Chapeau! Ein Dorf zeigt, was es kann (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43272-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Chapeau! Ein Dorf zeigt, was es kann -  Julia Stagg
Systemvoraussetzungen
13,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Das charmanteste Dorf der Welt In Fogas hält man zusammen, in guten wie in schlechten Zeiten: Gerade hat man die Hochzeit von Fabian und Stéphanie gefeiert, da stirbt Bürgermeister Papon an einem Herzinfarkt, mitten in Josettes Épicerie. Die Bewohner des kleinen Pyrenäendorfs stehen unter Schock und bangen um die Zukunft: Wer soll jetzt ihre Geschicke leiten?

Julia Stagg liebt es, neue Länder und Kulturen kennenzulernen: Die gebürtige Engländerin lebte bereits in Japan, Australien und den USA und arbeitete dort als Kellnerin, Buchhändlerin, Kassiererin, Englischlehrerin und in einer Pfandleihanstalt. Getrieben von ihrer Leidenschaft für den Radsport und die Berge zog sie mit ihrem Mann 2004 in die französischen Pyrenäen, wo sie sechs Jahre lang eine kleine Auberge betrieb. Inzwischen pendelt sie zwischen Ariège-Pyrenees und den englischen Yorkshire Dales - bis sie wieder ihrem Fernweh nachgeben wird. Ihre herzerfrischenden Romane über das beschauliche Pyrenäendorf Fogas und dessen liebenswert-schrullige Bewohner erheitern weltweit schon Tausende von Lesern.       

Julia Stagg liebt es, neue Länder und Kulturen kennenzulernen: Die gebürtige Engländerin lebte bereits in Japan, Australien und den USA und arbeitete dort als Kellnerin, Buchhändlerin, Kassiererin, Englischlehrerin und in einer Pfandleihanstalt. Getrieben von ihrer Leidenschaft für den Radsport und die Berge zog sie mit ihrem Mann 2004 in die französischen Pyrenäen, wo sie sechs Jahre lang eine kleine Auberge betrieb. Inzwischen pendelt sie zwischen Ariège-Pyrenees und den englischen Yorkshire Dales – bis sie wieder ihrem Fernweh nachgeben wird. Ihre herzerfrischenden Romane über das beschauliche Pyrenäendorf Fogas und dessen liebenswert-schrullige Bewohner erheitern weltweit schon Tausende von Lesern.       

1


In den französischen Pyrenäen ist der Winter manchmal schizophren. Nicht selten stürzen sich wüste Stürme aus dem düsteren Himmel, begraben Gipfel und Täler unter Unmengen von Schnee, verwandeln die Straßen in heimtückische Schlitterbahnen und schmücken überhängende Felsen mit Eiszapfen. Dann wieder gibt es unversehens sonnendurchflutete Tage, an denen die Gebirgszüge unter dem schier unendlichen Blau des Himmels in einem atemberaubenden Weiß erstrahlen. Serge Papon, der Bürgermeister von Fogas, liebte die Launenhaftigkeit dieser Jahreszeit und die plötzlichen Stimmungsumschwünge, die solche Wetterwechsel mit sich brachten, und er liebte es auch, dass die Bewohner der drei ihm anvertrauten Bergdörfer selbst bei schönstem Wetter auf alles gefasst waren.

Heute war solch ein sonniger Tag. Die Wolken, die pünktlich zu Weihnachten aufgezogen waren und unendlich viel Schnee mit sich geführt hatten, waren einem kristallklaren Himmel gewichen, und die Luft war so warm, dass man sich einbilden konnte, es würde schon jetzt Frühling. Diese Wetterschrullen waren Serge Papon bestens vertraut. Trotzdem überkam ihn, als er an diesem sechsten Januar durch die Fenster der Bar in La Rivière nach draußen blickte, ein Gefühl von Verheißung.

Das Leben war gut. Ein Angriff auf die Eigenständigkeit der Gemeinde, initiiert von dem wohlhabenden Sarrat auf der anderen Seite des Flusses, war erfolgreich abgewehrt worden. Zwei Kinder waren zur Welt gekommen und von der Gemeinde als die ersten Neugeborenen seit Langem besonders herzlich begrüßt worden. Und am Heiligen Abend war Hochzeit gefeiert worden – Serge hatte die Trauung von Fabian und Stephanie selbst durchgeführt. Diese beiden standen für viele andere gute Leute hier in Fogas. Und auch sie würden, wie Serge mit einem spitzbübischen Grinsen überlegte, die Einwohnerzahl der angeschlagenen Gemeinde sicher bald ansteigen lassen.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ertönte lautes Gelächter. Serge schaute zu der Gruppe von Einheimischen bei dem großen Weihnachtsbaum, der hoch über dem Platz neben dem Gartenmarkt aufragte. Durch das geöffnete Fenster der Bar war deutlich zu hören, wie sich René Piquemal beim Abschmücken des Baumes wieder einmal lauthals über irgendetwas beschwerte, während die anderen den untersetzten Klempner gut gelaunt auf die Schippe nahmen. Serges Blick blieb an Véronique Estaque hängen, die neben der Leiter stand, mit dem rechten Fuß auf der untersten Sprosse. Seine Tochter strahlte, und beim Lachen zeigten sich Grübchen in ihren Wangen. Das kastanienbraune Haar hatte sie mit einer Spange zusammengebunden. Ihre Art, sich zu bewegen – wie sie zum Beispiel den Kopf leicht neigte, als würde sie alles um sich herum genau begutachten –, erinnerte Serge an seine Mutter.

Véronique war glücklich und leuchtete in der Morgensonne mit dem Lametta um die Wette. Auch in Serges Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Véroniques Vater zu sein machte ihn so froh, dabei hatte er lange gar nichts davon gewusst. Dass seine Tochter nun ihr Glück gefunden hatte, steigerte seine Freude noch.

René Piquemal ließ wieder einmal einen seiner Kommentare los, und auch wenn Serge wegen des Rumpelns eines vorbeifahrenden Traktors seine Worte nicht verstand, sah er doch ihre Wirkung: Véronique schüttelte sich vor Lachen und löste damit ein unwilliges Grummeln oben auf der Leiter aus. Der große, blondgelockte Mann, der den Stern von der Spitze herunterholen wollte, klammerte sich unsicher an den schwankenden Baum.

»Wackel doch nicht so!«, schimpfte er, woraufhin Véronique rot anlief und alle anderen noch lauter lachten.

Christian Dupuy, Landwirt und zweiter Vizebürgermeister des Ortes. Ein Mann mit Höhenangst. Und, davon ging Serge fest aus, sein künftiger Schwiegersohn. Angesichts der Tatsache, dass Christian knapp drei Jahre gebraucht hatte, um Véronique näherzukommen, konnte das allerdings noch dauern. Doch auch abgesehen davon war Serge klar, dass er die Zeremonie nicht mehr selbst durchführen würde, denn bei der Hochzeit seiner Tochter wäre er nicht mehr im Amt. Nach siebenundzwanzig Jahren treuer Pflichterfüllung würde Serge Papon nun als Bürgermeister von Fogas zurücktreten.

 

»Tut mir leid! Ich hab doch gleich gesagt, du sollst lieber mich hochklettern lassen.«

Véronique wartete, während Christian vorsichtig die Leiter herunterstieg, und als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte, belohnte sie ihn mit einem Kuss. Sofort kehrte Farbe in das blasse Gesicht des Landwirts zurück – seine Höhenangst war in Fogas ein offenes Geheimnis.

»Wie sähe das denn aus? Ein Mann kann doch seine …«

Christian geriet ins Stocken. Er war sich nicht sicher, wie er Véronique nennen sollte. Das Wort »Freundin« klang aus dem Mund eines Mannes Anfang vierzig zu kindisch, fand er, »Geliebte« kam ihm lächerlich vor und brachte ihn ins Schwitzen, und wenn er sie »Schatz«, »Baby« oder »Süße« nannte, würde er garantiert den berüchtigten Zorn der Familie Estaque auf sich ziehen. Also umschiffte er das Problem und sagte stattdessen: »Glaubst du ihm Ernst, ich würde dich da hochschicken?«

»Recht hat er!«, rief René, der auf der anderen Seite des Baumes mit einer Lichterkette kämpfte. »Wir haben unseren Stolz, das müsst ihr Frauen doch einsehen. Schlimm genug, dass ihr uns von der Karriereleiter stoßt. Da müsst ihr uns doch wenigstens die echten Leitern lassen.«

Sein Ausbruch wurde mit einem allgemeinen Aufstöhnen quittiert. Seit René am Morgen bei seinem Espresso in der Bar die Gazette Ariégeoise aufgeschlagen hatte, redete er über nichts anderes mehr. Sein übliches Koffein-Hoch war einem tiefen Groll gewichen, als er erfahren hatte, wer im Departement Ariège künftig das Amt des Präfekten bekleiden würde. Der neue Präfekt war nämlich eine Frau.

»Macht euch nur lustig«, grummelte er jetzt. Sein Ärger wurde zusätzlich angeheizt durch die Tatsache, dass er sich hoffnungslos in den Weihnachtslichtern verheddert hatte: Die Kette, die er abnehmen wollte, heftete ihn stattdessen an die stachligen Zweige der riesigen Konifere. »Aber ich hab ein Recht auf meine Meinung. Unsere Gegend kann nicht von einem weiblichen Wesen regiert werden. Dafür ist sie viel zu wild und entlegen.« Als er seine in Lichter verwickelte Hand hob und energisch auf das Gebirgspanorama zeigte, schwankte der Baum so sehr, dass ihm trockene Nadeln auf die Baskenmütze rieselten. »Wie soll eine zarte Frau über so eine Landschaft herrschen? Von den Männern, die hier leben, mal ganz zu schweigen.«

»Recht hat er!«, rief Stephanie Morvan. Sie legte das Glitzerband beiseite, das sie eben aufgerollt hatte, und machte sich mit ihren langen, geschickten Fingern daran, René aus der Lichterkette zu befreien. »Der groben Gewalt von Männern haben wir nichts entgegenzusetzen. Und beim Jagen und Fischen, was in unseren Tälern ja heilige Traditionen sind, könnten wir Frauen niemals mithalten. Keine von uns käme auch nur eine Woche ohne den Schutz unserer Männer in dieser rauen Gegend zurecht … ohne einen tapferen Ritter, der uns von der Weihnachtsdeko befreit.«

Mit einem Grinsen löste sie die letzte Lichterkettenschlaufe und reckte das Kabelgewirr triumphierend in die Höhe.

Die weiblichen Anwesenden klatschten begeistert, doch René bedachte seine Retterin in der Not nur mit einem bösen Blick und zog sich dann vom Baum zurück.

»Mach doch nicht so ein Theater, René«, sagte Christian lachend. »Ich jedenfalls bin froh, dass eine Frau mir sagt, wo’s langgeht!«

Mit verliebtem Blick schlang er die Arme um die Taille derjenigen, von der hier die Rede war, und zog sie an sich. Und als Véronique Estaque, Postmeisterin von Fogas und neuerdings Freundin, Geliebte und Schatz des zweiten Vizebürgermeisters, zu dem Mann an ihrer Seite aufschaute, war sie im siebten Himmel.

 

»Die brauchen aber lange, bis sie alles unten haben.«

Von der Tür der Épicerie aus beobachtete Josette Servat das Durcheinander auf der anderen Straßenseite.

Annie Estaque nickte, betrachtete dabei aber mit mildem Blick ihre Tochter und Christian Dupuy, die einander lachend in den Armen lagen.

»Kein Grund zur Eile«, brummelte sie im breiten Dialekt der Gegend. »Sollen sie doch das Leben genießen.«

Josette musterte ihre Freundin.

»Du klingst ja auf einmal geradezu philosophisch.«

»Eher wie eine alte Frau.«

»Aber nicht zu alt, um mit der Nummer eins Walzer zu tanzen …«

Josette warf einen schelmischen Blick durch den Rundbogen, der die Épicerie mit der Bar verband. Dort konnte man die kräftige Gestalt von Serge Papon am Tisch sitzen sehen, der mit einem stillvergnügten Lächeln die Gruppe beim Weihnachtsbaum beobachtete.

Der Tanz von Annie Estaque und Serge Papon am Heiligen Abend hatte die ganze Gemeinde beschäftigt. Die Neuigkeit war aus der Bar in La Rivière hinaus ins Tal gewandert und hatte sich im Eiltempo die Berghänge hoch bis nach Picarets und Fogas verbreitet, in die beiden anderen Ortsteile des kleinen Pyrenäendorfs, die auf gegenüberliegenden Höhenrücken lagen. Im Verlauf der Weihnachtstage war die Geschichte beim Weitererzählen mit immer neuen Details ausgeschmückt worden. Die Bewohner der drei Ortsteile neigten sonst eher zu Differenzen, doch in diesem Fall waren alle fasziniert von der Vorstellung, eine alte Romanze könnte neu aufflackern. Siebenunddreißig Jahre waren seit ihrem Beginn vergangen und die daraus entstandene uneheliche Tochter hatte erst vor knapp einem Jahr erfahren, wer ihr Vater war.

Der reinste...

Erscheint lt. Verlag 8.9.2017
Reihe/Serie Romanreihe um das Pyrenäendorf Fogas
Übersetzer Beate Schäfer
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 5. Band • Abschlussband • Buch für den Urlaub • Christian Dupuy • Dorfgeschichte • Dorfroman • Eingemeindung • Ferienlektüre • Fogas • Frauenroman • Frauenunterhaltung • Gesellschaftskomödie • Humor • Pyrenäen • Roman Urlaub • Unterhaltungsroman • Urlaubslektüre • Urlaubsroman • Véronique Estaque
ISBN-10 3-423-43272-1 / 3423432721
ISBN-13 978-3-423-43272-6 / 9783423432726
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 891 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99