Männer sind wie Schuhe (eBook)

(Autor)

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2012 | 1. Auflage
384 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-07388-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Männer sind wie Schuhe -  Hera Lind
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Witzig, mit einer Prise Ironie und viel Gefühl
Zugegeben, der Sparkassendirektor Jürgen war nie Lottas Traummann. Aber ihm hat sie drei entzückende Kinder und die eigene Musikschule zu verdanken. Das hält so lange, bis der Flötist Christian auftaucht und Lotta vor Augen führt, in welch ausgetretenen Schuhen sie durchs Leben geht. Jürgen schießt in seiner Eifersucht ein Eigentor nach dem anderen. Aber hat Lotta den Mut, die alten Latschen gegen die High Heels einzutauschen?

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

LOTTA

»Nebenan sitzt schon wieder der Bäckermeister!« Nach zögerlichem Klopfen steckte meine Sekretärin Brunhilde Zweifel ihren Kopf mit der grau melierten Kurzhaarfrisur zur Tür herein. Ihre Stimme klang verschwörerisch, und sie verdrehte genervt die Augen. »Sie wissen schon, der Gerngroß!«

»Ich kann jetzt nicht!« Mir brach der Schweiß aus. »Schicken Sie ihn weg. Sagen Sie ihm, ich bin in einer wichtigen Besprechung.«

»Frau von Thalgau.« Die Sekretärin zwängte ihre füllige Gestalt durch den Türspalt und parkte sie quasi im eingeschränkten Halteverbot zwischen Tür und Angel.

»Frau Zweifel, bitte! Sie sehen doch: Ich bin nicht allein.«

Ja, das tat sie allerdings. Wohlwollend ließ sie ihren Blick über den männlichen Besucher gleiten, der bei mir im Büro saß. Ihr Gesicht sprach Bände: Was für ein Prachtexemplar!, sagte es anerkennend. Und ich konnte ihr nur stumm recht geben. Der Soloflötist von den Wiener Philharmonikern war mir regelrecht zugeflogen! Sein Name war Christian Meran. Er hatte sich in unsere abgelegene Kleinstadt verirrt wie eine Nachtigall an einen Froschtümpel. Brunhilde Zweifel stand Bewunderung, aber auch Neid in den Augen.

»Liebe Frau Zweifel!«, sagte ich würdevoll. »Bitte! Tür zu und kein Bäckermeister heute!«

Heute war ein besonderer Tag, das spürte ich. Ein seltsames Gefühl keimte in mir auf, so ein leichtes, angenehmes Prickeln, das mich in diesen nach Bohnerwachs und Schülerschweiß riechenden Räumlichkeiten schon lange nicht mehr heimgesucht hatte. Vielleicht sogar noch nie.

Brunhilde Zweifel schüttelte bedauernd den Kopf. »Der Bäckermeister ist … Sie wissen ja, nicht abzuschütteln.« Ein Recht, das sich Brunhilde ebenfalls herausnahm.

»Frau Zweifel. Bitte. Das ist Ihr Job. Schicken Sie ihn weg. Ich möchte jetzt nicht gestört werden.« Mein Blick wanderte unmissverständlich zur Tür. Am liebsten hätte ich ihre unförmige Gestalt eigenhändig wieder nach draußen geschubst. Aber sie sah mich an, als hätte ich einen Teller Kekse vor mir und würde mich weigern, ihr einen davon anzubieten.

»Wie gesagt, ich bin nicht zu sprechen. Für NIEMANDEN!«, zischte ich nachdrücklich, um meinen Gast Christian Meran gleich darauf strahlend anzulächeln. Der verfolgte den kleinen Disput interessiert, und um seine Mundwinkel zuckte es amüsiert. Mir wurde plötzlich schwach in den Knien.

»Und jetzt gehen Sie. Tür – von – außen – zu!«

»Aber Frau von Thalgau«, widersprach Frau Zweifel energisch. »Jeden kann ich wegschicken. Auch den amerikanischen Präsidenten. Aber den – den kriegen keine zehn Pferde aus dieser Musikschule! Sie wissen ja: der penetranteste Vater der ganzen Stadt.«

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Es war mir peinlich, so ratlos zu sein!

»Er will, dass seine Viktoria beim Konzert heute Abend neben dem Wiener Philharmoniker auf der Bühne sitzt!«

»Woher weiß er denn überhaupt, dass der Wiener Philharmoniker hier ist?«

»Keine Ahnung, aber Sie wissen ja: Er hört das Gras wachsen!«

Das Grinsen des Wiener Philharmonikers wurde immer breiter. Aber was der schöne Fremde nicht wissen konnte: Frau Zweifel hatte leider recht. Ich hatte noch nie in meinem Leben mit einem penetranteren Menschen zu tun gehabt als mit Bäckermeister Gerngroß. Der war felsenfest davon überzeugt, seine Tochter Viktoria habe mit ihrer Klarinette das Zeug zum Weltstar, doch ich würde ihr Talent aus Bösartigkeit oder Ignoranz einfach nicht anerkennen. Aber es gibt Momente im Leben, die kommen nicht wieder. Und das war so einer.

»Frau Zweifel, sagen Sie dem Bäckermeister, ich bin heute Morgen mit Blaulicht abgeholt worden. Ihnen wird schon irgendwas einfallen.« Ich schickte ein Lachen hinterher, das eine klitzekleine Spur zu schrill geriet.

»Der Bäckermeister hat Ihre Stimme schon gehört. Er wartet auf dem Flur und weiß, dass Sie im Hause sind.«

Ich stand entschlossen auf: »Der Bäckermeister hat jetzt keinen Termin.« Mit diesen Worten schloss ich energisch die Tür. Brunhilde Zweifel konnte gerade noch ihre wogenden Weichteile in Sicherheit bringen.

»Es tut mir leid«, sagte ich endlich wieder an Christian Meran gewandt und schluckte nervös. »Das sind so die Probleme einer Kleinstadtmusikschulleiterin.«

»Lassen Sie den Bäckermeister doch rein!« Der Flötist lächelte mich aufmunternd an. »Wenn er frische Brötchen dabeihat?«

»Sie kennen den Herrn nicht«, sagte ich dumpf. »Aber wenn Sie ihn kennen, machen Sie lieber eine Nulldiät.«

Der Bäckermeister litt eindeutig unter Größenwahn, was seine Tochter Viktoria anbelangte. Dabei war die Zwölfjährige wirklich begabt, und ich mochte das Mädchen auch sehr. Aber ihr Vater war das reinste Brechmittel. Die arme Vicki hätte wirklich einen anderen Vater verdient, nach allem, was sie schon hatte durchmachen müssen.

»Ich bin beeindruckt, wie Sie das hier alles managen!« Und das sagte ausgerechnet Christian Meran, die »goldene Flöte«! Ich hatte sie schon oft im Fernsehen gesehen, also alle beide, den Mann und seine Flöte, ganz groß in Nahaufnahme. Der Mann musizierte nicht nur hinreißend, er sah auch noch außergewöhnlich gut aus. Christian Meran hatte volles dunkles Haar, das ihm beim Spielen in die Stirn fiel wie in der Shampoowerbung. Und nun saß er hier bei mir in dieser muffigen Musikschule und war bereit, heute Abend spontan im Konzert mitzuspielen! In meinem Schülerkonzert! Ich lehnte mich Halt suchend ans Fenster. Meine roten Haare, die sich heute noch weniger bändigen ließen als sonst, umloderten förmlich mein Gesicht. Und das war schon rot genug vor lauter Aufregung.

Draußen ragte der weihnachtlich beleuchtete Kirchturm von Heilewelt in den Himmel. Schnee fiel lautlos auf das Blechdach der gegenüberliegenden Sparkasse und blieb dort liegen wie Puderzucker. So schön der Anblick auch war, erinnerte er mich doch an meine Hausfrauenpflichten. Jetzt hatte ich es noch nicht mal mehr geschafft, für den morgigen Heiligabend einzukaufen! Geschweige denn Vanillekipferl und Zimtsterne zu backen wie jede andere Hausfrau in Heilewelt. Mein Leben verlief hektisch bis chaotisch, ich tanzte auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig. Aber welche berufstätige Mutter tut das nicht? Dafür hatte ich einen echten Wiener Philharmoniker in unsere Musikschule locken können! Und nicht nur irgendeinen, sondern DEN Soloflötisten! Man kann eben nicht alles haben. Die Herren der Schöpfung beschimpft auch keiner als schlechte Hausmänner, nur weil sie beruflich aufgehalten werden. Hätte mein Lebensgefährte Jürgen Immekeppel beispielsweise Penelope Cruz für einen Bauspar-Werbespot in seine Sparkasse gelockt, hätte ICH da auf seinen Haushaltspflichten bestanden? So nach dem Motto: Wo warst du, warum hast du nicht eingekauft und gekocht? Warum haben die Kinder Rotznasen, und wo sind die Geschenke? Warum steht der Baum noch nicht, und was guckst du so gestresst? Nur von uns Frauen wird das alles erwartet. Berufstätig, eine tolle Mutter und Hausfrau sein, super aussehen und immer gute Laune haben. Die Welt ist so was von unfair!

Aber Moment mal, warum schaute mich dieser Flötist denn so belustigt an? Hatte ich etwa Selbstgespräche geführt? Ich räusperte mich verlegen und klammerte mich an den Heizkörper hinter mir. Oh Gott! Heute Abend war DAS Konzert. Das Konzert, von dem die ganze Stadt seit Wochen sprach, ach, was sage ich: seit Monaten. Und ich hatte mich noch nicht mal geschminkt und meine tausend Sommersprossen abgedeckt, wo doch dieser schöne Musikus hier war. Leider auch der unsägliche Bäckermeister! Auf einmal herrschte Totenstille. Das Klimpern und Geigenkratzen, das Tröten und Blasen der Übenden schien wie auf Kommando verstummt zu sein. Nur mein Herzklopfen war weithin zu hören.

»Also … wo waren wir stehen geblieben?« Ich fuhr mir nervös über die Stirn. »Wie gesagt, ich bin überglücklich, dass Sie in unsere schöne kleine Stadt Heilewelt gekommen sind und uns bei unserem Konzert heute Abend unterstützen wollen.«

Ich fröstelte und schwitzte zugleich. Wir hatten überhaupt noch nicht über das Honorar geredet! Es würde hoffentlich nicht fünfstellig sein?! Panik erfasste mich. Dieser Weltklassemusiker war sicher nichts anderes gewöhnt. Ich würde mir seine goldene Flöte nie leisten können! Auch wenn die Heilewelter Sparkasse der Sponsor der Musikschule war – genauer gesagt mein Lebensgefährte Jürgen Immekeppel, der Direktor ebenjener Sparkasse –, musste ich mit diesem Geld gut haushalten.

»Es macht mir Spaß, mit Kindern zu musizieren«, erwiderte Christian Meran lächelnd. »Erstens liebe ich ›Peter und der Wolf‹. Und zweitens … unter so charmanter Leitung!«

Er schenkte mir einen vielsagenden Blick, und mein Magen zog sich plötzlich ganz komisch zusammen.

»Ich habe Sie während der Proben beobachtet«, sagte er mit einem warmen Unterton. »Mit welchem Temperament und mit welch ansteckender Begeisterung Sie da ein Orchester aus hundert Kindern dirigieren!« In seinen braunen Augen lag Anerkennung. »Diese Kleinstadt kann sich glücklich schätzen, Sie zu haben.«

Ich machte den Mund auf, aber kein Ton kam heraus. Das hatte noch niemand zu mir gesagt. Im Gegenteil. Alle ließen mich immer spüren, wie dankbar ich sein müsse, diese Musikschule leiten zu dürfen. Mit dem Geld der Heilewelter Sparkasse, bei der ich dafür einen riesigen Kredit aufgenommen hatte. Verlegen massierte ich mir die Schläfen. Unfassbar, dass mir...

Erscheint lt. Verlag 21.5.2012
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte das ganz große Glück • eBooks • Eifersucht • Flötist • Frauenromane • High Heels • Liebesromane • Musikschule • Österreich • Romane für Frauen • Versuchung
ISBN-10 3-641-07388-X / 364107388X
ISBN-13 978-3-641-07388-6 / 9783641073886
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