Die vergessene Prinzessin (eBook)

Alice von Battenberg - Fernab ihrer Heimat kämpfte sie um die große Liebe und rettete Menschenleben
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
400 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60037-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die vergessene Prinzessin -  Eva-Maria Bast
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Die Prinzessin, die für ihr Glück kämpfen musste - das tragische und unkonventionelle Leben der Mutter von Prinz Philip und späteren Schwiegermutter der Queen Elizabeth. Ein privater Blick hinter die Kulissen des englischen Königshauses! London, 1902: Als Alice von Battenberg dem weltgewandten Prinzen Andreas von Griechenland begegnet, ist sie sofort von ihm eingenommen. Er erwidert die Gefühle der ausgesprochen intelligenten Prinzessin, die zwar taub geboren wurde, aber in mehreren Sprachen Lippen lesen kann. Alice folgt ihrer großen Liebe nach Griechenland, nichts von der Zerreißprobe ahnend, die ihr dort einige Jahre später bevorstehen soll: Der Konflikt zwischen Volk und Krone spitzt sich zu, Unruhen stürzen das Land in eine schwere Krise. Alice kämpft für ihre neue Heimat, baut Hospitäler und kümmert sich um Kriegsversehrte. Doch die Lage verschärft sich, ihre Familie gerät wiederholt in tödliche Gefahr, und letztendlich scheint eine Flucht der einzige Ausweg zu sein ... Spätestens seit der Netflix-Serie »The Crown« dürfte Alice von Battenberg den meisten ein Begriff sein. In ihrem Roman beleuchtet Eva-Maria Bast das Schicksal dieser starken, ungewöhnlichen Frau, die von der Prinzessin zur Heimatsuchenden wurde. Bedeutende Frauen, die die Welt verändern  *Mit den historischen Romanen unsere Reihe »Bedeutende Frauen, die die Welt verändern' entführen wir Sie in das Leben inspirierender und außergewöhnlicher Persönlichkeiten!* Auf wahren Begebenheiten beruhend erschaffen unsere Autorinnen ein fulminantes Panormana aufregender Zeiten und erzählen von den großen Momenten und den kleinen Zufällen, von den schönsten Begegnungen und den tragischen Augenblicken, von den Träumen und der Liebe dieser starken Frauen.

Eva-Maria Bast, geboren 1978, ist Journalistin, Verlegerin und Autorin. Für ihre Arbeiten erhielt sie diverse Auszeichnungen, darunter den Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung in der Kategorie Geschichte, und stand unter anderem mit dem Pseudonym Charlotte Jacobi (zusammen mit Jørn Precht) mehrfach auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Ihre Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die Autorin lebt am Bodensee.

1. Kapitel


Die junge Frau beugte sich nach vorne, um kritisch ihr Spiegelbild zu mustern. Es war der 23. Juni 1902, und Nona Kerr, die Hofdame ihrer Mutter, bürstete gerade Alice’ dichtes blondes Haar. Ihre dunklen Augen leuchteten voller Vorfreude, und der hochgeschlossene Spitzenkragen betonte ihr ebenmäßiges Gesicht. Zaghaft lächelte Alice ihrem Spiegelbild zu. Heute war es ihr wichtiger denn je, hübsch auszusehen.

Gemeinsam mit ihrer Mutter Viktoria von Battenberg, geborene Prinzessin von Hessen und bei Rhein und in Begleitung von Hofdame Nona, war Prinzessin Alice von Battenberg am Vorabend im Buckingham Palace angekommen, um an Onkel Berties Krönungsfeierlichkeiten teilzunehmen. Dreiundsechzig Jahre hatte Königin Victoria geherrscht, und als sie nach mehr als sechs Jahrzehnten Regierungszeit am 22. Januar 1901 gestorben war, war der neunundfünfzigjährige Albert Edward aus dem deutschen Adelsgeschlecht Sachsen-Coburg und Gotha an der Reihe. In drei Tagen war es so weit, und aus Onkel Bertie würde Edward VII. werden. Viel aufregender fand Alice jedoch die Tatsache, dass sie heute Andreas wiedertreffen würde. Die Mitglieder des griechischen Königshauses wurden zum Mittagessen erwartet, für das sich Alice gerade hübsch machte. Oder besser: hübsch machen ließ. Nona leistete ganze Arbeit, und Alice beobachtete im Spiegel, wie deren geschickte Hände die Strähnen ihrer Haare zusammenfassten. Man sagte von ihr, sie sei die schönste Prinzessin Europas – als habe Gott damit, dass er ihr ein besonders ansehnliches Äußeres verlieh, wettmachen wollen, dass sie taub war. Dafür konnte sie umso besser sehen und beobachten.

Ihre Mutter hatte stets darauf bestanden, dass man keine Rücksicht auf ihre Taubheit nehmen solle, und Alice gezwungen, das Lippenlesen zu lernen. Sie war stolz darauf, das Lippenlesen in drei Sprachen zu beherrschen – doch Andreas konnte noch viel mehr Sprachen. Deutsch, Englisch, Dänisch, Russisch, Französisch und Italienisch. Vor drei Monaten hatte sie den drei Jahre älteren Prinz Andreas von Griechenland und Dänemark bei einem Familientreffen kennengelernt. Ihr griechischer Prinz, wie sie den vierten Sohn König Georgs I. von Griechenland insgeheim nannte, war ungemein klug, das war ihr von dem Gespräch, das sie damals geführt hatten, in Erinnerung geblieben. War sie anfangs noch etwas scheu gewesen und hatte befürchtet, dass ihre Taubheit ihn abschrecken könne, so hatte er sie schnell eines Besseren belehrt, ihre Taubheit nicht als Makel wahrgenommen, sondern ihr im Gegenteil Komplimente dafür gemacht, wie gut sie das Lippenlesen beherrschte. »Wieso sollte es mich stören?«, hatte er gefragt, als sie ihn direkt darauf ansprach. »Du verstehst doch jedes Wort, das ich sage. Außerdem: Wenn mich deine Taubheit stören würde, könntest du dich auch an dem Monokel stoßen, das ich tragen muss, weil ich kurzsichtig bin.« Verschmitzt hatte er hinzugefügt: »Zum Glück habe ich das Monokel, sonst würde ich vielleicht gar nicht so deutlich sehen können, wie schön du bist.«

Alice war ob des Kompliments errötet, und ihr Herz hatte wild zu schlagen begonnen. Meinte er es ernst? Irgendetwas sagte ihr, dass seine Worte ehrlich gemeint waren und er ebenfalls Gefühle für sie hegte.

Es war ihr schwergefallen, Abschied zu nehmen, umso mehr hatte sie der Krönung entgegengefiebert – und gleich würde sie vor ihm stehen.

Nona berührte sie sanft an der Schulter, und Alice wandte sich um, um ihr von den Lippen ablesen zu können.

»Ich wäre dann fertig«, sagte die Hofdame lächelnd. Nona war siebenundzwanzig Jahre alt, hatte dichtes rotbraunes Haar, das sie hochgesteckt trug, und ein ebenmäßiges Gesicht. Ihre Augen waren voller Zuneigung. »Wenn ich mir das erlauben darf, du siehst zauberhaft aus.«

»Danke«, erwiderte Alice. »Und ich bin froh, dich heute und immer an meiner Seite zu haben.«

Nona lächelte. »Ich wüsste auch nicht mehr, was ich ohne euch tun würde.« Nona Kerr arbeitete inzwischen schon seit fünf Jahren bei der Familie und war zu einer wichtigen Stütze für sie alle geworden. Ein Leben ohne Nona konnte Alice sich gar nicht mehr vorstellen. Kurz vor dem diamantenen Kronjubiläum Königin Victorias war sie in ihrer aller Leben getreten. Die Engländerin hatte damals kein Wort Deutsch gesprochen, sich aber schnell eingewöhnt. Inzwischen kam sie mit dem Sprachengemisch aus Französisch, Deutsch und einer Prise Englisch, dessen man sich im Hause Battenberg bediente, gut zurecht.

»Dann ist es wohl Zeit hinunterzugehen«, sagte Alice.

Sie schritt durch die breite Flügeltür und den Salon, der ihr Zimmer mit dem ihrer Mutter verband. Viktoria von Battenberg, geborene Prinzessin von Hessen und bei Rhein, war eine streng aussehende, schlanke Frau mit schmalem Gesicht, ihre hohe Stirn wurde von einem gelockten Pony bedeckt. Ohne diese Frisur, dachte Alice, hätte das Antlitz ihrer Mutter vermutlich noch länger und schmaler gewirkt. Das Lächeln, das sie Alice schenkte, war liebevoll, aber zurückhaltend. Viktoria von Battenberg war eine strenge und zielstrebige Mutter, die hohe Erwartungen an ihre Kinder hatte.

»Du siehst schön aus«, machte Viktoria ihrer Tochter ein Kompliment.

»Danke, du siehst auch sehr gut aus, Mama.«

Seite an Seite schritten die beiden Frauen zum Mittagessen.

»Ich hoffe, ich mache alles richtig«, murmelte Alice. Sie hatte die Etikette am englischen Königshaus zwar mit der Muttermilch aufgesogen, aber dennoch oft das Gefühl, dass es derart viel zu beachten gab, dass sie niemals allem gerecht werden konnte.

Ihre Mutter sah sie im Gehen an, das war nötig, damit Alice von ihren Lippen lesen konnte, als sie erwiderte: »Mach dir darum keine Sorgen. Seit Onkel Bertie hier das Sagen hat, riecht es nicht nur im ganzen Palast nach Zigarren, sondern auch mit der Etikette nimmt man es seither nicht mehr so genau.«

*

Als sie den Blauen Salon betraten, fiel Alice’ Blick sofort auf Andreas, und ihr Herz schlug schneller. Wie ein griechischer Gott sah er aus! Groß und schlank war er, seine Haltung voller natürlicher Eleganz, das dunkle Haar, an der Seite gescheitelt, lag glatt um seinen Kopf, auf seiner Nase thronte das Monokel. Er stand vor dem Kamin, ein Glas in der Hand, und sah ihr erwartungsfroh entgegen. »Alice.« Er begrüßte sie mit einem Handkuss, als sie bei ihm angelangt war, und in ihrem Bauch stieg ein ganzer Schwarm von Schmetterlingen empor.

»Wie schön, dich wiederzusehen.«

Bevor Alice Kronprinz Konstantin und dessen Frau Sophie von Griechenland begrüßen konnte, die sich in Andreas’ Nähe befanden, richtete sich alle Aufmerksamkeit auf den Mann, der gerade zur Tür hereingekommen war. Onkel Bertie. Englands Thronfolger, der in drei Tagen gekrönt werden sollte. Doch er war seltsam bleich, auf seiner Oberlippe standen Schweißperlen, und es ging ihm offensichtlich ganz und gar nicht gut.

»Bertie!«, rief seine Gattin Alexandra, die nahe der Tür gestanden hatte, und eilte auf ihn zu. »Was ist mit dir?«

Sie nahm ihn beim Arm, um ihn zu stützen.

»Du lieber Himmel«, flüsterte Alice Andreas zu, und alle Befangenheit war angesichts des schlimmen Zustands von Onkel Bertie wie weggeblasen. »Er verliert gleich das Bewusstsein.«

In diesem Moment schwankte Englands künftiger König und Andreas’ Bruder, Kronprinz Konstantin, lief nun ebenfalls erschrocken herbei, um seinen Onkel zu stützen. »Holen Sie einen Arzt, und bringen Sie ihn in seine Gemächer«, wies die entsetzte Alexandra die Dienerschaft an.

Minuten später war Bertie samt Alexandra verschwunden. Die Zurückbleibenden sahen sich ratlos an.

Alice nutzte die Gelegenheit, um Andreas’ Geschwister zu begrüßen. »Königliche Hoheiten, es ist mir eine Ehre!«, sagte sie und knickste erst vor dem Kronprinzen Konstantin von Griechenland, dann vor seiner Gattin Sophie von Preußen und im Anschluss vor einem weiteren Bruder von Andreas, Georg.

»Alice, Sie sehen zauberhaft aus«, versicherte Georg und schenkte ihr einen freundlichen Blick. Andreas’ Bruder war Alice schon bei ihrer letzten Begegnung sehr sympathisch gewesen. Wie jetzt auch hatte sie sich des Eindrucks nicht erwehren können, dass Georg sehr genau um die Gefühle wusste, die sie füreinander hegten. Immer wieder hatte sie die dunklen Augen des griechischen Prinzen auf sich ruhen gespürt, fragend, aber auch wohlwollend. Kronprinz Konstantin war ebenfalls eine ausgesprochen sympathische Erscheinung: ein hochgewachsener, schlanker Mann mit einem mächtigen Schnauzer und klugem Blick. Seine Gattin war eine wunderschöne Frau, die allerdings etwas hochnäsig wirkte und Alice mit hochgezogenen Brauen von oben bis unten musterte, als erwäge sie, ob diese es wert sei, mit ihrer Aufmerksamkeit bedacht zu werden. Ihr Blick verunsicherte Alice zutiefst.

»Hoffentlich geht es Bertie bald besser«, murmelte sie verlegen.

»Ach, es wird nur die Aufregung vor der Krönung sein«, vermutete Konstantin. »Oder die vielen Vorbereitungen haben ihn zu sehr belastet.«

 

Etwas ratlos begab sich die Tischgesellschaft schließlich zur reichhaltig gedeckten Tafel im Dining Room, der Butler signalisierte der Dienerschaft aufzutragen. Alice konnte ihr Glück kaum fassen, als sie feststellte, dass Andreas ihr Tischherr war, obwohl sie in der Rangfolge weit unter ihm stand. So dicht neben ihm zu sitzen war furchtbar aufregend, gleichzeitig aber auch ungemein unterhaltsam. Andreas war ein wortgewandter Gesprächspartner, und es rührte Alice, wie streng er darauf achtete, ihr immer das ganze Gesicht zuzuwenden, wenn er etwas zu ihr sagte – denn so hatte sie es leichter, von seinen Lippen abzulesen. Sie spürte, dass sie beobachtet wurden. Sowohl Sophie von Griechenlands als auch Viktoria...

Erscheint lt. Verlag 28.10.2021
Reihe/Serie Bedeutende Frauen, die die Welt verändern
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alice Mountbatten • Buckingham Palace • Charlotte Jacobi • Die Douglas-Schwestern • Die Villa am Elbstrand • Duke of Edinburgh • Englisches Königshaus • Gerechte unter den Völkern • meghan markle • Monarchie • Mutter von Prinz Philip • Nonne • Prinz Charles • Prinzessin Alice von Battenberg • Prinzessin Victoria Alice Elizabeth Julia Marie von Battenberg • Prinz Harry • Prinz Philip Biografie • Prinz William • Queen Elizabeth II. • Romanbiografie • Roman Laura Baldini • Schizophrenie • Schwiegermutter Queen • Starke Frauen Buch • Starke Frauen in der Geschichte • Taubheit • The Crown • Windsor Castle
ISBN-10 3-492-60037-9 / 3492600379
ISBN-13 978-3-492-60037-8 / 9783492600378
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