Weihnachten auf der Lindwurmfeste (eBook)

oder: Warum ich Hamoulimepp hasse

(Autor)

eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
112 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-23470-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Weihnachten auf der Lindwurmfeste -  Walter Moers
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Diese zamonische Weihnachtsgeschichte gehört unter jeden Christbaum!
Als Walter Moers den Briefwechsel zwischen Hildegunst von Mythenmetz und dem Buchhaimer Eydeeten Hachmed Ben Kibitzer sichtete, stieß er auf einen Brief, in dem der zamonische Autor ein Fest schildert, das Moers frappierend an unser Weihnachtsfest erinnert hat. Die Lindwürmer Zamoniens begehen es alljährlich und nennen es »Hamoulimepp«. Während dieser drei Feiertage steht die Lindwurmfeste ganz im Zeichen der beiden Figuren »Hamouli« und »Mepp«, die unserem Weihnachtsmann und dem Knecht Ruprecht verblüffend ähneln. Außerdem gehören zur Tradition Hamoulimeppwürmer, Hamoulimeppwurmzwerge, ungesundes Essen, ein Bücher-Räumaus, ein feuerloses Feuerwerk und vieles andere mehr. Laut Moers, kein Freund der Weihnachtsfeierei, gibt dieser Brief von Mythenmetz einen profunden Einblick in die Gebräuche einer beliebten zamonischen Daseinsform, der Lindwürmer. Nie war Weihnachten so zamonisch.

Walter Moers ist der Schöpfer des fantastischen Kontinents Zamonien und des dort lebenden Erfolgsschriftstellers Hildegunst von Mythenmetz, dessen Werke er vorgibt seit 1999 ins Deutsche zu übersetzen. Dazu gehören u.a. »Die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär«, »Die Stadt der Träumenden Bücher« und »Die Insel der Tausend Leuchttürme«. Er ist darüber hinaus der geistige Vater von Käpt´n Blaubär, dem Kleinen Arschloch, dem Alten Sack, von Adolf, der Nazisau, dem Fönig und vieler anderer populärer Charaktere. Moers ist eines der großen Multitalente sowohl als Zeichner als auch als Schriftsteller als auch als Drehbuchautor. Seine Auflagen gehen in die Millionen, die Filme nach seinen Büchern waren Blockbuster. Er hat den Grimme- und den Fantastik-Preis gewonnen und wird - weit über den deutschen Sprachraum hinaus - vom breiten Publikum ebenso geschätzt wie von den Feuilletonisten: für seine überbordende Fantasie, seine Fabulierkunst und seinen mal feinen, mal anarchischen Humor.

Der Bücherdrache


Leseprobe


Der Buchling Hildegunst, der zusammen mit seinen Artgenossen in der Ledernen Grotte lebt und die Aufgabe hat, das Gesamtwerk des zamonischen Großschriftstellers Hildegunst von Mythenmetz auswendig zu lernen, erzählt von seinem größten Abenteuer: Wie er eines Tages aus Abenteuerlust auf Abwege gerät, seinen gesicherten Lebensraum verlässt und die gefährlichen Labyrinthe von Buchhaim betritt, um nach dem legendären Ormsumpf und dem darin hausenden Bücherdrachen Nathaviel zu suchen, der angeblich Bücher als Schuppen und Antworten auf sämtliche Fragen besitzt. (Ausschnitt aus dem Roman »Der Bücherdrache« von Walter Moers, der voraussichtlich im Frühjahr 2019 erscheinen wird.)


Du hast doch schon jede Menge Namen«, warf ich ein. »Bücherdrache zum Beispiel.«

Nathaviel wiegte den Kopf hin und her. »Ja … na ja … Aber der ist irgendwie doch ziemlich einfallslos, findest du nicht? Einfach nur Bücher an Drache drangesetzt. Das finde ich denkfaul. Bücherdrache – das klingt doch wie eine Kinderbuchhandlung.« Der Drache schnaufte.

Ich musste lachen. »Stimmt!«, sagte ich.

»Hey!« Nathaviel grinste. »Du hast ja Humor, Kleiner. Hätte ich dir gar nicht zugetraut.«

»Danke«, sagte ich. Und ich glaube, ich bin dabei ein bisschen errötet.

»Humor ist wichtig!«, dozierte Nathaviel mit erhobener Tatze. »Es gibt eine feine Grenzlinie zwischen Schwermut und Verzweiflung. Diese Grenze, dieser hauchdünne Schutzwall, der uns vor dem Sturz ins Bodenlose, ins schreckliche Nichts bewahrt: Das ist der Humor. Und je schwärzer dieser Humor ist, desto besser funktioniert er. Glaubs mir!« Er ließ die Tatze wieder sinken. »Also: Da waren plötzlich all diese Gedanken. Diese Ideen, diese Vokabeln in meinem Hirn, die ich vorher nicht gekannt hatte. Wunderbare Wörter wie Silbenfall oder Augenweide. Freudenträne oder Gedankenspiel. Geistesblitz oder Fernweh. Auch Worte, die mich nachdenklich und traurig machten, wie Weltschmerz oder Endlichkeit. Und da waren auch welche, die mich zum Lachen brachten: Wie ehrenkäsig, indulgant, Imponderabilien oder Ölgötze. All diese Edelwörter gehörten plötzlich zu meinem Wortschatz. Genauso wie das Wort Wortschatz, obwohl ich vorher nicht mal wusste, dass ich einen besaß. Einen kostbaren Schatz aus Wörtern: Filigran. Quietschfidel. Quicklebendig. Wehmut. Allerlei. Anmut. Apart. Burschikos. Waldeinsamkeit. Glockenklang. Unzeit. Drangsal. Duldsamkeit. Edelstein. Mitgefühl. Feinsinn. Gänsehaut. Geborgenheit. Ungemach. Morgentau. Eisblume. Schneegestöber. Erbarmen. Dämmerschoppen. Truggespinst. Griesgram. Ingrimm. Insgeheim. Jenseitig. Katzenjammer. Katerstimmung. Donnerwetter. Makellos. Unverzagt. Musenkuss. Nichtigkeit. Nimmermehr. Nickerchen. Sphärenklang. Flatterhaft. Ungestüm. Wirbelwind. Zuneigung. Augenblick. Proppenvoll. Sorgfalt. Geduld. Grazil. Querulant. Perplex. Zugzwang. Firlefanz. Blümerant. Freundschaft – all diese wundervollen, mir bislang unbekannten Wörter stapelten sich jetzt in meinem Hirn wie Goldbarren. Aber wo zum Henker kamen die her? Und was ich noch mysteriöser fand: Ich kannte die Bedeutungen all dieser Begriffe! Wusstest du, dass das Urelement, aus dem alle Elemente entstanden sind, Ylem heißt? Ist man blaich, dann ist man bleicher als bleich. Nämlich tot, verstehst du? Gibt es ein besseres Wort als Miasma für das, was der Ormsumpf darstellt? Ich könnte ewig fortfahren. Wusstest du, dass die Blumen, die betrunkene Männer ihren Frauen mitbringen, um sie zu beschwichtigen, in gewissen Regionen Zamoniens Drachenfutter genannt werden? Also, ich zumindest finde das komisch. Hah! Oder dass die alten Bewohner von Atlantis öffentliche Räume besaßen, in denen man sich nach allzu üppigen Gelagen übergeben konnte und die deswegen Vomitarien genannt wurden? Solche Dinge wusste ich plötzlich, einfach so!« Der Drache schnippte mit seinen Klauen, was ein Geräusch ergab, das mich an zwei Feuersteine erinnerte, die aneinander gerieben werden. »Ohne einen Schimmer davon zu haben, woher dieses Wissen stammte. Ich wusste zum Beispiel, dass es so etwas wie kollektiven Egoismus gibt, der Solidarititis genannt wird, obwohl das eigentlich ein Widerspruch in sich selbst ist. Es ist die Kraft, die beispielsweise eine militärische Spezialeinheit oder die Mannschaft eines Ruderbootes antreibt. Es ist eine milde und vorübergehende Form des Wahnsinns: Man glaubt für kurze Zeit, man wäre mehrere Personen auf einmal. Beziehungsweise mehrere Leute denken, sie wären ein und dieselbe Person. Besonders unter Soldaten ist das sehr verbreitet. Ssss …« Der Drache pochte mit einer Klaue an seine Stirn. »Also, wer weiß denn so was? Solch ein Spezialwissen befand sich plötzlich in meinem Schädel! Haufenweise. Und es wurde immer mehr! Worte ballten sich zu Sätzen. Sätze zu Absätzen, Absätze zu Kapiteln. Buchstaben wurden zu Geschichten, zu Gestalten, zu Schicksalen, zu Landschaften, zu Kontinenten. Zu Chroniken von Familienfehden und Schlachten. Oder zu genauesten Beschreibungen von oft ganz alltäglichen Dingen: eines Stuhls, eines Marktplatzes, eines Wolkenbruchs. Immer in makelloser Sprache. Da waren einzelne Sätze, die besonders lange nachhallten, wie Echos; die aufleuchteten wie Flammenschrift, wenn ich die Augen schloss. Zum Beispiel: Der Ruhm mag schwinden, aber die Vergessenheit währt ewig. Oder: So lange du flüssig redest, spielt es keine Rolle, was du sagst. Oder: Ein toter Spatz in der Hand ist besser als ein giftiger Pfeil im Auge.« Nathaviel lachte auf. »Solche Weisheiten stauten sich jeden Morgen in meinem Hirn. Waren das Aphorismen? Nein? Kalendersprüche? Schnapsideen? Keine Ahnung, nenn sie, wie du willst! Diese Sätze waren jedenfalls gekommen, um zu bleiben. Ich hab sie bis heute nicht vergessen: Schicksal ist das, was dir passiert, während du andere Pläne machst. Oder: Der Zeitraum, nach dem man etwas dringend braucht, was man gerade weggeworfen hat, beträgt durchschnittlich zwei Wochen. Oder: Man sollte sich nur rasieren, wenn ein Bart vorhanden ist.« Der Drache grinste. »Was sollte ich mit diesem Quatsch? Ich habe nicht mal Haare, geschweige denn einen Bart. Aber es ist natürlich im übertragenen Sinne gemeint. Oder wie findest du das: Ein bisschen ist gut, etwas mehr ist besser und viel zu viel ist genau richtig. Denk mal drüber nach! Aber fast noch besser finde ich den Satz hier: Schlafe niemals zusammen mit einem Vampir im selben Sarg! Da kann man nun wirklich nichts dagegen sagen! Goldene Worte. Oder: Jeder kann dir deine Sünden vergeben, nur dein eigener Körper nicht. Ewige Wahrheiten wie diese drängelten sich in meinem Hirn: Es gibt keine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu hinterlassen. Wer will da widersprechen? Ich nicht! Mein Liebling unter den leuchtenden Sätzen war übrigens lange Zeit der hier: Auch aus einer Fledermaus kann man Blut saugen.«

Nathaviel lachte lange, dann wurde er wieder ernst. »Tja, ich kenne Hunderte davon. Tausende. Einer besser als der andere. Ja, das waren die leuchtenden Sätze. Eine echte Steigerung zu den schönen Wörtern, denn ihnen wohnte ein Sinn inne, ein Zusammenhalt. Die Wörter waren die Krümel, die Sätze waren die Plätzchen, aber erst die Geschichten ergaben einen ganzen Kuchen. Verstehst du? Denn zunehmend gingen mir längere Geschichten durch den Kopf. Manchmal völlig irres Zeug, dessen Sinn ich zunächst überhaupt nicht begreifen konnte. Dessen bloßer Rhythmus, dessen Melodie mich faszinierte und bezauberte. (…)

Sprache wie Musik! Alles in meinem Schädel.« Der Drache beugte sich ganz nahe zu mir herunter und wisperte: »Hast du schon einmal etwas so Schönes gesehen oder erlebt, dass du weinen musstest? Die brennenden Nebel an den Feuerfällen von Florinth? Die Todestänze der Irrlichter in den Rubingrotten unter den Quellen des Magmoss? Die Kristallharmonien, die in den Glaswindtriften in dein Ohr hauchen? Und dir dein Herz in kleine Stücke zerschneiden, mit gläsernen Dolchen? Jawohl, mein kleiner Freund: Es gibt ein Zwischenreich zwischen Schönheit und Schmerz. Welches man die Melancholie nennt. Auch so ein schönes Wort, es klingt wie eine kranke Blume! Du wirst es vielleicht noch nicht kennen, weil du sehr jung bist. Aber damals, hier im Ormsumpf, da wurde dieses Reich meine eigentliche neue Heimat. Wer einmal gelernt hat, in der Melancholie zu Hause zu sein, der kann es auch in der schlechtesten aller Welten aushalten. Gute Lektüre, schwarzen Humor und gesunde, gut abgehangene Melancholie, mehr braucht man eigentlich nicht. Und ab und zu ein paar Sumpffroschschenkel, dann ist das Leben eigentlich weitgehend auszuhalten. Ssss …« Der Bücherdrache war im Verlauf seiner Erzählung neben mir in sich zusammengesunken und lag nun mit überkreuzten Vorderläufen auf dem Bauch, entspannt und lässig wie eine riesige fette Raubkatze nach der Abendmahlzeit. Er betrachtete versonnen die Krallen seiner rechten Tatze, und ich glaubte sogar ein Schnurren zu vernehmen. Auch ich entspannte mich allmählich ein wenig.

»Nun, dennoch war es mir nach wie vor unerklärlich, wie all das Zeug seinen Weg in meinen Schädel gefunden hat«, fuhr Nathaviel fort. »Obwohl mir natürlich etwas schwante, seitdem ich begonnen hatte, selbst in Büchern zu lesen. Was ich nach meiner anfänglichen Begeisterung...

Erscheint lt. Verlag 23.11.2018
Illustrationen Walter Moers, Lydia Rode
Zusatzinfo durchgehend vierfarbig illustriert
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Bestsellerautor • Bücher Weihnachten Roman • Buch Weihnachten Erwachsene • Die Stadt der Träumenden Bücher • eBooks • Fantasy • Hildegunst von Mythenmetz • Käpt'n Blaubär • Prinzessin Insomnia • Weihnachtshasser • Weihnachtsromane • Zamonien
ISBN-10 3-641-23470-0 / 3641234700
ISBN-13 978-3-641-23470-6 / 9783641234706
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