Nofretete/Das Rad des Glücks/Mutter Sprache (eBook)

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2016 | 1. Auflage
186 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-74224-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nofretete/Das Rad des Glücks/Mutter Sprache - Werner Fritsch
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Mehr als drei Jahrtausende greift Werner Fritsch in seinem neuen Stück zurück und gibt der legendären ägyptischen Königin klangvolle Stimme und tragische Gestalt. In der Grabkammer ihres jüngst verstorbenen Königsgemahls Echnaton erinnert sie ein bewegtes und gefährdetes Leben im Bannkreis der Macht. Echnaton, Dichterfürst und Religionsgründer, hatte mit Gewalt den Monotheismus in Ägypten eingeführt. Nun, nach seinem Tode, drohen die Verhältnisse zu kippen und die alte, mafiöse Priesterkaste wieder die Oberhand zu gewinnen. Seine Nofretete, so Werner Fritsch, 'soll zwischen den Zeiten pendeln, aus der Gegenwart zurück in die Vergangenheit, die immer mehr zur Metapher der Gegenwart wird'.

<p>Werner Fritsch wurde 1960 in Waldsassen/Oberpfalz geboren und lebt in Hendelm&uuml;hle und Berlin. 1987 erscheint sein vielbeachteter Roman <em>Cherubim</em>. Zu seinen zahlreichen St&uuml;cken geh&ouml;ren<em> Chroma, Hydra Krieg, Bach</em> und <em>Wondreber Totentanz</em> oder auch die Monologe <em>Sense, Jenseits, Nico. Sphinx aus Eis, Das Rad des Gl&uuml;cks</em> oder <em>Magma</em>, die auf der B&uuml;hne, f&uuml;r den Rundfunk oder f&uuml;rs Kino realisiert wurden. Au&szlig;erdem ver&ouml;ffentlichte er Prosa wie zum Beispiel <em>Steinbruch </em>und <em>Stechapfel </em>und drehte u. a. die Filme<em> Das sind die Gewitter in der Natur, Ich wie ein Vogel, Faust Sonnengesang</em>. Seine Arbeiten wurden u. a. mit dem Robert-Walser-Preis, dem H&ouml;rspielpreis der Kriegsblinden, dem Else-Lasker-Sch&uuml;ler-Preis ausgezeichnet. F&uuml;r sein H&ouml;rspiel <em>Enigma Emmy G&ouml;ring</em> erhielt er die Auszeichnungen H&ouml;rspiel des Jahres 2006 und den ARD-H&ouml;rspielpreis 2007. F&uuml;r sein H&ouml;rgedicht <em>Faust Sonnengesang I</em> erhielt er den Grand Prix Maruli? 2013 sowie den Grand Prix Nova.</p>

NOFRETETE


 

Meißelt mit Blut meine Seele

Fernando Pessoa

Figuren


Nofretete, Frau des Echnaton

Thutmosis, Bildhauer

Zeit


1330 vor Christus

Ort


Echnatons Grabkammer

I. Felsengrab

Im Licht der Fackeln

 

NOFRETETE

Außer Atem

Im Chaos des Aufruhrs wider Aton

Rotten der Priester im Rücken

Konnte ich mich

Von Versteck zu Versteck gejagt

Gerade noch hierher

In unsre Grabkammer retten

Die letzte Zuflucht

Verschleiert trugen Thutmosis und ich

Deine Mumie als Pestleiche getarnt

Durch die tobende Meute

Deinem Wunsch gemäß

Lag deine Mumie Echnaton aufgebahrt

Im Tempel des Aton

In Achet-Aton unserer Stadt

Tausende Abertausende Menschen

Aus Ober- wie Unterägypten brachten

Ausdruck ihrer Trauer

Weihegaben zuhauf

Für dich Echnaton

Ihren toten Herrscher

Bis am dritten Tag

Aus der Schlange der Menschen

Jählings ein Attentäter

Mit einer Axt

Im Umhang verborgen

Unter Preisgabe seines Lebens versuchte

Deiner Mumie vor aller Augen

Den Kopf abzuschlagen

Ohne Erfolg

Kein Fortleben im Jenseits

Ich jedoch will dein Fortleben im Jenseits

Kraft der Isis-Riten

Auf Geheiß eines Traums

Heut nacht

Seite an Seite stand ich

Mit dir Echnaton

Aus dem Totenreich

Wiedergekehrt

Vor unserem Volk

Um es zurückzuführen

Zum Quell der Maat

Zu Güte zu Gerechtigkeit Echnaton

Mir vor Augen

Durch Thutmosis' Meißel

Im Stein dieser Wand

Dein Sonnengesang

 

NOFRETETE singt

Schön erscheinst du

Aton lebendige Sonne

Hoch am Himmel

Aufgegangen im Osten

Erfüllst du jedes Land

Mit deinem Licht

Deine Strahlen umfassen Anfang

Und Ende deiner Schöpfung

 

Gehst du unter im Westen

Ist die Welt in Finsternis

In der Gewalt des Todes

Kein Auge sieht das andere

Die Menschen sind wie tot

Raubtiere sind rings umher

Und jede Schlange beißt

Die Finsternis ist ein Grab

 

Am Morgen gehst du auf

Im östlichen Lichtland

Und vertreibst die Finsternis

Mit jedem deiner Strahlen

Alle die leben in deinem Licht

Leben Tag um Tag im Fest

Ihre Arme sind erhoben

Angesichts deines Erscheinens

 

NOFRETETE

Du bist tot

Und doch ertönt deine Stimme

In der meinen

 

NOFRETETE singt

Bäume und Kräuter grünen

Alles Vieh ist zufrieden

Mit seinem Los

Die Vögel sind aufgeflogen

Aus ihren Nestern

Ihre Schwingen preisen dich

Jubel erfüllt alle Münder

Jeder Weg ist offen

 

Lärm von draußen

 

NOFRETETE

Haremhab?

 

Stille

 

NOFRETETE singt

Die Fische im Wasser

Tummeln sich in deinem Licht

Deine Strahlen sind selbst

Im Innern des Meeres

Samen läßt du reifen in Frauen

Das Kind erweckst du zum Leben

Im Leib seiner Mutter

 

Bist du aufgegangen

So leben sie

Gehst du unter

So sterben sie

Du bist die Lebenszeit selbst

Man lebt durch dich

Du erhabener Gott

Der sich selbst erschuf

 

Wenn dein Auge Aton

Nicht mehr da ist

Um zu sehen

Was du geschaffen hast

Auch dann bleibst du

In meinem Herzen

 

NOFRETETE

Weißt du noch Echnaton

Aton die Sonne

Jenseits der Berge

War kaum gesunken

Als ich dich fragte

– Wo ist Aton nun

Wo ist die Sonne

Im Dunkel der Nacht Echnaton

– In meinem Herzen Nofretete

– Wo aber

So frage ich mich

– Ist die Sonne nun

Da es dunkel ist und

Dein Herz tot Echnaton

Dein Herz

Dunkel herrscht

Rings um uns

Und Dunkel herrscht

Tief in uns

Da Leid Furchen gräbt

In die glatte Haut

Zeichen unserer Furcht

Vor der Finsternis

Die uns umhüllt

Von Zweifeln erfüllt

Ob der Sonne Licht

Nicht auf ewig

Verschluckt wird

In dieser Nacht

Vom Drachen Seth

Osiris-Zerreißer

Im Reich des Westens

Siebenundsiebzig Tage tot

Du schweigst nun hoher Gemahl

Und bist doch im Raum

Als Phantom

 

Lärm von draußen

 

NOFRETETE

Merit-Aton?

Merit-Aton warum bist du nicht

An der Seite deiner Mutter?

 

Stille

 

NOFRETETE

Bis zu unserer Tochter Tod

War alles gut in Achet-Aton

Echnatons und Nofretetes Stadt

Achet-Aton in wenigen Jahren

Mitten in der Wüste erbaut

Wo Berggipfel

Die Hieroglyphe für Sonne

An den Horizont schreiben

Groß war aller Glück

Unter Atons Strahlenhänden

In Achet-Aton

Und groß war unser Glück Echnaton

Bis Pest auftrat

Tausender und unserer Tochter Tod

Der Pest schwarze Sonne

Hat Atons Strahlen geschluckt

Tod hat Atons Volk gelichtet

Und auch unser Fleisch und Blut

Nicht verschont

Maket-Aton kommt ins Grab

Bestimmt für Merit-Aton

Unsere erste Tochter

Ohne Isis-Riten

Maket-Aton im Alabastersarkophag vor Augen

Versagt dir die Stimme Echnaton

Stille statt Gebete zu Osiris

Um unserer Tochter Auferstehung

Trauer herrscht im Palast

Streit tritt zwischen uns

Ob Aton Osiris duldet

Neben sich

– Aton ist ein Gott Echnaton

– Schweig Frau

In deinen Augen Wut

Sie gilt Nofretete

Und eine ferne Glut

Die nicht mehr gilt Nofretete

Nur mehr Kija Kija Kija

Kija die Nebenfrau

Die sich wie eine Kobra

Schlich in unser Glück

Ja mit Kija hattest du auch ein Kind

Tutench-Aton den ersehnten Sohn

Dein Gesicht plötzlich Stein

Für Nofretete

Die dir nur Töchter gebar

Deine Lippen Marmor

Die sich nur öffnen für Verbote

Verbannung der Isis-Riten

Auslöschung aller Zeichen

Anderer Götter

Auslöschung all ihrer Bilder

Selbst der Glaube ans Totengericht

Wo das Herz gewogen wird

Ist Opfer unseres Streites

Keine Auferstehung mehr

Es leuchtet Aton nicht

Aus deinem Herzen hervor

Nicht erleuchtet Aton dies Verlies

Im Pechhauch der Fackeln

Feuerumzüngelte Zeichen

Des Sonnen-Pharao Körper

Dein Körper Echnaton

Oft und oft von Nofretete geküßt

Lag nun siebenundsiebzig Tage

Tot in der Salzlauge

Dein Hirn Hort der Visionen

Wurd mit einem Eisenhaken

Dir aus dem Schädel gerissen

Deine Pupillen durchstochen

All die Strahlen der Sonne

Dein Herz

Draußen schlagen unsere Feinde

Die Priester

Um das Licht zu töten

Das Ägypten erhellt hat

Zu unserer Zeit

Unsere Zeichen in Stücke

Und auch die Zeichen

Für Maat für Gerechtigkeit für Gleichheit

Nun herrschen wie vorher

Wieder Ungerechtigkeit

Und Ungleichheit

Die von dir Echnaton

Gleich verteilten Güter

Sind nun in der Hand weniger

Reicher als Reiche je

Zu seinem Recht erklärt der Räuber

Sein Unrecht

Zu seinem Gut erklärt er

Seinen Raub

Und so geht Ägypten weiter

Dem Abgrund entgegen

Seit deinem Tod

Unterwegs mit Thutmosis

Und deiner Mumie sah ich

Atons Hymnen und Bilder

Atons Strahlenhände

In Stücke geschlagen

Die Königskartuschen

Echnatons und Nofretetes

Löschen sie aus

Oder überschreiben

Unsere Hieroglyphen

Mit Meißeln

Schlagen sie von Zorn erfüllt

Unseren Statuen die Nasen ab

Daß der Atem

Nicht mehr kommen kann

In dich Echnaton

Noch wohnt Atem in mir

Ist es gelungen

Dich mumifizieren zu lassen

Für die Wiederkehr

Als Herrscher

Die großen Isis-Riten

Werde ich durchführen an dir

Ich will Isis sein

Und du sollst Osiris sein

Erinnerst du dich

An Isis Osiris

Als unser Bruder

Der Drache Seth dich Osiris

In vierzehn Stücke zerrissen

Und in Ägypten verteilt hatte

Suchte die Göttin Isis

Osiris' Schwester und Gattin

Des Gottes Teile zusammen

Setzte sich rittlings auf den toten Gatten

Und rief ihn

Durch diese Riten

Wieder ins Leben

Als Göttin

Gleich Isis

Schwester und Gattin

Des Osiris

Setze ich der Isis Riten

Von dir verbannt

Nach langem Kampf...

Erscheint lt. Verlag 8.5.2016
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte ARD-Hörspielpreis 2007 • Ehrengabe der deutschen Schiller-Stiftung 2014 • Grand Prix Marulić 2013 • specatculum • Theater • Theaterstücke
ISBN-10 3-518-74224-8 / 3518742248
ISBN-13 978-3-518-74224-2 / 9783518742242
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