Der Pakt der Bücher (eBook)

Roman

(Autor)

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2018 | 1. Auflage
400 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-490189-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Pakt der Bücher -  Kai Meyer
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Ein phantastischer Roman im viktorianischen London - Die Fortsetzung des Bestsellers DIE SPUR DER BÜCHER Londons Straße der Buchhändler - Labyrinthe aus Regalen, Läden voller Geschichten auf vergilbtem Papier. Mercy Amberdale führt hier das Antiquariat ihres Stiefvaters und praktiziert die Magie der Bücher. Als man sie zwingt, das letzte Kapitel des verschollenen Flaschenpostbuchs an den undurchsichtigen Mister Sedgwick zu übermitteln, gerät das Reich der Bibliomantik aus den Fugen. Vergiftete Bücher und nächtliche Rituale, ein magisches Luftschiff und ein mysteriöser Marquis reißen Mercy in einen Strudel tödlicher Intrigen. Denn wer alle Kapitel des Flaschenpostbuchs vereint, kann die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fiktion niederreißen. Wenn Mercy ihre Gegner nicht aufhält, droht ihrer Welt der Untergang - und die Invasion der Antagonisten. Mercy Amberdale und das Buch der Macht Am Morgen des 3. Dezember 1880 wurden gegen halb sieben die Lampen in den ersten Buchläden entzündet. Eine Gestalt in einem langen Mantel wanderte an den Fenstern vorüber, vom Licht in den Schatten, vom Schatten ins Licht. Weil niemand sonst so früh die Gasse durchquerte, sah keiner das Gesicht unter dem Hut, der tief in die Stirn gezogen war. Vor einem der Läden hielt der Fremde inne. Liber Mundi stand in goldenen Buchstaben an der Fassade, ein großer, polierter Schriftzug, der sich über das Schaufenster und den Eingang spannte. Die Bücher in der Auslage ruhten dicht gedrängt im Dunkeln, auch im ersten Stock war es ruhig. Alle drei Bewohner des Liber Mundi schliefen noch: Mercy Amberdale in ihrem Zimmer über dem Laden, Tempest und Philander unter dem Dach. Und so bemerkte keiner von ihnen, wie sich die Gestalt auf dem verharschten Schnee dem Eingang näherte und auf halbem Weg unter ihren Mantel griff.

Kai Meyer, geboren 1969, ist einer der wichtigsten deutschen Phantastik-Autoren. Er hat über fünfzig Romane veröffentlicht, Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet. 

Kai Meyer, geboren 1969, ist einer der wichtigsten deutschen Phantastik-Autoren. Er hat über fünfzig Romane veröffentlicht, Übersetzungen erscheinen in dreißig Sprachen. Seine Geschichten wurden als Film, Hörspiel und Graphic Novel adaptiert und mit Preisen im In- und Ausland ausgezeichnet. 

Und der Autor brennt ein wahres Feuerwerk an packenden Ideen und temporeichen Kämpfen ab.

Meyer hat es - mal wieder!- geschafft, einen literarischen Leckerbissen für bücherverrückte Leseratten zu schreiben.

Einer der führenden deutschen Phantastikautoren der Gegenwart.

3


Vor ihr klaffte ein roter Vorhang auseinander, als Mercy den ehrwürdigen Lesesaal des British Museums betrat. Er befand sich in einem mächtigen Kuppelbau, der vor gut zwei Jahrzehnten im Innenhof des Museums errichtet worden war. Entlang der Wand der kreisrunden Halle verliefen drei Etagen aus eisernen Bücherregalen, die beiden oberen befanden sich auf Galerien mit kunstvollen Balustraden. Darüber wölbte sich die gigantische Kuppel.

So früh am Morgen war Mercy eine der Ersten im Saal, draußen herrschte noch Dunkelheit. Die Lesetische waren sternförmig angeordnet, wuchtige Ungetüme aus Eiche und Metall mit grünem Bezug. In der Mitte eines jeden Tisches war ein Sichtschutz errichtet worden, der verhinderte, dass sich gegenübersitzende Leser bei der Lektüre störten.

Vor anderthalb Jahren hatte Mercy – selbstverständlich inoffiziell – über einen Mittelsmann zwei Aufträge des leitenden Bibliothekars angenommen. Kurz zuvor hatte der rumänische Botschafter in London ein seltenes Buch mit Liebesgedichten eines georgischen Poeten entliehen, um es, wie sich herausstellte, seiner jungen Ehefrau zum Geschenk zu machen. Als die Bibliothek das kostbare Exemplar zurückforderte, berief der Botschafter sich auf seinen Diplomatenstatus und lehnte die Rückgabe ab. Daraufhin war Mercy des Nachts in die Botschaft in Mayfair eingedrungen, hatte die Wachleute überlistet und den Band vom Nachttisch der Botschaftergattin entwendet.

Ihr zweiter Auftrag war um einiges kniffliger gewesen. Auf einem Bücherstapel auf der oberen Galerie des Lesesaals waren zwei mittelalterliche Codices zerfleddert worden, obwohl sich zum fraglichen Zeitpunkt niemand dort oben aufgehalten hatte. Nach ein paar ergebnislosen Befragungen war Mercy schließlich auf Reste von Vogelkot auf der nahen Balustrade gestoßen, außerdem auf eine schwarze Vogelfeder. Man hatte ihr erklärt, dass sich beim Lüften gelegentlich Vögel durch eines der großen Kuppelfenster in den Saal verirrten. Bevor sie von selbst den Weg nach draußen fanden, hinterließen sie manchmal ihren Schmutz auf den Geländern. So war Mercy den Tätern auf die Spur gekommen. Der silberne Buchschnitt der beiden Bände musste im Sonnenlicht gefunkelt haben, und so hatten Elstern mehrere Seiten herausgerissen und durch das offene Fenster davongetragen.

Drei Tage lang war sie auf den weitläufigen Dächern des Museums herumgeklettert, bis sie schließlich das Nest eines verdächtigen Vogelpaars entdeckt und die Seiten geborgen hatte, wenn auch in desolatem Zustand. Die Buchrestauratoren waren dennoch überglücklich gewesen, und zum Dank hatte Mercy einen privilegierten Leserausweis erhalten, mit dem es ihr erlaubt war, die Bibliothek zwei Stunden vor der offiziellen Öffnung zu betreten und am Abend länger zu bleiben.

Bis vor einem halben Jahr hatte sie den Ausweis kein einziges Mal benutzt. Erst seit sie sich mit Tempest und Philander die engen Räume über dem Liber Mundi teilte, kam sie gelegentlich her, um ungestört nachdenken zu können.

Da nur drei Dutzend Gelehrte, ein paar Adelige und Politiker, außerdem die Mitglieder des Königshauses einen solchen Ausweis besaßen, war sie früh morgens fast allein im Saal. Der diensthabende Bibliothekar wanderte auf der Suche nach einem Buch über die Galerien, sie hörte, wie seine Schritte über ihr näher kamen und sich wieder entfernten. Es war gerade mal kurz nach sieben. Seit der Begegnung mit Cedric hatte sie keinen Schlaf gefunden. Hellwach hatte sie in ihrem Bett gelegen und den Lichtschein angestarrt, den die Gaslaterne von der anderen Straßenseite unter die Zimmerdecke warf.

Schließlich war sie aufgestanden und durch Soho und St Giles nach Bloomsbury gewandert. Selbst entlang der verwinkelten Nebenstraßen, wo keine Kutschenräder den Schneematsch über die Gehwege verteilten, war es kaum mehr als eine Meile vom Cecil Court zum Museum. Trotzdem war sie nach ihrem Marsch durch eine harsche Masse aus Eis, Kohlenstaub und Pferdekot beschmutzt bis zu den Knien. Niemand störte sich daran, weil es jedem anderen Fußgänger im Winter ebenso erging.

Nachdem sie sich an ihrem Leseplatz in der Bibliothek vergewissert hatte, dass sie nicht beobachtet wurde, nahm sie die Flaschenpost aus ihrer Tasche und legte sie vor sich auf den Tisch. Nachdenklich rollte sie sie mit der Fingerspitze vor und zurück und erwischte sich bei der Frage, was wohl ihre Mutter täte, wenn man sie vor eine derartige Entscheidung stellte. Annabelle Antiqua hätte die Initiative ergriffen, und vermutlich wäre dabei jemand ums Leben gekommen.

Sie wusste nicht viel über ihre Mutter, und das wenige genügte, um sie zu verachten. Am schlimmsten aber war, dass Mercy ihr keine Fragen über ihren Vater stellen konnte. War es wirklich Benjamin Cutter, wie jene Dokumente nahelegten, die Florence Oakenhurst ihr übergeben hatte? Ein drittklassiger Verfasser von Geschichten über Revolverhelden und Rothäute, der seit Jahren durch den amerikanischen Westen streifte? Ein Säufer, der sich mehr für Saloons und andere dubiose Etablissements im amerikanischen Grenzland interessierte als für eine Tochter, die er auf dem Papier zwar als Erbin eingesetzt, aber seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hatte?

Sie verdrängte den Gedanken an ihn wie an die Gänsehaut, die sie von draußen mit hereingebracht hatte. Die Kälte konnte sie aussitzen, bald würde ihr ganz von selbst wieder wärmer werden, und sie hoffte, dass es ihr mit den Fragen nach ihrer Herkunft ähnlich erging. Vielleicht würden sie alle irgendwann keine Rolle mehr spielen, wären nur ein paar Fragezeichen mehr, wie sie sich im Laufe eines Lebens eben anhäuften.

Die Flasche kullerte mit einem hohlen Laut gegen den Sichtschutz zum Platz gegenüber. Mercy betrachtete die winzig beschrifteten Seiten, die im Inneren eingerollt und mit einem Stück Schnur umwickelt waren. Durch das dunkle Glas hätte sie selbst gewöhnlichen Text kaum entziffern können, und das galt erst recht für die codierte Geheimschrift. Sie griff in ihre Tasche und zog das Schlüssellochglas hervor, ein bibliomantisches Wunderwerk in Form einer schweren Lupe mit kunstvoll verziertem Rahmen. Blickte sie durch das Schlüssellochglas in ein aufgeschlagenes Buch, verriet es ihr die wahre Absicht des Verfassers.

Sie legte es auf die Flasche und schaute hindurch. Für gewöhnlich dauerte es nur wenige Augenblicke, bis sie die Empfindungen des Autors beim Schreiben wie ein eigenes Gefühl wahrnehmen konnte. Diesmal jedoch geschah nichts. Vielleicht lag es am Flaschenglas. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, den versiegelten Korken zu öffnen und die Seiten herauszunehmen. Doch das hatte sie bei keinem der fünf anderen Kapitel des Flaschenpostbuches getan, die sie Sedgwick besorgt hatte, und es kam ihr falsch vor, jetzt damit zu beginnen. Zumal sie nicht wusste, ob sie durch das Schlüssellochglas angesichts des Geheimcodes überhaupt etwas erkennen würde. Dafür würde Sedgwick auf den ersten Blick bemerken, dass die Flasche geöffnet worden war. Sie wollte um jeden Preis verhindern, dass er ihr misstraute, um nicht Gefahr zu laufen, dass er Tempest und sie doch noch als Mörder von Edward Thorndyke verhaften ließ. Tempest hatte in Notwehr geschossen, um Mercy zu retten, aber das würde sich Monate später kaum noch beweisen lassen.

Sie schob das Schlüssellochglas zurück in ihre Tasche. Die Schritte des Bibliothekars auf der Galerie verrieten, dass er sich auf seiner Runde wieder ihrem Platz näherte, darum legte sie ein aufgeschlagenes Buch auf die Flasche. Als sie hochsah, nickte der Mann ihr von oben freundlich zu und ging weiter. Sobald er fort war, stellte sie die Flasche aufrecht, verschränkte die Hände davor auf der Tischplatte und stützte ihr Kinn darauf. Wie hypnotisiert betrachtete sie die Seiten hinter dem braunen Flaschenglas und fragte sich, welches Geheimnis sie bergen mochten, dass sowohl Sedgwick als auch den von Lohenmuts kein Preis zu hoch dafür war.

Sie selbst wusste kläglich wenig über das Flaschenpostbuch, nur das wenige, was der Besserwisser ihr erzählt hatte. Demnach war es im 14., vielleicht auch im 16. Jahrhundert von einem Bibliomanten, Alchimisten und Philosophen namens Barrabas de Barrabas verfasst worden – offenkundig ein Pseudonym, das in keinem anderen Zusammenhang auftauchte. Barrabas, so hieß es, hatte versucht, ein Tor zwischen Fiktion und Wirklichkeit zu öffnen. Mit Hilfe seiner Anleitung sollte es einem Bibliomanten möglich sein, die Welt eines Buchs zu betreten – oder die Figuren aus einem Buch in die Realität herüberzuholen.

Für Mercy klang das nach einem Hirngespinst. In der Literatur fanden sich vereinzelte Berichte aus dritter und vierter Hand darüber, wie es Barrabas schließlich gelungen sei, die Grenze zu den Büchern zu zerreißen – ehe ihm die Gefahren bewusst geworden waren, die eine unkontrollierte Vermischung von Wahrem und Erfundenem mit sich brachte. Allerdings hatte er es nicht über sich gebracht, sein Lebenswerk zu vernichten und das einzige Exemplar seines Buchs zu verbrennen. Stattdessen hatte er die Kapitel auf acht Flaschen verteilt. Während einer Schiffsreise von Marseille nach Malta hatte er sie über Bord geworfen, in weitem Abstand voneinander, und war danach selbst nie wieder in Erscheinung getreten. Ob er sich zuletzt in die See gestürzt oder aber unter seinem wahren Namen weitergelebt hatte, war nicht überliefert. Die Flaschen waren im Laufe der Jahrhunderte wie durch ein Wunder wiederaufgetaucht und hatten ihre Wege in die Sammlungen exzentrischer Buchliebhaber gefunden. Zwei davon hatte Sedgwick selbst aufgestöbert, fünf...

Erscheint lt. Verlag 26.9.2018
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Akademie • Bestseller • Bibliomantik • Bibliothek • Blutbuch • Brief • Bruder • Buch • Bücher • Buchladen • Detektiv • England • Familie • Fantasy • Freundschaft • Gefahr • Geheimnis • Geschichte • historisch • Intrige • Kai Meyer • Krimi • Kriminalroman • Liebe • London • Macht • Magie • Mord • Mystery • Nacht • Nachtland • Pakt • Phantasie • Schauerroman • Schwester • Seite • Seiten der Welt • Spur • Spur der Bücher • Tod • Tunnel • viktorianisch • Welt • Wort • Zauber
ISBN-10 3-10-490189-9 / 3104901899
ISBN-13 978-3-10-490189-3 / 9783104901893
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