E-Book 51-100 (eBook)
3200 Seiten
Martin Kelter Verlag
978-3-7409-4942-6 (ISBN)
Eine der herausragenden Autorinnen im Romanheftbereich ist Patricia Vandenberg. Mit ihren berühmt gewordenen Romanserien Dr. Norden und Im Sonnenwinkel sowie zahlreichen serienunabhängigen Romanen hat sie sich in die Herzen unzähliger Leserinnen und Leser geschrieben. Von ihr existieren mehr als 1.500 Romane, die sie seit den 1960ern bis zu ihrem Tod in 2007 verfasste. Wie beliebt Patricia Vandenberg, deren Romane seit mehr als 40 Jahren im Martin Kelter Verlag in Print erscheinen, tatsächlich ist, beweist nicht zuletzt die ungebrochene Lesernachfrage ihrer Texte. Man kann von einer zeitlosen Gültigkeit sprechen, denn eine Lesergeneration nach der anderen wurde und wird in ihren Bann gezogen. Hervorzuheben ist die unnachahmliche Erzählweise Patricia Vandenbergs, die sie immer wieder großartig demonstrierte. Ins Leben gerufen und entscheidend geprägt hat Patricia Vandenberg auch die große Romanserie um Kinderschicksale Sophienlust. Bemerkenswert sind ihre übersinnlichen, phantastischen Amulett-Romane, die ebenfalls die erzählerische Meisterschaft dieser großen Schriftstellerin beweisen. Viele weitere Romane von Patricia Vandenberg unterstreichen die besondere Beliebtheit dieser Schriftstellerin, deren Verdienste im Romanheftgenre hervorzuheben sind. Das Geheimnis des Erfolges lag neben ihrer erzählerischen Kompetenz in ihrer Aufgeschlossenheit gegenüber den Sorgen und Sehnsüchten ihrer Mitmenschen begründet. Das richtige Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Leser wirkt sich auch und gerade in der heutigen Zeit sehr positiv auf das Renommee eines Schriftstellers aus. Genau das ist bei Patricia Vandenberg in besonderem Maße der Fall, deren breitgefächerte, virtuose Einfälle auch noch nach ihrem Tod einem großen Lesepublikum viel Freude bereiten.
1967 in der schönen bayerischen Landeshauptstadt geboren, bin ich ein echtes "Münchner Kindl". Bereits im Alter von acht Jahren entdeckte ich die Welt der Bücher für mich, die mich seither nicht mehr losgelassen hat. Sprache war und ist für mich ein fantastisches, vielfältiges Ausdrucksmittel, dessen Gebrauch ich von Kind an in Tagebucheinträgen, Kurzgeschichten und Erzählungen geübt habe. Dieses Talent entdeckte und förderte schließlich meine Schwiegermutter, die wunderbare Romanautorin Gerty Schiede. Sie war es, die mich in die Welt , das Leben und Wirken des Dr. Norden und seiner großen, glücklichen Familie einführte. Sie lehrte mich, die Welt mit seinen Augen zu sehen. Inzwischen selbst Mutter von vier Kindern und ausgestattet mit viel Neugier und einer lebhaften Fantasie fand und finde ich in dieser Serie endlich ein schönes Medium, um über all das zu schreiben, was unser Leben so lebenswert macht: Liebe, Kinder, Freude, Irrungen und Wirrungen. Mit meinen Geschichten möchte ich meinen Leserinnen und Lesern immer wieder aufs Neue schöne, unterhaltsame, spannende Stunden schenken mit der Sicherheit, dass das Gute über das Böse siegt und die Liebe stärker ist als der Hass. Das ideale Umfeld und die Ruhe zum Schreiben finde ich in meinem Haus, das inmitten idyllischer Natur in einer kleinen Stadt nahe München liegt. Hier lebe ich seit vielen Jahren mit meiner Familie, Hund und Katze. Meine größte Inspiration sind meine wunderbaren Kinder, die es mir leicht machen, das lustige, aufregende, mitunter auch anstrengende aber unbezahlbare Leben in einer Großfamilie, wie die Nordens es führen dürfen, am eigenen Leib zu erleben. Sie sind es auch, die mich immer wieder mit neuen Ideen für Titel und Geschichten versorgen. Aber auch meine vielfältigen Interessen, Familie, Freunde und Nachbarn sorgen dafür, dass mir die Ideen für immer neue Erlebnisse rund um meinen täglichen Begleiter Daniel Norden und seine Familie nicht ausgehen.
Dr. Daniel Norden betrachtete die Patientin, die ihm gegenüber Platz genommen hatte, mit nachdenklichem Blick.
Es war über ein Jahr her, dass Carla Hauff bei ihm gewesen war. Er hatte sie wegen starker Bandscheibenschmerzen zu einem Orthopäden geschickt.
»Eine Zeit ging es ja nach der Behandlung«, erzählte sie, »aber seit ein paar Tagen ist es wieder ganz schlimm, und die Tortur möchte ich nicht noch einmal mitmachen.«
Dr. Norden wusste, dass eine solche Behandlung oft sehr schmerzhaft und anstrengend war, und Frau Hauff war eine überaus empfindliche Patientin.
Während der langen Krankheit ihres Mannes war sie großen seelischen Belastungen ausgesetzt gewesen und durch die Pflege auch körperlichen. Sein Tod hatte auch ihre finanziellen Verhältnisse verschlechtert, und auch darunter litt sie.
»Eine Kur wäre halt angebracht«, sagte er.
»Das kann ich mir einfach nicht leisten, solange Ingrid nicht mit ihrem Gesangstudium fertig ist«, erwiderte sie.
Na, sie studiert doch schon eine ganze Weile, dachte Dr. Norden, aber das sprach er freilich nicht aus. Er erinnerte sich noch sehr gut daran, mit welcher Begeisterung Carla Hauff von dem großen Talent ihrer ältesten Tochter gesprochen hatte.
»Was macht denn Julia?«, erkundigte er sich nach der jüngeren Tochter, die noch die Schulbank gedrückt hatte, als ihr Vater starb.
»Sie hat eine gute Stellung gefunden bei der Firma Hess«, erwiderte Carla Hauff. »Und wie es scheint, ist der Juniorchef ernsthaft in sie verliebt«, fügte sie errötend hinzu. »Das wäre natürlich ein Glück für uns alle.«
Ein Glück für alle, dachte Dr. Norden bestürzt. Sie kann doch aus solcher Verbindung nicht Vorteile für sich und Ingrid ableiten. Diese Ingrid hatte er ohnehin als ein sehr eingebildetes und selbstsüchtiges Mädchen in Erinnerung.
Carla deutete sein Schweigen richtig und wurde noch verlegener.
»Ich hoffe, Sie missverstehen mich nicht, Herr Doktor«, sagte sie. »Ich wäre natürlich froh, wenn ich wenigstens eine Tochter gut versorgt wüsste. Wir müssen uns jetzt sehr einschränken, aber Ingrid soll doch nicht darunter leiden, dass sie ihren Vater so früh verloren hat. Ihre schöne Stimme …«
Und so ging es noch eine Weile fort. Ingrid, immer wieder Ingrid, die Begabte, die Schöne, eindeutig das Lieblingskind ihrer Mutter, dem alles zugebilligt werden musste.
Dr. Norden hörte nur mit halbem Ohr zu, und er horchte erst wieder auf, als Carla Hauff dann doch noch einmal auf Julia zu sprechen kam.
»Ach ja, ich wollte Sie noch fragen, ob man nicht das Muttermal an Julias Oberschenkel beseitigen kann. Ich finde es doch sehr störend. Als sie sich neulich auf dem Balkon sonnte, ist es mir aufgefallen, dass es sehr unschön aussieht. Es ist auch noch ziemlich groß geworden.«
»Ich müsste es mir einmal anschauen«, erwiderte Dr. Norden. »Schicken Sie Julia einmal zu mir.«
»Sie hat ja nie Zeit. Bis fünf Uhr ist sie im Geschäft, und dann besucht sie noch Abendkurse, um sich in den Sprachen zu vervollständigen. Und dann trifft sie sich auch manchmal mit Bernd Hess, was ja verständlich ist.«
»Sie könnte mal an einem Samstag kommen, wenn sie sich vorher anmeldet.«
»Ich werde es ihr sagen. Nun, wenn es zu der Heirat kommt, werde ich mir wohl auch mal eine Kur leisten können. Inzwischen muss ich mich mit den Medikamenten behelfen. Vielen Dank, Herr Doktor, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen. Man findet solche Ärzte sehr selten.«
Irgendwie war sie doch nett und noch immer eine hübsche Frau mit ihren fünfundvierzig Jahren. Nur diese übersteigerte Liebe zu ihrer Tochter Ingrid missfiel Dr. Norden. Ihm ging es gegen den Strich, wenn ein Kind so bevorzugt wurde, denn das war ganz offensichtlich der Fall.
*
Ingrid nutzte die Liebe ihrer Mutter tatsächlich weidlich aus. Ihr gefiel das Leben recht gut, das sie führen konnte. Sie hätte längst eine Stellung als Chorsängerin haben können, denn sie hatte eine wirklich hübsche Stimme, die an Volumen aber nicht für eine Solistin ausreichen würde. Aber in einem Chor zu singen, das fand sie unter ihrer Würde. Sie fühlte sich zu Höherem berufen, und dafür fand sie bei ihrer Mutter ja hinreichend Verständnis. Dass die um drei Jahre jüngere Julia mit für den Lebensunterhalt sorgte, beschämte sie keineswegs. Es wurmte sie nur, dass Bernd Hess sich ernsthaft für Julia interessierte, denn er war nicht nur vermögend, sondern auch ein recht gut aussehender junger Mann.
Ingrid flirtete gern mit attraktiven Männern, und ein unbeschriebenes Blatt war sie auch nicht mehr, obwohl ihre Mutter fest davon überzeugt war. Doch Carla Hauff war in gewissem Sinne immer naiv geblieben. Sie hatte ihre erste Liebe geheiratet und war mit ihrem Maximilian achtzehn Jahre glücklich gewesen. Auch die Zeit seiner Krankheit war inbegriffen.
Sie hatte ihren Mann aufopfernd gepflegt und immer auf seine Genesung gehofft, als schon die Ärzte jede Hoffnung aufgegeben hatten.
Sie hatten wohl auch gehofft, dass Ingrid, die unbestreitbar ein bildhübsches Mädchen war, bald einen gutsituierten Mann finden würde, doch diese Hoffnung erwies sich als trügerisch. Freilich sah es Carla von dem Standpunkt, dass es sich Ingrid leisten konnte, wählerisch zu sein, und wenn wieder mal eine Freundschaft in die Brüche gegangen war, erklärte Ingrid, dass ihre Karriere ihr wichtiger sei. Selbstverständlich billigte Carla auch diese Einstellung, obgleich sie nicht der Wahrheit entsprach.
Ingrid war nämlich so oberflächlich, wie sie hübsch war. Dazu war sie zu sehr von sich überzeugt. Das hatte bisher noch jedem Mann missfallen, der ihren Weg gekreuzt hatte, und außerdem ließ sie sich allzu leicht von Äußerlichkeiten bestechen.
Als Carla an diesem Morgen nach Hause kam, lag Ingrid noch immer im Bett.
»Hättest du nicht Unterricht?«, erkundigte sich Carla, nun doch ausnahmsweise einmal unwillig.
»Ich fühle mich nicht wohl, Mutti«, stöhnte Ingrid. »Ich habe Halsschmerzen.«
»Soll ich nicht lieber Dr. Norden rufen?«, fragte Carla sogleich besorgt.
»Nein, ich gehe lieber zu einem Spezialisten. Ich stehe gleich auf.«
»Aber es ist ziemlich kühl, Ingrid. Die Luft könnte dir schaden. Du solltest endlich einmal dein Examen machen.«
Sie hatte tatsächlich endlich gesagt. Ingrid blickte ihre Mutter unter halbgeschlossenen Lidern an.
»Ich werde es schon noch machen«, erwiderte sie aggressiv. »Willst du mir jetzt Vorwürfe machen?«
»Aber nein!«, wehrte Carla erschrocken ab. »Du weißt, dass ich dir den bestmöglichen Start wünsche, aber unser kleines Vermögen schrumpft immer mehr zusammen. Ich kann nicht von Julia erwarten, dass sie von ihrem Verdienst noch mehr abgibt.«
»Warum denn nicht? Wenn sie es schlau anfängt, ist sie bald Frau Hess, und dann kann sie sich alles leisten.«
Es klang ziemlich gehässig, aber das hörte Carla Hauff nicht.
»Ja, ich wäre froh, wenn sie heiraten würden«, sagte sie gedankenverloren. »Dann könnte ich die oberen Räume vermieten, und es würde mir nicht so schwerfallen, die Hypothek abzuzahlen.«
»Du denkst ans Vermieten?«, fragte Ingrid unwillig. »Auch dann, wenn Bernd dein Schwiegersohn wird?«
»Ich kann nicht von ihm erwarten, dass er uns unterstützt, und ich kann auch von Julia nicht verlangen, dass sie zubuttert. Das musst du verstehen. Schließlich habe ich auch meinen Stolz.«
Ingrids Augen verengten sich noch mehr. »Wenn ich einen reichen Mann heirate, wird es selbstverständlich für mich sein, dich zu unterstützen, Mutti«, sagte sie. »Dann wirst du ein schönes Leben haben, das verspreche ich dir.«
»Dr. Norden hat gesagt, dass mir eine Kur helfen würde«, sagte Carla geistesabwesend.
»Er braucht wohl Patienten für seine Insel der Hoffnung«, sagte Ingrid anzüglich.
»Aber nein, das hat er doch nicht nötig. Dort sind sie ständig ausgebucht.«
»Vielleicht ist das auch nur Gerede«, meinte Ingrid herablassend.
Nachdenklich blickte Carla ihre Tochter an. »Was hast du eigentlich gegen Dr. Norden?«
»Er hat immer bagatellisiert, was mir fehlte. Wie ein dummes Gör hat er mich behandelt, und seine Frau bildet sich wer weiß was ein. Ich verstehe nicht, was man an ihr schön findet.«
Bestürzt sah Carla auf. »Sie ist schön«, sagte sie, »schön und klug.«
»Bin ich etwa dumm?«, begehrte Ingrid auf.
»O nein, das wollte ich nicht sagen, Ingrid. Du lebst nur deiner Kunst und bedenkst nicht, mit welchen Sorgen ich zu kämpfen habe seit Vaters Tod. Es soll gewiss kein Vorwurf sein, mein Kind, aber ich kann Julia nicht alles abverlangen, das musst du einsehen.«
»Sie ist bedeutend realistischer als ich, Mutti«, sagte Ingrid sanft. »Sie hat sich einen vermögenden Mann geangelt. Ich verstehe nicht, warum du dir Gedanken um sie machst. Julia weiß ihre Vorteile zu wahren. Ich bin halt romantischer, aber dir zuliebe, und damit
du eine Kur machen kannst, würde ich den nächstbesten Mann heiraten, der uns aus der Misere herausbringt.«
»Gott bewahre, Ingrid, das will ich nicht«, widersprach Carla. »Wir kommen sehr gut zurecht, wenn Julia aus dem Hause ist und ich die Mansarde vermieten kann. Aber jetzt sollten wir lieber daran denken, dass deine Halsschmerzen nicht schlimmer werden.«
»Ich ziehe mich an und fahre gleich zu Dr. Küppers«, sagte Ingrid schnell. »Du sollst dir keine Sorgen machen, Mutti. Hoffentlich machst du dir aber auch keine falschen Hoffnungen, denn ich wüsste wirklich nicht, was Bernd an Julia findet.«
Das klang auch sehr hintergründig, aber Carla...
Erscheint lt. Verlag | 28.5.2019 |
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Reihe/Serie | Dr. Norden Bestseller | Dr. Norden Bestseller Paket |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Arzt • Chefarzt • Doktor • Dr. Daniel • Dr. Laurin • Fortsetzungsroman • Klinik • Krankenhaus • Krankenschwester • Landdoktor • Martin Kelter Verlag |
ISBN-10 | 3-7409-4942-2 / 3740949422 |
ISBN-13 | 978-3-7409-4942-6 / 9783740949426 |
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