Maria Stuart. Ein Trauerspiel. Textausgabe mit Anmerkungen/Worterklärungen (eBook)
168 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-960034-5 (ISBN)
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. - 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. – 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.
Zweiter Aufzug
Der Palast zu Westminster.
Erster Auftritt
Der GRAF VON KENT und SIR WILLIAM DAVISON begegnen einander.
DAVISON.
Seid Ihr’s, Mylord von Kent? Schon vom Turnierplatz
Zurück, und ist die Festlichkeit zu Ende?
KENT. Wie? Wohntet Ihr dem Ritterspiel nicht bei?
DAVISON. Mich hielt mein Amt.
1080
KENT. Ihr habt das schönste Schauspiel
Verloren, Sir, das der Geschmack ersonnen,
Und edler Anstand ausgeführt – denn wisst!
Es wurde vorgestellt die keusche Festung
Der Schönheit, wie sie vom Verlangen
1085
Berennt wird – Der Lord Marschall, Oberrichter,
Der Seneschall nebst zehen andern Rittern
Der Königin verteidigten die Festung,
Und Frankreichs Kavaliere griffen an.
Voraus erschien ein Herold, der das Schloss
1090
Auffoderte in einem Madrigale,
Und von dem Wall antwortete der Kanzler.
Drauf spielte das Geschütz, und Blumensträuße,
Wohlriechend köstliche Essenzen wurden
Aus niedlichen Feldstücken abgefeuert.
1095
Umsonst! die Stürme wurden abgeschlagen,
Und das Verlangen musste sich zurückziehn.
DAVISON. Ein Zeichen böser Vorbedeutung, Graf,
Für die französische Brautwerbung.
KENT. Nun, nun, das war ein Scherz – Im Ernste denk ich,
1100
Wird sich die Festung endlich doch ergeben.
DAVISON. Glaubt Ihr? Ich glaub es nimmermehr.
KENT. Die schwierigsten Artikel sind bereits
Berichtigt und von Frankreich zugestanden.
Monsieur begnügt sich, in verschlossener
1105
Kapelle seinen Gottesdienst zu halten,
Und öffentlich die Reichsreligion
Zu ehren und zu schützen – Hättet Ihr den Jubel
Des Volks gesehn, als diese Zeitung sich verbreitet!
Denn dieses war des Landes ew’ge Furcht,
1110
Sie möchte sterben ohne Leibeserben,
Und England wieder Papstes Fesseln tragen,
Wenn ihr die Stuart auf dem Throne folgte.
DAVISON. Der Furcht kann es entledigt sein – Sie geht
Ins Brautgemach, die Stuart geht zum Tode.
1115
KENT. Die Königin kommt!
Zweiter Auftritt
DIE VORIGEN. ELISABETH, von LEICESTER geführt. GRAF AUBESPINE, BELLIEVRE, GRAF SHREWSBURY, LORD BURLEIGH mit noch andern französischen und englischen Herren treten auf.
ELISABETH (zu Aubespine).
Graf! Ich beklage diese edeln Herrn,
Die ihr galanter Eifer über Meer
Hieher geführt, dass sie die Herrlichkeit
Des Hofs von Saint Germain bei mir vermissen.
1120
Ich kann so prächt’ge Götterfeste nicht
Erfinden als die königliche Mutter
Von Frankreich – Ein gesittet fröhlich Volk,
Das sich, sooft ich öffentlich mich zeige,
Mit Segnungen um meine Sänfte drängt,
1125
Dies ist das Schauspiel, das ich fremden Augen
Mit ein’gem Stolze zeigen kann. Der Glanz
Der Edelfräulein, die im Schönheitsgarten
Der Katharina blühn, verbärge nur
Mich selber und mein schimmerlos Verdienst.
1130
AUBESPINE. Nur eine Dame zeigt Westminsterhof
Dem überraschten Fremden – aber alles,
Was an dem reizenden Geschlecht entzückt,
Stellt sich versammelt dar in dieser einen.
BELLIEVRE. Erhabne Majestät von Engelland,
1135
Vergönne, dass wir unsern Urlaub nehmen,
Und Monsieur, unsern königlichen Herrn,
Mit der ersehnten Freudenpost beglücken.
Ihn hat des Herzens heiße Ungeduld
Nicht in Paris gelassen, er erwartet
1140
Zu Amiens die Boten seines Glücks,
Und bis nach Calais reichen seine Posten,
Das Jawort, das dein königlicher Mund
Aussprechen wird, mit Flügelschnelligkeit
Zu seinem trunknen Ohre hinzutragen.
1145
ELISABETH. Graf Bellievre, dringt nicht weiter in mich.
Nicht Zeit ist’s jetzt, ich wiederhol es Euch,
Die freud’ge Hochzeitfackel anzuzünden.
Schwarz hängt der Himmel über diesem Land,
Und besser ziemte mir der Trauerflor
1150
Als das Gepränge bräutlicher Gewänder.
Denn nahe droht ein jammervoller Schlag
Mein Herz zu treffen und mein eignes Haus.
BELLIEVRE. Nur dein Versprechen gib uns, Königin,
In frohem Tagen folge die Erfüllung.
1155
ELISABETH. Die Könige sind nur Sklaven ihres Standes,
Dem eignen Herzen dürfen sie nicht folgen.
Mein Wunsch war’s immer, unvermählt zu sterben,
Und meinen Ruhm hätt ich darein gesetzt,
Dass man dereinst auf meinem Grabstein läse:
1160
»Hier ruht die jungfräuliche Königin.«
Doch meine Untertanen wollen’s nicht,
Sie denken jetzt schon fleißig an die Zeit,
Wo ich dahin sein werde – Nicht genug,
Dass jetzt der Segen dieses Land beglückt,
1165
Auch ihrem künft’gen Wohl soll ich mich opfern,
Auch meine jungfräuliche Freiheit soll ich,
Mein höchstes Gut, hingeben für mein Volk,
Und der Gebieter wird mir aufgedrungen.
Es zeigt mir dadurch an, dass ich ihm nur
1170
Ein Weib bin, und ich meinte doch, regiert
Zu haben, wie ein Mann und wie ein König.
Wohl weiß ich, dass man Gott nicht dient, wenn man
Die Ordnung der Natur verlässt, und Lob
Verdienen sie, die vor mir hier gewaltet,
1175
Dass sie die Klöster aufgetan, und tausend
Schlachtopfer einer falschverstandnen Andacht
Den Pflichten der Natur zurückgegeben.
Doch eine Königin, die ihre Tage
Nicht ungenützt in müßiger Beschauung
1180
Verbringt, die unverdrossen, unermüdet,
Die schwerste aller Pflichten übt, die sollte
Von dem Naturzweck ausgenommen sein,
Der eine Hälfte des Geschlechts der Menschen
Der andern unterwürfig macht –
1185
AUBESPINE. Jedwede Tugend, Königin, hast du
Auf deinem Thron verherrlicht, nichts ist übrig,
Als dem Geschlechte, dessen Ruhm du bist,
Auch noch in seinen eigensten Verdiensten
Als Muster vorzuleuchten. Freilich lebt
1190
Kein Mann auf Erden, der es würdig ist,
Dass du die Freiheit ihm zum Opfer brächtest.
Doch wenn Geburt, wenn Hoheit, Heldentugend
Und Männerschönheit einen Sterblichen
Der Ehre würdig machen, so –
ELISABETH. Kein Zweifel,
1195
Herr Abgesandter, dass ein Ehebündnis
Mit einem...
Erscheint lt. Verlag | 31.8.2012 |
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Reihe/Serie | Reclams Universal-Bibliothek | Reclams Universal-Bibliothek |
Verlagsort | Ditzingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | Deutsch • Deutsch Abitur Berlin • Deutsch Abitur Brandenburg • Deutsch Abitur Nordrhein-Westfalen • Deutsch Abitur NRW • Deutsch Abitur Sachsen • Deutschunterricht • Deutsch-Unterricht • Deutschunterricht Friedrich Schiller Maria Stuart • Drama • Drama Friedrich Schiller Maria Stuart • Elisabeth I. • gelb • gelbe bücher • Graf von Leicester • Klassenlektüre • Klassik • Klassik / Romantik • Lektüre • Literatur Epoche Weimarer Klassik • Literatur Klassiker • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Reclams Universal-Bibliothek • Schullektüre • Schullektüre Friedrich Schiller Maria Stuart • Schullektüre; Reclams Universal-Bibliothek; Klassik / Romantik; Drama; Tragödie • Sekundarstufe • Sekundarstufe Friedrich Schiller Maria Stuart • Tragödie • Trauerspiel • Weltliteratur |
ISBN-10 | 3-15-960034-3 / 3159600343 |
ISBN-13 | 978-3-15-960034-5 / 9783159600345 |
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