Straße nach Nirgendwo (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
512 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2325-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Straße nach Nirgendwo -  Nele Neuhaus
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Eine junge Frau auf der Suche nach ihren Wurzeln und eine schicksalhafte Reise quer durch Amerika Nach einem Familienstreit hat die 17-jährige Sheridan Grant Nebraska verlassen, um in New York ihr Glück als Sängerin zu suchen. Doch ein blutiger Amoklauf ihres Bruders Esra macht ihre Träume zunichte. Eine abenteuerliche Flucht vor der Presse und den hasserfüllten Anschuldigungen ihrer Adoptivmutter führt Sheridan durch halb Amerika. Während sie versucht, sich ein neues Leben aufzubauen, deckt Detective Jordan Blystone ein dreißig Jahre altes Familiengeheimnis auf und bringt Rachel Grant deswegen vor Gericht. Hin- und hergerissen zwischen der Sehnsucht nach ihrer Heimat und der Chance, die Schatten der Vergangenheit für immer hinter sich zu lassen, muss Sheridan eine schwere Entscheidung treffen ...

Nele Neuhaus, geboren in Münster / Westfalen, lebt seit ihrer Kindheit im Taunus und schreibt bereits ebenso lange. Ihr 2010 erschienener Kriminalroman Schneewittchen muss sterben brachte ihr den großen Durchbruch, heute ist sie die erfolgreichste Krimiautorin Deutschlands. Außerdem schreibt die passionierte Reiterin Pferde-Jugendbücher und Unterhaltungsliteratur. Ihre Bücher erscheinen in über 30 Ländern. Vom Polizeipräsidenten Westhessens wurde Nele Neuhaus zur Kriminalhauptkommissarin ehrenhalber ernannt.

Nele Neuhaus, geboren in Münster / Westfalen, lebt seit ihrer Kindheit im Taunus und schreibt bereits ebenso lange. Ihr 2010 erschienener Kriminalroman Schneewittchen muss sterben brachte ihr den großen Durchbruch, heute ist sie die erfolgreichste Krimiautorin Deutschlands. Außerdem schreibt die passionierte Reiterin Pferde-Jugendbücher und Unterhaltungsliteratur. Ihre Bücher erscheinen in über 30 Ländern. Vom Polizeipräsidenten Westhessens wurde Nele Neuhaus zur Kriminalhauptkommissarin ehrenhalber ernannt.

Nebraska,


25. Dezember 1996

»Wir sind da. Da unten muss es sein, Sir.«

Detective Lieutenant Jordan Blystone von der Nebraska State Patrol schrak aus seinen Gedanken auf, als er die Stimme des Hubschrauber-Piloten über seinen Kopfhörer hörte, und blickte nach unten. Blystone bemerkte zwei pulsierende rote Punkte, die im Schnee glühten, und nickte. Während des knapp vierzigminütigen Fluges durch dichtes Schneetreiben über eine schier endlose weiße Fläche, die nur gelegentlich von einsam gelegenen Farmen und kleinen Baumgruppen unterbrochen wurde, hatten sie nicht viel gesprochen, erst recht nicht über das, was Blystone am Ziel des Fluges erwarten mochte. Der Dispatcher hatte eine ganze Flut von Ten-Codes durchgegeben – 10-32, 10-52 und 10-79, die alles Mögliche bedeuten konnten, doch der letzte, ein 10-35, war derjenige gewesen, der Jordan Blystone die Aussicht auf ein gemütliches Weihnachtsessen mit seinen Eltern und den Familien seiner Schwestern vermasselte. Ein Gewaltverbrechen erforderte die Anwesenheit eines Detectives vom Major Crime Unit am Tatort, und da die Mordkommission der Nebraska State Patrol für Tötungsdelikte im ganzen Staat zuständig war, saß Blystone nun im Helikopter und stellte sich innerlich auf das Schlimmste ein. Man hatte einen bewaffneten Mann gemeldet und mehrere Krankenwagen und den Medical Examiner angefordert. Das ließ darauf schließen, dass sich am frühen Weihnachtsmorgen auf der entlegenen Farm eine Schießerei mit Verletzten und mindestens einem Toten ereignet hatte.

Der Pilot, der mehr als sein halbes Leben in Alaska verbracht hatte, hatte keine Probleme mit einem Flug bei diesen Wetterverhältnissen. Er zog die dreißig Jahre alte Bell-47G in einem sanften Bogen nach links und ging nach unten. Blystone konnte durch die Plexiglaskuppel des Helikopters den Streifenwagen erkennen, dessen Besatzung wohl in diesem Augenblick auch den Hubschrauber bemerkt hatte, denn die roten Blinkleuchten auf dem Dach wurden eingeschaltet. Weiter nördlich lag die Farm am Ende einer langen Baumreihe, dort blinkten rot und blau die Lichter mehrerer Krankenwagen. 10:42 Uhr. Seit dem Anruf vom Sheriff des Madison County bei der Zentrale der Nebraska State Patrol waren knapp anderthalb Stunden vergangen, und Jordan Blystone verspürte einen Anflug von Stolz auf die Effizienz seines Teams, selbst an einem Weihnachtsmorgen. Der Hubschrauber landete sanft zwischen den Lichtern der Warnfackeln, und der Polizeibeamte, der aus dem Streifenwagen gestiegen war, um Blystone in Empfang zu nehmen, wandte sein Gesicht ab und hielt seinen Hut fest, damit der nicht mit dem Schnee, den die Rotorblätter aufwirbelten, davon geweht würde.

»Soll ich hier warten, Sir?«, erkundigte sich der Pilot.

»Ich fürchte, es wird länger dauern«, antwortete Jordan Blystone. »Am besten fliegen Sie zur Polizeistation nach Madison rüber und warten dort.«

»Okay.« Der Pilot nickte. »Der Wind hat schon nachgelassen. Ich kann Sie dann später wieder abholen.«

»Danke.« Blystone stülpte die Kapuze seines Daunenparkas über den Kopf, zog die Handschuhe an und öffnete die Tür der verglasten Pilotenkanzel. Wie erwartet raubte ihm die eisige Kälte für ein paar Sekunden den Atem. Minus 23 Grad, gefühlt war es noch zwanzig Grad kälter. In gebückter Haltung stapfte er durch den tiefen Neuschnee zum Streifenwagen hinüber und wartete, bis der Hubschrauber wieder abhob und in östlicher Richtung abdrehte, bevor er den Polizisten begrüßte.

»Steigen Sie ein, Sir«, rief der Deputy, um das Knattern des Hubschraubers zu übertönen. Blystone öffnete die Beifahrertür, setzte sich und klopfte den Schnee von den Schuhen, bevor er einstieg. Die Heizung lief auf vollen Touren, prompt brach ihm der Schweiß aus.

»Detective Jordan Blystone vom NSP Homicide Unit aus Lincoln«, stellte er sich vor und öffnete den Reißverschluss des Parkas.

»Deputy Ken Schiavone vom Madison County Sheriff’s Department.« Der Polizist wischte sich die Eiskristalle aus dem Gesicht und schob den Wählhebel der Automatik in »D«. Der Motor heulte auf, die Schneeketten fraßen sich in den Schnee, und der Crown Victoria setzte sich schlingernd in Bewegung.

»Was genau ist passiert?«, erkundigte sich Blystone.

»Um sieben Uhr kam der Notruf«, antwortete der Deputy. »Schießerei auf der Willow Creek Farm. Der Diensthabende hat zwei Jungs von der Bereitschaft rausgeschickt, als sie hier draußen eintrafen, war schon alles vorbei. Es gab mehrere Tote. Aber was genau passiert ist, kann ich Ihnen nicht sagen, Sir.«

Schiavone war noch jung, Mitte bis höchstens Ende zwanzig. Das Grauen stand ihm in sein blasses Gesicht geschrieben. Wahrscheinlich war es das erste Mal, dass der Mann einen Toten gesehen hatte; hier draußen hatte die Polizei hauptsächlich mit harmloseren Delikten wie Trunkenheitsfahrten, Körperverletzung bei Schlägereien, Diebstahl, Drogenbesitz und dem einen oder anderen Verkehrsunfall zu tun. Gewaltverbrechen waren auf dem Land selten, die Fälle von Mord- und Totschlag konzentrierten sich in Nebraska laut Statistik auf Städte wie Lincoln, Omaha oder Grand Island.

»Wem gehört die Farm?«, wollte Blystone wissen.

»Die Willow Creek gehört den Grants«, entgegnete Schiavone und verstummte wieder, als sei das Erklärung genug. Er blickte konzentriert durch die verschmierte Windschutzscheibe.

»Kennen Sie die Familie?«

»Ja. Natürlich. Jeder hier kennt die Grants.« Der junge Deputy presste die Lippen zusammen und kämpfte plötzlich mit den Tränen. »Ich war mit Joe zusammen in der Highschool und im Footballteam. Wir waren gute Kumpel. Gestern hab ich ihn noch an der Tankstelle getroffen und … jetzt ist er … tot.«

»Das tut mir leid.«

Diese vier Worte mochten sich wie eine Floskel anhören, aber sie waren keine. Es tat Jordan Blystone tatsächlich um jeden Toten, mit dem er durch seinen Beruf zu tun hatte, leid. Mehr noch, er empfand jedes Verbrechen, dem ein Mensch zum Opfer fiel, als persönliche Kränkung. Nicht zuletzt deshalb hatte er sich vor ein paar Jahren dazu entschlossen, Mordermittler zu werden.

Der Deputy hatte sich rasch wieder im Griff. Es schien ihm peinlich zu sein, einem Fremden seine Gefühle gezeigt zu haben.

»Ich hab eigentlich nicht so nah am Wasser gebaut«, sagte er verlegen und drosselte das Tempo. Sie hatten das Ende der Zufahrt, die zu beiden Seiten von hohen Bäumen und einer Windschutzhecke vor Schneeverwehungen geschützt war, erreicht, und rollten durch ein weit geöffnetes Tor. Ein anderer Deputy nickte Schiavone zu, öffnete das gelbe Absperrband und ließ sie durchfahren.

»Machen Sie sich deswegen keine Vorwürfe«, erwiderte Blystone. »Kein Mensch, der mit einem Mord zu tun hatte, ist danach noch derselbe. Erst recht nicht, wenn man das Opfer kannte. Erlauben Sie sich, um Ihren Freund zu trauern. Das ist das Letzte, das Sie für ihn tun können.«

Der junge Mann biss sich auf die Unterlippe und nickte. Er brachte das Auto auf dem weitläufigen, verschneiten Hof neben zwei weiteren Streifenwagen zum Stehen.

»Danke«, murmelte er.

»Keine Ursache.« Blystone klopfte ihm leicht auf die Schulter, stieg aus und blickte sich um.

Das große Wohnhaus war mehr als ungewöhnlich für ein Farmhaus im Mittleren Westen, wo man bei Gebäuden erheblich mehr Wert auf Funktionalität und Zweckmäßigkeit legte als auf Schönheit. Dieses aus rotem Backstein erbaute Haus mit seinen zahlreichen Türmchen und Schornsteinen, den verschieden hohen Spitzdächern, Veranden und Balkonen war jedoch alles andere als zweckmäßig, es war wunderschön und beeindruckend. Einen Moment lang bestaunte Blystone die weiß eingefassten Sprossenfenster und die kunstvollen Holzverzierungen an der Fassade und fragte sich, wer wohl auf die bizarre Idee gekommen sein mochte, ein solches Haus mitten in die Weite Nebraskas zu bauen. Vor dem Haus stand ein weißer Ford Pick-up mit geöffneten Türen, zersplitterter Windschutzscheibe und Einschusslöchern im rechten Kotflügel und der Beifahrertür. Blystone registrierte Blutspritzer am Blech des Autos und erkannte die Konturen eines menschlichen Körpers unter einer Rettungsdecke aus Aluminium, die eigentlich dazu gedacht war, Unfallopfer vor Unterkühlung, Nässe und Wind zu schützen. Nur ein paar Meter weiter, an der nordöstlichen Hausecke, lag eine zweite Leiche in blutdurchtränktem Schnee, ebenfalls mit einer goldfarbenen Folie abgedeckt.

Blystone wurde bewusst, was aus der Luft unter den Schneemassen nicht zu erkennen gewesen war: Die Ausmaße der Farm waren gigantisch. Auf der anderen Seite des Hofes, dem Wohnhaus gegenüber, befanden sich mehrere große, rechteckige Gebäude mit Flachdächern und Rolltoren, wahrscheinlich Maschinen- oder Lagerhallen. Dahinter ragten Getreidesilos auf. Ein Stück weiter links hinter einer Reihe blattloser Pappeln erblickte er die Stirnseite einer riesigen Halle, in der Stille konnte er das leise Surren von Ventilatoren hören.

Der quadratische, von einer mächtigen Zeder dominierte Hof verjüngte sich auf zwölf Uhr zu einer baumbestandenen Allee, die eine geometrisch exakte Spiegelung der Auffahrt bildete. Vier mit Holz verkleidete Häuser standen etwas zurückgesetzt in einer Reihe nebeneinander, jedes jeweils etwa zwanzig Meter vom anderen entfernt. Der Schnee im Hof war zertrampelt und von Reifenspuren übersät, eine Katastrophe für das Team von der Kriminaltechnik, das auf dem Weg hierher...

Erscheint lt. Verlag 15.4.2020
Reihe/Serie Sheridan-Grant-Serie
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1990er Jahre • 90er Jahre • Adoption • Amerika • Bestseller • Bücher für die Coronavirus Zeit • Bücher für die Coronazeit • Bücher für die Covid19 Zeit • das Lesen geht weiter • dunkles Geheimnis • Familie • Familiendrama • Familienleben • Familienroman • Farm • Farmleben • für Social Distancing • gegen Langeweile • Geheimnisse • Landleben • Lesen in der Coronakrise • Lesen in der Covid19-Krise • Lesen in Karantäne • Lesen in Quarantäne • Lesen während Shutdown • Liebe • lieber Buch als Coronavirus • Lieber Buch als Covid19 • lieber Bücher als Corona • Mit Buch in Karantäne • mit Buch in Quarantäne • Mord • Musik • Musikerin • Musikproduzent • Nebraska • Roman • Sängerin • schlimmes Ereignis • Sommer
ISBN-10 3-8437-2325-7 / 3843723257
ISBN-13 978-3-8437-2325-1 / 9783843723251
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