Dunkelsprung (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
384 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-15152-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dunkelsprung -  Leonie Swann
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Ein Flohzirkus in London, eine verwunschene Villa
in Yorkshire und eine geheimnisvolle Meerjungfrau -
entdecken Sie eine ganz neue Welt!

Julius Birdwell, Goldschmiedemeister, Flohdompteur und unfreiwilliger Einbruchkünstler, wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich eine ruhige, unbescholtene Existenz führen zu können. Doch als seine Flohartisten einem plötzlichen Nachtfrost zum Opfer fallen und die geheimnisvolle Elizabeth Thorn in sein Leben tritt, überstürzen sich die Ereignisse. Ein Magier wird ohnmächtig, eine alte Dame macht sich in einem gestohlenen Lastwagen davon, ein Detektiv mit Konzentrationsstörungen findet zu einem ungewöhnlichen Haustier, und Julius sieht sich auf einmal mit existentiellen Fragen konfrontiert: Wie befreit man eine Meerjungfrau? Wie viele Flöhe passen auf eine Nadelspitze? Und warum ist das Leben trotz allem kein Märchen? Julius bleibt nichts anderes übrig, als sich weit über den Tellerrand seiner Welt hinauszulehnen und den Sprung ins Unbekannte zu wagen. Ein phantastisches Abenteuer beginnt ...

Leonie Swann wurde 1975 in der Nähe von München geboren. Sie studierte Philosophie, Psychologie und Englische Literaturwissenschaft in München und Berlin. Mit ihren ersten beiden Romanen »Glennkill« und »Garou« gelang ihr auf Anhieb ein sensationeller Erfolg: Beide Bücher standen monatelang ganz oben auf den Bestsellerlisten und wurden bisher in 25 Sprachen übersetzt. Leonie Swann lebt heute umzingelt von Efeu und Blauregen in England.

Spät im September

Das Hausboot liegt im Morgennebel wie etwas Lebendiges, ein gestrandeter Wal vielleicht oder eine faule Robbe, reglos, aber wach. Aufmerksam. Wartend.

»Mr. Birdwell? Julius Birdwell?«

Nichts. Draußen auf dem Kanal fliegt eine Ente auf.

Dave überprüft noch einmal die Bootsnummer, dann geht er über den schwankenden Holzsteg an Bord und klopft in Ermangelung einer Haustüre an eines der verbarrikadierten Fenster.

»Hallo? Halllooo? Mr. Birdwell?«

Weiter hinten an Deck öffnet sich plötzlich eine Klappe.

»Komm rein!«

»Ich komme von Joe, Sir, ich habe eine Lieferung für …«

»Jaja, komm rein, sage ich!«

Joe hat ihn gewarnt, dass der Job kein Zuckerschlecken ist, also fasst sich Dave ein Herz, taucht durch die niedrige Tür ins Innere des Bootes, macht einen Schritt – und steht auf einmal im Dunkeln.

Verdammt!

»Hallo? Mein Name ist Dave Collins, ich habe eine Lieferung für Julius Birdwell. Sind … sind Sie das?«

Kein Laut. Nur sein eigener Herzschlag.

»Mr. Birdwell?«

»Wo ist Joe?«

»Krank. Blinddarm. Pech, was? Ich … ich mache den Job, bis er wieder auf den Beinen ist.« Daves Stimme klingt piepsig. Warum klingt er immer so piepsig, wenn es darauf ankommt?

»Und du hast den Stoff?«

»Natürlich!« Dave hält die Hand mit dem Päckchen vor sich hin.

Wieder diese Stille. Sein Herz klopft noch lauter. Er hat keine Illusionen darüber, dass das, was er da ausliefert, nicht ganz legal ist. Keine richtigen Drogen, wie ihm Joe versichert hat, eher … Medikamente. Medikamente, die der Doktor seinen Kunden nicht verschreiben will und an die Joe als Sanitäter leicht herankommt.

Alles harmlose Typen, hat Joe gesagt, ein bisschen schräg vielleicht, aber solide. Na toll! Und jetzt steht Dave hier im Dunkeln mit irgendeinem irren Junkie!

»Weißt du, was da drin ist?«, fragt eine Stimme hinter ihm, näher, als ihm lieb ist.

Dave schüttelt den Kopf, aber natürlich hat er doch geguckt: Blutkonserven. Verschiedene Blutgruppen. Und frischer Fisch vom Billingsgate-Fischmarkt. Den Fisch hat Dave nach Joes Anweisungen selbst besorgt.

Fisch?

Joe hatte mit den Achseln gezuckt. Jeden Montag und Mittwoch. Solange er zahlt, stelle ich keine Fragen, und du solltest auch keine stellen.

Also hält Dave einfach nur weiter die Tüte mit Blut und Fisch vor sich hin und hofft darauf, dass alles bald vorbei sein wird.

Jemand nimmt ihm das Päckchen ab und schnüffelt.

»Warte hier!«

Dave hört Schritte, die sich entfernen. Eine Tür schließt sich. Plätschern und Schlürfen, zärtliches Murmeln und etwas, das wie das Kichern eines Mädchens klingt. Jedes Geräusch für sich genommen harmlos genug, aber zusammen genommen verursachen sie bei Dave eine Gänsehaut. Nur weg hier, Geld oder nicht!

Er will sich gerade im Dunkeln zurück zur Tür tasten, als plötzlich das Licht angeht und ein gutgekleideter junger Mann mit Sonnenbrille den Raum betritt und ihm lächelnd die Hand hinstreckt.

»Hi Dave, ich bin Julius. Tut mir leid wegen dem Licht vorhin. Mal funktioniert es, mal funktioniert es nicht. Bruchbude!«

Dave blickt sich benommen um. Flauschige Teppiche, Ledersessel und ein Glastisch. Wie in einer Bruchbude sieht es hier drin eigentlich nicht aus, ganz im Gegenteil, das Hausboot ist sehr viel besser ausgestattet, als er erwartet hat. Und dieser Julius … Gutaussehend. Elegant. Energische federnde Bewegungen. Alles andere als ein Junkie.

Julius blättert Geldscheine auf den Tisch und plaudert dabei über Sportfischen und das Wetter. Seltsam, was für einen Unterschied das Licht macht. Hat er sich wirklich gerade noch vor diesem umgänglichen Typen gefürchtet?

»Kaffee?«

Dave zögert. Joe hatte ihn davor gewarnt, sich mehr als nötig mit seinen Kunden einzulassen. Aber Dave ist auf einmal neugierig auf Julius, der ihn über den Rand der Sonnenbrille hinweg mit offenen grünen Augen anblickt.

»Warum nicht!«

»Hervorragend!« Julius Birdwell strahlt und macht sich in einer Kochnische an einer edelstahlglänzenden Espressomaschine zu schaffen.

Blut und Fisch – natürlich hat sich Dave da so seine Gedanken gemacht. Ein Satanist? Ein Vampir? Aber das scheint nicht zu Julius Birdwell zu passen, der Kaffee abmisst und sich anschließend die Hände an einem sauberen Geschirrtuch abwischt.

»Ich wüsste wirklich nicht, was ich ohne Leute wie dich und Joe machen würde. Es gibt einfach Beschwerden, gegen die man mit der Schulmedizin nicht wirklich ankommt. Cappuccino oder … Ach!«

Birdwell hat die Kühlschranktür geöffnet und äugt entschuldigend zu Dave hinüber.

»Die Milch ist alle. Schon wieder! Das ist wirklich … Trinkst du ihn auch schwarz?«

»Kein Problem.«

»Zucker?«

Die Espressomaschine hat ihre Arbeit getan, und Birdwell stellt eine dampfende Tasse vor Dave ab.

Plötzlich ist Dave verlegen. Er schüttelt den Kopf und rührt in der Tasse herum, obwohl es eigentlich gar nichts umzurühren gibt. Er nippt. Viel zu heiß. Verdammt – jetzt muss er hier mit diesem Birdwell herumsitzen und Konversation treiben, bis sein Kaffee abgekühlt ist!

»Bist du auch Sanitäter? Wie Joe?«

Birdwell lässt sich neben ihm in einen Sessel fallen und überkreuzt die Beine.

»Medizinstudent.« Dave nimmt vorsichtig einen ersten Schluck. Schöne Augen hat er, der Julius, das muss man ihm lassen.

»Student, was?« Julius beugt sich vor, legt seine Hände aneinander und blickt Dave eindringlich an. »Dave, hast du vielleicht Lust, dir ein bisschen Geld dazuzuverdienen?«

Dave merkt, wie er rot wird. Woher weiß denn der Typ, wenn noch nicht einmal seine Eltern …? Ist es wirklich so offensichtlich …? Er holt tief Luft und nimmt sich zusammen. Joe hat ihn gewarnt, dass so etwas passieren kann. Wenn man illegales Zeug verhökert, scheinen manche Leute zu denken, der ganze Rest ist auch einfach so zu haben.

Er steht auf. »Nein, nicht mein Ding. Ich muss jetzt wirklich gehen, Mr Birdwell.«

»Julius.«

Julius sieht ihn einen Moment lang verblüfft an, dann lacht er los. »Setz dich, Dave, ich meine doch nicht das. Nein! Das hier ist eher eine äh … medizinische Angelegenheit.«

Julius’ Überraschung ist so echt, dass Dave nicht wie geplant aus dem Zimmer stürmt. Seine Phantasie ist da wohl wieder einmal mit ihm durchgegangen. Jetzt ist er wahrscheinlich richtig rot, puterrot, bis zum Haaransatz.

Er wendet sich von Julius ab und blickt verlegen umher. Eine Ecke des Raumes ist anders, verspielter irgendwie, nicht so hell und glatt wie der Rest. Dunkler. Intimer. Dave schlendert hinüber, halb aus Neugier, halb, um seinen roten Kopf vor Julius zu verbergen.

Eine Kommode aus dunklem Holz, darauf eine antik aussehende silberne Spieluhr, eine klassische Marmorbüste und eine kleine schwarze Kiste, bemalt mit goldenen Zeichen. Auf der Büste ein feiner schwarzer Zylinder, etwas zu groß für den Marmorkopf. Daneben so etwas wie eine winzige Bühne, Samtvorhang, Plattform – und eine Leiter, die hinauf in einen Wattewölkchenhimmel führt, alles so klein und fein, dass noch nicht einmal ein ausgewachsener Marienkäfer dort auftreten könnte.

Über der Kommode hängen gerahmte Zeitungsausschnitte und ein Plakat.

Professor Fawkes’ Wunderkammer!
Die größte Show der Welt!

Das Ganze erinnert Dave ein wenig an die Trophäenecke, in der seine Mutter seine Jugendfotos und Rugbypokale ausstellt. Der Typ auf dem Plakat sieht allerdings ganz und gar nicht wie Julius aus, gedrungener, muskulöser. Trotzdem glaubt Dave eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden festzustellen, im Blick vielleicht oder in der Haltung.

»Ist das ein Verwandter?«

»Nicht wirklich.«

Dave streckt bewundernd die Hand nach der glänzenden Seide des Zylinders aus. »Bist du, äh, bist du Künstler oder so was?«

Künstler! Das würde alles erklären!

Plötzlich steht Julius neben ihm und setzt sich mit einer eleganten Bewegung den Zylinder auf.

»Zirkusdirektor, genau genommen.«

Wenig später sitzen eine ganze Menge Flöhe auf Daves Unterarm und saugen sich mit seinem Blut voll. Es kitzelt ein bisschen, aber nicht zu sehr. Schlimmer ist schon der Gedanke, dass sich gerade parasitische Insekten über seine Säfte hermachen.

Flohzirkusdirektor! Wie konnte er nur auf so etwas hereinfallen?

Dave rutscht unruhig auf seinem Sitz herum. »Wie lange wird das denn noch dauern?«

»Oh, eine kleine Weile. Wenn sie fertig sind, sind sie fertig.« Julius lächelt. »Mach dir’s bequem. Keine Sorge, sie fressen dich nicht auf.«

Dave nippt Kaffee. Der hat jetzt...

Erscheint lt. Verlag 10.11.2014
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuerroman • eBooks • Fantasy • Flohzirkus • London • Modernes Märchen • Modernes Märchen, Flohzirkus, SPIEGEL-Bestseller-Autorin • Roman • Romane • Spiegel-Bestseller-Autorin
ISBN-10 3-641-15152-X / 364115152X
ISBN-13 978-3-641-15152-2 / 9783641151522
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