Die Nacht singt ihre Lieder (eBook)

und andere Stücke | Nobelpreis für Literatur 2023

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
304 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-56961-4 (ISBN)
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Die Situationen sind von erschütternder Alltäglichkeit: Ein Paar schottet sich gegen die Außenwelt ab, bis plötzlich ein Nachbar die Ruhe stört (Da kommt noch wer). Ein Mädchen kehrt nach langer Zeit hochschwanger zu seinen überraschten Eltern zurück (Der Name). Eine junge Frau und Mutter verzweifelt an der Passivität ihres Mannes (Die Nacht singt ihre Lieder). In Jon Fosses frühen Stücken wird das Banale zur Bedrohung. Scheinbar harmlose Ereignisse werfen die Menschen aus der gewohnten Bahn und bewirken lebensverändernde Einschnitte. So durchschnittlich die Probleme sind, die Fosse zeigt: Mit seiner wunderbar lakonisch-poetischen Sprache entwickelt er einen eindringlichen Sog. «Jon Fosse erzählt wunderbar traurige Geschichten von traurigen Menschen.» (Der Spiegel) «Ein Meister des Unheimlichen.» (Theater heute)

Jon Fosse, 1959 in der norwegischen Küstenstadt Haugesund geboren und am Hardangerfjord aufgewachsen, gilt als einer der bedeutendsten europäischen Schriftsteller unserer Zeit. 2023 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.  Internationale Bekanntheit erlangte Fosse zunächst als Dramatiker. Seine mehr als dreißig Theaterstücke werden weltweit aufgeführt und brachten ihm zahlreiche Preise ein. In deutscher Übersetzung erschienen zunächst die Romane 'Melancholie', 'Morgen und Abend' und 'Das ist Alise'. Für sein Prosawerk 'Trilogie' bekam er 2015 den Literaturpreis des Nordischen Rates verliehen, den renommiertesten Literaturpreis Skandinaviens. Mit 'Der andere Name', dem ersten Band seines Romanprojekts 'Heptalogie', war er 2020 für den  International Booker Prize nominiert, mit dem letzten Band 'Ein neuer Name' stand er 2022 auf der Shortlist und wurde mit den wichtigsten norwegischen Literaturpreisen Brageprisen und Kritikerprisen ausgezeichnet. Seit 2011 genießt er lebenslanges Wohnrecht in der 'Grotte', einer Ehrenwohnung des norwegischen Königs am Osloer Schlosspark, und lebt mitunter auch in Hainburg an der Donau/Österreich oder in Frekhaug/Norwegen. Seit 2022 ist er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin.

Jon Fosse, 1959 in der norwegischen Küstenstadt Haugesund geboren und am Hardangerfjord aufgewachsen, gilt als einer der bedeutendsten europäischen Schriftsteller unserer Zeit. 2023 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet.  Internationale Bekanntheit erlangte Fosse zunächst als Dramatiker. Seine mehr als dreißig Theaterstücke werden weltweit aufgeführt und brachten ihm zahlreiche Preise ein. In deutscher Übersetzung erschienen zunächst die Romane "Melancholie", "Morgen und Abend" und "Das ist Alise". Für sein Prosawerk "Trilogie" bekam er 2015 den Literaturpreis des Nordischen Rates verliehen, den renommiertesten Literaturpreis Skandinaviens. Mit "Der andere Name", dem ersten Band seines Romanprojekts "Heptalogie", war er 2020 für den  International Booker Prize nominiert, mit dem letzten Band "Ein neuer Name" stand er 2022 auf der Shortlist und wurde mit den wichtigsten norwegischen Literaturpreisen Brageprisen und Kritikerprisen ausgezeichnet. Seit 2011 genießt er lebenslanges Wohnrecht in der "Grotte", einer Ehrenwohnung des norwegischen Königs am Osloer Schlosspark, und lebt mitunter auch in Hainburg an der Donau/Österreich oder in Frekhaug/Norwegen. Seit 2022 ist er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959, lebt in Berlin. Er übersetzt u.a. auch Jean Echenoz, Édouard Louis, Jon Fosse, Tomas Espedal und Tarjei Vesaas. Ausgezeichnet wurde er z. B. mit dem Jane Scatcherd-Preis, dem Paul-Celan-Preis des Deutschen Literaturfonds und dem Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW (zusammen mit Frank Heibert).

I


Der Platz vor einem alten, ziemlich verfallenen Haus. Die Wandfarbe ist verblasst, einige Fenster sind gesprungen; dennoch strahlt das Haus – es liegt allein, in einer flachen Bucht, mit Blick auf die See – eine eigene verwitterte Anmut aus. Ein Mann und eine Frau treten um die rechte Ecke des Hauses auf den Hof. Er ist in den Fünfzigern, beleibt, hat langes graues Haar, unstet blickende Augen; er bewegt sich langsam. Sie ist rund dreißig, relativ groß, ein bisschen kräftig, mit halblangem Haar, großen Augen; ihre Bewegungen haben etwas Kindliches an sich. Sie gehen vor dem Haus entlang; sie halten einander bei den Händen und sehen das Haus an

SIE

munter

Jetzt sind wir bald in unserem Haus

ER

Unser Haus

SIE

Ein schönes altes Haus

Weit weg von anderen Häusern

und von anderen Leuten

ER

Du und ich allein

SIE

Nicht nur allein

sondern allein zusammen

Blickt in sein Gesicht hoch

Unser Haus

In diesem Haus werden wir zusammen sein

du und ich

allein miteinander

ER

Und niemand wird kommen

Sie bleiben stehen und sehen das Haus an

SIE

Jetzt sind wir bei unserem Haus angekommen

ER

Das Haus ist ja doch hübsch

SIE

Jetzt sind wir bei unserem Haus angekommen

Bei unserem Haus

wo wir allein sein werden

Du und ich allein

bei dem Haus

wo du und ich allein sein werden

alleine

miteinander

ER

Unser Haus

SIE

Das Haus

das uns gehört

ER

Das Haus

das uns gehört

Das Haus

zu dem niemand kommen wird

Jetzt sind wir bei unserem Haus angekommen

Das Haus wo wir zusammen sein werden

allein miteinander

Sie gehen weiter an dem Haus entlang

SIE

etwas bekümmert

Aber es ist ein bisschen anders

ich hatte ja

nicht gedacht

dass es so sein würde

Auf einmal ängstlich

Denn

da kommt noch wer

es ist so einsam hier

dass da ganz sicher noch wer kommt

ER sieht nur immer zu dem Haus hin, wie in Gedanken versunken

Den ganzen langen Weg hierher

war ja kein Mensch zu sehen

lange sind wir gefahren

und haben keinen Menschen gesehen

nur die Straße

und jetzt stehen wir vor diesem Haus und

nachdrücklicher

stell dir vor wenn es dunkel wird

Und stell dir vor wenn ein Gewitter kommt

wenn der Wind

durch die Wände pfeift

wenn du das Meer tosen hörst

wenn die Wellen hochschlagen

wenn das Meer weiß und schwarz ist

und stell dir vor

wie kalt es in dem Haus wird

wenn der Wind durch die Wände pfeift

und stell dir vor

wie weit es bis zu anderen Leuten ist

wie dunkel es ist

wie still es sein wird

und stell dir vor

wie der Wind bläst

wie die Wellen schlagen

stell dir vor

wie das im Herbst wird

im Dunkeln

mit dem Regen und der Dunkelheit

Ein Meer

das weiß und schwarz ist

und nur du und ich

hier in diesem Haus

Und so weit bis zu anderen Leuten

ER

Ja so weit bis zu anderen Leuten

Pause

Jetzt sind wir endlich allein

SIE

etwas bekümmert

Aber wir sind nicht von allen

fortgefahren

Es waren nicht alle

nur ein paar Leute

waren das

ER

stellt sich vor sie und schaut sie an

Wir fahren von ihnen allen fort

von allen anderen

SIE

stellt sich vor ihn und schaut ihn an, fragend

Allen anderen

Fahren wir von allen anderen fort

ER

Ja von allen anderen

SIE

Aber kann man das

Werden nicht die anderen

sowieso dort sein

Kann man von allen anderen fortfahren

Ist das nicht gefährlich

ER

Aber wir wollen doch für uns sein

Es waren die anderen

alle anderen

die uns auseinandergerissen haben

All die anderen

Lauter

Wir wollen doch nur

miteinander zusammen sein

allein

irgendwo

wir wollen doch

nur irgendwo allein sein

wo wir wohnen können

Wo du und ich

allein zusammen sein können

Allein miteinander

Da wollten wir sein

Wir wollten doch nur

allein beieinander sein

allein miteinander

SIE

Aber können wir allein sein

Irgendwie ist doch wer hier

Verzweifelt

Hier ist wer

Da kommt noch wer

ER

ruhig

Hier sind nur wir

ER wendet sich ab, geht über den Hof, an der linken Ecke des Hauses vorbei, bleibt stehen und blickt zum Meer

Hier ist niemand

Und da

deutet

ist das Meer

Niemand kommt

SIE geht zu ihm, stellt sich neben ihn. Beide sehen zum Meer. ER, etwas heiterer

Schau

wie schön das Meer ist

Das Haus ist alt

und das Meer ist schön

Wir sind allein

Und da kommt niemand

Niemand kommt

Und unten das Meer ist so schön

schau mal die Wellen

schau wie die Wellen

über die runden Steine spülen

unten am Ufer

Welle um Welle

und dann das Meer

draußen

So weit das Auge reicht

ist nur das Meer zu sehen

Sonst nur ein paar Inseln

weit draußen

ein paar schwarze Inseln auf dem blauen und weißen Meer

Und da

Pause

Doch

ER schaut sie an. SIE schlägt die Augen nieder, sieht klein und ängstlich aus. Nachdenklich

Ja

Etwas bekümmert

Da kommt niemand

SIE

Ich spür es aber

da kommt noch wer

ER

Nein wir sind allein

wir kennen niemanden

Hier ist nur dieses Haus

Und dazu das Meer

SIE

Es gibt ja schon wen

der hier ist

Lauter

Ja

hier ist wer

Da kommt noch wer

Ich weiß

dass da noch wer kommt

ER

Nein wir sind hier allein

Pause

Endlich sind wir allein

Jetzt sind wir allein

zusammen beieinander

Entschieden

Wir konnten nicht da bleiben

wo wir waren

Wir haben weggemusst

wir wollten ja woandershin fahren

Dann eben hierher

zu diesem Haus

Und jetzt gehört das Haus uns

Etwas fröhlicher

Und jetzt werden wir in diesem Haus wohnen

Sieht wieder auf das Haus

Wir haben beschlossen hierherzufahren

Viel froher

Das haben wir beschlossen

Und dann haben wirs gemacht

Und jetzt sind wir hier

Wir werden in diesem Haus wohnen

wir haben das ja beschlossen

dass wir hierherfahren würden

In diesem Haus werden wir wohnen

Haben wir gesagt

Jetzt sind wir hier

Jetzt werden wir in dem Haus wohnen

Schaut wieder aufs Meer

Und da

deutet aufs Meer

ist das Meer

Groß und schön

SIE

schaut aufs Meer

Aber ich hatte nicht gedacht

dass es so sein würde

wenn wir hierherkommen

Nicht so

ja wie soll ich sagen

Schaut zu Boden. Pause

Das Meer ist so groß

Ich hatte nicht gedacht

dass es so sein würde

Ich hatte mirs vollkommen anders vorgestellt

ER

Aber wir habens doch nicht geschafft zu bleiben

wo die anderen sind

habens nicht geschafft

unter ihnen zu leben

Wir wollten nur zusammen sein

Wollten nur

allein zusammen sein

Wir wollten nicht sein

wo die anderen sind

Wir müssen doch wohnen

wo niemand sonst ist

wo nur

wir sind

Wir wollten ja da wohnen

nur du und ich

lauter

allein zusammen

Weit weg

Weit fort

von all den anderen

dort

weit weg

da wollten wir ja so gerne

wohnen

SIE

Aber hier ist es irgendwie so einsam

Und so irgendwie als

wäre hier noch wer

ohne dass wer

hier ist

Es ist einsam und nicht einsam zugleich

Es ist

bricht ab

ER

So sind alte Häuser eben

SIE

Ja...

Erscheint lt. Verlag 21.5.2016
Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Drama • Dramatiker • Leben • Literaturnobelpreis • Literaturnobelpreisträger • Literaturpreis des Nordischen Rates 2015 • Nobelpreis für Literatur • Nobelpreis für Literatur 2023 • Nobelpreis Literatur • Nobelpreisträger Literatur • Norwegen • norwegische Literatur • norwegische Romane • Skandinavien • Theater • Tod • zeitgenössisch
ISBN-10 3-644-56961-4 / 3644569614
ISBN-13 978-3-644-56961-4 / 9783644569614
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