Ayasha - Geschichten & Gedichte -  Ursula W. Ziegler

Ayasha - Geschichten & Gedichte (eBook)

Sammlung
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2018 | 4. Auflage
132 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7528-6512-7 (ISBN)
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"Ayasha - Geschichten & Gedichte" ist eine Sammlung von Erzählungen, die das Leben schreibt. Vom werdenden Leben und der Auseinandersetzung mit dem Tod. Vom Umgang mit dem Teufel und der Göttlichkeit in uns. Auf einfühlsame und tief gehende Weise führt Ursula W. Ziegler den Leser in ihren acht Erzählungen und acht Gedichten zu der mystischen und spirituellen Seite des Lebens, deren Tiefe man bei jedem Lesen neu erfährt.

Ursula W Ziegler, Geschichtenerzählerin, Autorin, Workshopleiterin, Künstlerin, arbeitet mit ihrem Ehemann als ganzheitliche Lebensberaterin. "Geschichtenerzählerin" ist Ursula W Ziegler schon seit Kindesbeinen an. Mit der Jahrtausendwende begann sie die Geschichten, die ihr das Leben zuspielte, aufzuschreiben sowie in Form von Bildern Ausdruck zu verleihen. In ihren Beratungen und Workshops bringt sie ihre Fähigkeiten und ein holistisches Bild des Lebens ein. Das Leben führte Ursula W Ziegler über mentale Techniken und den Tzolkin (Maya-Kalender) in die Bereiche der Energiearbeit, des Bewusstseins und zur allumfassenden Liebe. Ihre wesentliche Stärke ist, Menschen und Situationen mit dem Herzen aufzunehmen, mit dem Geist zu erfassen - in Klarheit und Achtung vor dem Leben. Sie führt dabei den Menschen zurück in die Harmonie, in seine Liebe. Ursula W & Jan-Christoph Ziegler: "Wir glauben an die Unfehlbarkeit der Liebe und an die Macht des Geistes und daran, dass der Mensch mit der Macht der Liebe seinen Geist so konditionieren kann, dass die Erde und das gesamte Weltall zu einem Paradies werden." "Unser Schwerpunkt war und ist die Liebe zu allem, was ist und unsere Lebens-Philosophie ist für uns gelebte Wirklichkeit. In diesem Sinne 'lebenlieben' wir unsere Arbeit."

Darf ich Vati zu Dir sagen?


Falk wunderte sich nicht, als er zum ersten Mal die Stimme eines Kindes hörte, – mit unglaublich viel Festigkeit und Bestimmtheit wie bei einem Erwachsenen und mit sehr viel Selbstsicherheit. Er glaubte auch eine Spur Weisheit herauszuhören.

Seit er mit Gina zusammen war, hatte er viele seiner Weltbilder über Bord werfen müssen. Er erlebte durch sie, dass die Welt der Mystik überhaupt nicht so mystisch war. Jedenfalls wusste er durch Gina, dass alles eine eigene Sprache hat, auch Pflanzen, was er selbst schon erlebt hatte.

Die feine, feste Stimme meldete sich wieder: „Ich würde dich gerne Vati nennen. Darf ich?“, fragte sie.

Falk war Ende dreißig und wurde zum ersten Mal Vater. Er hatte es sich gewünscht, genau wie Gina, obwohl jeder von ihnen vielleicht einen anderen Beweggrund hatte. Um Gina nicht zu wecken, sagte er leise: „Ja“, und nach einer kurzen Pause, „schön, dass du da bist, ich freue mich auf dich.“

„Oh, ich freue mich auch, dir bald in die Augen sehen zu können. Aber hin und wieder habe ich das Gefühl, du hast Angst vor mir und möchtest, dass ich noch nicht da wäre.“

Falk überlegte kurz. Ohne dass er das Wesen sah, wusste es sehr gut Bescheid. Also, dachte er, hat das Schwindeln hier keinen Zweck. „Ja, du hast recht“, sagte er daraufhin. „Ich habe Angst! Obwohl ich wollte, dass du da bist, geht es mir fast zu schnell. Doch, wenn ich es mir überlege, auch wieder nicht. Manchmal denke ich, ich bin schon zu alt für dich und ich weiß nicht, ob ich noch Geduld genug für dich habe, um dir alles beibringen zu können, was du wissen musst.“

Eigentlich kam er sich ein wenig albern vor, ein Gespräch mit einem unsichtbaren Wesen zu führen. Er fühlte sich zwar sehr wohl, seit die Stimme da war, fast als hätte das ganze Zimmer eine andere Energie bekommen, aber ein bisschen komisch war es schon.

„Wie willst du mich nennen, wenn ich da bin?“, wollte die Stimme wissen.

„Das kommt ganz darauf an“, überlegte Falk laut. „Am liebsten Daniel oder Joshua.“

„Die Namen klingen gut“, meinte die Stimme.

„Ja, und wenn du dann etwas älter bist, so fünf oder sechs Jahre, dann können wir gemeinsam Fußball spielen oder ich bilde dich im Schwimmen aus. Du musst wissen, dass ich Sport liebe und ich könnte dich so trainieren, dass du zu den Besten gehörst. Nein, was sage ich, dass du der Beste der Welt wirst! Wir könnten viel verreisen und die unterschiedlichsten Wettkämpfe besuchen, an denen du dann teilnimmst.“ Er redete sich selbst in eine leichte Euphorie hinein. Doch auf einmal war es Falk, als würde das ganze Zimmer etwas trauriger werden. „Was ist?“, fragte er unsicher.

Die Stimme meldete sich zaghaft: „Was ist, wenn ich das alles nicht mag und lieber verträumt den Schmetterlingen hinterherlaufe? Liebst du mich dann auch noch?“

Falk beeilte sich mit der Antwort, sodass er sich verschluckte. „Aber sicher, mein Kind.“ Er musste kurz husten, ehe er weiterredete. „Ich meinte ja nur, wir könnten gemeinsam etwas unternehmen, du und ich.“

„Ist denn Schmetterlingen und Bienen hinterherlaufen nichts, was man gemeinsam unternehmen kann?“, fragte die Stimme immer noch etwas zaghaft.

Falk überlegte: »Schmetterlinge, was soll ich damit anfangen? Ich sammle sie nicht und ich möchte auch keine toten Tiere in meinem Haus aufbewahren.« Dann fiel ihm ein, es war ja noch ein Kind und da war es vielleicht wichtig, mit Schmetterlingen zu spielen.

„Ist es für dich nicht wichtig, den leichten Flug der Falter zu sehen und mit ihnen einen Sommer lang zu träumen? Träumen ist doch etwas für jedes Wesen.“

Überrascht und doch wieder nicht, fühlte Falk sich ertappt. „Weißt du“, begann er zögernd, „wenn man erwachsen ist, verliert sich manches, und wenn ich es mir recht überlege, dann ist das Träumen eines der ersten Dinge, die verloren gehen. Sie werden nicht als lebenswichtig eingestuft und deshalb zur Seite gelegt.“ Es trat eine Pause ein.

„Vati“, meldete sich die Stimme wieder zögerlich. „Wärst du sehr traurig, wenn ich statt Fußball lieber Klavier spielen würde und statt zu schwimmen oder zu springen lieber die Schauspielkunst erlernen?“

„Aber mein Junge!“, entrüstete sich Falk. „Ein Junge muss Sport betreiben, damit er stark wird. Du musst selbstverständlich kein Profi werden, wobei du sehr gut verdienen könntest, wenn wir uns etwas Mühe geben.“

Falk besann sich plötzlich. Er selbst war nie Profi und stark. Na ja, ein Schwächling war er nicht gerade, aber etwas mehr Selbstbewusstsein würde ihm nicht schaden.

„Weißt du, Vati“, wenn du es möchtest, werde ich mich anstrengen und das tun, was dir Freude bereitet.“ Die Stimme unterbrach seine Gedanken. „Es würde mir schwer fallen“, fuhr sie fort, „aber es würde mir bestimmt gelingen auf das Eine oder Andere zu verzichten oder es nur ein bisschen auszuüben. Und wenn du kein Klavier magst, vielleicht magst du lieber Geige oder Gitarre.“

„Hm“, machte Falk. Er erinnerte sich an seinen großen Wunsch ins Schulorchester zu kommen, aber von zu Hause gab es nur Geld für eine Flöte. Alles andere wurde als unnötig eingestuft. »Vielleicht«, so dachte er, »wäre ich ganz gut gewesen.« Und als er dann älter war, die erste Tanzstunde hinter sich hatte, war da eine neue Leidenschaft erweckt.

„Vielleicht Vati“, unterbrach ihn die Stimme abermals, „vielleicht würde ich aber auch gerne im Ballett tanzen und zeigen, was in mir ist. Wäre dies Sport genug?“

„Jetzt übertreibst du aber maßlos!“ Falk war etwas aufgebracht. „Ob das Sport genug ist“, sagte er. „Wenn du im Ballett tanzt, dann ist das harter Sport. Tänzer müssen hart trainieren, wenn sie gut im Geschäft sein wollen.“

„Muss ich denn gut sein, Vati?“, wollte die Stimme wissen.

„Ja, willst du denn nicht gut sein?“, fragte Falk zurück.

„Ich weiß nicht recht“, bekam er als Antwort. „Ich dachte daran, dass es mir einfach nur Spaß machen würde, das Eine oder Andere zu tun, aber wenn du willst, dass ich gut werde, dann werde ich mich sehr bemühen, um dir eine Freude zu machen.“

„Mir eine Freude machen?“, wiederholte Falk, dann versank er ins Grübeln. Er selbst hatte es auch oft so gehandhabt, dass er sich bemühte, quälte wäre wohl der bessere Ausdruck, um irgendeinem eine Freude zu bereiten. Es gab zurzeit nicht viel, das ihm richtig Spaß machte. Gina bemängelte es oft an ihm, aber irgendwie klebte er an den Dingen fest, die ihm keine Freude bereiteten. Sein Job war nur eines davon. Und wenn er sich die schlafende Frau neben sich ansah, nun er mochte sie schon, aber die Streitereien mit ihr zerrten und zehrten ständig an ihm. Das Kind, das in ihr heranwächst …

»Ich glaube«, dachte er, »wir haben uns beide ganz schön unter Druck damit gesetzt. Mutter war richtig stolz auf mich, wie schon lange nicht mehr.« Die Spannungen zwischen ihm und ihr, so hatte er jedenfalls das Empfinden, waren seither nicht mehr so stark. Seine Mutter, sie war es auch, die ihn zu so vielem drängte, das er nicht wollte.

„Vati, ich liebe dich so sehr“, mischte sich die Stimme in seine Überlegungen. Er hatte sie schon fast vergessen.

Mit tränenerstickter Stimme flüsterte Falk: „Ich liebe dich auch, mein Kind.“ Warum und wieso Tränen seine Augen füllten, konnte er nicht sagen. Die Erinnerung an seinen Vater wurde jedoch mit einem Schlag übermächtig. Er hätte es ihm als Kind auch gerne öfter gesagt, aber dazu war er viel zu selten zu Hause. War er dann mal zugegen, war er meist sehr unnahbar. Heute glaubte er, dass die Momente inniger Vertrautheit mit seinem Vater viel zu selten gewesen waren. Oft genug hat diese Zeit dann auch noch die Mutter gestört. Nur, wenn sie beide gemeinsam unterwegs waren, gehörte er nur ihm. Eine Lawine von versteckten Gefühlen überrollte ihn. Er ließ ihnen nur fast freien Lauf, denn Gina wurde unruhig neben ihm und er wollte mit allem allein sein.

Lange lag er ganz still in seinem Bett und überließ sich seinen inneren Bildern. Ließ sich zurücktragen zu Kindergartenerinnerungen, die erste große Liebe, die vielen Auseinandersetzungen mit den Eltern während der Schulzeit und der Ausbildung. Viele Freundinnen hatte er nicht gehabt, aber er war ein begehrter und begabter Tänzer, was ihn ein wenig entschädigte.

Warum er an Gina hängen geblieben war, wusste er nicht so recht zu sagen. Er liebte sie, wenn auch nicht so, wie sie es vielleicht gerne gehabt hätte, aber doch so, wie es für ihn ging. Wie lange er schon wach da lag, konnte er nicht sagen und er wollte auch nicht auf die Uhr sehen. Morgens war im Büro...

Erscheint lt. Verlag 11.6.2018
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7528-6512-1 / 3752865121
ISBN-13 978-3-7528-6512-7 / 9783752865127
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