Juhu, berühmt! Ach nee, doch nich' (eBook)

Unerhörte Abenteuer einer Musikerin
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
272 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44043-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Juhu, berühmt! Ach nee, doch nich' -  Christin Henkel
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Christin Henkel hat ein Faible für Prokrastination, einen Hang zum Liebeskummer und einen tiefschwarzen Humor. Die junge Kabarettistin ist hochtalentiert, aber jenseits der Musik lauern die Fettnäpfchen. In 'Juhu, berühmt! - Ach nee, doch nich'.' erzählt sie vom schweren Weg, sich selbst zu finden, vom seltsamen Treiben in der Musikbranche und davon, wie ein Label versuchte, aus ihr eine Helene Fischer zu machen. Am Ende hat sie etwas, das ihr niemand nehmen kann und alle aus den Händen reißen: ihre erste eigene Platte 'KlaKaSon'. Die Singer-Songwriterin war mit 'Surflehrer Klaus', der Burn-out hat, 'Juhu verliebt! Ach nee, doch nich'' zu Gast bei Nightwash, Sebastian Puffpaff oder Dieter Nuhr und verzaubert regelmäßig mit ihren zarten Tönen und sarkastischen Texten das Publikum. 'Junge zarte Frau mit engelsgleichem Lächeln sitzt am Klavier und singt zynische Lieder.' Deutschlandfunk

Christin Henkels Kindheit spielte sich irgendwo zwischen Wald, Freibad und Musikschule ab. Nach dem Abitur zog es die Thüringerin zum Rumkünstlern nach Berlin, fünf Jahre später zum Kompositionsstudium nach München. Ob an der Musikhochschule, bei klassischen Meisterkursen oder dem Hamburger Popkurs, überall war Christin dabei, gehörte aber nie so richtig dazu. Erst 2013 wurde ihr klar, wofür ihre rätselhaften Talente zu gebrauchen sind: Mit ihrem eigenwilligen Mix aus Klavierspiel, Kabarett und Chanson, gewann sie zahlreiche Song Slams, tourte quer durchs Land, nahm ihr erstes Album auf und war unter anderem zu Gast bei Nightwash, Dieter Nuhr und Sebastian Pufpaff.

Christin Henkels Kindheit spielte sich irgendwo zwischen Wald, Freibad und Musikschule ab. Nach dem Abitur zog es die Thüringerin zum Rumkünstlern nach Berlin, fünf Jahre später zum Kompositionsstudium nach München. Ob an der Musikhochschule, bei klassischen Meisterkursen oder dem Hamburger Popkurs, überall war Christin dabei, gehörte aber nie so richtig dazu. Erst 2013 wurde ihr klar, wofür ihre rätselhaften Talente zu gebrauchen sind: Mit ihrem eigenwilligen Mix aus Klavierspiel, Kabarett und Chanson, gewann sie zahlreiche Song Slams, tourte quer durchs Land, nahm ihr erstes Album auf und war unter anderem zu Gast bei Nightwash, Dieter Nuhr und Sebastian Pufpaff.

1
Inselbegabung


Ich bin fünfundzwanzig, und mein Leben ist vorbei

Draußen sind es 38 Grad. Hier drinnen wahrscheinlich 40. Die Sonne knallt durch das große Fenster, das sich nur einen kleinen Spalt öffnen lässt. Ich liege auf dem schmutzigen Teppichboden, dem einzigen schattigen Platz in dem einzigen stickigen Übungsraum, der noch frei war. Über mir thront ein schwarzer Bechstein-Flügel, der länger nicht gestimmt wurde. Im linken Nebenraum quietscht sich ein Geiger durch seine Paganini-Sonate, rechts von mir spielt ein anderer Musiker seit Stunden Tonleitern auf dem Klavier, vermutlich ein ehrgeiziger Asiate. Durch das Fenster dröhnt der Berufsverkehr von der Arcisstraße herein.

Ich liege einfach nur da, starre auf die schwarze Unterseite des Flügels, beiße auf meiner Nagelhaut herum und will ein bisschen sterben. Mein Körper fühlt sich taub an vor lauter Hitze und Selbstmitleid. Ich bin fünfundzwanzig, und mein Leben ist vorbei.

 

Draußen auf dem Gang tummeln sich Dutzende fein herausgeputzte Studienanwärter, allesamt frischgebackene Abiturienten um die zwanzig, die sich die Wartezeit mit belanglosem Schönwetter-Small-Talk vertreiben. Sie reden über das Abi am Gymnasium Starnberg, das Angebot in der Hochschul-Cafeteria sowie die potenzielle gemeinsame Einnahme von Augustiner-Bier nach bestandener Prüfung. Immer wieder dringen kurze Sätze und vergnügtes Gelächter durch die massive Holztür. Am besten zu verstehen sind die angehenden Gesangsstudenten, die ha-ben näm-lich Sprech-er-zieh-ung und re-den sehr deut-lich.

Einfach raus auf den Gang zu gehen und sich dazuzustellen würde bedeuten, dass ich früher oder später erklären müsste, warum ich kurz vor der Rente noch ein Studium anfangen will. Also harre ich weiter allein auf dem Fußboden aus und versuche zu rekonstruieren, was ich in den letzten fünf Jahren seit dem Abitur gemacht habe.

Recht simpel lässt es sich in drei Buchstaben zusammenfassen.

NIX.

Das obligatorische Jahr in Australien, das Praktikum bei einem Tierschutzverein, das nach vier Semestern abgebrochene Germanistikstudium, der erste feste Job bei einer Irgendwas-mit-Medien-Agentur, die durchfeierten Hell-dunkel-hell-dunkel-Wochenenden in schmuddeligen Studenten-WGs, die On-off-Beziehungen mit irgendwelchen Sebastians und Dirks, das halbe Jahr in London, die verregneten Festivalsommer, bei denen morgens um fünf irgendein betrunkener Hirni auf mein Zelt pinkelt – all das habe ich ausgelassen. Die letzten zehn Jahre habe ich mit Konrad verbracht, von der zehnten Klasse bis vor genau zehn Wochen.

Konrad ist arbeitsloser Elektromusiker feat. arbeitsloser Schauspieler und sieht aus wie ein Kokser, obwohl er gar keiner ist. Da er sich schon als Fünfzehnjähriger zu Höherem berufen fühlte, besuchte er die Schule eher selten. Er sah sich in erster Linie als angehender Jungmillionär und nicht als gewöhnlicher Abiturient. Früh machte er in Immobilien, indem er den Schrebergarten seiner Tante vermietete. Er wurde zum ehrgeizigsten Statisten am städtischen Provinztheater und stieg schnell zum großen Politiker seines 900-Seelen-Dorfs auf. Mit gerade mal neunzehn Jahren hatte seine Karriere den Höhepunkt erreicht. Das kommunale Wurstblatt widmete ihm eine ganze Seite, und er wurde sogar zweimal beim Bäcker des Nachbarorts erkannt.

Ich liebte Konrad abgöttisch. Ich liebte alles an ihm: seine zielstrebige Art, seine Bierdeckel-Sammlung, seine reißerischen Erfolge, seine dünnen roten Haare, den Kleinstadt-Glamour und seinen verkappten Größenwahn. Doch am allermeisten liebte ich an ihm, dass er mich abgöttisch zurückliebte. Wir trotzten den Behauptungen desillusionierter Eltern, die der Meinung waren, die große Verliebtheitsphase wäre nach wenigen Monaten vorbei, und durchlebten fünf Jahre Disney.

Dann, nach meinem Abitur und dem letzten unbeschwerten Sommer unseres Lebens, war die Zeit reif, gemeinsam die Hauptstadt zu erobern. Als aufregendes blutjunges Künstlerpaar würde es nicht lange dauern, bis wir den Olymp der deutschen Musik- und Schauspielszene erklommen hätten.

Und Deutschland würde nur das Sprungbrett sein. Vielmehr sahen wir uns als international erfolgreiche Kosmopoliten, die sich das Haus in Malibu und den Bootsstellplatz am Genfer See zwar selbst erarbeitet hätten, aber niemals damit prahlen würden. Tatsächlich wohnten wir fünf Jahre lang in einer 42-Quadratmeter-Wohnung in Berlin-Reinickendorf.

Konrads Tante verstarb, was ja grundsätzlich sehr traurig ist, jedoch zu dem glücklichen Umstand führte, dass er nun nicht nur Schrebergarten-, sondern auch Hausbesitzer wurde und die Mieteinnahmen seinen Lebensunterhalt sicherten. Auch der Traum vom ersten BMW war bezahlbar, zwar nur ein Gebrauchtwagen, doch der Maybach wartete schon.

Wirklich viel Geld brachten die Provinzimmobilien der verstorbenen Tante nicht ein, aber da Konrad nur äußerst selten die Wohnung verließ und er innerhalb der vier Wände lediglich ein funktionierendes WLAN, einen Laptop und einige Flaschen Mezzo Mix zum Überleben brauchte, reichte es irgendwie aus.

Meine Musikkarriere fand ein schnelles Ende als Background-Sängerin – selbstverständlich Playback – bei diversen unterirdischen Fernsehshows. Außerdem hielt ich mich mit zweitklassigen Modeljobs über Wasser und ließ mich von grenzdebilen Jungdesignern und herrschsüchtigen B-Choreografen durchs KaDeWe und über die Modemesse Bread & Butter schubsen.

Als ich älter wurde, stellte ich schnell fest, dass eine dreiundzwanzigjährige Thüringerin neben einer frisch geschlüpften fünfzehnjährigen Ukrainerin wie ein alter Schuhlappen aussieht. Außerdem wurde mir klar, dass sich mein einst so geliebter Konrad längst als antriebsloser, internetsüchtiger Blender entpuppt hatte. Nach jahrelangem Bemühen, die schöne Fassade aufrechtzuerhalten, überraschte ich ihn vor zehn Wochen mit den Worten: »Es ist Schluss, ich ziehe aus.«

Konrad blickte entgeistert von seinem Laptop hoch: »Kriegt jetzt jemand anderes das leckere Essen?«

Oha! Der Mann dachte praktisch. Ich war etwas enttäuscht. Nach zehn Jahren Beziehung konnte man wenigstens eine kleine, herzzerreißende Abschiedsszene erwarten. Zum Glück sollte diese bald kommen, und es sollte auch nicht bei einer bleiben.

Um mich zurückzuerobern, griff Konrad tief in eine beängstigend umfangreiche Trickkiste. Er klammerte sich an mich wie an sein dickes Bonzenauto, das er schon seit drei Jahren nicht mehr volltanken konnte. Es begann mit großen Gefühlen. Obwohl ich ihn in zehn Jahren Beziehung nie hatte weinen sehen, war der Zeitpunkt gekommen, all seine aufgestauten Emotionen laut herauszuschluchzen. Männer, die auch mal weinen, sind sexy, sagt man. Sind sie nicht! Sage ich.

Die wenigen Wortfetzen, die ich bei Konrads jämmerlichen Ausbrüchen aufschnappen konnte, versprachen Besserung. Er wäre ab sofort bereit, die Wohnung hin und wieder zu verlassen, würde sich einen tollen Job suchen (was sich ohne Schulabschluss durchaus schwierig gestalten konnte), und er würde aufhören, permanent irgendwelche komischen Sachen im Netz zu machen (von denen ich absolut nichts Näheres wissen wollte).

Danach folgte die Phase des halb toten Hamsters. Nacht für Nacht steckte unser gemeinsames Haustier in Lebensgefahr. »Du musst unbedingt herkommen, ich glaube, er stirbt!« Stolze dreizehnmal gelang es ihm, mich unter diesem Vorwand zurück in die gemeinsame Wohnung zu locken. Erst die vierzehnte Auferstehung von Wühler Schlumpi bedeutete schließlich das endgültige Aus.

 

Es klopft an die große Holztür des Übungsraums. Ich erschrecke, schnelle hoch und stoße mir den Kopf an der Flügel-Unterseite. Die Tür geht vorsichtig auf, und Niklas kommt herein.

»Was machst du denn hier?«, frage ich und wühle hektisch in einem Stapel Noten, der auf dem Flügel liegt, um möglichst beschäftigt rüberzukommen.

»Du hast deine Möhrchen vergessen«, sagt Niklas und drückt mir eine grüne Tupperdose mit einem Karottenaufkleber in die Hand. Krass. Ob er den selbst draufgepappt hat? »Und ich wollte dir nochmals viel Glück für die Aufnahmeprüfung wünschen.«

Verdammt, die Aufnahmeprüfung! In fünfzehn Minuten bin ich dran.

»Danke, Niklas. Das ist total nett«, sage ich und umarme ihn kurz.

Total nett sind auch die beiden Wörter, die Niklas am besten beschreiben. Stets bemüht trifft es ebenfalls sehr gut. Niklas ist hübsch, aber nicht zu hübsch, er geht jeden Morgen brav mit seiner Thermoskanne zur ersten Vorlesung, und er sucht ganz dringend eine Frau. Seine Partnersuche steht unter dem Motto: Hauptsache schnell. In den letzten fünf Tagen, die wir gemeinsam verbrachten, gab er mir einen großzügigen Überblick über all seine Vorzüge.

Er ist aufmerksam, versucht, den Sex im Rahmen seiner Möglichkeiten aufregend zu gestalten, und streckt mir seit vorgestern Abend immer sein Patschepfötchen entgegen, wenn wir außer Haus gehen. Nur so, für den Fall, dass es mit mir nix wird, akquiriert Niklas hinter meinem Rücken zusätzlich diverse andere Damen. Praktischerweise ist er nicht so schlau, um zu merken, dass ich’s gemerkt habe, und so nehme ich lediglich den Möhrchenbrei und den Ego-Push mit, hüte mich aber davor, auch nur das klitzekleinste Gefühl für Tupperdosen-Niklas zuzulassen.

Zum ersten Mal begegnet sind wir uns vor acht Wochen im ICE von Berlin nach München. Zwischen Leipzig und Saalfeld hatte ich mich verliebt, ab Nürnberg wurden die Gefühle schon schwächer. Meine Situation eignet sich nicht gerade, um einen neuen Mann kennenzulernen, darum lüge ich...

Erscheint lt. Verlag 2.12.2016
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Comedienne • Comedy • Dieter Nuhr • Generation Y • Humor • Kabarett • lustig • Musikerin • Quatsch Comedy Club • Scheitern • witzig
ISBN-10 3-426-44043-1 / 3426440431
ISBN-13 978-3-426-44043-8 / 9783426440438
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