schützen. »So viel Schlechtigkeit auf der Welt … die arme Frau …«

»Und das da ist quasi Annas Mitgift.« Xaver legte die Kette mit dem Herzanhänger auf den Küchentisch.

Einige Minuten lang starrten Fanny und Josef schweigend auf das Schmuckstück, bis Anna sich unerwartet mit Gebrüll meldete.

Fanny tippte sofort auf Hunger und sprang auf, um einen Mehlbrei zu kochen. »Den hast du auch gern gegessen, Xaver, und schau dich an, wie groß und stark du geworden bist«, sagte sie mit mütterlicher Zufriedenheit in der Stimme.

»Dankschön, Mutti, aber Hunger kann sie nicht haben, sie hat grad ein Flascherl getrunken«, sagte Traudl.

Die Frauen rätselten ein wenig, warum Anna weinte, und kamen überein, dass es nur eine Blähung war, da sie sich schnell wieder beruhigte.

Als die kleine Anna erschöpft vom Trinken und Weinen in Traudls Armen einschlief, unterhielten sich die Ehepaare im Flüsterton weiter über die anstehenden Probleme. Allen voran Traudls Termine, und wer sie morgen übernehmen konnte.

Josef Sonnlechner war der Meinung, Findelkinder würden lebenslang nur Sorgen bereiten; daran änderten auch kostbare Juwelen nichts, Traudls Termine, nicht nur die für morgen, seien dagegen das kleinere Übel. Man wisse nichts über die Eltern, der Vater könne ein Verbrecher sein und dem Kind die schlechten Eigenschaften vererbt haben. Sie sollten es der Polizei übergeben, die wüssten am besten, was zu tun sei.

Xaver hatte bei dem kleinen Vortrag seines Vaters den Kopf gesenkt, aber geschwiegen, und Traudl ahnte, dass er ihm insgeheim zustimmte.

Fanny schüttelte den Kopf, überhaupt nicht einverstanden mit der Meinung ihres Mannes. »So ein Schmarrn, Josef, nur weil unser Sohn auch ein begabter Friseur ist und damit dein Talent geerbt hat, ist das noch lange keine Garantie, dass sich alle Eigenschaften vererben. Außerdem schreibt die Frau doch, dass sie Traudl und Xaver ganz bewusst ausgesucht hat.« Fanny blickte von Schwiegertochter zu Sohn. »Hast du vielleicht eine Idee, wer sie sein könnte? Sie muss euch kennen, jedenfalls lese ich das heraus.«

»Vielleicht ist sie eine ehemalige Kundin, als es ihr noch besser ging. Dass wir Kinder wollen, weiß praktisch jeder«, meinte Xaver.

Fanny seufzte aus...

Erscheint lt. Verlag 24.5.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1960er Jahre • 2023 • Adoption • Carmen Korn • Charlotte Roth • Deutsche Autorin • Dramatische Liebesromane • eBooks • Erste Liebe • Familie • Frauenschicksal • Frauenunterhaltung Neuerscheinung 2023 • Geheimnis • Geschenk für Frauen • Glück und Glas • Große Gefühle • Historische Liebesromane • Historischer Liebesroman • Historische Romane • Historischer Roman • Liebesromane • Malerei • Mehr als tausend Worte • München • Neuerscheinung • Schwestern • Stay away from Gretchen • Suche nach Identität • Susanne Abel • Träume verwirklichen • Wie der Wind und das Meer
ISBN-10 3-641-30145-9 / 3641301459
ISBN-13 978-3-641-30145-3 / 9783641301453
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