Geteiltes Land - Zwischen Verlust und Liebe (eBook)

Roman einer deutschen Familie

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
336 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60422-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geteiltes Land - Zwischen Verlust und Liebe -  Farina Eden
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Gespaltenes Land, gespaltene Herzen - eine Familie, zerrissen zwischen Ost und West Berlin 1964: Nach der Haft darf Gesine ausreisen, doch die Frage, was mit ihrem Kind passiert ist, lässt sie nicht los. Gesines Schwester Sonja steht wegen DDR-kritischer Aussagen unter besonderer Beobachtung. Dass für ihre Überwachung ein enges und geliebtes Familienmitglied angeworben wurde, weiß Sonja nicht. Und so vertraut sie sich ihren Liebsten an, nicht ahnend, dass sie in eine Falle laufen könnte. Mutter Lotte bleibt mit ihrer jüngsten Tochter Lydia in Ostberlin. Denn beim Nesthäkchen der Familie zeigt sich ein sportliches Talent, das Lotte von einer besseren Zukunft träumen lässt. Inspiriert von der eigenen Geschichte der Autorin Farina Eden ist selbst im Osten Berlins und damit in der DDR aufgewachsen. Ein Teil ihrer Familie reiste in den Westen aus, weshalb die in der DDR verbliebenen Angehörigen politischem Druck ausgesetzt waren. Diese Erfahrung diente der Autorin als eine Inspiration für die Trilogie, der jedoch keine einzelne Familienbiografie zugrunde liegt. Vielmehr hat sie verschiedenste historisch belegte Ereignisse zusammengetragen und zu einer »exemplarischen Familiengeschichte« verwoben. Farina Edens  mitreißende DDR-Saga, für die Leser:innen von Claire Winters »Kinder ihrer Zeit« und Ulrike Schweikerts »Friedrichstraßensaga« sowie für Fans der Serie »Weißensee«.

Farina Eden, 1977 in Berlin geboren, entdeckte bereits als Kind ihre Begeisterung für Bücher und begann früh mit dem Schreiben. Nach Schule und Abitur fand sie einen Weg, die Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Beruf zu verbinden. Sie studierte Deutsch und Englisch und unterrichtet heute an einer Realschule in Baden-Württemberg. Historischer Roman, Liebesroman, Jugendbuch oder Kurzgeschichten - Farina Eden ist in vielen Genres zuhause. 

Farina Eden, 1977 in Berlin geboren, entdeckte bereits als Kind ihre Begeisterung für Bücher und begann früh mit dem Schreiben. Nach Schule und Abitur fand sie einen Weg, die Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Beruf zu verbinden. Sie studierte Deutsch und Englisch und unterrichtet heute an einer Realschule in Baden-Württemberg. Historischer Roman, Liebesroman, Jugendbuch oder Kurzgeschichten – Farina Eden ist in vielen Genres zuhause. Die dreibändige DDR-Saga ist inspiriert von wahren Begebenheiten und der eigenen Familiengeschichte der Autorin.

Kapitel 1


Sonja


Dienstag, 5. März 1963


Sie hätte an ihren Schal denken sollen. Genau das fiel Sonja ein, als sie an diesem ersten Dienstag im März die Treppen aus dem U-Bahn-Schacht nach oben stieg und ihr ein eisiger Wind um die Ohren pfiff.

Sie schlug ihren Mantelkragen hoch und hielt die Enden zusammen. Innerhalb weniger Sekunden waren auch die Finger ihrer rechten Hand eiskalt. Sie war zu spät aufgestanden, wie so oft, hatte nicht eingesehen, trotz aller Hektik auf ihr Frühstück zu verzichten, und war am Ende in eine viel zu späte Bahn gestiegen.

Dabei hatte sie sich doch so fest vorgenommen, zukünftig pünktlich zu sein – was nicht etwa an ihrer Lehrstelle lag, sondern allein an der Tatsache, dass sie Schmidtke nicht enttäuschen wollte. Der Schneidermeister würde seine buschig-grauen Augenbrauen unwillig zusammenziehen, über seinen wuchernden, ebenso grauen Backenbart streichen und dann wortlos den Kopf schütteln. Er würde sie den halben Tag lang mit Schweigen strafen, und das ertrug Sonja nicht, denn sie liebte die Geschichten, die der herzliche Mann zum Besten gab.

Karl Schmidtke war Schneider mit Leib und Seele. Seine Stimme war ein einziges sonores Brummen und von einer Wärme, die sie wehmütig daran erinnerte, dass sie ohne Großvater aufgewachsen war.

Während die Passanten um sie herum ihre Augen fest auf das Kopfsteinpflaster richteten, um sich vor dem kalten Wind zu schützen, sah Sonja hoch und ließ ihren Blick lächelnd über den Bebelplatz schweifen. Sie hatte Glück im Unglück gehabt, das wurde ihr jeden Morgen aufs Neue bewusst. Sie glaubte es selbst kaum, doch die Lehre, die man ihr aufgezwungen hatte, machte ihr inzwischen Spaß.

Sie hatte immer Abitur machen und studieren wollen, doch das war ihr verwehrt worden. Ihr Vater lebte im Westen, und ihre Schwester war ein, wie sie es nannten, kriminelles Subjekt, das nach langem Gefängnisaufenthalt ebenfalls in den Westen übergesiedelt war.

Wie es dazu gekommen war, wusste Sonja bis heute nicht. Natürlich hatte sie Gesine in Briefen danach gefragt, doch ihre Schwester sprach und schrieb nie davon, warum man sie lange vor dem Ende ihrer Haftstrafe nicht nur entlassen, sondern auch hatte ausreisen lassen.

Doch nicht nur die Lebensumstände ihres Vaters und ihrer Schwester hatten dazu geführt, dass sie ihren Traum vom Studium der Journalistik hatte begraben müssen. Auch sie war schon im Alter von vierzehn Jahren in der Schule auffällig geworden, als sie den »Erlkönig« von Goethe in eine Art Anleitung zur Flucht umgedichtet hatte. Damals wie heute sträubte sich alles in ihr gegen die Bevormundung und die Überwachung, unter denen sie leben musste.

Mit viel Glück hatte sie noch die zehnte Klasse beenden dürfen, jede weitere Schullaufbahn verwehrte man ihr jedoch mit der Begründung, dass sie erst einmal zu einem wertvollen Mitglied der sozialistischen Gesellschaft werden müsste.

Dann also Schneiderin. Warum auch nicht? Es machte keinen Unterschied mehr, was genau sie lernte. Ihren Traum hatte sie vorübergehend begraben, und ob sie nun Schneiderin oder Verkäuferin wurde, war vollkommen unwichtig, denn sie würde nicht bleiben. So einfach war das. Ihr Vater Max lebte in Freiheit. Ihre Schwester hatte es geschafft, wenn auch auf sehr beschwerlichem Weg und mit dem unvorstellbar grausamen Verlust ihres Kindes. Und Sonja selbst, das hatte sie sich geschworen, würde ganz sicher nicht aufgeben, ehe auch sie ihr Ziel erreicht hatte.

Doch fürs Erste lernte sie nun Nähen bei Karl Schmidtke, einem überaus freundlichen und geschickten älteren Herrn, der es tatsächlich schaffte, die Begeisterung für seine Arbeit auch auf seine Schützlinge zu übertragen.

Mitten auf dem Bebelplatz blieb Sonja stehen. Sie musste zugeben, dass sie auch auf ihre Ausbildungsstätte stolz war. Sie lernte das Schneiderhandwerk nicht etwa in irgendeiner kleinen Hinterhofwerkstatt, sondern in der hauseigenen Schneiderei der Berliner Staatsoper Unter den Linden.

»Das ist ein Privileg, sag ick Ihnen«, hatte Schmidtke ihr und den anderen fünf Mädchen in der Werkstatt gleich am ersten Tag erklärt. Dabei sprach er in einem Kauderwelsch, das seine Berliner Schnauze verstecken sollte, was jedoch nie ganz gelang.

»Schon allein das Gebäude, nich wahr? Erinnert an alte englische Landsitze. Mutet dieser Giebelportikus nicht monumental an?«, hatte er in die Runde gefragt und dabei beifallheischend mit den Händen herumgefuchtelt.

»Keine Ahnung, wovon der Mann spricht«, hatte ihr das Mädchen zugeflüstert, das direkt neben ihr saß und sich ihr später als Dorothea Hofer vorgestellt hatte. Dummerweise war Schmidtkes Gehör wider Erwarten ausgesprochen gut.

»Ts«, hatte er gezischt. »Von nix ’ne Ahnung, die jungen Dinger.« Dann hatte er ihnen lang und breit erklärt, dass ein Portikus nichts anderes ist als ein Säulengang.

»Fräulein Hofer, selbst Ihnen dürfte doch die Ähnlichkeit zu antiken griechischen Tempeln nicht entgangen sein.«

Dorothea, die inzwischen von allen nur noch Dora gerufen wurde, hatte damals ein schüchternes Lächeln gezeigt, das sie nur zu gern aufsetzte, wenn sie sich in eine Notlage hineinmanövriert hatte.

»Entschuldigen Sie, Herr Schmidtke. Ich hab’s nicht so mit Gebäuden. Aber ich verspreche, dass ich gleich in der Pause eine Runde um die olle Oper herumlaufen und sie mir genau anschauen werde.«

Bei den Worten »olle Oper« hatte Schneidermeister Schmidtke sich entsetzt über den Backenbart gestrichen, dann aber resigniert abgewunken. Dora hatte allerdings Wort gehalten und sich das Gebäude tatsächlich angesehen, mit Sonja im Schlepptau.

Inzwischen war Sonja der Gang um die Oper zum Ritual geworden. Obwohl sich die Schneiderwerkstatt in dem Gebäude hinter der Staatsoper befand, lief sie jeden Morgen die Stufen zum Portikus hinauf und schlenderte den Säulengang entlang, ehe sie auf der anderen Seite wieder hinunterging und weiter zum gegenüberliegenden Gebäude, in dem sich die Schneiderei im obersten Stockwerk befand.

Sonja rannte die Stufen zur Schneiderei hinauf und kam vollkommen abgehetzt oben an.

»Guten Morgen, Frau Karstens«, grüßte sie die Schneiderin, die im ersten Zimmer über ihre Nähmaschine gebeugt war.

»Das Fräulein Richter. Wie gewöhnlich auf den letzten Drücker«, kam es grußlos zurück.

Sie schielte Sonja über den Rand ihrer Brille hinweg an und lächelte kopfschüttelnd. »Heute haste Glück, Mädel. Er holt gerade noch Zeugs aus dem Kostümfundus für euch Gören.«

Sonja presste ihre Handflächen auf die Brust und verdrehte die Augen zur Decke, als wäre sie dankbar. Dann huschte sie in den Nebenraum und setzte sich zu den anderen Mädchen an den großen Tisch.

»Heute geht’s wirklich los«, sagte Dora und imitierte dabei Schmidtkes tiefe Stimme.

»Und das heißt was?«

»Keine Ahnung«, gab Dora schulterzuckend zurück.

Kurze Zeit später kam ein Stapel Kostüme zur Tür herein, zumindest sah es auf den ersten Blick so aus, denn von Schmidtke war hinter dem Berg aus Stoffen, die er schleppte, nichts weiter zu sehen als zwei dünne Beine.

Schnaufend warf er die Kleider auf den großen Tisch, um den die Mädchen saßen.

»So«, sagte er noch immer leicht außer Atem. »Nachdem ihr wochenlang mit Zuschneiden und Ausbessern beschäftigt wart, also einfache Hilfstätigkeiten, geht es nun um echte Arbeit. Also höchste Konzentration bitte! Wir wollen schließlich nicht, dass die Sängerinnen über einen zu langen Kleidersaum stolpern oder Sänger ihre Hosen verlieren, weil ein ...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2023
Reihe/Serie Die DDR-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 60er Jahre • 70er Jahre • authentisch • Belletristik Neuerscheinung • Berührend • DDR-Flucht • DDR-Saga • Familiensaga • Freiheit • Friedrichstraße • Geteiltes Deutschland • Jugendwerkhof • Liebe • Mauerbau • Mauerfall • Neuer Historischer Roman • Ost-Berlin • Ost-West • Roman für Frauen • Stasi • wahre Begebenheiten • Weißensee • zerrissene Familie
ISBN-10 3-492-60422-6 / 3492604226
ISBN-13 978-3-492-60422-2 / 9783492604222
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