Die Freundinnen vom Strandbad (eBook)

Wellen des Schicksals. Roman | Berührender Sommerroman über die Zeit der deutschen Teilung

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2022 | 1. Auflage
624 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2681-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Freundinnen vom Strandbad -  Julie Heiland
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Ein berührender Sommerroman über die Zeit der deutschen Teilung  Ost-Berlin, an einem heißen Julitag 1956: Ein dramatischer Badeunfall lässt drei junge Mädchen zu unzertrennlichen Freundinnen werden. Obwohl sie aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen kommen, teilen sie von nun an alles miteinander: Claras Träume von einem Leben im Westen, Bettys Liebe zum Film und einem regimetreuen Regisseur und Marthas Begeisterung für die FDJ. Die drei erleben die Höhen und Tiefen der ersten Liebe und streben gemeinsam nach Freiheit und Glück - nichts bringt sie auseinander. Bis schließlich der Bau der Mauer ihre Heimatstadt teilt und sie  vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens stehen:  fliehen oder bleiben?   Große Gefühle für alle Fans von Weissensee und Charité *Besondere Ausstattung mit strukturiertem Umschlagpapier* Das Lesevergnügen geht weiter: Band 2: Die Freundinnen vom Strandbad. Wogen der Freiheit, August 2022

Julie Heiland wurde 1991 geboren. Sie hat Journalistik studiert und eine Rhetorik- und Schauspielausbildung gemacht. Sie lebt in der Nähe von München.

Julie Heiland wurde 1991 geboren. Sie hat Journalistik studiert und eine Rhetorik- und Schauspielausbildung gemacht. Sie lebt in der Nähe von München.

Prolog


1956


Martha

Feierabend im Strandbad Müggelsee, schrieb Martha auf ihren Block und unterstrich die Überschrift.

17.45 Uhr: Das Strandbad leert sich, notierte sie. Eine junge Mutter packt Badetücher, Spielsachen und Sonnencreme in ihren Korb.

17.50 Uhr: Die Gymnastikgruppe macht Kniebeugen am Ufer.

17.51 Uhr: Uschi, Angestellte im kleinen Kiosk, ordnet die Auslage. Sie dreht das Radio lauter. Der Sprecher kündigt eine gewisse Mona Babtiste an.

»Heut liegt was in der Luft, in der Luft, in der Luft«, sang diese Mona.

17.52 Uhr: Uschi schwingt die Hüften.

Martha verlor sich im Anblick des Fischreihers, der am Rande der Anlage, dort, wo die Nackten lagen, am Wasser entlangstakste.

»Natürlich darfst du heute Nachmittag ins Strandbad Müggelsee«, hatte ihre Mutter gesagt. »Da spricht nichts dagegen, denn ich kenne mein kleines Mädchen und weiß, dass du so gewissenhaft bist, dort zu lernen. Vergnügen sollte immer mit Pflicht verbunden werden.«

»Protokolliere doch das Geschehen«, hatte ihr Vater vorgeschlagen. Wie immer hatte er großes Talent dafür bewiesen, in die Tageszeitung vertieft zu sein und sich trotzdem am Gespräch zu beteiligen. »Beobachte die Leute ein bisschen, hör hin, was sie untereinander reden. Du schreibst doch gern. Das ist sicher eine gute Übung. Ich würde das Protokoll dann auch lesen und dir Tipps geben.«

Martha mochte es, »Augen und Ohren offen zu halten«, wie ihr Vater sie angewiesen hatte. Sie stand nicht gern im Mittelpunkt, sondern beobachtete lieber. Nur leider schien sie immer das Falsche aufzuschnappen. »Fischreiher und Mode sind nicht von Interesse. Nimm dir doch ein Beispiel an deinem Bruder Ronny. Er weiß, welche Details man wie zusammenfasst«, würde es heute Abend wieder heißen.

Aber ihr ging es auch gar nicht darum, fremde Gespräche zu belauschen. Rezepte von Eisbein mit Erbspüree und Sauerkraut, Beschwerden über unfreundliche Verkäuferinnen oder halb leere HO-Läden waren nicht gerade das, was sie interessierte. Ihr ging es um die Menschen. Sie wollte ihr Verhalten ergründen, wollte unter die Oberfläche blicken.

»Ich könnte weinen und lachen und lauter Unsinn machen«, sang Uschi mit und traf die Töne eher schlecht als recht. »Heut liegt was in der Luft, ein ganz besonderer Duft, der so verlockend ruft!«

Es duftete wirklich verlockend, und zwar nach dem Prasselkuchen, den Uschi heute im Angebot hatte. Martha lief das Wasser im Mund zusammen. Sie seufzte, dann kratzte die Spitze ihres Füllers wieder über das Papier.

17.55 Uhr: Drei Frauen kommen von den Umkleiden. Sie tragen dasselbe gepunktete Kleid, aber an jeder von ihnen sieht das Modell ganz anders aus. Sie hakten sich beieinander ein, kicherten über etwas und stiegen die Freitreppe hinauf zur Dachterrasse. Wäre sie doch nur schon erwachsen, dann könnte sie auch hohe Schuhe und Lippenstift tragen und sich die Haare beim Friseur legen lassen, und Männer würden ihr die Tür aufhalten. Und ganz sicher würde sie ganz oft den Sonnenuntergang am Müggelsee bewundern, vielleicht sogar an einer der »wilden« Badestellen abseits vom Strandbad, die keine Öffnungszeiten kannten. Ihre Eltern hatten ihr natürlich verboten, dort schwimmen zu gehen.

17.57 Uhr: Ein Mädchen taucht an der großen Freitreppe auf und lässt den Blick schweifen.

Betty Reinhart. Tochter des Strandbad-Leiters.

Marthas Mutter predigte immer, dass im Sozialismus alle Menschen gleich seien. Aber das stimmte nicht. Betty war … Sie war wertvoller als alle anderen. Wenn sie den Schulflur entlanglief, dann waren die Wände nicht mehr ganz so grau, und auch das Rot des Pionierhalstuchs sah an ihr leuchtender aus als an allen anderen. Betty war stets von einer Blase von Mädchen umgeben. Wenn die Sportlehrerin in der Schule fragte, ob sie zum Abschluss Völkerball oder Volleyball spielen wollten, sahen sie alle zu Betty hin, und was sie sagte, wurde gemacht. Steckte eine hübsche Spange in Bettys dickem blonden Haar, sah man am nächsten Tag überall im Schulflur Haarspangen, die meisten aus Suralin oder bunter Pappe selbst gebastelt.

An diesem Nachmittag trug Betty einen gepunkteten Badeanzug mit Rüschen an den Seiten. Eigentlich war Martha stolz auf ihr dunkelblaues Modell gewesen, das ihre Mutter vor zwei Wochen ergattert hatte. Der Moment, als Martha die Überraschung aus der Tüte gezogen hatte, war wie Geburtstag und Weihnachten gleichzeitig gewesen! Aber jetzt kamen ihr der gewöhnliche Schnitt und die Einfarbigkeit langweilig vor. Wo bitte bekam man einen solchen Badeanzug her? »Die kaufen bestimmt im Westen ein«, würde ihre Mutter sagen.

17.59 Uhr: Der letzte Dampfer des Tages schippert vorüber. Ein angenehmer Wind überzieht den See mit feinen Rillen, die ans Ufer rollen. Ich schiebe meine nackten Füße in den Sand. Meine Haut spannt leicht von dem Tag in der Sonne.

Sie strich die letzten zwei Zeilen durch. Wie oft hatte ihr Vater ihr gepredigt: »Deine persönlichen Befindlichkeiten tun nix zur Sache! Das interessiert niemanden!«

Weiter.

Eine Gruppe Jungs spielt Wasserball, wobei sie sich eigentlich nur gegenseitig nass spritzen. Laut, ungehemmt. Schräg von ihnen zwei junge Frauen. Beide splitterfasernackt. Das lange Haar reicht ihnen bis zum Po. Sie sitzen im Sand, ohne Decke, ohne alles, wie gestrandete Nixen. Nur eine Gitarre haben sie dabei, auf der die eine zupft, die andere singt dazu. Es dauert nicht lange, bis eine ältere Dame sie darauf hinweist, dass sie gern in Ruhe ihr Rätsel lösen würde, aber die beiden zucken gleichgültig mit den Schultern und lachen laut.

Ganz schön dreist! Für eine freche und respektlose Reaktion wie diese würde Martha von ihrem Vater eine saftige Ohrfeige kassieren, bei der danach Sternchen vor ihren Augen tanzen würden. Die Frau guckte zu Martha, woraufhin sie geflissentlich den Kopf schüttelte, so wie ihre Mutter es immer tat, wenn man schon wusste, wie ihr nächster Satz lauten würde: »Über manche Menschen kann man sich nur wundern!« Aber eigentlich verstand sie nicht, was so schlimm an ein bisschen fröhlichem Gesang war.

Weiter im Protokoll.

18.02 Uhr: Ein Pärchen schlendert an dem bunt bepflanzten Beet mit der Statue einer nackigen Frau darin vorbei und das Gebäude entlang, das sich als flacher Bogen an das leicht abschüssige Gelände anpasst. »Kleiderbügel« nennt man das Gebäude wegen seiner Form, und ebenso wenig wie ein Kleiderbügel etwas Besonderes ist, ist dieses Gebäude etwas Besonderes. Es ist ein Zweckbau, dessen Zweck es ist, den Menschen einen Ort zu schenken, wo sie zusammenkommen, entspannen und ihre Freizeit genießen können. Und weil es mit dem Café auf der Dachterrasse aus Stahlbeton sowie dem Laden für Badebedarf im Erdgeschoss diesen Zweck wunderbar erfüllt, ist es eben doch etwas ganz Besonderes.

»Von Martha Asseln«, vollendete sie ihren Text und spürte lächelnd der Gänsehaut nach, die ihre Unterarme überzogen hatte und nun langsam wieder verschwand. Dieses Gefühl, wenn die Worte regelrecht Besitz von ihr ergriffen und nur so aus ihr herausströmten, war berauschend. Es gab sie eben doch, die Magie des geschriebenen Wortes, auch wenn ihr Vater darüber immer despektierlich lachte. Er war der Ansicht, das geschriebene Wort wäre allein dafür da, etwas zu dokumentieren, und zwar am besten so sachlich und knapp wie möglich.

Auf einmal legte sich ein Schatten auf ihr Notizheft. Martha zuckte vor Schreck zusammen, aber es war nur Uschi, die ihr ein Stück Prasselkuchen brachte, weil das Bad in einer Stunde schloss und sie noch so viel übrig hatte. »Du bist ja von einem Sommer zum anderen ein richtijes Frollein geworden«, sagte sie. »Haste denn schon deine Jugendweihe jehabt?«

»Ich bin doch erst dreizehn«, antwortete Martha. »Die Jugendweihe hat man mit vierzehn.«

»Na denn. Bist immer so fleißig«, sagte Uschi und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. »Die anderen Kinder vergnügen sich im Wasser, und du sitzt hier auf der Bank und lernst. Bist ’n braves Mädchen.«

Martha lächelte. Was sollte sie auch darauf erwidern? Eigentlich würde sie viel lieber im Wasser Ball spielen. Aber ihr wurde allein bei der Vorstellung, die Jungs zu fragen, ob sie sich ihnen anschließen durfte, mulmig zumute. Am Ende passierte ihr noch etwas Tollpatschiges, und alle würden sie auslachen.

Platsch. Schon wieder hatte das Mädchen vom Ende des langen Stegs einen Köpper ins Wasser gemacht. Schon seit einer halben Stunde ging das so. Sie konzentrierte sich, sprang, kletterte wieder auf den Steg, konzentrierte sich, sprang … Trainierte sie für einen Schwimmwettbewerb?

Die Sportgruppe beendete nun ihre Stunde. Ein Chor aus »Mach’s jut, Gudrun! Mach’s besser, Heike! Bis nächste Woche! Immer schön fit bleiben!«, setzte ein.

»Was is mit dir, Horst?«, rief eine der älteren Frauen.

»Ick bleib noch, Mädels«, antwortete er....

Erscheint lt. Verlag 27.5.2022
Reihe/Serie Die Müggelsee-Saga
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Badesee • Berlin • beste • deutsch-deutsch • Deutsche Geschichte • Deutsche Teilung • Frau • Frauenunterhaltung • Freundin • Freundinnen • Freundinnenroman • Freundschaft • Geschichte • Grenze • historisch • Mauer • Mauerbau • Müggelsee • Neuerscheinung 2022 • Ost-Berlin • Ost West • Palast • See • Sommer • Strand • Strandbad • Teilung • Urlaub
ISBN-10 3-8437-2681-7 / 3843726817
ISBN-13 978-3-8437-2681-8 / 9783843726818
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