Café Engel (eBook)

Töchter der Hoffnung - Saga um eine Wiesbadener Familie und ihr Traditionscafé. Roman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
494 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-7807-8 (ISBN)

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Café Engel -  Marie Lamballe
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Wiesbaden, 1959. Im Café Engel führt nun Tochter Hilde die Geschäfte und bringt frischen Wind in das Traditionshaus. Als wahrer Glücksfall entpuppt sich der neue Konditor, dessen verführerische Tortenkreationen immer mehr Gäste ins Café locken. Doch Hilde und ihre Cousine Luisa müssen um ihr persönliches Glück bangen: Während Hildes Jean-Jacques neuerdings viel Zeit mit der hübschen Französin verbringt, die auf seinem Weingut aushilft,
scheint Luisas Ehemann Fritz irgendetwas vor ihr zu verheimlichen. Als plötzlich ein Brief eintrifft, der alte Wunden aus Kriegszeiten aufreißt, ist jeder in der Familie gefordert.
Es geht um die Existenz des Café Engel ...

Der dritte Band der fesselnden SPIEGEL-Bestseller-Saga



Marie Lamballe wuchs in einer Theaterfamilie auf - beide Eltern waren Schauspieler am Wiesbadener Staatstheater. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Bestseller - veröffentlicht.

Marie Lamballe wuchs in einer Theaterfamilie auf - beide Eltern waren Schauspieler am Wiesbadener Staatstheater. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Bestseller - veröffentlicht.

SWETLANA


Wiesbaden, im Mai 1959

Es ist ein heißer Tag gewesen, einer jener frühen Sommertage im Mai, die die Häuser und Anlagen der Stadt zum Leuchten bringen. Jetzt, gegen neun Uhr am Abend, flanieren immer noch Einheimische und Kurgäste auf der Wilhelmstraße, besehen die Auslagen der teuren Geschäfte, schlendern unter den frisch austreibenden Platanen zum »Warmen Damm« hinüber oder sitzen in den Straßencafés. Vor allem im »Café Blum«, das dem Kurhaus gegenüberliegt und seit einigen Jahren mächtig aufgerüstet hat. Nicht nur, dass seine von Markisen beschatteten Tische einen ausgedehnten Teil der Straßenfront einnehmen – man kann im angeschlossenen Restaurant auch zu Mittag essen. Und in den oberen Etagen befindet sich inzwischen ein Hotel.

Blum hat dem »Café Engel«, das jahrzehntelang das »erste Haus am Platz« gewesen ist, den Rang abgelaufen. Auch heute Abend sind im Restaurant viele Außentische belegt, man isst zu Abend, trinkt einen Wein oder probiert die frische Maibowle. Kellner in schwarzen Anzügen, ein weißes Tuch über dem Arm, eilen zwischen den Tischen umher – neu ankommende Gäste müssen drinnen Platz nehmen, da heute mehrere Außentische reserviert sind. Drüben im Kurhaus gibt die berühmte Primadonna Maria Callas ein Konzert – nach dessen Ende wird der Ansturm der Theaterbesucher auf die Cafés und Restaurants groß sein.

Im Café Engel geht es ruhiger zu. Draußen sitzt nur ein junges Paar beim Wein; die beiden sind in ein angeregtes Gespräch vertieft und nippen nur ab und zu an ihren Gläsern. Swetlana, die heute Abend aushilft, hat schon zweimal nachgefragt, ob sie noch Wünsche haben, doch die beiden sind offenbar wunschlos glücklich.

Drinnen ist man unter sich. Heinz Koch und seine Frau Else sitzen am Ecktisch beim »Engelströpfchen«, einem herben Weißen, der vom Weingut des Schwiegersohnes stammt. Hubsi Lindner, der Pianist, hat sich zu ihnen gesellt; der einsame Junggeselle spielt immer noch dreimal die Woche nachmittags im Café und ist inzwischen eine Art Familienmitglied geworden. Das Gleiche gilt für Addi Dobscher, der vor dem Krieg als Bassbariton am Theater Triumphe gefeiert hat. Nach wie vor bewohnt er sein kleines Apartment unterm Dach und macht sich, so gut es geht, im Haus nützlich. Seine fünfundsiebzig Jahre sieht man dem kräftigen, weißhaarigen Mann kaum an – nur wer ihn von früher kennt, dem fällt auf, dass seine Bewegungen langsamer geworden sind und dass er ein wenig vornübergebeugt geht. Er wohnt allein – Julia Wemhöner, seine einstige große Liebe, hat inzwischen eine andere Wohnung bezogen.

»Soll ich die beiden da draußen noch mal fragen, ob sie etwas brauchen?«, erkundigt sich Swetlana unsicher bei Else.

Die schüttelt den Kopf.

»Nee, lass mal … Sonst denken sie womöglich, wir wollten sie verscheuchen. Wenn nachher noch Gäste kommen, kannst du ja im Vorbeigehen mal nachfragen …«

Swetlana nickt und will sich in die Küche zurückziehen, aber Heinz Koch ruft sie zurück.

»Bring uns noch eine Flasche Engelströpfchen, Swetlana. Und setz dich zu uns …«

Swetlana zögert und schaut unsicher zu Else hinüber. Das Verhältnis zu ihrer Schwiegermutter hat sich zwar mit den Jahren eingespielt, vor allem die Geburt der kleinen Sina, die inzwischen acht Jahre alt ist, hat Elses Wohlwollen gefördert – eine echte Zuneigung hat sich jedoch nicht eingestellt. Else kann nach wie vor nicht verstehen, dass ihr Sohn August, der doch in russischer Kriegsgefangenschaft schwer gelitten hat, ausgerechnet eine Russin heiraten musste.

»Eigentlich sollte die Bedienung nicht hier am Tisch bei uns sitzen, Heinz«, äußert Else auch prompt. »Das macht bei den Gästen keinen guten Eindruck.«

Heinz tätschelt seiner Else liebevoll den Arm. »Ach was! Bis die Konzertbesucher vom Kurhaus hinüberkommen, dauert es noch eine gute Stunde. Soll sich das Mädel bis dahin die Beine in den Bauch stehen?«

Da auch Hubsi und Addi Swetlana herbeiwinken, gibt sich Else geschlagen.

»Ihr habt ja recht«, seufzt sie. »Ich bin halt noch vom alten Schlag. Damals, als ich jung war und hier bedient hab – da hätten meine Eltern das nicht erlaubt. Streng ging’s da zu …«

Addi lacht und füllt ihr das Glas. »Und Wein hättest du da auch nicht zu trinken bekommen.«

»Gott bewahre! Da waren die Eltern eisern. Solange das Café geöffnet war, hat auch Papa keinen Tropfen Alkohol getrunken …«

Swetlana holt eine neue Flasche und eine Karaffe mit Wasser aus der Küche und setzt sich mit an den Tisch. Sie entkorkt den Wein und schenkt den anderen ein; sie selbst trinkt nur Wasser. Zu Hause, in der kleinen, aber wunderschönen Jugendstilvilla, die August vor einem Jahr gekauft hat, liegt die achtjährige Sina jetzt längst im Bett, und August hat ihr vermutlich ihre Lieblingsgeschichte vorgelesen. Pippi Langstrumpf heißt das Kinderbuch einer schwedischen Schriftstellerin. Sina findet es wunderbar, und August auch. Swetlana gefällt es nicht so, sie findet es ein bisschen anstößig. Ein Kind sollte doch dazu erzogen werden, den Eltern zu gehorchen, gute Schulnoten nach Hause zu bringen, ehrlich, aufrichtig und fleißig zu sein. So hat sie es zu Hause gelernt, so wird ein Kind zu einem guten Menschen. Aber in diesem Buch werden Kinder dazu angeregt, gefährlichen Unsinn zu begehen. Sie kann nicht verstehen, dass ausgerechnet August, der in vielen Dingen so streng ist, dieses Buch so liebt und Sina so oft daraus vorliest. Zumal Sina eine echte Leseratte ist und selbst gut lesen kann. Aber es ist halt so gemütlich, eingekuschelt im Bett zu liegen und zuzuhören, wie jemand vorliest.

Während sich draußen die Abenddämmerung über die Stadt senkt und in Theater und Kurhaus die Lichter angehen, sitzt Swetlana schweigend bei den anderen am Tisch und hört den Gesprächen zu. Eigentlich geht es immer um die gleichen Themen. Die neue Zeit, die den Schwiegereltern so gar nicht gefällt und mit der auch die beiden netten älteren Herren ihre Schwierigkeiten haben.

»Rot lackierte Fingernägel hat die Lehrerin«, regt sich Else auf. »Man stelle sich so was nur vor. Was sollen denn die Kinder von ihr denken?«

Swetlana macht pflichtschuldigst ein empörtes Gesicht und denkt sich ihren Teil. Sie selbst lackiert sich gern die Fingernägel, im Sommer sogar die Fußnägel. August ermutigt sie dazu, er findet es schön, bringt ihr auch mal ein Fläschchen Nagellack von unterwegs mit. Er verdient gut mit seinem Anwaltsbüro und ist stolz darauf, seiner Familie ein sorgloses Leben finanzieren zu können. Nur mit Swetlanas Sohn Mischa, der inzwischen sechzehn Jahre alt ist, haben sie es nicht immer leicht.

»Petticoat heißt das«, sagt Else jetzt ironisch. Das Gespräch ist weitergegangen. »Verrückt sind sie, die jungen Mädels. Tragen mehrere von den Dingern übereinander, damit der weite Rock absteht und man bis sonst wohin sehen kann. Und wie sie die Hüften schwingen! Aufreizend. Früher hätte man so eine eingesperrt …«

Sie erntet Widerspruch, vor allem Addi findet, dass die jungen Mädchen doch sehr flott aussähen, und Heinz pflichtet ihm bei. Jetzt wird über Pferdeschwanzfrisuren und diese schreckliche »Zittermusik«, den Rock’n’Roll, gesprochen. Da ist Hubsi Lindner ganz auf Elses Seite. Sänger wie dieser Elvis Presley kämen doch an die großen Tenöre wie Richard Tauber und Enrico Caruso im Leben nicht heran! Unverständlich, dass die jungen Leute diesem Kerl so nachliefen und sogar seine Frisur nachäfften.

Dabei schaut Else Swetlana an, denn auch Mischa pflegt seine »Tolle« über der Stirn und schmiert sie täglich mit irgendwelchen wohlriechenden Fetten ein. Er ist ein hübscher Junge, ähnelt seinem Vater, der Swetlana seinerzeit im Lager den Kopf verdreht hat. Die Mädchen schauen nach ihm. Er hat die achtjährige Grundschule beendet, danach hat er eine Lehre bei Dyckerhoff angefangen, ist aber gleich wieder davongelaufen. Auch bei Henkell in Biebrich hat es ihm nicht gefallen. Jetzt schlägt er sich mit Botengängen für Julia Wemhöner durch, eine Lehre will er nicht mehr beginnen.

Draußen ist es nun schon dunkel, die Straßenlaternen werfen ein sanftes, gelbliches Licht über Straße und Anlagen, das beleuchtete Theater hinter den Platanen schaut unwirklich aus, ein heller Stern hängt darüber am grauen Nachthimmel. Das junge Paar möchte zahlen. Swetlana eilt zu ihnen hinaus, sie erhält ein kleines Trinkgeld und bedankt sich. Man sieht jetzt Menschen in Abendgarderobe vom Kurhaus kommend die Straße überqueren – das Konzert ist beendet.

»Haben Sie gelesen, was der Kurier über die Callas geschrieben hat?«, fragt der junge Mann Swetlana. »Eine Tigerin. Vollkommen unberechenbar. Man weiß nie, ob sie am Abend singt oder ob sie absagt.«

Swetlana lächelt verbindlich. Eine Frau wie Maria Callas kann sich solche Verrücktheiten leisten – sie ist so berühmt, dass man ihr alles verzeiht. Swetlana findet, dass diese Frau ein schlechtes Beispiel gibt. Gerade eine große Künstlerin sollte sich nicht wie eine Tigerin aufführen, sondern besser bescheiden sein.

»Auf jeden Fall waren uns die Eintrittskarten zu teuer«, meint der junge Mann. »Da trinken wir lieber Ihren ganz hervorragenden Wein! Richten Sie Herrn Perrier aus, dass wir begeistert sind!«

»Vielen Dank. Da wird er sich freuen …«

Swetlana bleibt noch einen Moment draußen stehen in der Hoffnung, dass sich einige Gäste an den Tischen niederlassen – aber wie üblich fängt das Café Blum, das ja gleich gegenüber vom Kurhaus liegt, alle Konzertbesucher ab.

Drinnen hat man das Fiasko ebenfalls bemerkt – es kommt ja nicht...

Erscheint lt. Verlag 31.1.2020
Reihe/Serie Café-Engel-Saga
Sprache deutsch
Original-Titel Café Engel 3
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Abenteuer • Aufbegehren • Begehren • Belletristik • Beziehung • Bildungsroman • Bochum • Deutschland • Drama • dramatisch • Ehe • erotische • Erzählende Literatur • Familie • Familiendynastie • Familiengeheimnis • Familiensaga • Familiensagas • Fernbeziehung • Frau • Frauen • Frauenliteratur • Frauenroman • Frauenromane • Freund • Freundinnen • Freundschaft • Gefühl • Gefühle • gefühlvoll • Gegenwartsliteratur • Geheimnis • Generationenromane • Geschwister • Hamburg • Heimat • Kaffeemaschine • Kamerad • Kinder / Eltern • Krankenschwester • Leidenschaft • Liebe • Liebe / Beziehung • Liebesfilm • Liebesgeschichte • Liebesleben • Liebesroman • Liebesromane • Liebesromane für Frauen • Nachkriegszeit • Nordrhein-Westfalen • Phoenix-Viertel • Populäre Belletristik • prickelnd • Regierungsbezirk Arnsberg • Regierungsbezirk Darmstadt • Rheingau • Romane • Romantik • romantisch • Romantische • Ruhrgebiet • Saga • Sagen • Schicksal • Schicksale • Schicksale und Wendepunkte • Schreiben • Schriftsteller • Schwester • Sterben • Trauer • Trennung • Unterhaltung • Unterhaltungsliteratur • Valentinstag • Vertrauter • Weihnachten • Wiesbaden • Wirrungen • Wirtschaftswunder • Zwillinge
ISBN-10 3-7325-7807-0 / 3732578070
ISBN-13 978-3-7325-7807-8 / 9783732578078
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