Das Beste wartet noch auf dich (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
384 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-24742-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Beste wartet noch auf dich -  Lilli Marbach
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Ein temporeicher Roman über eine lebensfrohe Heldin, die keine Zeit hat, in Ruhe alt zu werden, weil sie drauf und dran ist, die beste Zeit ihres Lebens einzuläuten ...
Balbina von Buntschuhs eintöniges Witwenleben wird durch eine unerwartete Erbschaft gehörig auf den Kopf gestellt. Nicht genug damit, dass sie ein völlig heruntergekommenes Haus ihr Eigen nennen kann, nein, darin campieren auch noch zwei Hausbesetzer. Eigentlich müsste sie die beiden hochkant auf die Straße setzen, doch die Studenten unterbreiten ihr ein unwiderstehliches Angebot: Gemeinsam mit ein paar Freunden wollen sie ihr beim Renovieren helfen und die Zimmer anschließend zu einem fairen Preis mieten. Balbina willigt ein. Wenn sie allerdings gewusst hätte, mit wie vielen Pannen, Turbulenzen und Missgeschicken der Weg zum Happy End gepflastert sein würde, hätte sie sich das Ganze nochmal gründlich überlegt. Schließlich ist sie nicht mehr die Jüngste! Andererseits: Alter war ja eigentlich noch nie von Bedeutung, es sei denn, man ist eine Flasche Wein. Als sie dann noch eine überraschende Entdeckung macht, ist sie endgültig überzeugt: Ganz egal wie viele Jahre man auf dem Buckel hat - es ist nie zu spät für die beste Zeit des Lebens ...

Lilli Marbach wurde im romantisch Waldnaabtal geboren, hat große Lieben und viele berufliche Höhepunkte erlebt und ist doch der Meinung, dass die besten Zeiten noch lange nicht vorbei sind - eine Erkenntnis, die ihren Leserinnen Mut machen soll, an sich und ihre Träume zu glauben. Sie selbst träumt davon, ein Haus zu erben und darin all ihre Freunde zu versammeln. Bis das in Erfüllung geht, konzentriert sie sich ganz auf ihre größte Leidenschaft, das Schreiben. Lilli Marbach wohnt und arbeitet in München.

1

Veränderungen sind immer eine Herausforderung, steht auf dem Kalenderblatt. Treffer! Heute ist nämlich Haarfärben angesagt. Auf diese Weise verwandle ich mich von der ollen Witwe in die Frau ohne Alter, deren Haar rötlich braun glänzt wie frisch gefallene Kastanien. Die Herausforderung ist das gleichmäßige Verteilen der Haarfarbe, vor allem am Hinterkopf, wofür man ein achtarmiger Tintenfisch sein müsste. Das sollte in der Gebrauchsanleitung stehen. Dann würde jeder verstehen, wie schwierig es ist, die Pampe überall auf dem Kopf zu verteilen. Allerdings gehöre ich ja zu den Menschen, die Gebrauchsanleitungen nur überfliegen, den Text als viel zu lang empfinden und ihn nie zu Ende lesen. Mit dem Ergebnis, dass ich einmal drei verschiedene Farbtöne auf dem Kopf hatte. Dumm gelaufen, habe ich geflucht, aber Albert, mein geliebter und vor zehn Jahren verstorbener Gatte, hat nur lachend gemeint: »Jetzt siehst du aus wie eine Glückskatze.«

Also los! Farbe mischen, auftragen und auf ein tadelloses Ergebnis hoffen, denn frisch gefärbtes Haar verjüngt locker um fünf Jahre. Eine Weile habe ich es gewagt, die Farbe rauswachsen zu lassen, und stolz mein ergrautes Haar getragen. Aber irgendwann war ich es leid, unsichtbar für meine Umwelt zu sein, an der Supermarktkasse weggeschubst oder auf der Rolltreppe halb umgerannt zu werden. Bei Männern steht graues Haar ja für Reife, gar für Erfolg, und die Werbeindustrie vermarktet den ergrauten Herrn als »interessanten Typen«. Einer grauhaarigen Frau aber wird insgeheim das wenig schmeichelhafte Etikett »alte Schachtel« verpasst. Es sei denn, sie ist dürr wie eine Salzlette und trägt schrille Designerklamotten, dann kann sie es sogar auf das Cover der Oldie-Vogue schaffen. Ein Ziel, das nicht auf meiner Wunschliste steht. Und das hat gute Gründe.

Für meine Figur trifft eher das Prädikat XL-Lette zu, und wenn ich in den Spiegel gucke, weiß ich oft nicht, ob ich weinen oder lachen soll. Im Laufe der letzten zwanzig Jahre hat meine Statur sich von einem zierlichen Sommer- in einen drallen Winterkörper verändert. Für den nur noch geblümte Säcke hergestellt werden und schon gar keine Badeanzüge, deren raffinierter Schnitt ein paar Kilo zu viel geschickt verdecken würde. Ich vermute, die meisten Designer sind der Meinung: Wo kämen wir denn hin, wenn Frauen auch mit über sechzig noch attraktiv aussähen. Seit meiner körperlichen Verwandlung liebe ich den Frühling und den Herbst. Den Sommer würde ich gern überspringen. Erst recht, wenn er bereits im Mai mit tropischen Temperaturen beginnt, was in mir regelmäßig die Sehnsucht weckt, in einer Tiefkühltruhe zu leben.

Selbstredend hat der Sommer Vorteile: Man benötigt weniger Klamotten, spart Heizung und auch Strom, weil die Waschmaschine seltener zum Einsatz kommt. Auf den Märkten werden heimische Beeren, knackiges Gemüse und schmackhafte Tomaten verkauft statt der spanischen Wasserbomben, die gerade noch an der roten Farbe zu erkennen sind. Und auf meinem Bio-Balkon wachsen süß-säuerliche köstliche Kirschtomaten.

Die Kehrseite: Seit meinem Fünfzigsten leide ich bei über fünfundzwanzig Grad unter scheußlichen Hitzeattacken. Und jetzt, mit sechsundsechzig, steuert frau so langsam auf das Ende zu. Glaubt man den Statistiken, bleiben mir noch locker fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Jahre. Aber ich sage immer: Glaube nie einer Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.

Im Grund ist das Alter auch nicht von Bedeutung, es sei denn, man ist eine Flasche Wein. Ich jedenfalls halte es mit Udo Jürgens, der behauptet hat, mit sechsundsechzig Jahren würde das Leben erst anfangen, man wäre doch noch gut in Schuss, und es sei auch noch lange nicht Schluss. Wenn Udo recht hat, dann wartet das Beste noch auf mich.

Nur der Blick in den Spiegel gerät inzwischen wie gesagt zu einer echten Mutprobe. Meinen Winterkörper gar nackt zu betrachten, habe ich das letzte Mal mit sechzig gewagt, prompt ein graues Schamhaar entdeckt und mich seither nie wieder unbekleidet davorgestellt. Nicht allein wegen meines ergrauten Eroscenters, auch wegen des Hüftgolds und der Dellen an den Oberschenkeln. Von makelloser Schönheit bin ich Lichtjahre entfernt, aber solange ich die Wellenlandschaft nicht sehe, stört sie weder mich noch sonst jemanden. Und Saunabesuche stehen ohnehin nicht auf meiner Wunschliste. Fürs Schwitzen zu bezahlen wäre Geldverschwendung, denn das ist sozusagen ein kostenloser Service der Firma »Wechseljahre«.

Ich suche auch keinen Mann, denn der Prinz auf dem weißen Pferd, vor dem ich mich ausziehen würde, hat längst ein anderes Prinzesschen auf sein edles Tier gehoben. Außerdem sind Männer pflegeintensiv, müssen bekocht und bespielt werden, da bliebe mir ja kaum noch Zeit für meine Lieblingsbeschäftigung: das Lesen.

Neulich stieß ich auf einen Artikel zum Thema Alter. An dem Fünfzigsten sei das Alter noch ein weit entferntes, dunkles Land, doch bald befände man sich auf einem abschüssigen Pfad, der mit jedem Jahr steiler würde und direkt in die Grube führe. Als ich das las, habe ich beschlossen, beim Altwerden nicht mitzumachen. Basta. Aber irgendwie schleicht es sich doch unbemerkt ein. Es beginnt ganz harmlos mit zwei, drei grauen Haaren, als Nächstes verschwimmen die Buchstaben, und zack, hat man eine Lesebrille auf der Nase. Dann schlabbern die Oberarme, sodass man lieber langärmlige Oberteile trägt, man quetscht die dicken Hüften ins Miederhöschen, und bis zum Gebiss ist es auch nicht mehr weit. Das Ganze endet mit einem Rollator. Normalerweise kann ich darüber nur lachen, schließlich trifft es irgendwann jeden. Nur heute ist mir melancholisch zumute. Es sind die bittersüßen Erinnerungen an den Sommer 1974 auf Ibiza, die mich in letzter Zeit quälen. An heiße Küsse, trunkene Liebesnächte, tausend Treueschwüre …

An tropischen Sommertagen sehe ich mich in den Armen eines Mannes liegen, den ich glaubte, längst vergessen zu haben. Manchmal habe ich das Gefühl, mir alles nur einzubilden. Dass Tom, der Sohn und Erbe einer renommierten Papierfabrik, mich, eine kleine Buchhändlerin, heiraten wollte. Damals, als ich weder Bauch noch Cellulitis und höchstens ein paar kleidsame Lachfältchen hatte. Als wir leidenschaftlich verliebt waren und glaubten, durch die Liebe für immer jung zu bleiben und niemals grauhaarig zu werden.

Wie Tom heute wohl aussieht, frage ich mich, während ich mir die Arme verrenke, um vom Deckhaar ein paar Strähnen abzuteilen, die ich mit Alufolie umwickle, damit sie grau bleiben und als Highlights wirken. Helle Strähnen hatte doch auch Audrey Hepburn als Holly Golightly in Frühstück bei Tiffany, ich finde, sie wirken cool und völlig altersunabhängig. Auf dem Ansatz verteile ich gleichmäßig Kastanienbraun.

Ich würde zu gern wissen, warum Toms Traum von der Schriftstellerkarriere geplatzt ist. Dass er nie ein Buch veröffentlicht hat, weiß ich aus sicherer Quelle. In der Buchhandlung meiner Eltern erhielten wir regelmäßig die Vorschaukataloge der großen Verlage, einen Roman von Tom konnte ich in keinem entdecken.

Bis vor einigen Monaten hatte ich jede Erinnerung an die Zeit mit ihm, ja sogar seinen Namen, erfolgreich verdrängt. Doch 2018, in jenem tropischen Endlossommer, kamen die Bilder zurück. Es scheint, als ließen sich solch prägende Erlebnisse doch nicht im Abfalleimer der Vergangenheit entsorgen, wie die Urlaubsfotos, die Tom mit einer Polaroidkamera schoss. In Tränen aufgelöst, habe ich die Bilder verbrannt und gehofft, mein Schmerz würde sich genauso in Rauch auflösen wie diese Fotografien aus glücklichen Tagen oder das von Tom verfasste Liebesgedicht.

Ich wusste nichts von Liebe, bevor ich dich traf – so lautete die erste Zeile auf einem handgeschriebenen Blatt, das ich ebenfalls dem Feuer geopfert habe. Ich war fest davon überzeugt, dass er mich genauso liebte wie ich ihn. Doch dann ist er einfach verschwunden. Ohne ein Wort. Spurlos. Ich war zutiefst verzweifelt und wollte alles vernichten, was mich auch nur im Entferntesten an ihn erinnert. Inzwischen bedauere ich, seine Liebesbeweise zerstört und das zauberhafte bunte Glasperlenarmband, das Tom mir auf Ibiza geschenkt hatte, im Müll entsorgt zu haben …

Jetzt reicht’s aber mit den melancholischen Rückblicken, rüge ich mich. Konzentriere dich lieber auf das Hier und Jetzt. Auf die Quark-Eigelb-Maske, die angeblich Falten mildert und die ich jetzt, wo die Haarfarbe einwirkt, auch noch auftrage. In dreißig Minuten werde ich fast wieder wie neu sein. Dann werde ich hinter dem Abbild der sechsundsechzigjährigen Frau wieder das junge Mädchen mit dem Porzellanteint entdecken, das ich in Gedanken noch immer bin.

Während Farbe und Maske ihre Wirkung entfalten, brühe ich frischen Tee auf und begebe mich in das ehemalige Gästezimmer, das ich zu meiner privaten Bibliothek umgestaltet habe. Aufatmend sinke ich in den bequemen roten Samtsessel und greife nach dem Roman, der auf dem zierlichen Jugendstiltisch bereitliegt. Von knapp fünfhundert Seiten fehlten noch zwanzig, bis ich erfahre, welch dunkles Geheimnis die Protagonistin hütete. Ich liebe spannende Schicksalsromane, aber auch humorvolle Geschichten und Werke über Kunst. Insgesamt besitze ich eine stattliche Anzahl an Büchern, die sich in sieben Metern Regalwand stapeln. Dieser Schatz stammt, bis auf wenige Ausnahmen wie das neue Buch über den Bio-Balkon oder diverse Backbücher, aus dem Buchladen meiner Eltern. Sie erinnern mich nicht nur an meine Mutter, die genau wie ich in jeder freien Minute gelesen hat, und an meinen Vater mit seiner Vorliebe für unblutige Krimis, sondern auch an die glückseligen Stunden, die ich...

Erscheint lt. Verlag 20.1.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Alte Liebe • Briefe • Dora Heldt • eBooks • Erbschaft • Frauenromane • Freundschaft • Humor • kleine geschenke für frauen • Liebesromane • lustig • lustige • München • Renate Bergmann • Renovierung • Rentnerin • Romane für Frauen • Ruhestand
ISBN-10 3-641-24742-X / 364124742X
ISBN-13 978-3-641-24742-3 / 9783641247423
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