Warten auf Doggo (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
254 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-1179-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Warten auf Doggo -  Mark B. Mills
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Daniels Freundin haut ab - und hinterlässt ihm nichts als einen Brief voller Beleidigungen und einen hässlichen Köter namens Doggo. Eigentlich wollte Daniel nie einen Hund, aber schon bald wird Doggo ihm ein ganz spezieller Freund. Und den kann Daniel gut gebrauchen, denn er hat nicht nur Probleme an der Liebesfront, sondern erfährt auch etwas, das sein Leben ziemlich auf den Kopf stellt. Doch auch Doggo trägt ein Geheimnis in sich, und eines Tages kann Daniel sich endlich bei ihm revanchieren...



Mark B. Mills schreibt Drehbücher und ist preisgekrönter Autor erfolgreicher Spannungsromane. Mit Warten auf Doggo wagt er sich in neue Gefilde und beweist sein sicheres Gespür für charmante Dialoge und herrlich pointierten Humor. Nachdem er lange Zeit in Italien und Frankreich lebte, ist er inzwischen mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Oxford zu Hause.

Mark B. Mills schreibt Drehbücher und ist preisgekrönter Autor erfolgreicher Spannungsromane. Mit Warten auf Doggo wagt er sich in neue Gefilde und beweist sein sicheres Gespür für charmante Dialoge und herrlich pointierten Humor. Nachdem er lange Zeit in Italien und Frankreich lebte, ist er inzwischen mit seiner Frau und seinen zwei Kindern in Oxford zu Hause.

Zwei


Es fällt mir erst ein, als wir in den Bus steigen.

»Ist es erlaubt, Hunde mit in den Bus zu nehmen?«

»Die Entscheidung liegt beim Fahrer, Kumpel.«

Sie sitzen mittlerweile in einem Käfig – die Busfahrer meine ich –, zu ihrer eigenen Sicherheit, und er muss die Nase an die Plexiglasscheibe drücken, um Doggo da unten auf dem Boden richtig sehen zu können.

»Mein Gott«, murmelt er, nicht gerade begeistert. »Sie werden ihn auf den Schoß nehmen müssen.«

»Kann ich nicht. Wenn ich versuche, ihn hochzunehmen, beißt er.«

»Was? Bissig ist er auch? Eine Gefahr für die Öffentlichkeit?«

»Nein, nein, es ist nur …« Ich weiß nicht weiter. Was soll ich auch sagen? Es stimmt: Er wird mich beißen, wenn ich versuche, ihn hochzunehmen und auf meinen Schoß zu setzen.

»Tut mir leid, Kumpel, so sind die Vorschriften.« Bitte, sag es nicht, denke ich, aber er tut es: »Ich kann’s mir nicht leisten, dafür meinen Job zu riskieren.«

Normalerweise würde ich jetzt anfangen, mit dem Mann zu diskutieren und sogar eine Szene machen, aber heute ist mir nicht danach. Ich war ja kaum in der Lage, mir ein Frühstücksei zu kochen. »Alles klar. Tut mir leid. Einen schönen Tag noch.«

Ich steige gerade wieder aus dem Bus, als der Fahrer sagt: »Na ja, wenn er ein Blindenhund wäre oder ein medizinischer Signalhund oder ein Begleithund …«

»Ist er nicht.«

Der Fahrer rollt mit den Augen und erklärt es noch einmal ganz langsam für Minderbemittelte: »Weil der Fahrer bei denen nämlich nix sagen darf.«

»Oh ja, klar, er ist ein medizinischer Signalhund.« Um meine Aussage zu untermauern, klopfe ich mir bedeutungsvoll auf die Brust.

»Herzprobleme in Ihrem Alter?«, schnaubt er. »Sie wollen sich wohl über mich lustig machen.«

Dabei ist er derjenige, der sich über mich lustig macht. Er zwinkert mir zu und bedeutet mir mit einem Nicken, mir einen Sitzplatz zu suchen. Ich halte meine Oyster Card an das Lesegerät und danke ihm.

»Halten Sie ihn außer Sichtweite. Wir wollen schließlich nicht, dass er den anderen Passagieren Angst macht, nicht wahr?«

Diesmal ist es kein Scherz.

Das Battersea-Tierheim liegt eingequetscht zwischen einem alten Gaswerk und dem öden Brachland um das schon lange vom Netz genommene Battersea-Kraftwerk. Es gibt wohl kaum einen trostloseren Ort, um unerwünschte Haustiere unterzubringen. Das kleine dreieckige Areal wird auf zwei Seiten von Eisenbahnschienen und auf der dritten von einer stark befahrenen Straße begrenzt. Seit ich vor ein paar Jahren zum letzten Mal hier vorbeigefahren bin, ist das Tierheim renoviert worden. (Ich komme so gut wie nie auf diese Seite der Themse; mein Revier ist und bleibt North-West, aus dem simplen Grund, dass es mich zuerst dorthin verschlagen hat, als ich nach London gezogen bin.) Ein Gebäude mit runder Glasfassade präsentiert sich nun mit glänzendem Antlitz den vorbeifahrenden Autos. Die auffällig schicke Architektur wirkt ein wenig überzogen, ein grausamer Hohn für all die erwartungsfrohen Verwandten, die bei der Verlesung des Testaments ihrer Großtante Mabel plötzlich feststellen müssen, dass sie ihnen keinen Cent vermacht hat. Anders als in Frankreich oder Italien, wo es Regeln gibt und Gesetze, die den direkten Angehörigen einen rechtmäßigen Anteil am Erbe zusprechen, kann man hier in England seiner Familie noch aus dem Grab heraus eins reinwürgen, und der Tierschutz ist nicht selten der Gewinner eines solchen Erbschaftsstreits.

Doggo sieht nicht so aus, als würde er sich an diesen Ort erinnern. Er trippelt fröhlich hinein und scheint das schwache, aber trotz des Zuglärms deutlich vernehmbare Gekläff der Hunde gar nicht zu hören.

Ich schildere der Frau an der Anmeldung mein Problem. Sie ist so heiter und fröhlich wie der gesamte Eingangsbereich, in dem sie ihren Tag verbringt, sogar als sie mir erklärt, dass ich wirklich vorher hätte anrufen und einen Termin vereinbaren sollen. Wahrscheinlich bilde ich es mir nur ein, aber ich spüre eine leichte Gereiztheit in dem freundlichen Lächeln, das Laura (steht auf ihrem Namensschild) mir schenkt. Es erinnert mich an die Betreuer in dem düsteren Pflegeheim in der Nähe von Brighton, wo mein Großvater seine letzten Tage verbringt. Kann ein Mensch denn wirklich so schonungslos freundlich sein? Oder zeigen sie ihr wahres Ich, sobald die Tür hinter uns zugefallen ist, fluchen wie die Kesselflicker und lassen ihre Aggressionen an ihren unglückseligen Schutzbefohlenen aus? So viel zu meinem Vorsatz, meinen Zynismus, den Clara mir vorgeworfen hat, im Zaum zu halten.

Zehn Minuten später sitzen Doggo und ich in einem trostlosen Büro der nächsten forsch-fröhlichen jungen Dame in Poloshirt-Uniform gegenüber. Diese hier heißt Beth. Sie ist für die »Wiedereingliederung« zuständig und ganz offensichtlich nicht begeistert, einen Hund wiedereinzugliedern, den sie vor gerade einmal drei Wochen ausgegliedert hat. Ich bin erleichtert, festzustellen, dass sie menschlich ist. Beth ist ungefähr so alt wie ich, Ende zwanzig. Sie lehnt sich vor und stützt die Ellbogen auf den Tisch, während sie aufmerksam meiner Geschichte lauscht.

Ich spiele auf Sympathie: Dass es meine Freundin war, die den Hund wollte, dass sie mich nicht einmal gefragt hat, sondern einfach irgendwann mit ihm in der Tür stand, und wie sie mich dann einfach und ohne Vorwarnung hat sitzen lassen. Ich bin nicht, erkläre ich zerknirscht, in der Lage, mich allein um einen Hund zu kümmern. Beth nickt, und ich kann sehen, wie ihre Augen mein Gesicht auf Hinweise nach den Mängeln absuchen, die die arme Clara dazu genötigt haben, die Flucht zu ergreifen. Ich kann sehen, wie sie überlegt, ob ich brutal bin oder bloß langweilig. Mir ist egal, was sie von mir denkt, solange sie Doggo wieder zurücknimmt, damit ich mit meinem Leben fortfahren kann.

Ich ziehe den gelbbraunen Umschlag mit dem ganzen offiziellen Papierkram aus der Tasche, den Clara mir hingelegt hat. Beth braucht ihn nicht; sie hat ihre eigenen Unterlagen. Zwar habe sie Doggo nicht gekannt, aber sie sei erfreut, seine »Wiedereingliederung in die Einrichtung« vorzunehmen. Langsam klingt das Ganze für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr nach George Orwell, aber ich grinse und danke ihr.

Wie sich herausstellt, hieß Doggo bei ihnen Mikey. Clara hat es mir gegenüber nie erwähnt, aber diese Unterlassung vergebe ich ihr. Mikey!? Das ist ungefähr so, als hätten Winston Churchills Eltern im letzten Moment ihre Meinung geändert und ihren strammen kleinen Burschen Brian getauft. Ich meine, hätten Roosevelt und Stalin sich jemals mit ihm in Jalta getroffen, wenn er Brian geheißen hätte?

Beth schaut in ihre Unterlagen und runzelt die Stirn. »Seltsam, er war nur eine Woche hier bei uns, bevor Ihre Freundin ihn mitgenommen hat.«

»Und?«

»Ich hätte ihn als Lebenslänglichen eingestuft.«

»Als Lebenslänglichen?«

»Wie im Gefängnis … Das hier ist einer für die Langstrecke.«

»Warum sagen Sie das?«

»Na ja, schauen Sie ihn sich doch an.«

Ich schaue Doggo an, aber da gibt es nicht viel zu sehen. Er hat sich nach hinten gefaltet und leckt sich die Eier.

»Das ist nicht richtig«, sagt Beth.

»Doggo, hör auf damit.«

»Nein, ich meine, bei uns werden grundsätzlich alle Hunde kastriert, die hierherkommen.« Beth blättert in der Akte, bis sie findet, was sie gesucht hat. »Ah, okay. Er war gar nicht lange genug hier. Ihre Freundin hat sich bereiterklärt, das zu übernehmen.«

Diesmal korrigiere ich sie. »Meine Exfreundin.«

»Was auch immer. Sie hat hier unterschrieben, dass sie sich darum kümmern wird und ihn behandeln lässt.«

»Ihn behandeln lässt?«

»Schnipp schnapp.«

Ich zucke unwillkürlich zusammen. Vielleicht muss man ein männliches Wesen sein, um zu verstehen, dass man Kastration nicht auf eine Fingerschere und ein bisschen Lautmalerei reduzieren kann.

»Sie hat nie was davon gesagt.«

Beth legt die Hand auf die heilige Akte. »Hier steht’s, schwarz auf weiß.«

Nur dass es nicht schwarz und weiß ist. Nein, es ist grau, ziemlich grau. Wir sprechen hier über Doggos Eier.

»Darüber muss ich nachdenken.«

»Es muss gemacht werden.«

»Warum?«

»Weil es einer unserer Grundsätze ist.«

Hätte sie mich ein wenig besser gekannt, dann hätte sie das nicht gesagt.

»Zu den Grundsätzen der Nazis gehörte es, Juden, Zigeuner und Homosexuelle zu vernichten. War es deshalb in Ordnung?«

Beth schaut mich tief verletzt an; sie schnappt sogar leise nach Luft. »Das ist jetzt wirklich nicht fair.« Ihre Augen glänzen plötzlich feucht, und ich blicke unangenehm berührt zur Seite. Doggo leckt sich noch immer die Eier. Ich kann mich nicht daran erinnern, ihn jemals so glücklich gesehen zu haben, und ertappe mich dabei, wie ich aufstehe und die Hand über den Schreibtisch strecke.

»Beth, es war mir ein Vergnügen, aber Doggo und ich werden jetzt gehen.«

Was ich hier gerade tue, ist absolut lächerlich. Er ist nur ein Hund, ein Hund, den ich nie haben wollte, aber ich erwarte tatsächlich so was wie Dankbarkeit von ihm. Ein einziger anerkennender Blick zu der zweibeinigen Kreatur am anderen Ende der Leine hätte schon gereicht, aber nicht einmal den bekomme ich, als wir uns auf den Weg über die Straße zum Battersea-Park machen.

»Hey, Kumpel, die wollten dir die Eier abschneiden.«

Doggo bleibt stehen, um am Fuß eines Mülleimers...

Erscheint lt. Verlag 10.9.2015
Übersetzer Katja Bendels
Sprache deutsch
Original-Titel Waiting For Doggo
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Besonders • Beziehung • Bücher • Drama • Frauen Bücher • Frauen Bücher Bestseller • Frauen / Männer • Frauenroman • Frauenroman Bestseller • Freundschaft • Gefühl • Gefühle • Gegenwartsliteratur • Hund • Hunde • interessant • Liebe • Liebe / Beziehung • Liebesgeschichte • Liebesleben • Liebesroman • Liebesromane für Frauen • Liebesroman (modern) • Litcom • London • Mann • Nähe • Nick Hornby • Roman • Romane • Romantic Comedy • Romantik • Schicksal • Sonstige Belletristik • Tragik • Trendromane • Trennung • Unterhaltung • Werbung • Zwischenmenschliche Beziehung
ISBN-10 3-7325-1179-0 / 3732511790
ISBN-13 978-3-7325-1179-2 / 9783732511792
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