Der Biberpelz. Eine Diebskomödie (eBook)

Hauptmann, Gerhart - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur

(Autor)

Werner Bellmann (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
142 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961206-5 (ISBN)

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Der Biberpelz. Eine Diebskomödie -  Gerhart Hauptmann
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Das offene Ende von Hauptmanns 'Diebskomödie' in vier Akten überrascht. Und zwar so sehr, dass das Publikum der Uraufführung am 21. September 1893 erst einmal irritiert auf den Plätzen des Deutschen Theaters sitzen blieb. Der Amtsvorsteher Wehrhahn, ein Vertreter der Obrigkeit, bescheinigt der Biberpelz-Diebin Mutter Wolffen, sie sei 'eine ehrliche Haut'. Wie konnte es so weit kommen? Textgrundlage dieser Ausgabe ist die unter Hauptmann-Forschern immer noch maßgebliche Centenar-Ausgabe, die sorgsam mit dem Erstdruck von 1893 abgeglichen wird. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Gerhart Hauptmann (15.11.1862 Ober-Salzbrunn [Schlesien] - 6.6.1946 Agnetendorf [Schlesien]) gehört zu den bedeutendsten Vertretern des Naturalismus. Nach einer abgebrochenen Lehre als Landwirt und dem zweijährigen Studium der Bildhauerei in Dresden reifte während einer Italienreise und dem Umzug nach Erkner in der Nähe von Berlin der Entschluss, freier Schriftsteller zu werden. Seine Mitgliedschaft im naturalistisch geprägten Dichterverein 'Durch' prägte ihn stark. So befassen sich seine Werke überwiegend mit der Idee der Weichenstellung des Menschen durch seine Herkunft. Handelt beispielsweise 'Vor Sonnenaufgang' - sein erster Erfolg als Dramatiker - vom Niedergang einer Bauernfamilie, schildert Hauptmann in der novellistischen Studie 'Bahnwärter Thiel' die Ohnmacht der Arbeitergesellschaft gegenüber der aufkommenden Industrialisierung. Zu seinen bekanntesten Werken gehört das Familiendrama 'Die Weber', das den Weberaufstand im Jahre 1844 thematisiert. Für sein dramatisches Werk wird Hauptmann 1912 mit dem Literaturnobelpreis geehrt.

Gerhart Hauptmann (15.11.1862 Ober-Salzbrunn [Schlesien] – 6.6.1946 Agnetendorf [Schlesien]) gehört zu den bedeutendsten Vertretern des Naturalismus. Nach einer abgebrochenen Lehre als Landwirt und dem zweijährigen Studium der Bildhauerei in Dresden reifte während einer Italienreise und dem Umzug nach Erkner in der Nähe von Berlin der Entschluss, freier Schriftsteller zu werden. Seine Mitgliedschaft im naturalistisch geprägten Dichterverein "Durch" prägte ihn stark. So befassen sich seine Werke überwiegend mit der Idee der Weichenstellung des Menschen durch seine Herkunft. Handelt beispielsweise "Vor Sonnenaufgang" – sein erster Erfolg als Dramatiker – vom Niedergang einer Bauernfamilie, schildert Hauptmann in der novellistischen Studie "Bahnwärter Thiel" die Ohnmacht der Arbeitergesellschaft gegenüber der aufkommenden Industrialisierung. Zu seinen bekanntesten Werken gehört das Familiendrama "Die Weber", das den Weberaufstand im Jahre 1844 thematisiert. Für sein dramatisches Werk wird Hauptmann 1912 mit dem Literaturnobelpreis geehrt.

Der Biberpelz. Eine Diebskomödie

Anhang
Zu dieser Ausgabe
Anmerkungen
Literaturhinweise
Nachwort

[9]Erster Akt


Kleiner, blaugetünchter, flacher Küchenraum mit niedriger Decke; ein Fenster links; eine rohgezimmerte Tür, ins Freie führend, rechts; eine Tür mit ausgehobenem Flügel mitten in der Hinterwand. – Links in der Ecke der Herd, darüber an der Wand Küchengerät am Rahmen, rechts in der Ecke Ruder und Schiffereigerät; gespaltenes Holz, sogenannte Stubben, unter dem Fenster in einem Haufen. Eine alte Küchenbank, mehrere Schemel usw. usw. – Durch den leeren Türrahmen der Hinterwand blickt man in den zweiten Raum. Darin steht ein hochgemachtes, sauber gedecktes Bett, darüber hängen billige Photographien in noch billigeren Rahmen, Öldruckköpfe in Visitenkartenformat usw. Ein Stuhl aus weichem Holz ist mit der Lehne gegen das Bett gestellt. – Es ist Winter, der Mond scheint. Auf dem Herd in einem Blechleuchter steht ein brennendes Talglicht. Leontine Wolff ist auf einem Schemel am Herd, Kopf und Arme auf der Herdplatte, eingeschlafen. Sie ist ein siebzehnjähriges, hübsches blondes Mädchen in der Arbeitstracht eines Dienstmädchens. Über die blaue Kattunjacke hat sie ein dickes, wollenes Brusttuch gebunden. – Einige Sekunden bleibt es still, dann hört man, wie jemand bemüht ist, von außen die Tür aufzuschließen, in der jedoch von innen der Schlüssel steckt. Nun pocht es.

FRAU WOLFF,

unsichtbar, von außen. Adelheid! Adelheid! Stille; dann wird von der andern Seite ans Fenster gepocht. Wirschte gleich uffmachen!

LEONTINE,

im Schlaf. Nein, nein, ick lass’ mir nich schinden!

[10]FRAU WOLFF.

Mach uff, Mädel, sonste komm’ ich durchs Fenster. Sie trommelt sehr stark ans Fenster.

LEONTINE,

aufwachend. Ach, du bist’s, Mama! Ick komme ja schon! Sie schließt innen auf.

FRAU WOLFF,

ohne einen Sack, welchen sie auf der Schulter trägt, abzulegen. Was willst’n du hier?

LEONTINE,

verschlafen. ’n Abend, Mama!

FRAU WOLFF.

Wie bist’n du reingekommen, hä?

LEONTINE.

Na, übern Ziejenstall lag doch der Schlüssel. Kleine Pause.

FRAU WOLFF.

Was willste denn nu zu Hause, Mädel?

LEONTINE,

läppisch maulend. Ich soll woll man jar nich mehr bei euch komm?

FRAU WOLFF.

Na, sei bloß so gutt un tu dich a bissel. Das hab’ ich zu gerne. Sie läßt den Sack von der Schulter fallen. Du weeßt woll noch gar nich, wie spät daß schonn is? Mach bloß, daßte fortkommst zu deiner Herrschaft.

LEONTINE.

Wenn ick da man ooch wer mal’n bißken zu spät komm!

FRAU WOLFF.

Nu nimm dich in Obacht, hast de verstanden! Und sieh, daßte fortkommst, sonst haste verspielt.

LEONTINE,

weinerlich, trotzig. Ick jeh’ nich mehr bei die Leute, Mama!

FRAU WOLFF,

erstaunt. Du gehst nich … Ironisch. Ach wo, das ist ja was ganz Neues.

LEONTINE.

Na brauch’ ick mir immer lassen schinden?

FRAU WOLFF

war bemüht, ein Stück Rehwild aus dem Sack hervorzuziehen. I, schinden tun se dich also bei Kriegers? Nee, so a armes Kind aber ooch! – Mit so was komm mer ock uffgezogen! A Frauenzimmer wie a Dragoner …! Nanu faß an, dort unten a Sack! Du kannst [11]dich woll gar nich tälscher anstellen? Bei mir haste damit kee Glicke nich! ’s Faulenzen lernste bei mir erscht recht nich! Beide hängen den Rehbock am Türpfosten auf. Nu sag’ ich dersch aber zum letzten Male …

LEONTINE.

Ick jeh’ nich mehr bei die Leute hin. Denn jeh’ ick lieber int Wasser, Mama!

FRAU WOLFF.

Na, daßte ock bloß keen’n Schnuppen krigst.

LEONTINE.

Ich spring’ int Wasser!

FRAU WOLFF.

Da ruff mich ock, heerschte! Ich wer der an Schubs geben, daß de ooch ja – und fliegst nich daneben.

LEONTINE

schreit heftig. Na, brauch’ ick mir das woll jefallen zu lassen, det ick abens muß Holz rinräumen zwee Meter?

FRAU WOLFF

tut erstaunt. Nee, ’s is woll nich meeglich! Holz sollst de reinschleppen! Nee, ieber die Leute aber ooch!

LEONTINE.

… un zwanzich Daler uffs janze Jahr? Denn soll ick mir ooch noch die Poten verfrieren? Und nich ma satt Katoffel und Häring?!

FRAU WOLFF.

Da red erscht nich lange, tummes Mädel. Da hast a Schlissel, geh, schneid d’r Brot ab. Un wenn de satt bist, scheer dich, verstanden!? ’s Flaummus steht in der oberschten Reihe.

LEONTINE

nimmt aus einer Schublade ein großes Brot und schneidet davon. Die Juste von Schulzens kriecht vierzig Daler un …

FRAU WOLFF.

Renn du bloß mit’n Kopp durch de Wand! – Du wirscht bei da Leuten nich ewig bleiben. Du bist ni vermit’t fir ewige Zeiten. – Meinswegen zieh du zum [12]erschten April. – So lange bleibste an Ort und Stelle! – ’s Weihnachtsgeschenk in der Tasche, gelt, nu mechtste fortloofen? Das is keene Mode! – Ich geh’ bei da Leuten aus und ein. Das wer ich woll uff mir sitzen lassen!

LEONTINE.

Det bißken Lumpe, det ick da anhabe?

FRAU WOLFF.

’s baare Geld vergißte woll ganz?

LEONTINE.

Jawoll doch! Janze Märker sechse!

FRAU WOLFF.

I, Geld is Geld! Das laß du gutt sein!

LEONTINE.

Na, wenn ick aber kann mehr verdien’n!?

FRAU WOLFF.

Mit’n Maule!

LEONTINE.

Nee, mit de Nähmaschine. Ick jeh’ nach Berlin und nähe Mäntel. Stechowns Emilie jeht ooch seit’n Neujahr!

FRAU WOLFF.

Komm du mer bloß mit der Schlumpe gezogen! Die soll mer ock unter de Finger loofen! Dem Balge will ich a Talglicht uffstecken! Das wär’ so a Awasemeng fer dich, gelt? Mit a Kerln de Nächte verschwiemeln. Nee, Mädel, wenn ich bloß dadran denke: ich hau’ dich, daßte schonn gar nich mehr uffstehst. – Nu kommt Papa, jetzt nimm dich in Obacht!

LEONTINE.

Wenn Papa mir verpaukt, denn loof’ ick fort; denn wer ick schon sehn, wo ick bleiben du’.

FRAU WOLFF.

Jetzt maul nich! Geh und futter de Ziegen. Se sind ooch noch nich gemolken den Abend. Un gibb a Karnickeln ’ne Hamv’ll Heu.

LEONTINE

sucht schnell hinauszukommen, trifft aber in der Tür auf ihren Vater, sagt flüchtig ’n Abend und wischt an ihm vorüber hinaus.

Julius Wolff, der Vater, ist Schiffszimmermann, von langer Figur, mit blöden Augen und trägen Bewegungen, etwa dreiundvierzig Jahr alt. – Er stellt zwei lange Ruder, die [13]er auf der Schulter getragen, in die Ecke und wirft sein Schiffszimmergerät schweigend ab.

FRAU WOLFF.

Haste a Schiffer-Emil getroffen?

JULIUS

brummt.

FRAU WOLFF.

Kannste nich reden? Ja oder nein? Wird a rumkomm, hä?

JULIUS,

unwirsch. Immerzu doch! Schrei du man noch mehr!

FRAU WOLFF.

Du bist schon a kuraschierter Kerl. Dabei da vergißte de Tiere zuzumachen.

JULIUS

schließt die Tür. Was is’n das wieder mit Leontinen?

FRAU WOLFF.

I, gar nischt! – Was hat’n der Emil gelad’t?

JULIUS.

All widder Klinkern. Wat soll er jelad’t hebben? – Wat is det nu widder mit det Mädel?

FRAU WOLFF.

De halbe Zille oder de ganze?

JULIUS,

jähzornig aufwallend. Wat mit det Weibsstück all widder los is!

FRAU WOLFF,

ihn überbietend. Was Emil gelad’t hat, will ich wissen. A halben oder a ganzen Kahn?

JULIUS.

I, immerzu doch, de janze Zille.

FRAU WOLFF.

Pst, Julian. Sie erschrickt und riegelt den Laden zu.

JULIUS,

sie erschrocken anglotzend, schweigt. Nach einigen Sekunden, leise. ’s is all ’n junger Förster in Rixdorf.

FRAU WOLFF.

Geh, krich untersch Bette, Julian. Nach einer Pause. Wenn du bloß nich aso schrecklich tumm wärscht. Glei wirschte wie so a richt’ger Bremmer. Von solchen Sachen verstehst de doch nischt. Laß du mich bloß fer die Mädel sorgen. Das schlägt nich in deine Konferenz. In meine Konferenz geheert das. Bei Jungen wär’ [14]das ganz was andersch. Da wer ich dir ooch niemals nischt reinreden. A jedes hat seine Konferenz!

JULIUS.

Denn soll se man mir nich jrade in ’n Weg loofen.

FRAU WOLFF.

Du willst se woll lahm schlagen, Julian?! Laß du dir ock ja nich aso was einfallen! Denk bloß nich, daß ich aso was zugebe! Ich wer se mer lassen zuschanden schlagen. Das Mädel kann unser Glicke sein. Wenn du bloß fer so was a Verschtand hätt’st.

JULIUS.

Denn soll se man sehn, wo se bleiben dut.

FRAU WOLFF.

Da is keene Angst drum, Julian. Kann...

Erscheint lt. Verlag 9.2.2017
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Reclams Universal-Bibliothek
Nachwort Stephan Kraft
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte 19. Jahrhundert • Abitur • Analyse • Centenar-Ausgabe • Charakterisierung • Der Biberpelz • Deutsch • Deutsch-Unterricht • Diebskomödie • Drama • Erläuterungen • Erstausgabe • Fach Deutsch • gelb • gelbe bücher • Gerhart Hauptmann • Gerhart Hautpmann • Hauptmann-Forschung • Inhaltsangabe • Interpretation • Interpretationshilfe • Klassenlektüre • Klausur • Kommentar • Komödie • Lektüre • Lektürehilfe • Literatur Klassiker • Lösung • Matura • Naturalismus • Prüfungsaufgaben • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Referat • Schullektüre • soziales Drama • Textanalyse • Theater • Weltliteratur • Zusammenfassung
ISBN-10 3-15-961206-6 / 3159612066
ISBN-13 978-3-15-961206-5 / 9783159612065
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