Abendrot (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller. Der spektakuläre Thriller der internationalen Bestseller-Autorin

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
480 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-28520-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Abendrot -  Lucy Foley
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Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste und Spiegel-Bestseller
Ein geheimnisvolles Haus in Paris, schweigsame Nachbarn und ein tödliches Geheimnis ...

Ein einsames Haus am Ende einer verwinkelten Seitengasse im Pariser Stadtviertel Montmartre: Pleite und nur mit einem einzigen Koffer in der Hand steht Jess vor der Tür ihres Bruders, der versprochen hat, sie für ein paar Wochen bei sich wohnen zu lassen. Doch sie findet seine Wohnung leer vor - es scheint, als habe er sie überstürzt verlassen. Die Nachbarn machen keinen Hehl daraus, dass Fremde in diesem Haus nicht willkommen sind. Je länger ihr Bruder verschwunden bleibt, desto mehr fühlt Jess sich beobachtet in dem alten Gebäude mit seinen geheimen Durchgängen und vielen verschlossenen Türen. Immer unerbittlicher wächst in ihr der Verdacht, dass dieser Ort ein schreckliches Geheimnis verbirgt. Und auch unter den Nachbarn suchen sich lang begrabene Feindseligkeiten ihren gefährlichen Weg ans Licht. Dann macht Jess eine unfassbare Entdeckung. Und die Situation im Haus eskaliert ...

Nach ihren sensationellen Erfolgen »Neuschnee« und »Sommernacht« garantiert Bestsellerautorin Lucy Foley wieder atemlose Spannung.

Lucy Foley hat in der Verlagsbranche gearbeitet, bevor sie ihren großen Traum wahr machte und sich ganz dem Schreiben widmete. Ihre beiden Thriller »Neuschnee« und »Sommernacht« wurden zu riesigen internationalen Erfolgen und standen wochenlang auch auf der deutschen Bestsellerliste. Wenn sie nicht gerade mörderisch spannende Plots entwickelt, reist Lucy leidenschaftlich gern. Sie lebt in London.

JESS


Mein Herz rast, meine Muskeln krampfen.

Ich senke den Kopf, sehe eine Katze, die in einer verschwommenen Bewegung schnurrend um meine Beine streift. Geschmeidig, schwarz, mit einer weißen Fellkrause um den Hals. Ich fahre mit der Hand hinten unter meinen Jackenkragen. Als ich sie wieder hervorziehe, schimmert Blut an meinen Fingern. Autsch.

Die Katze muss von dem Küchentresen neben der Tür direkt auf meine Schulter gesprungen sein und sich, als ich nach vorne kippte, Halt suchend festgekrallt haben. Jetzt sieht sie durch verengte grüne Augen zu mir auf und gibt ein Maunzen von sich, wie die Frage, was zum Teufel ich hier verloren habe.

Eine Katze! Herrjemine. Ich muss lachen, höre aber gleich wieder auf, wegen des seltsamen Echos, das durch den hohen Raum hallt.

Ich hatte keine Ahnung, dass Ben eine Katze hat. Mag er Katzen überhaupt? Es erscheint mir verrückt, dass ich das nicht weiß. Aber ich nehme mal an, dass es generell nicht viel gibt, was ich über sein Leben hier weiß.

»Ben?«, rufe ich. Erneut prallt der Klang meiner Stimme zu mir zurück. Keine Antwort. Ich glaube nicht, dass ich eine erwartet habe – es ist zu still, zu leer hier drin. Und da ist ein merkwürdiger Geruch. Etwas Chemisches.

Plötzlich habe ich das dringende Bedürfnis nach einem Drink. Das Wichtigste zuerst. Ich betrete den kleinen Küchenbereich zu meiner Rechten und fange an, die Schränke zu durchforsten. Ich finde eine halbe Flasche Rotwein. Ich würde zwar etwas mit mehr Schub vorziehen, aber in der Not frisst der Teufel auch Fliegen, und überhaupt könnte der Spruch genauso gut das Motto meines ganzen verkackten Lebens sein. Ich schenke mir ein ordentliches Glas ein. Auf dem Tresen liegt auch eine Schachtel Kippen, hellblaue Verpackung: Gitanes. Ich hatte keine Ahnung, dass Ben noch raucht. Ist ja klar, dass er sich für eine fancy französische Marke entscheidet. Ich angle mir eine heraus, zünde sie an, inhaliere und huste wie damals beim ersten Mal, als eines der anderen Pflegekinder mich ziehen ließ. Das Zeug ist echt stark, würzig und ungefiltert. Bin mir nicht sicher, ob ich es mag. Trotzdem schiebe ich den Rest der Packung in die Tasche meiner Jeans – das ist Ben mir schuldig – und schaue mich das erste Mal richtig in der Bude um.

Ich bin … erstaunt. Und das ist gelinde ausgedrückt. Ich bin mir nicht sicher, was ich erwartet hatte, aber das hier gewiss nicht. Ben ist eher der kreative, coole Typ (nicht, dass ich ihn in seiner Gegenwart je als cool bezeichnen würde), doch ganz im Gegensatz dazu ist die gesamte Wohnung mit einer altmodischen Oma-Tapete bedeckt: silbrig, mit einem zarten Blumenmuster. Als ich die Hand an die Wand lege, merke ich, dass sie gar nicht aus Papier ist, sondern aus stark verblichener Seide. Ich entdecke hellere Stellen, wo einst Bilder gehangen haben müssen, und kleine rostfarbene Flecken im Stoff. Von der hohen Decke hängt ein Kronleuchter, dessen geschwungene Metallarme die Glühbirnen halten. Ein langer Schweif Spinnweben schwingt träge hin und her – von irgendwoher muss es ziehen. Und offenbar gab es mal Vorhänge an den Fenstern, denn ich sehe eine leere Gardinenstange über mir, an der sich noch die Messingringe befinden. Ein schlichter Schreibtisch steht an einem der Flügelfenster. Außerdem gibt es ein Regal, auf dem sich mehrere elfenbeinfarbene Taschenbücher reihen sowie ein dickes blaues Französischwörterbuch.

In der Ecke neben mir steht ein Garderobenständer mit einer alten Khakijacke dran; ich bin sicher, dass ich sie schon mal an Ben gesehen habe. Vielleicht sogar bei unserem letzten Treffen vor ungefähr einem Jahr, als er in Brighton vorbeikam und mich auf ein Mittagessen einlud, bevor er sich sang- und klanglos wieder aus meinem Leben verkrümelte. Ich greife in die Taschen und ziehe einen Schlüsselbund sowie ein braunes Lederportemonnaie hervor.

Ist es nicht ein bisschen komisch, dass Ben fort ist, aber das hiergelassen hat?

Ich öffne das Portemonnaie; im hinteren Fach steckt ein dickes Bündel Euroscheine. Ich nehme mir einen Zwanziger und dann, als kleine Zugabe, noch zwei Zehner. Wenn er hier wäre, müsste ich ihn sowieso um Geld anhauen. Ich werde es ihm zurückzahlen … irgendwann.

Vorne bei den Bankkarten steckt auch eine Visitenkarte im Fach: Theo Mendelson. Redaktion Paris, Guardian. Und in Bens Handschrift mit Kuli draufgekritzelt (manchmal denkt er nämlich dran, mir eine Geburtstagskarte zu schicken): BRAUCHT EINEN PITCH VON DER STORY.

Als Nächstes schaue ich mir die Schlüssel an. Einer von ihnen gehört zu einer Vespa, was seltsam ist, da er beim letzten Mal noch einen alten Mercedes aus den Achtzigern mit Faltverdeck fuhr. Der andere ist ein großes altmodisches Exemplar und sieht aus, als könne er zu der Wohnung gehören. Ich gehe zur Tür und probiere ihn aus – das Schloss dreht sich klickend.

Das Unbehagen in meiner Magengrube wächst. Er könnte eine extra Ausfertigung besitzen, überlege ich. Das hier könnte der Zweitschlüssel sein, den er mir geben wollte. Er hat wahrscheinlich auch einen Ersatzschlüssel für die Vespa; womöglich ist er sogar damit weggefahren. Und was sein Portemonnaie angeht, hat er wahrscheinlich noch Bargeld in der Hosentasche.

Als Nächstes entdecke ich das Badezimmer. Es gibt nicht viel zu berichten, außer die Tatsache, dass Ben keine Handtücher zu besitzen scheint, was schon ziemlich schräg ist. Ich kehre in den Wohnbereich zurück. Das Schlafzimmer muss hinter der geschlossenen Flügeltür liegen. Ich gehe darauf zu, die Katze folgt mir schattengleich. Einen Moment zögere ich.

Die Katze maunzt mich erneut an, wie um zu fragen: Worauf wartest du? Ich nehme einen großen Schluck von meinem Wein. Tief durchatmen. Tür aufschieben. Noch einmal durchatmen. Augen öffnen. Leeres Bett. Leeres Zimmer. Niemand ist hier. Ausatmen.

Okay. Ich meine, ich dachte nicht wirklich, dass ich irgendwas in der Art vorfinden würde. So ist Ben nicht. Ben ist in jeglicher Hinsicht ordentlich, aufgeräumt; ich bin hier die abgefuckte Chaotin. Aber wenn einem einmal so etwas passiert ist …

Ich leere den Rest meines Weins, bevor ich die Einbauschränke im Schlafzimmer durchgehe. Nicht viel in Sachen Hinweise, außer dass die meisten Klamotten meines Bruders aus Läden stammen, die Acne (warum bitte sollte man Klamotten tragen wollen, die nach einer Hautkrankheit benannt sind?) und A.P.C. heißen.

Zurück im Wohnzimmer gieße ich den letzten Rest Rotwein in mein Glas und kippe ihn runter. Dann schlendere ich zum Schreibtisch vor dem bodentiefen Fenster, das zum Innenhof hinausgeht. Auf dem Tisch befindet sich bis auf einen abgegriffenen Kuli nichts. Kein Laptop. Dabei schien Ben siamesisch damit verwachsen, als er mich letztes Mal zum Mittagessen einlud; er holte ihn sogar heraus, um schnell noch was zu tippen, während wir auf unsere Bestellungen warteten. Ich schätze mal, er hat ihn bei sich, wo auch immer er gerade ist.

Auf einmal überkommt mich das eindeutige Gefühl, dass ich nicht allein bin, dass ich beobachtet werde. Wie ein Kribbeln, das mir über den Nacken läuft. Ich wirble herum. Niemand da, außer der Katze, die auf einem Stuhl hockt. Vielleicht war es nur das.

Die Katze sieht mich einige Sekunden an, bevor sie den Kopf zur Seite neigt, so als würde sie eine Frage stellen. Es ist das erste Mal, dass ich sie so still sitzen sehe. Dann hebt sie eine Pfote an ihr Mäulchen und leckt sie ab. Und da erst bemerke ich, dass sowohl die Pfote als auch die weiße Fellkrause blutverschmiert sind.

Ich greife nach der Katze, um sie mir genauer anzusehen, aber sie schlüpft flink unter meiner Hand hindurch. Vielleicht hat sie nur eine Maus gefangen oder so? Eine der Pflegefamilien, bei denen ich untergebracht war, hatte auch eine Katze: Suki. Obwohl sie klein war, konnte sie eine ganze Taube verputzen; einmal kam sie komplett blutverschmiert zurück wie so ein Wesen aus einem Horrorfilm, und meine Pflegemutter Karen fand die kopflose Leiche erst am späten Vormittag. Ich bin sicher, dass irgendwo in der Wohnung eine kleine tote Kreatur herumliegt und nur darauf wartet, dass ich drauftrete. Oder sie hat draußen im Hof etwas getötet – die Fenster stehen ein Stück weit offen, so muss sie hier ein und aus gehen können, über den wuchernden Efeu vielleicht.

Trotzdem. Ein bisschen habe ich mich schon erschrocken. Als ich sie so sah, da dachte ich einen Moment lang …

Nein. Ich bin nur müde. Ich sollte mich hinlegen und versuchen, ein bisschen zu schlafen.

Ben wird morgen früh auftauchen und erklären, wo er gesteckt hat. Ich werde ihm sagen, dass es arschig von ihm war, mich so stehen zu lassen, und dass ich praktisch bei ihm einbrechen musste. Und es wird sein wie in den alten Zeiten, den ganz alten Zeiten, bevor er zu seiner hochglanzpolierten reichen Familie zog und sich eine neue Art zu sprechen, eine neue Weltsicht angewöhnte, während ich durch das staatliche Fürsorgesystem bugsiert wurde, bis ich alt genug war, um mich allein durchzuschlagen. Ich bin sicher, ihm geht’s gut. Ben stoßen keine schlimmen Dinge zu. Er ist der Glückspilz von uns beiden.

Ich schlüpfe aus meiner Jacke und werfe sie aufs Sofa. Wahrscheinlich sollte ich duschen – ich bin mir ziemlich sicher, dass ich müffle. Ein bisschen nach Körperausdünstungen, aber hauptsächlich nach Essig. Du kannst eben nicht im Copacabana arbeiten und nicht nach dem Zeug stinken; wir benutzten es nach jeder Schicht, um die Theke abzuwischen. Aber ich bin zu müde für eine Dusche. Ich glaube, Ben hat etwas von einem Klappbett...

Erscheint lt. Verlag 25.7.2022
Übersetzer Ivana Marinovi?
Sprache deutsch
Original-Titel The Paris Apartment
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • Agatha Christie • Bestseller 2022 • Charlotte Link • Claire Douglas • Das Fenster zum Hof • das sanatorium • der Plan • eBooks • Frankreich • Goodread Choice Award • Hitchcock • Julie Clark • Laure Van Rensburg • Montmartre • Nachbarn • Neuerscheinung • Neuheiten 2022 • Neuschnee • Nur du und ich • Paris • Psychothriller • Sarah Pearse • Sommernacht • Spiegel Bestseller Autorin • Thriller • Thriller Neuerscheinungen 2022
ISBN-10 3-641-28520-8 / 3641285208
ISBN-13 978-3-641-28520-3 / 9783641285203
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