Der varreckte Hof/Der verreckte Hof (eBook)

Eine Stubenoper. Texte und Notenmaterial
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
192 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-74283-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der varreckte Hof/Der verreckte Hof - Georg Ringsgwandl
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Mutter Weichsenrieder wird wunderlich, oder vielleicht tut sie auch nur so. Aber eine Pflegerin muss her, denn ihre Kinder, die allzeit überforderte Halbtagshandarbeitslehrerin Gerlinde und Manager Rupert, können die Alte nicht betreuen. So kommt Svetlana aus Moldawien auf den Hof und mischt die Kräfteverhältnisse neu. Georg Ringsgwandl arbeitete bis zu seinem 44. Lebensjahr als Arzt und steht seit über 30 Jahren auf der Bühne. Er veröffentlichte zehn Studioalben, schreibt Musiktheaterstücke, Bücher und Beiträge für Magazine und Zeitungen.

<p>Georg Ringsgwandl arbeitete bis zu seinem 44. Lebensjahr als Arzt und steht seit über dreißig Jahren auf der Bühne. Er veröffentlichte zehn Studioalben, schreibt Musiktheaterstücke, Bücher und Beiträge für Magazine und Zeitungen.</p>

Der varreckte Hof


Eine Stubenoper

Gesänge in einer sterbenden Sprache

Bayerische Fassung

Die Personen


Weichsenrieder Mutter*, lebt allein auf dem Hof, der Mann tot, die Kinder aus dem Haus

Tochter Gerlinde, Lehrerin

Schwiegersohn Günter, arbeitet im Landratsamt, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde

Sohn Rupert, Manager in der Industrie

Svetlana, Migrantin aus Osteuropa

 

 

* Die Weichsenriederin, Weichsenrieder Bäurin, bürgerlich Cäcilie Kreszentia Schnapper, gerufen Schnapper Cilly oder Schnapper Zenz.

1. Prolog: Stadt und Land


Prolog: Stadt und Land


Chorisch.

 

Da Mensch lebt auf dem Land, da Mensch lebt in da Stodt,

wo er hoit grod herkimmt oder highärt.

Da oane braucht den Trube, da andere sei Ruah,

wer woaß, warum ma so oder aa so werd?

 

In da Stodt konnst toa, wos'd mogst,

und koana, der di deswegn frogt.

Net wiar am Land, wo jeder schaut,

wos de grod tuat und der grod baut.

 

Neamad kümmert, wos du redst,

ob du krank bist oder lebst,

ma tuat des, wos ma wui und koana frogt.

Und koana merkt, wenn wer zwoa Johr lang toat im Zimmer flackt.

 

In da Stodt, wenn jemand plärrt,

stört es neamd, weil's koana härt,

da Stodtmensch, sogt ma, der is frei,

am Land, do hoitns besser zsamm,

so hoaßt's zumindest ollawei,

doch ob es stimmt? Ihr sehgt's es glei.

2. Die Mutter redet wirr


 

MUTTER Vorbei, de scheena Tog. Vorbei mi'n guatn Weeda.

Schlecht werds, ganz schlecht.

GÜNTER Ah geh, Mama, wia kimmstn do drauf? De Sunn scheint, de Vegl singen, warum soit's iatz auf oamoi schlecht werdn?

MUTTER Wenn d'Kiah so springan aufm Berg,

woaßt, daß's Wetter schlechter werd.

GÜNTER Obn am Untersberg? Des is Luftlinie acht, zehn Kilometer weg. Bist iatz scho so weitsichtig?

MUTTER Schlecht werd's, ganz schlecht.

GÜNTERam Telefon Gerlinde, du muaßt sofort kemma. De Mama hot wos. – Die Muatta, mit der stimmt wos net.

MUTTER I gib da glei an Stimmt-wos-net, du Hosnsoacha!

GÜNTER Wos? – Ja, kimm. Kimm glei her, schnell. Ganz schnell. I glaab, des is ernst.

MUTTER Am Berg springan de Kiah,

im Bodn drin zittern d'Ruabn,

dunkel ziahgt's von drent do rei,

werd boid a grimmig's Weeda sei.

GÜNTER Ah geh, Mamma, des is alles vui z'weit weg. Auf die Entfernung a Kuah sehng is ja scho rein physikalisch gornet möglich.

MUTTER Wer bist iatz du, sog, bist du wer?

O mei, do kimmt nix Guats daher.

Springa tan's und Hörndl hams,

wos soit des sunst scho sei?

GERLINDE Mama, sog, wos is denn? Wos hostn du? Geht's da net guat? Tuat da irgndwos weh? Mama! Iatz sog doch wos! Seit wann red't sie denn nimmer?

GÜNTER Grod vorher hot's no gred't. Do hot's sogor gsunga.

GERLINDE Gsunga? Ah, dann stimmt wos net. Mama, kimm, sog, wos is'n los, wos fehlt da denn?

3. Werd's am End'?


GÜNTER Werd's am End' no dement, damischer wia's eh scho gwen is? Is's im Kopf hoib scho drent, bloß des Gstell is no do, weil des wui no net.

GERLINDE So schlimm werd's hoffntlich doch net sei,

vielleicht hot's hoit grod moi net aufpaßt.

Konn des sei, sie schaut scho in Himme nei,

und siehgt wos, wos mir erst vui später sehng.

MUTTER Siehgst as net, die Kiah aufm Berg,

wenn de so springan, wird's Wetter schlecht.

GÜNTER A bissal seltsam war's ollawei scho, und

jetzt, wo sie oid is, wird's schlimmer.

GERLINDE Stimmt doch! Grod wiare hergfahrn bin, ham se's im Radio brocht, ab morgn regnt's. »Das Tief Oliver nähert sich von Island über Holland, Frankfurt …«

MUTTER Ingolstadt und Großhartpenning, Kloadingharting, Rupfndorf, Zupfnheisl, Tegernsee, scho is's bei uns herin. 

GÜNTER Mamma, geh zua, sog, wos redstn bloß,

des is vui z'weit weg, des konn koana sehng.

MUTTER Wos's bloß ham, sie sehng's hoit net,

für des miaßn's no bissal gscheiter werdn.

I woaß genau, wos i siehg. I schau do ja

scho seit achtzg Johr lang nauf.

Irgendwann kapiern se's scho, und wenn

net, ja dann miaßn's hoit deppert sterbn.

GÜNTER Ois erstes braucht's a gescheits Bett und an Rollstuhl mit an Haferl drin.

GERLINDE Naa, sie braucht wen, der se um sie kümmert.

GÜNTER Oiso: i hob koa Zeit.

GERLINDE Aber i scho, oda wos?

GÜNTER Gerlinde, bitte!

GERLINDE I konn korrigieren, bis finster is, und dann muaß i no meine Stunden für den nächstn Tog vorbereitn.

GÜNTER Aba du kimmst mittog hoam, und dann legst de zerst amoi hi.

GERLINDE Di intressiern doch bloß deine Fledermäis und deine Kaulquappen. Wia's mir geht, is dir ja vollkommen wurscht. I konn einfach nimmer. Mir steht's bis do! Des Ministerium preßt uns nei, wos geht, die Eltern werdn oiwei ekelhafter und wenn i dann endlich vor da Klass' steh, bin i so würflig, daß mi die Elendsfratzn in drei Stund fertigmachen.

GÜNTER Du, i stempet um hoib achte ei und dann hucke im Amt drin, bis ma de Birn raucht. I taat me aa gern amoi hilegn nochn Mittogessen.

GERLINDE Du steckst in da Friah dei Kartn nei und dann machst da zerst amoi an Kaffee. Du büglst gmiatlich deine Anträg' owa und wenn's da faad werd, fahrst aufs Land naus und ärgerst an Bauern. So schaut's aus. – I ruaf iatz an Rupert o. Sie hot ja schließlich aa no an Sohn.

GÜNTER Da Industriemanager. Moanst, daß der Zeit hot?

GERLINDE Hot's iatz ebba des Telefon vazogn? Klar, die Töchter ham ja Zeit, des is bei dene ja scho angeboren. Wo hot's denn des verdammte Telefon hi? »Da liabe Riape …« Da liabe Riape soit ruhig amoi sehng, wos do herin los is.

Mutter rutscht aus dem Bett, zieht eine Salatschüßl aus dem Küchenschrank und setzt sich drauf.

4a. Wo is mei Haferl?


 

MUTTER Wo is mei Haferl? Wer hot mir mei Haferl vazogn?

Am Hof san fremde Leit,

wo ham s'es nur bloß hi, mei Zeig?

Wo is mei Haferl? Wer hot mir mei Haferl vazogn?

Schau, wiara grausig schaut, so stinkfaul und valogn,

der hintafotzig Krüppe, der hot ma s'Zeig vazogn.

GERLINDE Mamma, doch net in de emaillane Salatschüssl, des is doch dei Aussteuer.

MUTTER I bachet eine, wo's ma taugt.

GERLINDE Muaßt denn immer so ordinär daherredn, Mamma, des konn ma doch aa anders sogn.

MUTTER Meine Herrn, i bin so frei, i soach in d'Millibitschn nei.

GERLINDE Mamma, bitte! Wos soitn do da Günter denka.

MUTTER Denkt der wos? Wos für a Günter? Is scho wieda Liachtmeß gwen, daß neie Knecht im Haus san? Hoaßt do oana leicht Günter? Günter? Des hot's ja no nia gebn, daß mir an Knecht ghabt hättn, der se Günter schimpft. A Günter. Ja mir gehst.

GERLINDE Mamma, bitte, du konnst doch net in de Solotschüssl neibiesln. Du bist doch koa kloans Kind mehr.

4b. Weichsenrieder Zenzerl


MUTTER Dem Weichsnriada Zenzal, dem red't koa Mensch nix drei'. Wann's soacha muaß, dann brunzt sie in a Schüßl nei.

GERLINDE Kimm Mamma, mir gehn iatz naus, des mach ma genauso, wia's ghärt.

MUTTER I muaß so notwendig brunzn, i bachet in jede Schüßl nei.

GERLINDE Bacheln sogt ma nimma, des is einfach z'gschert.

MUTTER Hot da Babba owei gsogt: Ins Bett brauchst ma net neisoacha, aba beim Balkon konnst leicht owebachen. – Und springa tan's wieda, grod narrisch san's. Wiara so a Riesnviech a so umanandahupfa konn. Oh, do wird's ganz saumaßig owabachen morgn.

5a. Wos is scho wieder los?


Ankunft des Sohnes.

MUTTER Ja wos is scho wieder los, ja wos kannt' des iatz bloß sei?

Ja wer kimmt um diese Zeit aufm Hof vorbei?

Ja wer schleicht um diese Zeit draußn um mei Hüttn rum? 

San scho wieda Krattler do, de ma ebbas klaun?

GERLINDE Mamma, sog, wos härstn bloß? Geht dir grod im Kopf wos um?

MUTTER Es werd des Wetter schlecht, i glaab, es kimmt a Sturm.

I moan, i hör da wos, es geht wos...

Erscheint lt. Verlag 8.5.2016
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte spectculum • Theater • Theaterstücke
ISBN-10 3-518-74283-3 / 3518742833
ISBN-13 978-3-518-74283-9 / 9783518742839
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