Gesellschaftskritische Dramen: Ein Puppenheim + Gespenster (eBook)

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2016 | 1. Auflage
410 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-5030-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gesellschaftskritische Dramen: Ein Puppenheim + Gespenster -  Henrik Ibsen
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Dieses eBook: 'Gesellschaftskritische Dramen: Ein Puppenheim + Gespenster' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Ein Puppenheim oder Nora: Der Titel beschreibt die Starre und Eingeschlossenheit, aus der die Protagonistin Nora am Ende ausbricht. Sowohl ihr Vater als auch ihr Mann Torvald behandeln sie, den zeitgenössischen gesellschaftlichen Konventionen entsprechend, als einen Besitz, der ihnen zwar kostbar ist, dem sie aber kein Eigenleben zubilligen. Die Protagonistin des Stücks erfährt eine starke Wandlung. Von einer ursprünglich kapriziösen, kindlichen und allzeit vergnügten Person verändert sie sich in eine zunehmend nachdenkliche Frau mit einem Verlangen nach mehr Selbstbestimmung. Gespenster: Ibsen darstellt die Selbstzerstörung einer Familie hier. Er bezeichnete das Stück im Untertitel als 'Familiendrama'. Indem Ibsen der Gesellschaft gleichsam einen Spiegel vorsetzte, kritisierte er überholte Konventionen und stellt die tragischen Folgen dieses Zurückbleibens am Beispiel einer Familie und ihren Mitgliedern dar. Henrik Ibsen (1828-1906) war ein norwegischer Dramatiker und Lyriker, der gegen die Moral und 'Lebenslüge' seiner Zeit zu Felde zog und im 'Kampf der Geschlechter' im Gegensatz zu August Strindberg den Standpunkt der Frau vertrat. Seine bürgerlichen Dramen zeigten ethischen Ernst und großes psychologisches Einfühlungsvermögen.

ZWEITER AKT



(Dasselbe Zimmer. Oben in der Ecke beim Klavier steht der Weihnachtsbaum, geplündert, zerzaust und mit herabgebrannten Lichtern; Noras Hut und Mantel liegen auf dem Sofa.)


(Nora ist allein im Zimmer, sie geht unruhig auf und ab; schließlich bleibt sie am Sofa stehen und nimmt ihren Mantel.)

Nora (läßt den Mantel wieder fallen.)
Da ist wer!(Geht an die Tür, lauscht.) Nein, – niemand. Natürlich – heut am ersten Weihnachtstag kommt niemand, – und morgen auch nicht. – Aber vielleicht –(Öffnet die Tür und sieht hinaus.) Nein, nichts im Briefkasten. Ganz leer.(Geht durchs Zimmer.) Ach Unsinn! Er macht natürlich nicht ernst! So etwas kann doch nicht geschehen. Es ist unmöglich. Ich habe ja drei kleine Kinder.

(Die Kinderfrau kommt mit einer großen Pappschachtel aus dem Zimmer links.)

Kinderfrau.
Endlich habe ich die Schachtel mit dem Maskenanzug gefunden.

Nora.
Schön. Stell' sie auf den Tisch

Kinderfrau (tut es.)
Er ist aber arg in Unordnung.

Nora.
Wenn ich ihn nur in hunderttausend Stücke zerreißen könnte!

Kinderfrau.
Aber nein! Man kann ihn sehr gut wieder herrichten; nur ein bißchen Geduld!

Nora.
Ja, ich will hin und Frau Linde holen, daß sie mir hilft.

Kinderfrau.
Schon wieder aus? In diesem garstigen Wetter? Frau Nora, Sie werden sich erkälten, – krank werden.

Nora.
Das wäre noch nicht das Schlimmste. – Was machen die Kinder?

Kinderfrau.
Die armen Würmerchen spielen mit ihren Weihnachtsgeschenken. Aber –

Nora.
Fragen Sie oft nach mir?

Kinderfrau.
Sie sind ja so daran gewöhnt, immer ihre Mama um sich zu haben.

Nora.
Ja aber, Anne-Marie, in Zukunft kann ich nicht mehr so viel mit ihnen zusammen sein wie bisher.

Kinderfrau.
Na, kleine Kinder gewöhnen sich ja an alles.

Nora.
Glaubst Du? Meinst Du, sie würden ihre Mama vergessen, wenn ich ganz wegginge?

Kinderfrau.
Behüte –, ganz weg!

Nora.
Du, Anne-Marie, sag' mir, – ich habe so oft darüber nachgedacht, – wie hast Du es übers Herz bringen können, Dein Kind zu fremden Leuten zu tun?

Kinderfrau.
Aber das mußte ich ja, wenn ich die Amme der kleinen Nora werden wollte!

Nora.
Ja, daß Du das aber wolltest?

Kinderfrau.
Wenn ich doch eine so gute Stelle kriegen konnte. Ein armes Mädchen, das ins Unglück gekommen ist, muß doch noch froh sein. Denn der schlechte Mensch hat ja nichts für mich getan.

Nora.
Aber Deine Tochter hat Dich doch gewiß vergessen?

Kinderfrau.
Ach nein, das hat sie nicht. Sie hat mir geschrieben, als sie konfirmiert wurde, und auch, als sie heiratete.

Nora (umarmt sie.)
Du alte Anne-Marie! Du bist mir eine so gute Mutter gewesen, als ich klein war!

Kinderfrau.
Die arme kleine Nora hatte ja keine andere Mutter als mich.

Nora.
Und wenn meine Kleinen nun keine andere mehr hätten, so weiß ich wohl, daß Du auch ihnen – Unsinn, Unsinn, Unsinn!(Öffnet die Pappschachtel.) Geh hinein zu ihnen. Ich muß jetzt – Du sollst sehen, wie schön ich mich morgen mache.

Kinderfrau.
Ja, auf dem ganzen Ball wird gewiß keine so schön sein, wie Frau Nora.(Links ab.)

Nora (beginnt die Schachtel auszupacken, wirft das Ganze aber bald wieder hin.)
Ach, dürft' ich nur ausgehen! Wenn nur keiner kommt. Wenn hier zu Hause inzwischem nur nichts passiert. Ach Unsinn. Wer soll denn kommen?! Nur nicht daran denken. Jetzt wird der Muff abgebürstet. Schöne Handschuhe. Schöne Handschuhe. Nimm's leicht! Nimm's leicht! Eins – zwei – drei – vier – fünf – sechs –(schreit auf.) Ach, da kommen sie –(will nach der Tür, bleibt unentschlossen stehen.)

(Frau Linde kommt aus dem Vorzimmer, wo sie Hut und Mantel abgelegt hat.)

Nora.
Ach, Du bist es, Christine. Sonst ist wohl niemand draußen? – Wie gut, daß Du da bist.

Frau Linde.
Ich höre, Du warst bei mir oben und hast nach mir gefragt.

Nora.
Ja, ich ging gerade vorüber. Du mußt mir bei etwas helfen. Setzen wir uns aufs Sofa. Also höre! Morgen ist oben beim Konsul Stenborg ein Kostümball, und da will Torvald, daß ich als neapolitanisches Fischermädchen gehen und die Tarantella tanzen soll, denn die habe ich auf Capri gelernt.

Frau Linde.
Sieh mal an, Du wirst also eine förmliche Vorstellung geben?

Nora.
Ja. Torvald meint, ich sollte es. Sieh, da ist das Kostüm. Torvald hat es mir in Italien machen lassen; aber jetzt ist alles so zerknüllt, daß ich gar nicht weiß –

Frau Linde.
Das wollen wir schon wieder in Ordnung bringen; der Besatz ist ja nur losgegangen an einigen Stellen. Hast Du Nadel und Faden? So, – da ist ja alles, was wir brauchen.

Nora.
O, wie lieb das von Dir ist.

Frau Linde.(Näht.)
Also morgen wirst Du in Kostüm sein? Weißt Du was, Nora, – dann komme ich auf einen Augenblick her, um Dich in Deinem Staat zu sehen. Aber ich habe ja ganz vergessen, Dir für den gemütlichen Abend gestern zu danken.

Nora (steht auf und geht im Zimmer auf und ab.)
Ach, gestern fand ich es hier nicht so gemütlich wie sonst. – Du hättest früher in die Stadt kommen sollen, Christine. – Ja, Torvald versteht es wirklich, ein nettes und feines Haus zu machen.

Frau Linde.
Und Du nicht minder, sollte ich meinen. Umsonst bist Du doch nicht die Tochter Deines Vaters. Aber sag' mir, ist der Herr Doktor Rank immer so verstimmt wie gestern?

Nora.
Nein, – gestern war es sehr auffallend. Übrigens hat er eine sehr gefährliche Krankheit. Der Ärmste hat die Rückenmarkschwindsucht. Du mußt nämlich wissen, sein Vater war ein ganz widerwärtiger Mensch, der sich Weiber hielt, und so weiter –; und daher, verstehst Du wohl, war der Sohn von Kindheit an schon krank.

Frau Linde (läßt die Näharbeit in den Schoß fallen.)
Aber liebste, beste Nora, woher weißt Du solche Sachen?

Nora (spaziert hin und her.)
Pah, – wenn man drei Kinder hat, so bekommt man zuweilen Besuch von – von Frauen, die so gewissermaßen halbe Doktoren sind; und die erzählen einem ja dies und das.

Frau Linde (näht wieder; kurze Pause.)
Kommt Herr Doktor Rank täglich zu Euch ins Haus?

Nora.
Jeden lieben Tag. Er ist ja Torvalds bester Jugendfreund. Und mein guter Freund ist er auch. Der Doktor gehört sozusagen zur Familie.

Frau Linde.
Aber sag' mir mal: ist der Mann ganz aufrichtig? Ich meine, sagt er den Leuten nicht gern Komplimente?

Nora.
Ganz im Gegenteil. Wie kommst Du darauf?

Frau Linde.
Als Du mich ihm gestern vorstelltest, versicherte er, daß er meinen Namen hier im Hause oft gehört habe. Doch später merkte ich, daß Dein Mann keine Ahnung hatte, wer ich eigentlich bin. Wie konnte denn Herr Rank –?

Nora.
Ja, das ist ganz richtig, Christine. Torvald hat mich so unbeschreiblich lieb, und deshalb will er mich ganz allein für sich haben, wie er sagt. In der ersten Zeit wurde er fast eifersüchtig, wenn ich die lieben Menschen zu Hause auch nur erwähnte. Da unterließ ich es natürlich. Aber mit dem Doktor spreche ich oft von so etwas; denn siehst Du, er hört das gern mit an.

Frau Linde.
Hör' mal, Nora, in vielen Dingen bist Du noch ein Kind. Ich bin ja manches Jahr älter als Du und habe etwas mehr Erfahrung. Ich will Dir etwas sagen: trachte der Geschichte mit dem Doktor Rank ein Ende zu machen.

Nora.
Ein Ende zu machen – welcher Geschichte?

Frau Linde.
Na, überhaupt, meine ich. Gestern plappertest Du von einem reichen Anbeter, der Dir Geld verschaffen sollte –

Nora.
Ja, von einem, der gar nicht existiert, – leider. Was weiter?

Frau Linde.
Hat Doktor Rank Vermögen?

Nora.
Ja, das hat er.

Frau Linde.
Und niemand, für den er zu sorgen hat?

Nora.
Niemand. Aber –?

Frau Linde.
Und er kommt täglich zu Euch ins Haus?

Nora.
Du hörst es ja.

Frau Linde.
Wie kann dieser feine Mann nur so aufdringlich sein?

Nora.
Ich verstehe Dich absolut nicht.

Frau Linde.
Verstell' Dich nicht, Nora. Glaubst Du etwa, ich erriete nicht, von wem Du die zwölfhundert Taler geborgt hast?

Nora.
Bist Du ganz von Sinnen? Wie kannst Du so etwas glauben? Ein Freund unsres Hauses, der uns jeden einzigen Tag besucht. – Welch eine fürchterlich peinliche Lage wäre das!

Frau Linde.
Also er ist es wirklich nicht?

Nora.
Nein, wahrhaftig nicht. Auch nicht einen Augenblick ist mir der Gedanke gekommen –. Damals hatte er auch noch gar kein Geld zum Verleihen; er hat erst später geerbt.

Frau Linde.
Na, ich glaube, das war ein Glück für Dich, meine liebe Nora.

Nora.
Nein; den Doktor zu bitten, – das konnte mir doch nie im Leben einfallen –. Übrigens bin ich fest überzeugt, wenn ich ihn bäte, so –

Frau Linde.
Das wirst Du natürlich nicht tun.

Nora.
Natürlich nicht. Ich kann nicht glauben, kann mir nicht denken, daß es nötig würde. Aber ich bin ganz sicher: wenn ich mit dem Doktor spräche, so –

Frau Linde.
Hinter Deines Mannes Rücken?

Nora.
Ich muß heraus aus der...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2016
Übersetzer Marie von Borch
Verlagsort Prague
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte Arthur Miller • Dostojewski • Franz Kafka • Gerhart Hauptmann • Gotthold Ephraim Lessing • Johann Nestroy • Salinger • Samuel Beckett • Shakespeare • Tschechow
ISBN-10 80-268-5030-0 / 8026850300
ISBN-13 978-80-268-5030-4 / 9788026850304
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