Mord unter lauter netten Leuten -  Udo Rauchfleisch

Mord unter lauter netten Leuten (eBook)

eBook Download: PDF | EPUB
2017 | 1. Auflage
200 Seiten
Himmelstürmer Verlag
978-3-86361-658-8 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
Systemvoraussetzungen
13,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Der zweite Fall des schwulen Basler Kommissars Jürgen Schneider. Privat ist er glücklich, weil er mit seinem Partner und einem Lesbenpaar erfolgreich eine Regenbogenfamilie gründen konnte. Beruflich ist die Situation verzwickt: Er steht vor der Frage, ob ein älterer Mann Opfer eines banalen Verkehrsunfalls oder eines Mords ist. Unterstützt wird der Kommissar von einem jungen schwulen Psychologen, der im Gaychat einen neuen Lover kennengelernt hat und dem ersten Treffen entgegenfiebert. Der unsympathische Hausmeister prophezeit weitere Morde und versetzt die Hausbewohner dadurch in Angst und Schrecken. Als eines Morgens eine der Mieterinnen erstochen in ihrer Wohnung liegt, ist klar, dass hier ein Mörder umgeht. Die Angst erreicht einen Höhepunkt, als mehrere Mieter von Mordversuchen berichten, denen sie nur mit Glück entgangen seien. Eigentlich sind alle Bewohner, straight und gay, die hier zusammenleben, nette, harmlos wirkende Leute. Und doch hat jeder auch ein Motiv für die Morde und Mordversuche. In einer dramatischen Aktion kann der Kommissar das Rätsel lösen.

Im Haus in der Laufenstraße lehnte sich Adelheid Feiner kreidebleich, schwer atmend an die Wand des Treppenhauses und sank dann auf eine der steinernen Treppenstufen, während ihr Tränen über die Wangen liefen. Sie war eine unscheinbare, grau wirkende Lehrerin undefinierbaren Alters, die man niemals für 45 Jahre gehalten, sondern als wesentlich älter eingeschätzt hätte.

„Mein Gott“, murmelte sie, „nun ist es doch passiert. Ich hatte also doch Recht mit meiner Befürchtung!”

In diesem Moment kam Urs Braun, ein junger, sportlich gekleideter Mann, der vor einigen Monaten sein Psychologiestudium an der Basler Universität abgeschlossen hatte, die Treppe herunter. Er war erst vor drei Wochen in eines der Appartements im Dachgeschoss eingezogen.

„Was ist denn mit Ihnen los?“, fragte er bestürzt. „Haben Sie sich wehgetan, Frau Feiner? Kann ich Ihnen helfen?“

Beunruhigt betrachtete er die Frau, die dort in ihrem grauen Mantel zusammengesunken auf den Treppenstufen saß.

„Ich habe es ja gewusst, dass es so kommen würde“, murmelte sie und schaute Urs Braun ängstlich an.

„Was meinen Sie damit? Was haben Sie kommen sehen?“

„Erinnern Sie sich denn nicht, Herr Braun, dass ich Ihnen bei unserem ersten Zusammentreffen gesagt habe, dass es in diesem Haus einen Mord geben wird? Nun ist es passiert! Der arme Herr Schiesser. Er ist das erste Opfer. Und wer weiß, ob es nicht noch mehr Opfer geben wird. Wäre ich nur nie in dieses schreckliche Haus gezogen! Ich habe vom ersten Moment an gespürt, dass hier das Böse lauert.”

Frau Feiner schraubte ihre Stimme auf ein Flüstern herunter und schaute sich misstrauisch um: „Dieser unheimliche Hausmeister hat mir vom ersten Moment an Angst eingejagt. Ich bin mir sicher: Er ist der Mörder.“

„Nun mal langsam, Frau Feiner. Ich verstehe überhaupt nicht, wovon Sie reden. Wieso soll der Hausmeister, Herr Schulte, ein Mörder sein? Und warum sagen Sie, Herr Schiesser sei sein erstes Opfer?“

„Haben Sie denn nicht gehört, was passiert ist?“, unterbrach Frau Feiner ihn. „Herr Schiesser ist von einem Lastwagen überfahren worden.“ Ein Weinkrampf schüttelte sie.

„Das ist wirklich schrecklich“, erwiderte Urs Braun. „Aber Sie sagen ja selbst, dass Herr Schiesser von einem Lastwagen überfahren worden ist. Dann ist es doch kein Mord, sondern ein Unfall, wie er leider tagtäglich vorkommt“, fügte er bedauernd hinzu. „Da müssen Sie sich doch auf jeden Fall keine Sorgen machen, hier laufe ein Mörder herum.”

„Das ist nie und nimmer ein Unfall gewesen!“, rief Frau Feiner und schaute Herrn Braun hilfesuchend an. „Das Verbrechen ist sehr geschickt ausgeführt worden, so, dass wir alle denken sollen, es sei ein Unfall gewesen. Ich bin jedoch sicher, dass es Mord ist!”

„Wissen Sie denn, wie der Unfall passiert ist?“, fragte Urs Braun Frau Feiner, um sie von ihrer fixen Idee eines Mordes abzubringen. Er hoffte, wenn sie ihm die Umstände des Unfalls schilderte, würde sie vielleicht selbst merken, dass es ein banaler Unfall und kein Mord war.

„Ja, ich habe alles in Erfahrung bringen können“, antwortete sie, wobei ein gewisser Stolz in ihrer Stimme mitschwang. „Ich war wie vor den Kopf geschlagen, als ich nach Hause kam und von den Nachbarn, die auf der Straße waren, hörte, was passiert ist. Auf der Treppe bin ich dann Frau Schiesser begegnet. Ich habe ihr natürlich mein Beileid ausgesprochen und habe sie gefragt, wie es geschehen ist. Sie hat mir berichtet, dass sie mit ihrem Mann einkaufen gehen wollte, dann aber kurz zurück in die Wohnung musste, weil sie ihr Portemonnaie vergessen hatte. In dieser Zeit muss Herr Schiesser versucht haben, über die Straße zu gehen, was bei seinen Gleichgewichtsproblemen, unter denen er seit Wochen litt, natürlich heller Wahnsinn war. Frau Schiesser hat beim Herauskommen aus dem Haus ihren Mann blutüberströmt auf dem Boden liegen sehen“, fuhr Frau Feiner fort. „Später habe sie von der Polizei erfahren, er sei offenbar zwischen zwei parkenden Autos hindurch plötzlich auf die Fahrbahn getreten und sei von einem Lastwagen überfahren worden. Frau Schiesser und die Polizei mögen ja glauben, dass es ein Unfall gewesen ist. Ich aber weiß, dass es Mord war, Herr Braun! Verstehen Sie: Mord!“, flüsterte Frau Feiner und schaute ihn beschwörend an.

„Ich verstehe gut, dass diese Nachricht auch für Sie ein Schock war, Frau Feiner“, versuchte Urs Braun sie zu beruhigen. „Auch ich finde es schrecklich, dass der arme Mann verunglückt ist. Es spricht aber doch rein gar nichts für einen Mord! Er ist am hellen Tag, mitten unter vielen Menschen, die in der Nähe waren, zwischen zwei Autos hindurch auf die Fahrbahn getreten und überfahren worden. Das passiert leider relativ häufig, meist bei Kindern. Die Autofahrer haben dann keine Möglichkeit mehr, rechtzeitig zu bremsen, weil sie die Passanten erst wahrnehmen, wenn sie bereits auf der Fahrbahn sind.”

„Es ist gut von Ihnen gemeint, Herr Braun, dass Sie mich beruhigen möchten. Wir dürfen uns jedoch nicht täuschen lassen. Gerade jetzt, wo der erste Mord verübt worden ist, müssen wir doppelt vorsichtig sein. Sprechen Sie bitte einmal mit dem Hausmeister. Er hat mich vor einiger Zeit gewarnt, es werde etwas Schreckliches in diesem Haus passieren. Aber er wollte mir nichts weiter dazu sagen. Vielleicht ist er jetzt, wo tatsächlich etwas passiert ist, eher bereit, sich zu äußern.“

Da Frau Feiner am ganzen Körper zitterte und bleich war, bot Urs Braun ihr an, sie in ihre Wohnung zu begleiten.

„Das wäre wirklich reizend von Ihnen“, bedankte sie sich. „Darf ich mich auf Ihren Arm stützten, mir ist ganz schwindlig vor Aufregung.“

Als sie im zweiten Stock ankamen, wo Frau Feiner wohnte, schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung auf und ließ Urs Braun eintreten. Er kam in eine kleine, geschmackvoll eingerichtete Diele, von der aus eine Tür in einen großen, hellen Wohnraum führte, der allerdings recht kärglich eingerichtet war. Er ist in seiner Kärglichkeit eigentlich ein Abbild seiner Bewohnerin, dachte Urs.

In der rechten Hälfte des Raumes stand ein großer Esstisch, auf dem einige Hefte, Blätter und Stifte lagen. Sitzmöglichkeiten boten vier einfach Holzstühle. An der Wand sah Urs einen großen Schrank. Sicherlich ist darin alles in perfekter Ordnung, dachte er, und nicht wie bei mir ein heilloses Durcheinander.

In der linken Hälfte des Raumes standen ein kleiner Couchtisch und eine dunkelgrüne Sitzgruppe mit einem Sofa und zwei Sesseln. Auf dem Boden lag ein dünner, grauer Teppich, der dem Raum den Eindruck einer gewissen Trostlosigkeit verlieh.

Mit einer einladenden Geste bot Frau Feiner Urs einen Platz in einem der Sessel an. Sie selbst setzte sich auf die Couch ihm gegenüber.

„Ich bin froh, dass wir uns noch kurz sprechen können, damit ich Ihnen noch genauer erklären kann, um was es mir geht“, begann sie das Gespräch.

„Ich hatte Ihnen ja vorhin schon anvertraut, dass Herr Schulte mir gesagt hat, es würden in diesem Haus merkwürdige Dinge vor sich gehen. Dieser Mann war mir von Anfang an unsympathisch und auch unheimlich. Mehrmals ist er plötzlich vor mir auf einem Treppenabsatz oder im Keller aufgetaucht, ohne dass ich ihn hätte kommen hören. Er hat mich dann jeweils, ohne ein Wort zu sagen, misstrauisch angeschaut und ist wieder davongeschlurft. Ich habe mich mitunter, wenn er plötzlich, wie aus dem Nichts auftauchend, vor mir stand, entsetzlich erschrocken und habe schließlich vermieden, überhaupt in den Keller zu gehen.”

Frau Feiner stockte und wurde noch eine Nuance bleicher, als sie fortfuhr: „Das alles hätte ich ja noch hingenommen. Aber stellen Sie sich vor, was ich gestern mit ihm erlebt habe: Ich hatte am Nachmittag nur zwei Stunden wahlfrei Latein zu geben – Sie wissen vermutlich, dass ich Lehrerin am Gymnasium am Münsterplatz bin. Deshalb kam ich schon gegen vier Uhr nach Hause. Als ich im Parterre an der Wohnung des Hausmeisters vorbeikam, öffnete er plötzlich die Tür, kam direkt auf mich zu und zischte mir zu: ‚Nehmen Sie sich in diesem Haus in acht! Hier wird ein Mord geplant. Jeder von uns kann das Opfer sein!’ Sie können sich sicher vorstellen, Herr Braun, dass ich vor Schreck fassungslos war. Ehe ich noch ein Wort sagen konnte, war Herr Schulte schon wieder in seiner Wohnung verschwunden, und ich hörte, wie er zweimal abschloss und drinnen noch eine Sicherheitskette vorlegte.”

Frau Feiner zitterte jetzt am ganzen Körper und stieß unter Tränen hervor: „Was soll ich denn nur tun? Zuerst dieser unheimliche Herr Schulte. Und nun auch tatsächlich der Mord an Herrn Schiesser!“ Sie begann hemmungslos zu schluchzen.

„Nun beruhigen Sie sich, Frau Feiner“, versuchte Urs Braun sie zu trösten. „Sie wissen doch, dass der Hausmeister ein extrem ängstlicher und misstrauischer Mensch ist, der überall Gefahren wittert. Deshalb will er ja auch, dass wir immer...

Erscheint lt. Verlag 11.7.2017
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-86361-658-8 / 3863616588
ISBN-13 978-3-86361-658-8 / 9783863616588
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
PDFPDF (Wasserzeichen)
Größe: 3,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: PDF (Portable Document Format)
Mit einem festen Seiten­layout eignet sich die PDF besonders für Fach­bücher mit Spalten, Tabellen und Abbild­ungen. Eine PDF kann auf fast allen Geräten ange­zeigt werden, ist aber für kleine Displays (Smart­phone, eReader) nur einge­schränkt geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. den Adobe Reader oder Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür einen PDF-Viewer - z.B. die kostenlose Adobe Digital Editions-App.

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 757 KB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99
Roman

von Fatma Aydemir

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99
Roman. Jubiläumsausgabe

von Umberto Eco

eBook Download (2022)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
12,99