Nofretete/Das Rad des Glücks/Mutter Sprache (eBook)
186 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-74224-2 (ISBN)
<p>Werner Fritsch wurde 1960 in Waldsassen/Oberpfalz geboren und lebt in Hendelmühle und Berlin. 1987 erscheint sein vielbeachteter Roman <em>Cherubim</em>. Zu seinen zahlreichen Stücken gehören<em> Chroma, Hydra Krieg, Bach</em> und <em>Wondreber Totentanz</em> oder auch die Monologe <em>Sense, Jenseits, Nico. Sphinx aus Eis, Das Rad des Glücks</em> oder <em>Magma</em>, die auf der Bühne, für den Rundfunk oder fürs Kino realisiert wurden. Außerdem veröffentlichte er Prosa wie zum Beispiel <em>Steinbruch </em>und <em>Stechapfel </em>und drehte u. a. die Filme<em> Das sind die Gewitter in der Natur, Ich wie ein Vogel, Faust Sonnengesang</em>. Seine Arbeiten wurden u. a. mit dem Robert-Walser-Preis, dem Hörspielpreis der Kriegsblinden, dem Else-Lasker-Schüler-Preis ausgezeichnet. Für sein Hörspiel <em>Enigma Emmy Göring</em> erhielt er die Auszeichnungen Hörspiel des Jahres 2006 und den ARD-Hörspielpreis 2007. Für sein Hörgedicht <em>Faust Sonnengesang I</em> erhielt er den Grand Prix Maruli? 2013 sowie den Grand Prix Nova.</p>
NOFRETETE
Meißelt mit Blut meine Seele
Fernando Pessoa
Figuren
Nofretete, Frau des Echnaton
Thutmosis, Bildhauer
Zeit
1330 vor Christus
Ort
Echnatons Grabkammer
I. Felsengrab
Im Licht der Fackeln
NOFRETETE
Außer Atem
Im Chaos des Aufruhrs wider Aton
Rotten der Priester im Rücken
Konnte ich mich
Von Versteck zu Versteck gejagt
Gerade noch hierher
In unsre Grabkammer retten
Die letzte Zuflucht
Verschleiert trugen Thutmosis und ich
Deine Mumie als Pestleiche getarnt
Durch die tobende Meute
Deinem Wunsch gemäß
Lag deine Mumie Echnaton aufgebahrt
Im Tempel des Aton
In Achet-Aton unserer Stadt
Tausende Abertausende Menschen
Aus Ober- wie Unterägypten brachten
Ausdruck ihrer Trauer
Weihegaben zuhauf
Für dich Echnaton
Ihren toten Herrscher
Bis am dritten Tag
Aus der Schlange der Menschen
Jählings ein Attentäter
Mit einer Axt
Im Umhang verborgen
Unter Preisgabe seines Lebens versuchte
Deiner Mumie vor aller Augen
Den Kopf abzuschlagen
Ohne Erfolg
Kein Fortleben im Jenseits
Ich jedoch will dein Fortleben im Jenseits
Kraft der Isis-Riten
Auf Geheiß eines Traums
Heut nacht
Seite an Seite stand ich
Mit dir Echnaton
Aus dem Totenreich
Wiedergekehrt
Vor unserem Volk
Um es zurückzuführen
Zum Quell der Maat
Zu Güte zu Gerechtigkeit Echnaton
Mir vor Augen
Durch Thutmosis' Meißel
Im Stein dieser Wand
Dein Sonnengesang
NOFRETETE singt
Schön erscheinst du
Aton lebendige Sonne
Hoch am Himmel
Aufgegangen im Osten
Erfüllst du jedes Land
Mit deinem Licht
Deine Strahlen umfassen Anfang
Und Ende deiner Schöpfung
Gehst du unter im Westen
Ist die Welt in Finsternis
In der Gewalt des Todes
Kein Auge sieht das andere
Die Menschen sind wie tot
Raubtiere sind rings umher
Und jede Schlange beißt
Die Finsternis ist ein Grab
Am Morgen gehst du auf
Im östlichen Lichtland
Und vertreibst die Finsternis
Mit jedem deiner Strahlen
Alle die leben in deinem Licht
Leben Tag um Tag im Fest
Ihre Arme sind erhoben
Angesichts deines Erscheinens
NOFRETETE
Du bist tot
Und doch ertönt deine Stimme
In der meinen
NOFRETETE singt
Bäume und Kräuter grünen
Alles Vieh ist zufrieden
Mit seinem Los
Die Vögel sind aufgeflogen
Aus ihren Nestern
Ihre Schwingen preisen dich
Jubel erfüllt alle Münder
Jeder Weg ist offen
Lärm von draußen
NOFRETETE
Haremhab?
Stille
NOFRETETE singt
Die Fische im Wasser
Tummeln sich in deinem Licht
Deine Strahlen sind selbst
Im Innern des Meeres
Samen läßt du reifen in Frauen
Das Kind erweckst du zum Leben
Im Leib seiner Mutter
Bist du aufgegangen
So leben sie
Gehst du unter
So sterben sie
Du bist die Lebenszeit selbst
Man lebt durch dich
Du erhabener Gott
Der sich selbst erschuf
Wenn dein Auge Aton
Nicht mehr da ist
Um zu sehen
Was du geschaffen hast
Auch dann bleibst du
In meinem Herzen
NOFRETETE
Weißt du noch Echnaton
Aton die Sonne
Jenseits der Berge
War kaum gesunken
Als ich dich fragte
– Wo ist Aton nun
Wo ist die Sonne
Im Dunkel der Nacht Echnaton
– In meinem Herzen Nofretete
– Wo aber
So frage ich mich
– Ist die Sonne nun
Da es dunkel ist und
Dein Herz tot Echnaton
Dein Herz
Dunkel herrscht
Rings um uns
Und Dunkel herrscht
Tief in uns
Da Leid Furchen gräbt
In die glatte Haut
Zeichen unserer Furcht
Vor der Finsternis
Die uns umhüllt
Von Zweifeln erfüllt
Ob der Sonne Licht
Nicht auf ewig
Verschluckt wird
In dieser Nacht
Vom Drachen Seth
Osiris-Zerreißer
Im Reich des Westens
Siebenundsiebzig Tage tot
Du schweigst nun hoher Gemahl
Und bist doch im Raum
Als Phantom
Lärm von draußen
NOFRETETE
Merit-Aton?
Merit-Aton warum bist du nicht
An der Seite deiner Mutter?
Stille
NOFRETETE
Bis zu unserer Tochter Tod
War alles gut in Achet-Aton
Echnatons und Nofretetes Stadt
Achet-Aton in wenigen Jahren
Mitten in der Wüste erbaut
Wo Berggipfel
Die Hieroglyphe für Sonne
An den Horizont schreiben
Groß war aller Glück
Unter Atons Strahlenhänden
In Achet-Aton
Und groß war unser Glück Echnaton
Bis Pest auftrat
Tausender und unserer Tochter Tod
Der Pest schwarze Sonne
Hat Atons Strahlen geschluckt
Tod hat Atons Volk gelichtet
Und auch unser Fleisch und Blut
Nicht verschont
Maket-Aton kommt ins Grab
Bestimmt für Merit-Aton
Unsere erste Tochter
Ohne Isis-Riten
Maket-Aton im Alabastersarkophag vor Augen
Versagt dir die Stimme Echnaton
Stille statt Gebete zu Osiris
Um unserer Tochter Auferstehung
Trauer herrscht im Palast
Streit tritt zwischen uns
Ob Aton Osiris duldet
Neben sich
– Aton ist ein Gott Echnaton
– Schweig Frau
In deinen Augen Wut
Sie gilt Nofretete
Und eine ferne Glut
Die nicht mehr gilt Nofretete
Nur mehr Kija Kija Kija
Kija die Nebenfrau
Die sich wie eine Kobra
Schlich in unser Glück
Ja mit Kija hattest du auch ein Kind
Tutench-Aton den ersehnten Sohn
Dein Gesicht plötzlich Stein
Für Nofretete
Die dir nur Töchter gebar
Deine Lippen Marmor
Die sich nur öffnen für Verbote
Verbannung der Isis-Riten
Auslöschung aller Zeichen
Anderer Götter
Auslöschung all ihrer Bilder
Selbst der Glaube ans Totengericht
Wo das Herz gewogen wird
Ist Opfer unseres Streites
Keine Auferstehung mehr
Es leuchtet Aton nicht
Aus deinem Herzen hervor
Nicht erleuchtet Aton dies Verlies
Im Pechhauch der Fackeln
Feuerumzüngelte Zeichen
Des Sonnen-Pharao Körper
Dein Körper Echnaton
Oft und oft von Nofretete geküßt
Lag nun siebenundsiebzig Tage
Tot in der Salzlauge
Dein Hirn Hort der Visionen
Wurd mit einem Eisenhaken
Dir aus dem Schädel gerissen
Deine Pupillen durchstochen
All die Strahlen der Sonne
Dein Herz
Draußen schlagen unsere Feinde
Die Priester
Um das Licht zu töten
Das Ägypten erhellt hat
Zu unserer Zeit
Unsere Zeichen in Stücke
Und auch die Zeichen
Für Maat für Gerechtigkeit für Gleichheit
Nun herrschen wie vorher
Wieder Ungerechtigkeit
Und Ungleichheit
Die von dir Echnaton
Gleich verteilten Güter
Sind nun in der Hand weniger
Reicher als Reiche je
Zu seinem Recht erklärt der Räuber
Sein Unrecht
Zu seinem Gut erklärt er
Seinen Raub
Und so geht Ägypten weiter
Dem Abgrund entgegen
Seit deinem Tod
Unterwegs mit Thutmosis
Und deiner Mumie sah ich
Atons Hymnen und Bilder
Atons Strahlenhände
In Stücke geschlagen
Die Königskartuschen
Echnatons und Nofretetes
Löschen sie aus
Oder überschreiben
Unsere Hieroglyphen
Mit Meißeln
Schlagen sie von Zorn erfüllt
Unseren Statuen die Nasen ab
Daß der Atem
Nicht mehr kommen kann
In dich Echnaton
Noch wohnt Atem in mir
Ist es gelungen
Dich mumifizieren zu lassen
Für die Wiederkehr
Als Herrscher
Die großen Isis-Riten
Werde ich durchführen an dir
Ich will Isis sein
Und du sollst Osiris sein
Erinnerst du dich
An Isis Osiris
Als unser Bruder
Der Drache Seth dich Osiris
In vierzehn Stücke zerrissen
Und in Ägypten verteilt hatte
Suchte die Göttin Isis
Osiris' Schwester und Gattin
Des Gottes Teile zusammen
Setzte sich rittlings auf den toten Gatten
Und rief ihn
Durch diese Riten
Wieder ins Leben
Als Göttin
Gleich Isis
Schwester und Gattin
Des Osiris
Setze ich der Isis Riten
Von dir verbannt
Nach langem Kampf...
Erscheint lt. Verlag | 8.5.2016 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | ARD-Hörspielpreis 2007 • Ehrengabe der deutschen Schiller-Stiftung 2014 • Grand Prix Marulić 2013 • specatculum • Theater • Theaterstücke |
ISBN-10 | 3-518-74224-8 / 3518742248 |
ISBN-13 | 978-3-518-74224-2 / 9783518742242 |
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Größe: 4,6 MB
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